Schlesisches Namenbuch: Unterschied zwischen den Versionen
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... In | Wenn sich mit diesem Buche endlich die Hoffnung erfüllt, Ergebnisse langjähriger Quellenforschung der Öffentlichkeit übergeben zu können, so gebührt der Dank hierfür dem J. G. Herder-Forschungsrat, Marburg a. d. Lahn, und der Historischen Kommission für Schlesien, deren erster Vorsitzender, Herr Univ.-Prof. Dr. Herbert Schlenger (Marburg a. d. Lahn, früher Breslau) verständnisvoll und mit unermüdlicher Tatkraft den Weg zum Druck geebnet hat. Als ich vor nunmehr 16 Jahren an die Ausarbeitung des Buches ging, sollte es ein Gemeinschaftswerk eröffnen, das- als erste wissenschaftliche Gesamtdarstellung der deutschen Namenwelt in 12 landschaftlichen Bänden und zugleich als 2. Auflage meines Deutschen Namenbuches von 1933 gedacht war. Die Deutsche Akademie (unter Prof. Dr. Theodor Frings) hatte die Herausgabe übernommen, als der Ausgang des Zweiten Weltkrieges die Durchführung des Planes unmöglich machte. Daß das (sicherheitshalber photokopierte) Manuskript die Fährnisse des Bombenkrieges überstand und ich selber nach Heimkehr aus längerer Kriegsgefangenschaft mich dem Werke wieder widmen konnte, erfüllt mich mit Dank und Genugtuung, - mit Dank auch gegen meine langjährige Wirkungsstätte, die an Urkundenwerken reiche Universitäts-Bibliothek Rostock. Von einigen Ergänzungen abgesehen, hat die Arbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock als Habilitationsschrift vorgelegen; ich danke daher auch Herrn Prof. Dr. Teuchert und dem Slawisten Herrn Prof. Dr. Schneeweis für ihre freundliche Anteilnahme. Zu danken habe ich auch Herrn Univ.-Prof. Dr. L. Petry (Mainz) für freundliche Hinweise, meinem Bruder, Bibl.-Rat Dr. Helmut Bahlow (früher Breslau) für sachkundige Hilfe bei der Benutzung Breslauer Archive, sowie meinem Sohne stud. theol. Henning Bahlow für treffsichere Urteile bei der Deutung schwieriger Übernamen.<br /> | ||
Die Wurzeln meiner Arbeit freilich reichen weiter zurück, in die frühe Jugend- und Gymnasiastenzeit und in die Liegnitzer Bibliotheks- und Archiv-Atmosphäre, aus der meine ersten Liegnitzer Namenstudien erwuchsen. Denn was man von Jugend auf mit der Heimatluft einatmet, befähigt mitunter zu intuitivem Erfassen, wo Erkenntnisdrang und Leidenschaft allein nicht hinreichen. War doch der zu bewältigende Stoff so voller Probleme - ich denke besonders an unerkannte deutsch-slawische Lautsubstitutionen, Ablauterscheinungen und mundartliche Eigenheiten -, daß ein Landesfremder der Aufgabe nicht gewachsen gewesen wäre. Man schlage nur einmal unter Friebe, Liebig, Fechner, Hielscher, Peßler, Plischke, Gottwald, Jochmann, Lachmann, Purschke oder Püschel nach, um zu erkennen, daß hier weder mit Wörterbüchern und Ortslexika, noch mit der Weisheit der Philologen, auch nicht der Slawisten etwas anzufangen war.<br /> | |||
Es sind das Musterbeispiele für das hier erstmals konsequent durchgeführte landschaftliche Forschungsprinzip, wie ich es auf den Internationalen Kongressen für Namenforschung in Paris (1938) und Uppsala (1952) in Vorträgen über die deutschen "Namenlandschaften" herausgestellt habe - ein Ausdruck, der (1938 von mir geprägt) inzwischen in die Forschung Eingang gefunden hat. Mit den Orts- und Zahlenangaben hinter jedem Namen, die aus den Adreßbüchern der dreißiger Jahre gewonnen sind, habe ich die geschichtlich gewordene geographische Verteilung der schlesischen Namenwelt, wie sie vor 1945 bestand, festgehalten. Sie werden dem Bevölkerungshistoriker willkommene Unterlagen liefern, während für die Binnenwanderung auch auf die Karte am Schluß verwiesen sei. Für die Namenforschung selber sind jene Angaben als methodisches Kriterium von größtem Wert, insofern sie bei auffallender lokaler Häufung eines Namens das entscheidende Wort bei seiner Deutung zu sprechen haben. Im übrigen habe ich mich tendenzlos um die Ergründung der Wahrheit bemüht, niemand zuliebe und