Hexenverfolgung: Unterschied zwischen den Versionen
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Es ist zu beklagen, dass es bis zur letzten Jahrtausendwende in den Kirchen kaum Bemühungen gegeben hat, die zumindest die Christen-Ehre der verurteilten "Hexen" wieder herzustellen. Bis 1997 äußerte sich allein die Ev. Luth. Kirche in Bayern in einer Stellungnahme zu den Hexenverfolgungen, allerdings gehört Westfalen neben Bayern zu den Gebieten Deutschlands, in denen die meisten Hexenprozesse stattgefunden haben. Bis in die jüngste Gegenwart ist jedoch eine offizielle Rehabilitation dieser Opfer der sogenannten Hexengerichtsbarkeit nicht erfolgt. | Es ist zu beklagen, dass es bis zur letzten Jahrtausendwende in den Kirchen kaum Bemühungen gegeben hat, die zumindest die Christen-Ehre der verurteilten "Hexen" wieder herzustellen. Bis 1997 äußerte sich allein die Ev. Luth. Kirche in Bayern in einer Stellungnahme zu den Hexenverfolgungen, allerdings gehört Westfalen neben Bayern zu den Gebieten Deutschlands, in denen die meisten Hexenprozesse stattgefunden haben. Bis in die jüngste Gegenwart ist jedoch eine offizielle Rehabilitation dieser Opfer der sogenannten Hexengerichtsbarkeit nicht erfolgt. | ||
* [http://www.anton-praetorius.de/ Opfer von Hexenprozessen - erinnern - rehabilitieren] | |||
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Auch im Bereich der heutigen Stadt Rüthen mit seinen Ortschaften wurden zwischen 1573 und 1660 im Rahmen der sogenannten Hexengerichtsbarkeit, an der auch der damalige Rat der Stadt Rüthen in verantwortlicher Funktion maßgeblich beteiligt war, nach letztem Wissenssstand 169 Personen (Frauen, Männer u. Kinder) unschuldig zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sie waren damit zugleich auch gesellschaftlich geächtet und ausgegrenzt. | Auch im Bereich der heutigen [[Rüthen|Stadt Rüthen]] mit seinen Ortschaften wurden zwischen 1573 und 1660 im Rahmen der sogenannten Hexengerichtsbarkeit, an der auch der damalige Rat der Stadt Rüthen in verantwortlicher Funktion maßgeblich beteiligt war, nach letztem Wissenssstand 169 Personen (Frauen, Männer u. Kinder) unschuldig zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sie waren damit zugleich auch gesellschaftlich geächtet und ausgegrenzt. | ||
Als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen ergriff die Stadt Rüthen 2011 die Initiative zur Rehabilitation der Opfer der sogenannten Hexenverfolgungen. | Als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen ergriff die Stadt Rüthen 2011 die Initiative zur Rehabilitation der Opfer der sogenannten Hexenverfolgungen. | ||
===Antrag einer Schulklasse=== | ===Antrag einer Schulklasse=== | ||
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Der Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V. (DFN) veröffentlicht auf seiner Homepage das Archiv der "Mailingliste zur Erforschung der historischen Hexenverfolgung - Witchcraft Resarch". | Der Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V. (DFN) veröffentlicht auf seiner Homepage das Archiv der "Mailingliste zur Erforschung der historischen Hexenverfolgung - Witchcraft Resarch". | ||
Das Listenarchiv ist einzusehen auf | Das Listenarchiv ist einzusehen auf https://www.listserv.dfn.de/sympa/arc/hexenforschung. | ||
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Aktuelle Version vom 14. Januar 2024, 11:48 Uhr
Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Hexenverfolgung
Einleitung
Hexen
Eine Hexe war ursprünglich eigentlich eine weise (weissagende) Frau, dann Weib, welches angeblich durch ein mit dem Teufel eingegangenes Bündnis in den Stand gesetzt sein sollte, auf Menschen und Tiere auf schädliche Weise einzuwirken.
Nach der Christinanisierung entstanden
Der Glaube an Hexen entstand unter den germanischen Völkern erst nach ihrer Christinanisierung und konnte sich erst aus der daraus später von der Kirche entwickelten Lehre vom Teufel entfalten und manifestieren. Daraus entstanden abergläubische Vorstellungen wie Nachtflug von Menschen und Fähigkeiten der Zauberei.
Zwar bestätigte Karl der Große noch einen Beschluß der Paderborner Synode von 785, nachdem der Glaube an menschenfressende Hexen mit dem Tode zu bestrafen ist, doch im Hochmittelalter erfolgt die bereits die Diffamirung kleruskritischer und politischer Gegner als Ketzer und Teufelsanbeter.
Päpstliche Bulle
Schließlich werden die Hexenprozesse veranlaßt durch eine Bulle des Papstes Innocenz VIII. von 1484 gegen vermeintliche Bündnisse von Menschen mit dem Teufel.
Hexenhammer
Sprengers „Hexenhammer“ („Malleus maleficarnm“, Köln 1487) regelte das gerichtliche Verfahren gegen die Hexen (Erpressung des gewünschten Geständnisses mittelst der Folter und anschließender Verbrennung).
