Jena/Entwicklung 1889-1912-2: Unterschied zwischen den Versionen

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Zeit im Prinzessinnengarten-Schlößchen weilte und hier wie auch in Weimar sich gern von Jeneser Professoren umgeben sah.
In enger Beziehung zur Universität und doch unabhängig von ihr hatte sich die Optische Werkstätte von Carl Zeiß entfaltet. Der Wendepunkt in ihrer Entwicklung war das Jahr 1866, als Ernst Abbe eintrat. Zwanzig Jahre lang hatte Carl Zeiß Mikroskope hergestellt, so gut und so schlecht, wie sie eben damals angefertigt wurden; aber er nahm die Mängel nicht als etwas Unvermeidliches hin, sondern trachtete danach, sie nicht durch Probieren, Barrieren, Modifizieren zu verbessern, sondern ihre Herstellung auf wissenschaftliche Berechnung zu gründen. In diesem Gedanken fanden sich Zeiß und Abbe zusammen. Anfängliche Mißerfolge schienen der Behauptung der Konkurrenz recht zu geben, daß Mikroskope auf Grund der Theorie nicht gebaut werden könnten, ja sie betonten schadenfroh bei der Empfehlung ihrer Erzeugnisse, daß sie sie nicht nach Jenaer Art hergestellt hatten. Bald aber hatten Abbe und Zeiß des Rätsels Lösung gefunden, und 1886 wurde bei zirka 300 Arbeitern das zehntausendste Mikroskope fabriziert!
Bedingt wurde dieser einzigartige Aufschwung auch mit dadurch, daß 1882 Otto Schott aus Witten nach Jena übersiedelte und unter Mitwirkung von Carl Zeiß und seinem Sohne Roderich Zeiß und Dank einer bedeutenden Beihilfe der preußischen Regierung 1884 das „Glastechnische Laboratorium“ eröffnen konnte.
Durch das Zusammenarbeiten der drei Männer Zeiß, Abbe und Schott beginnt die Reifezeit, das Emporwachsen zum Großbetrieb, der sich nicht an der Mikroskopherstellung genügen läßt, sondern die gesamte praktische Optik umspannt.
1875 wurde Ernst Abbe, 1881 Roderich Zeiß Teilhaber ; als aber am 3. Dezember 1888 Carl Zeiß starb und 1889 Roderich Zeiß zurücktrat, gründete Ernst Abbe im Mai 1889 die „Carl-Zeiß-Stiftung zu Jena“ und machte damit dieses Jahr zu einem zweiten bedeutenden Wendepunkt in der Entwicklungsgeschichte der Firma.
Damit freilich gewann Jena, das bisher ein beschauliches Gelehrtennest gewesen war, eine andere Physiognomie : bei einer Gesamtbevölkerung von 14 000 Menschen wollen freilich  500 Arbeiter noch nicht soviel besagen wie 500 Studenten; Jena verdiente an jenen auch höchstens eine halbe Million Mark im Jahre 1889.
Aber es bahnte sich doch hier eine neue Macht die Wege, die damals freilich durch das Sozialistengesetz von 1878 im Schach gehalten wurde, sich aber doch schon 1872 dazu verstanden hatte, in Wilhelm Liebknecht einen eigenen Kandidaten für Jena aufzustellen, und die es gern und wiederholt betonte, daß Karl Marx 1811 in Jena zum Doktor promoviert worden war. Und dazu kam, daß Jena außer dem optischen und glastechnischen Laboratorium über wenige andere Fabriken nur verfügte.
Denn industriell war Jena nur wenig entwickelt: am bedeutendsten war die Weidigsche Klavierfabrik, die 1843 in Heichelheim gegründet worden war, bald aber nach Jena verlegt wurde, wo sie zuerst in der Lödder- und 1857 in der Quergasse ein Unterkommen gefunden hatte, bis sie 1883 nach der Nollendorfer Vorstadt übersiedelte.
Daneben durfte die 1810 gegründete Seifenfabrik von Triebitz Anspruch auf Beachtung erheben.
1826 hatte der Maurermeister Timter die Ratsziegelei erworben, die 1859 in den Besitz von Bernhard Böhme überging ; daneben schwang sich 1859 – 1873 die Timtersche Ofenfabrik zu großem Ansehen auf.
