DNA-Herkunftsanalyse: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 6. Juni 2017, 23:32 Uhr
DNA-Herkunftsanalysen
Die DNA-Herkunftsanalyse (englisch: ethnicity estimate) beruht auf der Tatsache, dass sich Menschen aus verschiedenen Regionen der Welt mehr oder weniger stark voneinander unterscheiden. Die Menschen von verschiedenen Kontinenten unterscheiden sich recht deutlich in verschiedenen äußerlichen Merkmalen, aber auch in bestimmten genetischen Merkmalen, die sich im Laufe der Menschheitsgeschichte in den letzten 200.000 Jahren herausgebildet haben. Je weiter sich zwei Bevölkerungen historisch voneinander entfernt haben, desto größer sind die Unterschiede, während benachbarte Bevölkerungen zahlreiche Überschneidungen in ihren Merkmalen aufweisen. Bis hin auf die Ebene kleinerer Regionen gibt es bestimmte genetische Merkmale, die in einer jeweils unterschiedlichen Mischung für die jeweilige einheimische Bevölkerung charakteristisch sind. Diese unterschiedlichen Mischungen erklären sich durch die Migrationsbewegungen in den letzten Jahrtausenden und die wiederholte Vermischung verschiedener Bevölkerungsgruppen. Beispiele dafür sind die Einwanderung neolithischer Bauern nach Mitteleuropa vor rund 8000 Jahren und deren sukzessive Vermischung mit den alteuropäischen Jägern und Sammlern, die massive Zuwanderung indoeuropäischer Steppenvölker vor etwa 5000 Jahren, die keltischen Wanderungen in der Latènezeit, die Völkerwanderung in der Spätantike mit der Zuwanderung germanischer Stämme nach Mitteleuropa und in Teile des Römischen Reiches oder die mittelalterliche Ostsiedlung im Hohen Mittelalter.
Bei einer DNA-Herkunftsanalyse wird die atDNA eines Probanden auf die für bestimmte Regionen bzw. Bevölkerungen typischen Merkmale hin untersucht und mit einer möglichst großen Zahl anderer DNA-Proben, die bereits räumlich genau zugeordnet sind, verglichen. Anhand der Übereinstimmung bestimmter genetische Merkmale und deren Mischung kann dann die Herkunft der Vorfahren des Probanden anhand bestimmter statistischer Berechnungen bestimmt werden. Die Genauigkeit einer solchen Herkunftsanalyse hängt ganz entscheidend davon ab, wie groß die Vergleichsgruppe ist und wie genau die in der Vergleichsgruppe enthaltenen Vergleichsproben räumlich zugeordnet werden können.
Die verschiedenen Anbieter für atDNA-Tests benutzen für ihre Herkunftsanalysen unterschiedlich große Vergleichsgruppen und unterschiedliche Berechnungsverfahren. Aus diesem Grund kommen die Herkunftsanalysen verschiedener Anbieter zu mehr oder weniger abweichenden Ergebnissen. Die Zuordnung auf die einzelnen Kontinente kann heute mit hoher Sicherheit erfolgen, während beispielsweise die Zuordnung zu einzelnen Regionen in Mitteleuropa oft fehlerhaft ist. Hier ist in Zukunft mit besseren und größeren Referenzgruppen mit genaueren Ergebnissen zu rechnen.
Für die Vergleichsgruppen werden heute in der Regel Personen ausgewählt, deren vier Großeltern in einer bestimmten Gegend geboren wurden, in der Erwartung, dass dann auch die weiteren Vorfahren (überwiegend) aus der betreffenden Gegend stammen. Vor dem Hintergrund der seit dem späten 19. Jahrhundert massiv gestiegenen Mobilität kann diese Annahme aber nur unter Vorbehalt gelten. Deutlich besser wäre eine systematische Auswertung der DNA von Skeletten aus archäologischen Funden; leider wird derzeit bei archäologischen Ausgrabungen oft nur die yDNA und die mtDNA analysiert, aber nicht die atDNA, so dass hier viele Erkenntnismöglichkeiten ungenutzt bleiben.
Ein wichtiger Hinweis: Wegen der möglichen Ungenauigkeit einer Herkunftsanalyse, vor allem bei Anteilen von weniger 10 %, sollte man keine Zeit und Mühe darauf verwenden, auf dieser Grundlage nach Vorfahren aus einer bestimmten Regionen zu suchen. Im Zweifelsfall sollte das Ergebnis der traditionellen genealogischen Forschung Vorrang haben, wenngleich in manchen Fällen die Herkunftsanalyse wichtige Hinweise geben kann - vor allem dann, wenn bestimmte Vorfahrenlinien mit traditionellen Quellen nicht erforscht werden können.
Die Herkunftsanalysen der verschiedenen Anbieter
FTDNA: "My Origins"
FTDNA: "Ancient Origins"
Ancestry: "Genetic Communities"
MyHeritage: "Ethnizitätseinschätzung"
Bei der "Ethnizitätseinschätzung" von MyHeritage werden derzeit 17 Gruppen mit 42 Untergruppen unterschieden. Europa wird unterteilt in:
- Nord- und Westeuropa (mit "Nord- und Westeuropäer", "Skandinavier", "Engländer", "Finne" und "Iren, Schotten und Waliser" als Untergruppen)
- Südeuropa (mit "Iberer", "Griechen", "Italiener" und "Sarde")
- Osteuropa (mit "Osteuropäer", "Balten", "Balkanbewohner")
- Aschkenasischer Jude (ohne weitere Unterteilung).
Referenzgruppen: Über die Größe und Zusammensetzung der einzelnen Vergleichsgruppen macht MyHeritage keine Angabe; es heißt in den Erläuterungen nur, man habe "ein genetisches Modell für jede Region der Welt anlegen können".
Zeitrahmen: MyHeritage macht keine Angaben, auf welchen Zeitraum in der Vergangenheit sich die "Ethnizitätseinschätzung" bezieht.
Genauigkeit der Ergebnisse: Hinsichtlich der Genau- oder Ungenauigkeit weist MyHeritage ausdrücklich darauf hin, "dass die Ethnizitätsschätzungen - welche das Ergebnis eines in hohem Grade genauen statistischen Algorithmus ist [!] - immer noch Schätzungen sind. Einige Bevölkerungsgruppen weltweit zeigen ähnliche DNA aufgrund der Nähe und Vermischung der Bevölkerung."
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