Deutsche und französische Kultur im Elsass/008: Unterschied zwischen den Versionen

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geschäftsgewandten Fabrikanten, die den Grundstock der sogenannten Notabeln bilden. Jedes Vogesenthal beherbergt eine oder mehrere solcher Fabrikantenfamilien, die häufig zugleich Grossgrundbesitzer, Herren der Wälder und Weiden der Berge, schon seit mehreren Generationen in den Thälern mächtiger sind, als es ihre Vorgänger, die mittelalterlichen Grundherren, jemals waren. Weiter oben im Gebirg herrscht Sennerei (Viehzucht, Milchwirtschaft) und Waldwirtschaft; die Weiden und Wälder sind Eigentum des Staates, der Gemeinden oder einzelner Grossgrundbesitzer. Blicken wir nun auf die Industrie der Ebene und des Hügellandes, so machen wir die eigentümliche Beobachtung, dass gerade die grössten Industrieen mit Vorliebe das platte Land aufsuchen. Nur Mülhausen macht eine bedeutsame Ausnahme. Diese Stadt ist die einzige grosse Industriestadt des Landes; dagegen beschränkt sich schon in Colmar die Industrie innerhalb der Stadt auf wenige bedeutende Etablissements, die grössten Fabriken liegen in den benachbarten Ortschaften. Eine Grossindustrie, wie sie Mülhausen besitzt, fehlt der Stadt Strassburg völlig. Die wichtigen Nahrungsmittelindustrien Strassburgs, besonders die Gänseleberfabrikation, haben einen durchaus handwerksmässigen Charakter, die Bierbrauerei trug diesen Charakter bis vor kurzer Zeit. Erst seit etwa 20 Jahren haben die alten Biersieder Strassburgs moderne Grossbrauereien in den Vorstädten eingerichtet. Überhaupt ist das Unterelsass weitaus nicht so gewerbreich wie das Oberland. Abgesehen von den Vogesenthälern, wo die Textil- und Eisenindustrie vertreten ist, finden wir nur vereinzelt grössere Fabriken, wie die Spinnereien zu Erstein, Hüttenheim und Bischweiler oder die Maschinenfabrik zu Grafenstaden. So hat die Grossindustrie trotz ihrer Bedeutung ein eigentümliches Verbreitungsgebiet. Ihr Hauptsitz sind die Gebirgsthäler, ferner Mülhausen und nächste Umgebung und ausserdem die Umgebung von Colmar. In den Städten Colmar, Schlettstadt und besonders in Strassburg haben die eigentlichen Massenfabrikationen weniger ihren Sitz, ebensowenig in den kleinen altertümlichen Reichsstädten des Hügellandes. In diesen Städten, besonders in Strassburg, ist der Sitz höchst blühender aber mehr kleingewerblicher Betriebe der  verschiedenen  Nahrungsmittelgewerbe  und  der Gerberei.  Allerdings  haben
geschäftsgewandten Fabrikanten, die den Grundstock der sogenannten Notabeln bilden. Jedes Vogesenthal beherbergt eine oder mehrere solcher Fabrikantenfamilien, die häufig zugleich Grossgrundbesitzer, Herren der Wälder und Weiden der Berge, schon seit mehreren Generationen in den Thälern mächtiger sind, als es ihre Vorgänger, die mittelalterlichen Grundherren, jemals waren. Weiter oben im Gebirg herrscht Sennerei (Viehzucht, Milchwirtschaft) und Waldwirtschaft; die Weiden und Wälder sind Eigentum des Staates, der Gemeinden oder einzelner Grossgrundbesitzer. Blicken wir nun auf die Industrie der Ebene und des Hügellandes, so machen wir die eigentümliche Beobachtung, dass gerade die grössten Industrieen mit Vorliebe das platte Land aufsuchen. Nur Mülhausen macht eine bedeutsame Ausnahme. Diese Stadt ist die einzige grosse Industriestadt des Landes; dagegen beschränkt sich schon in Colmar die Industrie innerhalb der Stadt auf wenige bedeutende Etablissements, die grössten Fabriken liegen in den benachbarten Ortschaften. Eine Grossindustrie, wie sie Mülhausen besitzt, fehlt der Stadt Strassburg völlig. Die wichtigen Nahrungsmittelindustrien Strassburgs, besonders die Gänseleberfabrikation, haben einen durchaus handwerksmässigen Charakter, die Bierbrauerei trug diesen Charakter bis vor kurzer Zeit. Erst seit etwa 20 Jahren haben die alten Biersieder Strassburgs moderne Grossbrauereien in den Vorstädten eingerichtet. Überhaupt ist das Unterelsass weitaus nicht so gewerbreich wie das Oberland. Abgesehen von den Vogesenthälern, wo die Textil- und Eisenindustrie vertreten ist, finden wir nur vereinzelt grössere Fabriken, wie die Spinnereien zu Erstein, Hüttenheim und Bischweiler oder die Maschinenfabrik zu Grafenstaden. So hat die Grossindustrie trotz ihrer Bedeutung ein eigentümliches Verbreitungsgebiet. Ihr Hauptsitz sind die Gebirgsthäler, ferner Mülhausen und nächste Umgebung und ausserdem die Umgebung von Colmar. In den Städten Colmar, Schlettstadt und besonders in Strassburg haben die eigentlichen Massenfabrikationen weniger ihren Sitz, ebensowenig in den kleinen altertümlichen Reichsstädten des Hügellandes. In diesen Städten, besonders in Strassburg, ist der Sitz höchst blühender aber mehr kleingewerblicher Betriebe der  verschiedenen  Nahrungsmittelgewerbe  und  der Gerberei.  Allerdings  haben


