Herforder Chronik (1910)/117: Unterschied zwischen den Versionen
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Daß er bei dem unbestimmten Fürwort „man“ niemand anders als seine lieben Landsleute im Sinne gehabt hat, bedarf keiner weiteren Erörterung, und niemand wird ihm die Ansicht bestreiten, daß man „um jeder Ursache willen“ trinken kann und, fügen wir hinzu, es auch tut. Wie unsere Herforder Vorfahren es in dieser Beziehung gehalten haben, ist aus unseren Betrachtungen der gesellschaftlichen Zustände des Mittelalters und aus den wenigen Beispielen ersichtlich, welche uns die übrig gebliebenen älteren Stadtrechnungen von Herford an die Hand geben. | |||
Soweit wir auch zurückschauen bis in die Tage, als die alten Deutschen die erste Bekanntschaft mit dem Weine machten, immer sehen wir sie Feiern und Feste mit dem Weintrunk begleiten. Bedenken wir dabei die schon von den Römern wahrgenommene und auf uns vererbte Trunkfreudigkeit und -festigkeit der germanischen Volksstämme, so nimmt es uns nicht wunder, wenn wir aus den alten Schriftdenkmälern ersehen, daß solche obengenannten „Ursachen“ nicht zu jeder Zeit die Schranken des Feierlichen und Festlichen innehielten. | |||
Abgesehen aber von diesen die Festlichkeiten begleitenden Weingelagen hat der Weintrunk schon im frühen Mittelalter eine ernste synmbolische Bedeutung als winkop, Weinkauf, erlangt. | |||
Ein winkop ist es, wenn jemand in feierlicher Weise Wein auf die Erde schüttet, um durch diese Handlung die Besitzergreifung dieses Landstückes zu bekunden; Käufer und Verkäufer trinken zum rechtsgültigen Abschluß ihres Geschäftes den winkop; Heiratskontrakte werden durch Weintrunk bekräftigt. Man nannte die als Zeugen zu ähnlichen Handlungen Geladenen winkopeslude<ref>Winkopeslude, Weinkaufsleute, s. Normann, Rechtsbuch Kap. 22, S. 47.</ref>, auch dann, wenn Bier an die Stelle des Weines trat. Außerdem leistete der Leibeigene als winkop eine Geldzahlung, wenn ihm sein Herr die Freiheit gab, und wer sich in eine Innung aufnehmen ließ, entrichtete an die Gewerkskasse den „winkopespenninck“. | |||
Bei uns Niedersachsen hat sich die Art eines Geschäftsabschlusses aus dem Mittelalter bis auf unsere Tage fortgeerbt, jedoch ist aus dem Wein- oder Biertrunk ein Handgeld geworden. Mit dem Nehmen des Handgeldes verpflichtet sich die Magd, in den Dienst der Herrin zu treten, und die Herforder Hausfrau gibt noch heut ihrer Dienstmagd den Weinkauf. | |||
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Aktuelle Version vom 17. Juli 2009, 20:40 Uhr
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Daß er bei dem unbestimmten Fürwort „man“ niemand anders als seine lieben Landsleute im Sinne gehabt hat, bedarf keiner weiteren Erörterung, und niemand wird ihm die Ansicht bestreiten, daß man „um jeder Ursache willen“ trinken kann und, fügen wir hinzu, es auch tut. Wie unsere Herforder Vorfahren es in dieser Beziehung gehalten haben, ist aus unseren Betrachtungen der gesellschaftlichen Zustände des Mittelalters und aus den wenigen Beispielen ersichtlich, welche uns die übrig gebliebenen älteren Stadtrechnungen von Herford an die Hand geben.
Soweit wir auch zurückschauen bis in die Tage, als die alten Deutschen die erste Bekanntschaft mit dem Weine machten, immer sehen wir sie Feiern und Feste mit dem Weintrunk begleiten. Bedenken wir dabei die schon von den Römern wahrgenommene und auf uns vererbte Trunkfreudigkeit und -festigkeit der germanischen Volksstämme, so nimmt es uns nicht wunder, wenn wir aus den alten Schriftdenkmälern ersehen, daß solche obengenannten „Ursachen“ nicht zu jeder Zeit die Schranken des Feierlichen und Festlichen innehielten.
Abgesehen aber von diesen die Festlichkeiten begleitenden Weingelagen hat der Weintrunk schon im frühen Mittelalter eine ernste synmbolische Bedeutung als winkop, Weinkauf, erlangt.
Ein winkop ist es, wenn jemand in feierlicher Weise Wein auf die Erde schüttet, um durch diese Handlung die Besitzergreifung dieses Landstückes zu bekunden; Käufer und Verkäufer trinken zum rechtsgültigen Abschluß ihres Geschäftes den winkop; Heiratskontrakte werden durch Weintrunk bekräftigt. Man nannte die als Zeugen zu ähnlichen Handlungen Geladenen winkopeslude[1], auch dann, wenn Bier an die Stelle des Weines trat. Außerdem leistete der Leibeigene als winkop eine Geldzahlung, wenn ihm sein Herr die Freiheit gab, und wer sich in eine Innung aufnehmen ließ, entrichtete an die Gewerkskasse den „winkopespenninck“.
Bei uns Niedersachsen hat sich die Art eines Geschäftsabschlusses aus dem Mittelalter bis auf unsere Tage fortgeerbt, jedoch ist aus dem Wein- oder Biertrunk ein Handgeld geworden. Mit dem Nehmen des Handgeldes verpflichtet sich die Magd, in den Dienst der Herrin zu treten, und die Herforder Hausfrau gibt noch heut ihrer Dienstmagd den Weinkauf.
- ↑ Winkopeslude, Weinkaufsleute, s. Normann, Rechtsbuch Kap. 22, S. 47.