Dynastenübergang: Unterschied zwischen den Versionen

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K (Formalie)
(Hinweise von Tobias Kemper in Compgen-L 12.09.16 berücksichtigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Als '''Dynastenübergang''' oder '''Dynastenbrücke''' wird in der genealogischen Forschung, vor allem bei der Erforschung der Vorfahren eines [[Proband]]en der Übergang von einer bürgerlichen Ahnenreihe zu Ahnen aus dem Hochadel, bezeichnet. Oft wird über diesen Übergang ein Anschluss an bereits gut erforschte Genealogien und eine direkte Abstammung bis hin zu den [[Karolinger]]n und [[Ottonen]] erreicht.
Als '''Dynastenübergang''' oder teilweise als '''Dynastenbrücke''' (im englischen Sprachgebrauch ''gateway ancestors'') wird in der genealogischen Forschung, vor allem bei der Erforschung der Vorfahren eines [[Proband]]en der Übergang von einer bürgerlichen Ahnenreihe zu Ahnen aus dem Hochadel, bezeichnet. Oft wird über diesen Übergang ein Anschluss an bereits gut erforschte Genealogien und eine direkte Abstammung bis hin zu den [[Karolinger]]n und [[Ottonen]] erreicht, und darüber hinaus manchmal bis ins Altertum (englisch ''descent from antiquity'', ''DFA''), wobei Abstammungen jenseits des 8. Jahrhunderts zunehmend zweifelhaft und legendär werden.


Dynastenübergänge stellen eine Besonderheit da, da im Mittelalter und der Frühen Neuzeit die einzelnen Stände (Bürgertum, Niederadel, Hochadel) üblicherweise [[geschlossene Heiratskreise|geschlossener Heiratskreis]] bildeten. Hierdurch blieben in der überwiegenden Zahl die Nachkommen, zumindest soweit sie durch Quellen erfassbar sind, im gleichen Stand wie ihre Eltern.
Dynastenübergänge stellen eine Besonderheit da, da im Mittelalter und der Frühen Neuzeit die einzelnen Stände (Bürgertum, Niederadel, Hochadel) üblicherweise [[geschlossene Heiratskreise|geschlossener Heiratskreis]] bildeten. Hierdurch blieben in der überwiegenden Zahl die Nachkommen, zumindest soweit sie durch Quellen erfassbar sind, im gleichen Stand wie ihre Eltern.


Grundsätzlich dürften zwei Arten von Dynastenübergängen zu unterscheiden:
Grundsätzlich dürften zwei Arten von Dynastenübergängen zu unterscheiden sein:


* direkte Übergänge von Dynasten (Hochadligen) ins Bürgertum. Dies entstanden vorwiegend durch anerkannte, aber "illegitime" Nachkommen eines Dynasten, die dann Ehen mit Bürgern (oft Beamten oder Pfarrern bzw. deren Töchtern) eingingen. Bekannt sind entweder eine Tochter Heinrichs III. von Hessen oder die Kinder des Bischofs von Münster und Osnabrück, Franz von Waldeck, mit der bürgerlichen Anna Polmann.
* direkte Übergänge von Dynasten (Hochadligen) ins Bürgertum. Diese entstanden vorwiegend durch anerkannte, aber "illegitime" Nachkommen eines Dynasten, die dann Ehen mit Bürgern (oft Beamten oder Pfarrern bzw. deren Töchtern) eingingen. Bekannt sind entweder eine Tochter Heinrichs III. von Hessen oder die Kinder des Bischofs von Münster und Osnabrück, Franz von Waldeck, mit der bürgerlichen Anna Polmann. Vor allem solche Übergange werden auch als '''Dynastenbrücke''' bezeichnet.


* Übergänge, die zunächst vom Bürgertum zum Kleinadel führen, von wo aus über viele Generationen rückwärts und oft parallel über mehrere Linien Übergänge in den Hochadel zu finden sind. Hierbei weist allerdings keineswegs jede kleinadlige oder gar "uradelige" Familie (z.B. Ministeralien) Übergänge in den Hochadel auf.
* Übergänge, die zunächst vom Bürgertum zum Kleinadel führen, von wo aus über viele Generationen rückwärts und oft parallel über mehrere Linien Übergänge in den Hochadel zu finden sind. Hierbei weist allerdings keineswegs jede kleinadlige oder gar "uradelige" Familie (z.B. Ministeralien) Übergänge in den Hochadel auf.