niemand zuleide und hoffe gerade dadurch Schlesien den größten Dienst erwiesen zu haben. Gibt es doch kaum ein treueres Spiegelbild von dem Anteil des Deutschtums an der Erschließung des schlesischen Raumes für den abendländischen Kulturkreis und von der deutsch-slawischen Symbiose. Eindrucksvoll ist schon ein Blick auf die stattliche Gruppe der altgermanischen Rufnamen mittel- und oberdeutscher Herkunft. Selbst bei den Fremdnamen, wo slawischer Einfluß sich bemerkbar macht, weil es sich meist um kirchliche, also international gebräuchliche Heiligennamen handelt, ordnen sich die Mischformen völlig organisch in die deutschmundartlich geprägte Namenwelt ein als Zeugen für die vorherrschend deutschstämmige Bevölkerung, die sie schuf. Die Berufsnamen vollends sind fast ausnahmslos deutsche Gewerbebezeichnungen, ein lebensvolles Abbild der damals aufblühenden Städtekultur. In den sog. Übernamen spiegelt sich die Vorstellungs- und Gefühlswelt einer deutschen Bevölkerung nicht anders als in den westelbischen Mutterlanden. Und von dem Fortklingen deutscher Spielmannslieder künden die Namen aus Heldensage und Volksdichtung, die heute zu den bekanntesten schlesischen Familiennamen zählen. Es ist, als erwüchse den Namen, die uns täglich begleiten, aus all dem heute eine neue Funktion: wenn die Erinnerung an die Heimat mit der Zeit auch zu verblassen, ihre Mundart zu verklingen droht, - die Namen bleiben, denn sie vererben sich.<br /> | |||
Ich schließe mit einem Dank an den wagemutigen Verleger, Herrn H. O. Holzner, und an die Druckerei, die über dem schwierigen Satz nicht verzagt hat. | |||
Hamburg, Germanisches Seminar, im Juni 1953<br /> | Hamburg, Germanisches Seminar, im Juni 1953<br /> |
Version vom 8. April 2007, 12:07 Uhr
Bibliographische Angaben
Schlesisches Namenbuch
1. Auflage, 1953, 149 S., Ed.: Historische Kommission für Schlesien, Holzner Verlag, Kitzingen/Main
Schriftleitung: Prof. Dr. Herbert Schienger, Marburg a. d. Lahn
Gedruckt mit Unterstützung des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates e. V.
Marburg a. d. Lahn
Druck: Buchdruckerei Georg Graßer, Würzburg
Vorwort
Wenn sich mit diesem Buche endlich die Hoffnung erfüllt, Ergebnisse langjähriger Quellenforschung der Öffentlichkeit übergeben zu können, so gebührt der Dank hierfür dem J. G. Herder-Forschungsrat, Marburg a. d. Lahn, und der Historischen Kommission für Schlesien, deren erster Vorsitzender, Herr Univ.-Prof. Dr. Herbert Schlenger (Marburg a. d. Lahn, früher Breslau) verständnisvoll und mit unermüdlicher Tatkraft den Weg zum Druck geebnet hat. Als ich vor nunmehr 16 Jahren an die Ausarbeitung des Buches ging, sollte es ein Gemeinschaftswerk eröffnen, das- als erste wissenschaftliche Gesamtdarstellung der deutschen Namenwelt in 12 landschaftlichen Bänden und zugleich als 2. Auflage meines Deutschen Namenbuches von 1933 gedacht war. Die Deutsche Akademie (unter Prof. Dr. Theodor Frings) hatte die Herausgabe übernommen, als der Ausgang des Zweiten Weltkrieges die Durchführung des Planes unmöglich machte. Daß das (sicherheitshalber photokopierte) Manuskript die Fährnisse des Bombenkrieges überstand und ich selber nach Heimkehr aus längerer Kriegsgefangenschaft mich dem Werke wieder widmen konnte, erfüllt mich mit Dank und Genugtuung, - mit Dank auch gegen meine langjährige Wirkungsstätte, die an Urkundenwerken reiche Universitäts-Bibliothek Rostock. Von einigen Ergänzungen abgesehen, hat die Arbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock als Habilitationsschrift vorgelegen; ich danke daher auch Herrn Prof. Dr. Teuchert und dem Slawisten Herrn Prof. Dr. Schneeweis für ihre freundliche Anteilnahme. Zu danken habe ich auch Herrn Univ.-Prof. Dr. L. Petry (Mainz) für freundliche Hinweise, meinem Bruder, Bibl.-Rat Dr. Helmut Bahlow (früher Breslau) für sachkundige Hilfe bei der Benutzung Breslauer Archive, sowie meinem Sohne stud. theol. Henning Bahlow für treffsichere Urteile bei der Deutung schwieriger Übernamen.
