Herforder Chronik (1910)/248: Unterschied zwischen den Versionen
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=== Der Kaland. === | |||
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Aus alten Urkunden ist zu ersehen, daß der Kaland- oder Hagerhof, d. i. derer von Hagen, auf der fürstlich abteilichen Freiheit, und zwar an der heutigen Elisabethstraße gelegen hat, die auf dem Plane von 1638 Hagenstraße heißt. Ob er jedoch an der Stelle der heutigen Kreissparkasse oder vielleicht dieser gegenüber lag, ist ungewiß. | |||
Die Kalandsbruderschaft, <tt>Fraternitas S. Trinitatis</tt>, Broderschap der Hilligen Drevoldicheyt bynnen Hervorde, <tt>Fraternitas calendariorum</tt> oder kurzweg Kaland genannt, war eine Priestergenossenschaft, deren Mitglieder sich am Ersten jedes Monats, der im Lateinischen <tt>Calendae</tt> heißt, versammelten. Ihr Zweck war, Werke der Nächstenliebe zu verrichten, sich gegenseitig zu unterstützen, Amtsangelegenheiten gemeinsam zu beraten, überhaupt ein brüderliches Zusammenhalten der Geistlichen in einem Umkreise von drei Stunden zu pflegen. Den Beschluß ihrer Versammlungen bildete ein Brudermahl. | |||
Die Kalandsbruderschaften sollen schon im 13. Jahrhundert in Norddeutschland, den Niederlanden und Frankreich verbreitet gewesen sein. In Herford ist der Kaland 1369 gegründet worden. Er umfaßte anfänglich 90 Priester, nach seiner Reformation 1486 durch die Äbtissin | |||
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Anna von Hunolstein, 1484-1494, | |||
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nur 40 Geistliche aus Herford und Umgegend. Unter der Äbtissin | |||
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Anna von Limburg, 1520-1565, | |||
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wurde 1534 die Zahl der Kalandsherren auf 20 herabgesetzt; die Einkünfte der andern 20 Stellen, die nach Hölscher je 10-12 Taler betrugen, sollten Schülern der lateinischen Schule gewahrt werden. | |||
Ihre gemeinsamen Andachten hielten sie in der Trinitatiskapelle ab, wo sie auch gottesdienstliche Handlungen, z. B. Messelesen u. dgl., verrichteten. Die Kapelle St. Trinitatis befand sich in dem kleinen Vorbau an der südwestlichen Ecke der Münsterkirche, also dem Organistenhause zugekehrt. Ludorff (s. Tafel 23) nennt diese jetzige Vorhalle Paradies, eine aus altchristlicher Zeit stammende Bezeichnung solcher Vorhallen, welche zum Unterricht für die Katechumenen (die zum Christentum Übertretenden) bestimmt und mit Bäumen und Sträuchern umpflanzt war; daher der Name. | |||
Wie zahlreiche Herforder Urkunden nachweisen, wurden der Bruderschaft für ihre gottesdienstliche Tätigkeit Vermächtnisse, die aus Renten von Häusern und Ländereien bestanden, gestiftet. Der Kaland kam dadurch zu Vermögen und Wohlstand; allein das Wohlleben sollte ihm zum Verhängnis werden. Denn die anfangs schön durchgeführte Sitte, die Zusammenkünfte so vieler Priester, welche sich sonst fern geblieben wären, vor dem Auseinandergehen mit einem Mahle festlich zu beschließen, artete zuletzt zu üppigen Schmausereien aus. Der Kaland kam durch seine Zügellosigkeit in so üblen Ruf, daß man |
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Der Kaland.
Aus alten Urkunden ist zu ersehen, daß der Kaland- oder Hagerhof, d. i. derer von Hagen, auf der fürstlich abteilichen Freiheit, und zwar an der heutigen Elisabethstraße gelegen hat, die auf dem Plane von 1638 Hagenstraße heißt. Ob er jedoch an der Stelle der heutigen Kreissparkasse oder vielleicht dieser gegenüber lag, ist ungewiß.
Die Kalandsbruderschaft, Fraternitas S. Trinitatis, Broderschap der Hilligen Drevoldicheyt bynnen Hervorde, Fraternitas calendariorum oder kurzweg Kaland genannt, war eine Priestergenossenschaft, deren Mitglieder sich am Ersten jedes Monats, der im Lateinischen Calendae heißt, versammelten. Ihr Zweck war, Werke der Nächstenliebe zu verrichten, sich gegenseitig zu unterstützen, Amtsangelegenheiten gemeinsam zu beraten, überhaupt ein brüderliches Zusammenhalten der Geistlichen in einem Umkreise von drei Stunden zu pflegen. Den Beschluß ihrer Versammlungen bildete ein Brudermahl.
Die Kalandsbruderschaften sollen schon im 13. Jahrhundert in Norddeutschland, den Niederlanden und Frankreich verbreitet gewesen sein. In Herford ist der Kaland 1369 gegründet worden. Er umfaßte anfänglich 90 Priester, nach seiner Reformation 1486 durch die Äbtissin
Anna von Hunolstein, 1484-1494,
nur 40 Geistliche aus Herford und Umgegend. Unter der Äbtissin
Anna von Limburg, 1520-1565,
wurde 1534 die Zahl der Kalandsherren auf 20 herabgesetzt; die Einkünfte der andern 20 Stellen, die nach Hölscher je 10-12 Taler betrugen, sollten Schülern der lateinischen Schule gewahrt werden.
Ihre gemeinsamen Andachten hielten sie in der Trinitatiskapelle ab, wo sie auch gottesdienstliche Handlungen, z. B. Messelesen u. dgl., verrichteten. Die Kapelle St. Trinitatis befand sich in dem kleinen Vorbau an der südwestlichen Ecke der Münsterkirche, also dem Organistenhause zugekehrt. Ludorff (s. Tafel 23) nennt diese jetzige Vorhalle Paradies, eine aus altchristlicher Zeit stammende Bezeichnung solcher Vorhallen, welche zum Unterricht für die Katechumenen (die zum Christentum Übertretenden) bestimmt und mit Bäumen und Sträuchern umpflanzt war; daher der Name.
Wie zahlreiche Herforder Urkunden nachweisen, wurden der Bruderschaft für ihre gottesdienstliche Tätigkeit Vermächtnisse, die aus Renten von Häusern und Ländereien bestanden, gestiftet. Der Kaland kam dadurch zu Vermögen und Wohlstand; allein das Wohlleben sollte ihm zum Verhängnis werden. Denn die anfangs schön durchgeführte Sitte, die Zusammenkünfte so vieler Priester, welche sich sonst fern geblieben wären, vor dem Auseinandergehen mit einem Mahle festlich zu beschließen, artete zuletzt zu üppigen Schmausereien aus. Der Kaland kam durch seine Zügellosigkeit in so üblen Ruf, daß man