Version vom 12. September 2016, 10:07 Uhr

Als Dynastenübergang oder teilweise als Dynastenbrücke (im englischen Sprachgebrauch gateway ancestors) wird in der genealogischen Forschung, vor allem bei der Erforschung der Vorfahren eines Probanden der Übergang von einer bürgerlichen Ahnenreihe zu Ahnen aus dem Hochadel, bezeichnet. Oft wird über diesen Übergang ein Anschluss an bereits gut erforschte Genealogien und eine direkte Abstammung bis hin zu den Karolingern und Ottonen erreicht, und darüber hinaus manchmal bis ins Altertum (englisch descent from antiquity, DFA), wobei Abstammungen jenseits des 8. Jahrhunderts zunehmend zweifelhaft und legendär werden.

Dynastenübergänge stellen eine Besonderheit da, da im Mittelalter und der Frühen Neuzeit die einzelnen Stände (Bürgertum, Niederadel, Hochadel) üblicherweise geschlossener Heiratskreis bildeten. Hierdurch blieben in der überwiegenden Zahl die Nachkommen, zumindest soweit sie durch Quellen erfassbar sind, im gleichen Stand wie ihre Eltern.

Grundsätzlich dürften zwei Arten von Dynastenübergängen zu unterscheiden sein:

  • direkte Übergänge von Dynasten (Hochadligen) ins Bürgertum. Diese entstanden vorwiegend durch anerkannte, aber "illegitime" Nachkommen eines Dynasten, die dann Ehen mit Bürgern (oft Beamten oder Pfarrern bzw. deren Töchtern) eingingen. Bekannt sind entweder eine Tochter Heinrichs III. von Hessen oder die Kinder des Bischofs von Münster und Osnabrück, Franz von Waldeck, mit der bürgerlichen Anna Polmann. Vor allem solche Übergange werden auch als Dynastenbrücke bezeichnet.
  • Übergänge, die zunächst vom Bürgertum zum Kleinadel führen, von wo aus über viele Generationen rückwärts und oft parallel über mehrere Linien Übergänge in den Hochadel zu finden sind. Hierbei weist allerdings keineswegs jede kleinadlige oder gar "uradelige" Familie (z.B. Ministeralien) Übergänge in den Hochadel auf.

Beispiele

Ein Beispiel für einen direkten Übergang vom Bürgertum zum Hochadel (hier über Heinrich III. von Hessen) enthält die Ahnentafel Goethes:

[www.goethe-genealogie.de]

Beispiel für Übergänge aus dem Bürgertum in den Kleinadel, hier die bürgerliche Ahnenliste von Eckhard Preuschhof, die über den ostpreußischen Kleinadel führt:

Umfangreiche Angaben zu Dynastenübergängen enthält auch die Ahnentafel Rübel-Blass, die von Wolfang Trogus digital aufbereitet und aufgrund seiner aufgrund seiner umfangreich-neuzeitlichen mittelalterlichen Quellenkenntnis ergänzt hat:

Literatur

Eine systematische Erfassung von Dynastenübergängen scheint noch nicht zu existieren. Literatur existiert zu einzelnen Familien:

  • Bürgerliche und bäuerliche Nachkommen Bernhard VII zur Lippe (1428-1511). Bis zum Beginn des 18 Jahrhunderts. ISBN978-3-402-13890-0.
Zu Bernhard VII siehe: www.nhv-ahnenforschung.de/Bernhard/index.htm
  • Detlev Schwennicke, "Die Nichtstandesgemäßen und illegitimen Nachkommen der regierenden Häuser Europas", "Europäischen Stammtafeln", NF (grün Reihe) Band III Teilband 2, 1983. Nach Auskunft von Arndt Richter sind diese Tafeln aber für Familienforscher von Aszendenzen (Ahnenlisten) nur sehr bedingt brauchbar/nützlich, da die bürgerliche Seite entweder nur mit einem Namen (ohne Vorfahren) oder auch bloß mit "N.N." angegeben ist.
  • Eberhard Winkhaus: Ahnen zu Karl dem Großen und Widukind in 765 Ahnenstämmen, 1953 mit Ergänzungsband
  • A. Tacke: Wir wollen der Liebe Raum geben: Konkubinate geistlicher und weltlicher Fürsten um 1500. Wallsteinverlag 2006. ISBN: 978-3-8353-0052-1