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:ECKE DES SPITALPLATZES IN STRASSBURG <br />
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Aquarell von L. v. Seebach.
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Aktuelle Version vom 7. April 2008, 14:23 Uhr

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geschäftsgewandten Fabrikanten, die den Grundstock der sogenannten Notabeln bilden. Jedes Vogesenthal beherbergt eine oder mehrere solcher Fabrikantenfamilien, die häufig zugleich Grossgrundbesitzer, Herren der Wälder und Weiden der Berge, schon seit mehreren Generationen in den Thälern mächtiger sind, als es ihre Vorgänger, die mittelalterlichen Grundherren, jemals waren. Weiter oben im Gebirg herrscht Sennerei (Viehzucht, Milchwirtschaft) und Waldwirtschaft; die Weiden und Wälder sind Eigentum des Staates, der Gemeinden oder einzelner Grossgrundbesitzer. Blicken wir nun auf die Industrie der Ebene und des Hügellandes, so machen wir die eigentümliche Beobachtung, dass gerade die grössten Industrieen mit Vorliebe das platte Land aufsuchen. Nur Mülhausen macht eine bedeutsame Ausnahme. Diese Stadt ist die einzige grosse Industriestadt des Landes; dagegen beschränkt sich schon in Colmar die Industrie innerhalb der Stadt auf wenige bedeutende Etablissements, die grössten Fabriken liegen in den benachbarten Ortschaften. Eine Grossindustrie, wie sie Mülhausen besitzt, fehlt der Stadt Strassburg völlig. Die wichtigen Nahrungsmittelindustrien Strassburgs, besonders die Gänseleberfabrikation, haben einen durchaus handwerksmässigen Charakter, die Bierbrauerei trug diesen Charakter bis vor kurzer Zeit. Erst seit etwa 20 Jahren haben die alten Biersieder Strassburgs moderne Grossbrauereien in den Vorstädten eingerichtet. Überhaupt ist das Unterelsass weitaus nicht so gewerbreich wie das Oberland. Abgesehen von den Vogesenthälern, wo die Textil- und Eisenindustrie vertreten ist, finden wir nur vereinzelt grössere Fabriken, wie die Spinnereien zu Erstein, Hüttenheim und Bischweiler oder die Maschinenfabrik zu Grafenstaden. So hat die Grossindustrie trotz ihrer Bedeutung ein eigentümliches Verbreitungsgebiet. Ihr Hauptsitz sind die Gebirgsthäler, ferner Mülhausen und nächste Umgebung und ausserdem die Umgebung von Colmar. In den Städten Colmar, Schlettstadt und besonders in Strassburg haben die eigentlichen Massenfabrikationen weniger ihren Sitz, ebensowenig in den kleinen altertümlichen Reichsstädten des Hügellandes. In diesen Städten, besonders in Strassburg, ist der Sitz höchst blühender aber mehr kleingewerblicher Betriebe der verschiedenen Nahrungsmittelgewerbe und der Gerberei. Allerdings haben

Bildunterschrift:
ECKE DES SPITALPLATZES IN STRASSBURG
Aquarell von L. v. Seebach.