Technische und wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Mühlengewerbes/001: Unterschied zwischen den Versionen
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A. Allgemeines, <br> | |||
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Viele Werke der technischen Fachliteratur bezeichnen <br> | |||
die Müllerei als eine Kunst, die nicht rein handwerksmäßig<br> | |||
erlernt und ausgeübt werden könne; denn außer der eigent- <br> | |||
lichen Vermahlung müsse der Müller die Beurteilung, die <br> | |||
Behandlung und die Mischung der nie ganz gleichartig aus- <br> | |||
fallenden Getreideernten verstehen, wenn er in seinem Berufe <br> | |||
etwas leisten wolle. Diese Wertschätzung der Müllerei ist <br> | |||
verhältnismäßig neuen Datums; zwar hatte man den Übergang <br> | |||
von der alten Handmüllerei zum Wind- und Wasserbetrieb <br> | |||
laut als Fortschritt begrüßt und viel besungen, aber noch im <br> | |||
Anfange des 19. Jahrhunderts war in Deutschland die Meinung <br> | |||
verbreitet, daß das damals äußerst einfache Mühlenhandwerk <br> | |||
von einem Manne mit gesundem Menschenverstand in einer <br> | |||
Woche bequem zu erlernen sei. Heute gestaltet sich das Bild<br> | |||
ganz anders! Es ist hier die Entwickelung des deutschen <br> | |||
Mühlengewerbes nach einer Epoche des Stillstandes durch das <br> | |||
19. Jahrhundert zu verfolgen, durch das Jahrhundert der <br> | |||
Technik, das endlich auch der Müllerei den technischen und <br> | |||
wirtschaftlichen Aufschwung brachte. Und am Ende dieser <br> | |||
Periode wird sich der betrachtete Gewerbezweig als zum <br> | |||
großen Teil festfundierter moderner Großbetrieb präsentieren, <br> | |||
der mit der Müllerei vom Anfang des Jahrhunderts eigentlich <br> | |||
nur noch den Namen gemeinsam hat, <br> | |||
In der Bedeutung für die Volksernährung steht das heutige <br> | |||
Mühlengewerbe unbestritten an erster Stelle. Seine Lage ist <br> | |||
in den letzten Jahren in Presse und Parlament vielfach er- <br> | |||
örtert worden, aber diese Erörterungen vermochten sich nur <br> | |||
selten über einseitige Eigen- oder Parteiinteressen zu erheben;<br> | |||
sie kennzeichnen sich meistens durch weitgehende Tendenz- <br> | |||
befangenheit und haben daher nur bedingten Wert. Die <br> | |||
wissenschaftliche Literatur über die Mühlenindustrie ist merk- <br> | |||
würdigerweise gering; erst in den allerletzten Jahren ist hier <br> | |||
eine Wendung zu verzeichnen gewesen und neuerdings scheint <br> | |||
auch die seitens der Interessenten bisher beobachtete ängst- <br> | |||
liche Geheimhaltung alles Wissenswerten etwas abzunehmen. <br> | |||
So ist zu hoffen, daß die Müllerei aus einer immer umfang- <br> | |||
Forschungen XXIV 4 (114) — Luther. |
Aktuelle Version vom 16. März 2019, 22:03 Uhr
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EINLEITUNG,
A. Allgemeines,
Viele Werke der technischen Fachliteratur bezeichnen
die Müllerei als eine Kunst, die nicht rein handwerksmäßig
erlernt und ausgeübt werden könne; denn außer der eigent-
lichen Vermahlung müsse der Müller die Beurteilung, die
Behandlung und die Mischung der nie ganz gleichartig aus-
fallenden Getreideernten verstehen, wenn er in seinem Berufe
etwas leisten wolle. Diese Wertschätzung der Müllerei ist
verhältnismäßig neuen Datums; zwar hatte man den Übergang
von der alten Handmüllerei zum Wind- und Wasserbetrieb
laut als Fortschritt begrüßt und viel besungen, aber noch im
Anfange des 19. Jahrhunderts war in Deutschland die Meinung
verbreitet, daß das damals äußerst einfache Mühlenhandwerk
von einem Manne mit gesundem Menschenverstand in einer
Woche bequem zu erlernen sei. Heute gestaltet sich das Bild
ganz anders! Es ist hier die Entwickelung des deutschen
Mühlengewerbes nach einer Epoche des Stillstandes durch das
19. Jahrhundert zu verfolgen, durch das Jahrhundert der
Technik, das endlich auch der Müllerei den technischen und
wirtschaftlichen Aufschwung brachte. Und am Ende dieser
Periode wird sich der betrachtete Gewerbezweig als zum
großen Teil festfundierter moderner Großbetrieb präsentieren,
der mit der Müllerei vom Anfang des Jahrhunderts eigentlich
nur noch den Namen gemeinsam hat,
In der Bedeutung für die Volksernährung steht das heutige
Mühlengewerbe unbestritten an erster Stelle. Seine Lage ist
in den letzten Jahren in Presse und Parlament vielfach er-
örtert worden, aber diese Erörterungen vermochten sich nur
selten über einseitige Eigen- oder Parteiinteressen zu erheben;
sie kennzeichnen sich meistens durch weitgehende Tendenz-
befangenheit und haben daher nur bedingten Wert. Die
wissenschaftliche Literatur über die Mühlenindustrie ist merk-
würdigerweise gering; erst in den allerletzten Jahren ist hier
eine Wendung zu verzeichnen gewesen und neuerdings scheint
auch die seitens der Interessenten bisher beobachtete ängst-
liche Geheimhaltung alles Wissenswerten etwas abzunehmen.
So ist zu hoffen, daß die Müllerei aus einer immer umfang-
Forschungen XXIV 4 (114) — Luther.