Auch in den protestantischen Ländern fanden die Hexenprozesse Eingang, besonders im 16. und 17. Jhdt. Evangelische Reformatoren wie Luther und Calvin haben sich nachdrücklich für die Verfolgung der Hexen und deren Hinrichtung ausgesprochen. In der Stellungnahme der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Hexenverfolgung heißt es 1997: "Die Aussagen Martin Luthers bezüglich der Existenz und der schädlichen Zaubereien von Hexen sind allerdings recht mehrdeutig. Auf jeden Fall war er überzeugt von der Möglichkeit des Teufelspaktes, der Teufelsbuhlschaft und des Schadenszaubers und befürwortete die gerichtliche Verfolgung von Zauberern und Hexen und die Aussage des Alten Testament ´Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen` (2.Mose 22,17) hatte für ihn Gültigkeit. Zahlreiche lutherische Theologen, Prediger und Juristen beriefen sich deshalb auf einschlägige Aussagen Luthers."
Theologen als Verfahrensgutachter
Immer wieder wurden Theologen auch zu Gutachten in Hexenprozessen herangezogen. Oft waren sie es, die - in katholischen und lutherischen Gebieten - durch ihre Argumentation und Beweisführung Hexenverfolgungen überhaupt erst in Gang brachten oder vorantrieben.
Nicht kriegsbedingte Massentötung
Bei den Hexenverfolgungen vom ausgehenden Mittelalter bis ins 18. Jh. sind in großen Teilen Europas, vor allem aber im Bereich des "Hl. Römischen Reiches deutscher Nation" (HRR) etwa 50.000 Menschen unschuldig verurteilt und hingerichtet worden.
Nach wissenschaftlicher Auffassung handelt es sich dabei "um die größte, nicht kriegsbedingte Massentötung nach den Judenverfolgungen" (G. Schormann).
Grundsätzlichen Widerspruch
Grundsätzlichen Widerspruch dagegen erhoben zuerst die Jesuiten Tanuer (+ 1632) und Spee (+ 1635), dann der niederländische Theologe Balthasar Bekker („Bezauberte Welt“, 1691 — 93), am erfolgreichsten aber Thomasius (+1718). Doch wurden noch im 18. Jhdt. Hexen prozessirt; die letzten wohl 1749 zu Würzburg, 1754 und 1756 zu Landshut, 1782 zu Glarus.
In der Familienforschung stößt man immer wieder auf Vorfahren, die auf die ein oder andere Art in Prozesse der Hexenverfolgung und Zauberei verwickelt waren. In manchen Familien ist überliefert, dass eine der Vorfahrinnen oder einer der Vorfahren in einem Hexen- oder Zaubereiprozess getötet, verletzt oder aus dem Kirchspiel verjagt wurde.
Rehabilitation der Opfer aus den Hexenverfolgungen
Es ist zu beklagen, dass es bis zur letzten Jahrtausendwende in den Kirchen kaum Bemühungen gegeben hat, die zumindest die Christen-Ehre der verurteilten "Hexen" wieder herzustellen. Bis 1997 äußerte sich allein die Ev. Luth. Kirche in Bayern in einer Stellungnahme zu den Hexenverfolgungen, allerdings gehört Westfalen neben Bayern zu den Gebieten Deutschlands, in denen die meisten Hexenprozesse stattgefunden haben. Bis in die jüngste Gegenwart ist jedoch eine offizielle Rehabilitation dieser Opfer der sogenannten Hexengerichtsbarkeit nicht erfolgt.
Regionale Auswirkungen
Auch im Bereich der heutigen Stadt Rüthen mit seinen Ortschaften wurden zwischen 1573 und 1660 im Rahmen der sogenannten Hexengerichtsbarkeit, an der auch der damalige Rat der Stadt Rüthen in verantwortlicher Funktion maßgeblich beteiligt war, nach letztem Wissenssstand 169 Personen (Frauen, Männer u. Kinder) unschuldig zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sie waren damit zugleich auch gesellschaftlich geächtet und ausgegrenzt.
Als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen ergriff die Stadt Rüthen 2011 die Initiative zur Rehabilitation der Opfer der sogenannten Hexenverfolgungen.
Antrag einer Schulklasse
Auf Anträge einer Schulklasse des Friedrich-Spee-Gymnasiums Rüthen und aus der Rüthener Bürgerschaft hin beschloß nach Vorschlag der Stadtverwaltung Rüthen in der Sitzung der Stadtvertretung am 31.03.11 die sozialethische Rehabilitation der im Rahmen der sogenannten Hexengerichtsbarkeit betroffenen und im Bereich der Stadt Rüthen unschuldig verurteilten und hingerichteten Personen. Diese Rehabilitation soll posthum der vollständigen gesellschaftlichen Wiedereingliederung der Opfer im Sinne der Menschenrechte, der Menschenwürde und der Humanität, der Wiederherstellung ihrer individuellen Ehre wie auch ihrem nachhaltigen Gedenken dienen.
Gedenkstätten
Mailingliste im DFN
Der Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V. (DFN) veröffentlicht auf seiner Homepage das Archiv der "Mailingliste zur Erforschung der historischen Hexenverfolgung - Witchcraft Resarch".
Das Listenarchiv ist einzusehen auf https://www.listserv.dfn.de/sympa/arc/hexenforschung.
Administrator der Liste ist Dr. Klaus Graf.
Nachrichten über einzelne Fälle
- Forum zum Thema Hexenverfolgung
- Die Baderann von Veringenstadt. Mittheilungen aus einem Hexenprozesse vom Jahre 1680.
- http://www.ahnen-und-wappen.de/foren/board.php?boardid=58
- Haus Ostendorf/Hexenprozesse
Literatur
- Berthold Jäger: "... das recht und überaus grosse sengen undt brennen ...". Beiträge zur Geschichte der Hexenverfolgungen im Stift Fulda 1600 - 1606, Fulda: Verlag Parzeller 2006, ISBN 978-3-7900-0380-2
Rezensiert von: Manfred Tschaikner, URL: www.sehepunkte.de/2007/02/12369.html