Die Wurzeln meiner Arbeit freilich reichen weiter zurück, in die frühe Jugend- und Gymnasiastenzeit und in die Liegnitzer Bibliotheks- und Archiv-Atmosphäre, aus der meine ersten Liegnitzer Namenstudien erwuchsen. Denn was man von Jugend auf mit der Heimatluft einatmet, befähigt mitunter zu intuitivem Erfassen, wo Erkenntnisdrang und Leidenschaft allein nicht hinreichen. War doch der zu bewältigende Stoff so voller Probleme - ich denke besonders an unerkannte deutsch-slawische Lautsubstitutionen, Ablauterscheinungen und mundartliche Eigenheiten -, daß ein Landesfremder der Aufgabe nicht gewachsen gewesen wäre. Man schlage nur einmal unter Friebe, Liebig, Fechner, Hielscher, Peßler, Plischke, Gottwald, Jochmann, Lachmann, Purschke oder Püschel nach, um zu erkennen, daß hier weder mit Wörterbüchern und Ortslexika, noch mit der Weisheit der Philologen, auch nicht der Slawisten etwas anzufangen war.
Es sind das Musterbeispiele für das hier erstmals konsequent durchgeführte landschaftliche Forschungsprinzip, wie ich es auf den Internationalen Kongressen für Namenforschung in Paris (1938) und Uppsala (1952) in Vorträgen über die deutschen "Namenlandschaften" herausgestellt habe - ein Ausdruck, der (1938 von mir geprägt) inzwischen in die Forschung Eingang gefunden hat. Mit den Orts- und Zahlenangaben hinter jedem Namen, die aus den Adreßbüchern der dreißiger Jahre gewonnen sind, habe ich die geschichtlich gewordene geographische Verteilung der schlesischen Namenwelt, wie sie vor 1945 bestand, festgehalten. Sie werden dem Bevölkerungshistoriker willkommene Unterlagen liefern, während für die Binnenwanderung auch auf die Karte am Schluß verwiesen sei. Für die Namenforschung selber sind jene Angaben als methodisches Kriterium von größtem Wert, insofern sie bei auffallender lokaler Häufung eines Namens das entscheidende Wort bei seiner Deutung zu sprechen haben. Im übrigen habe ich mich tendenzlos um die Ergründung der Wahrheit bemüht, niemand zuliebe und niemand zuleide und hoffe gerade dadurch Schlesien den größten Dienst erwiesen zu haben. Gibt es doch kaum ein treueres Spiegelbild von dem Anteil des Deutschtums an der Erschließung des schlesischen Raumes für den abendländischen Kulturkreis und von der deutsch-slawischen Symbiose. Eindrucksvoll ist schon ein Blick auf die stattliche Gruppe der altgermanischen Rufnamen mittel- und oberdeutscher Herkunft. Selbst bei den Fremdnamen, wo slawischer Einfluß sich bemerkbar macht, weil es sich meist um kirchliche, also international gebräuchliche Heiligennamen handelt, ordnen sich die Mischformen völlig organisch in die deutschmundartlich geprägte Namenwelt ein als Zeugen für die vorherrschend deutschstämmige Bevölkerung, die sie schuf. Die Berufsnamen vollends sind fast ausnahmslos deutsche Gewerbebezeichnungen, ein lebensvolles Abbild der damals aufblühenden Städtekultur. In den sog. Übernamen spiegelt sich die Vorstellungs- und Gefühlswelt einer deutschen Bevölkerung nicht anders als in den westelbischen Mutterlanden. Und von dem Fortklingen deutscher Spielmannslieder künden die Namen aus Heldensage und Volksdichtung, die heute zu den bekanntesten schlesischen Familiennamen zählen. Es ist, als erwüchse den Namen, die uns täglich begleiten, aus all dem heute eine neue Funktion: wenn die Erinnerung an die Heimat mit der Zeit auch zu verblassen, ihre Mundart zu verklingen droht, - die Namen bleiben, denn sie vererben sich.
Ich schließe mit einem Dank an den wagemutigen Verleger, Herrn H. O. Holzner, und an die Druckerei, die über dem schwierigen Satz nicht verzagt hat.
Hamburg, Germanisches Seminar, im Juni 1953
Dr. Hans Bahlow
Lehrbeauftragter für Handschriften- und Namenkunde
(Bibl.-Rat u. Stellvertretender d. Dir. Univ.-Bibl. Rostok)
Inhaltsverzeichnis
... In Bearbeitung...
Bemerkung
Im März 2007 erteilte Herr Henning Bahlow, Sohn von Dr. Hans Bahlow, dem Verein für Computergenealogie e.V. freundlicherweise die Erlaubnis, das hier erwähnte Namenbuch in GenWiki einzuarbeiten.