1868 folgten die Hartungschen und Grunerschen Sägewerke.
1870 gründete Krüger die Magdelstiegelziegelei
1871 Hugo Boehme eine Zementfabrik, die freilich 1883 in eine Blechemballagenfabrik umgewandelt wurde.
Damit haben wir aber auch alles, was an Fabriken im damaligen Jena bestand, denn die Zinngießerei von Franz Hering und die Kupferschmiede von Pflug genossen zwar weiterhin einen berechtigt guten Ruf, aber weder bei ihren Arbeitern noch denen der anderen Betriebe konnten die Zeiß-Arbeiter wesentlichen Rückhalt finden.
Freilich dürfen wir in diesem Zusammenhänge nicht übersetzen, daß sich auch in Jenas unmittelbarer Umgebung industrielle Unternehmungen entwickelt hatten.
So bestanden in Wenigenjena die Kammgarnfabrik von Eduard Weimar ( 1820-1890), wo auch
1864 die erste Dampfmaschine aufgestellt wurde, die Lüdkesche Fabrik für Studentenrequisiten und die
Glasersche Klavierfabrik,
in Burgau war 1881 die Frommoltsche Holzstoffabrik und in Göschwitz 1886 die Portland Zementfabrik errichtet worden, aber alle diese Unternehmungen hielten  sich zunächst doch in ganz bescheidenen Grenzen.
Weit bekannter waren dagegen Jenas Verlage, von denen der Neuenhahnsche der älteste war,
daneben sich seit 1850 der Costenblesche,
seit 1853 der Verlag  und das Antiquariat von Friedrich Strobel und namentlich
seit 1878 als Maukes Nachfolger der Verlag von Gustav Fischer neben
Frommanns und Junkelmanns Verlag Jena
zu einem buchhändlerisch beachtenswerten Städtchens gemacht hatten.
Gewiß hatte sich auch Jena seit dem Anschluß an das Eisenbahnnetz entwickelt; aber wenn es 1884 noch die drittgrößte Stadt nach Weimar und Eisenach  im Großherzogtum gewesen war, so hatte Apolda es schon im Jahre 1880 überflügelt; jenes hatte sich in diesem Zeitraume nur verdoppelt, dieses aber verfünffacht!
Was aber immer zu Jenas Gunsten gesprochen hatte, was seinerzeits sogar ausschlaggebend gewesen war, daß die Universität hierher verlegt wurde, waren Jenas weithin bekannte günstige Gesundheitsverhältnisse : Jenas Sterblichkeit hielt sich in den Jahren 1887 – 1889 auf 15.91; 16.70; und 16.11 pro Tausend, und alle anderen thüringischen Städte wiesen eine z.T. sogar sehr wesentlich höhere Sterblichkeitsziffer auf.
Verhältnismäßig gering war die Zahl der Bürger: noch 1882 waren 10.7 % der Bewohner Bürger, 1889 besaßen nur noch 8.3 % das Bürgerrecht. Mitbestimmend mag hierbei gewesen sein, daß seit dem Sportelgesetz vom 5. Januar 1887 die Erwerbung des Bürgerrechts an die Gebühr von 15 M. gebunden war, und gar mancher wird diese Abgabe gescheut haben. Mit dem Wachsen der Bevölkerung hatte nun aber die Zunahme an Häusern, namentlich an Kleinwohnungen , in keiner Weise Schritt gehalten, und schon 1886 hatte deshalb der Gemeindevorstand die Bildung einer Baugesellschaft ins Werk gesetzt. Drei Jahre dauerte es, bis die Satzungen ausgearbeitet waren und ein Aufruf zur Anteilszeichnung beabsichtigt werden konnte; vor allem bildeten die ungewöhnlich hohen Baupreise ein solches Hindernis, daß man sich zunächst überhaupt keinerlei Rentabilität zu versprechen vermochte. Wie dringend nötig Abhilfe war, ersieht man daraus, daß bei 516 Wohnungen, die weniger als 100 M. kosteten, in 342 die Küche fehlte und 44 als ungesund bezeichnet werden mußten! Daß man im Jahre 1887  11 und 1888  15 Neubauten errichtet hatte, linderte zwar das Übel etwas, vermochte es aber nicht annähernd zu beheben.
 
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Aktuelle Version vom 2. April 2012, 11:47 Uhr

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