DNA-Genealogie: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:DNA Overview.png|thumb|250 px|Strukturmodell eines Ausschnitts aus der DNA-Doppelhelix (B-Form) mit 20 Basenpaarungen.]]
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== DNA-Genealogie ==
== Allgemeines ==
=== Allgemeines ===
Unter DNA-Genealogie versteht man die Verbindung der traditionellen Genealogie und Familiengeschichtsforschung auf der Grundlage schriftlicher Quellen mit der Analyse und Auswertung des menschlichen Erbguts, der DNA (englisch Desoxyribonucleic acid; auch DNS = Desoxyribonukleinsäure). Zur DNA-Analyse wird eine Speichelprobe oder mit einem Wattestäbchen eine Probe von Zellen aus der Mundschleimhaut entnommen, aus der dann in spezialisierten Laboren das Erbgut isoliert wird. Dabei wird in der Regel weniger als ein Prozent der DNA entschlüsselt und auf individuell unterschiedliche Merkmale hin untersucht. Die dabei festgestellten Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen zwei oder mehr Personen lassen Rückschlüsse auf eine nähere oder fernere Verwandtschaft zu.
 
Grundsätzlich können in Abhängigkeit von der Fragestellung und dem Erkenntnisinteresse verschiedene Arten der DNA untersucht werden:
 
* die [[autosomale DNA]] (atDNA)
* die DNA des Y-Chromosoms ([[Y-DNA|yDNA]]),
* die DNA des X-Chromosoms ([[X-DNA|xDNA]])
* und die [[Mitochondrien-DNA]] (mtDNA).


Unter dem Begriff '''DNA-Genealogie''' versteht man die Ergänzung der Familienforschung durch Methoden und Erkenntnisse der Molekularbiologie und analytischen Biochemie der letzten 10 - 15 Jahre.
== Verschiedene Arten der DNA und ihre Nutzungsmöglichkeiten ==


Methodisch handelt es sich dabei um eine DNA-Sequenzanalyse von entsprechenden DNA-Typen, wie mtDNA oder Y-DNA. Mit den dadurch erhaltenen Ergebnissen lassen sich dann verschiedene Vergleiche anstellen (Homologie-Analysen) und Auswertungen erhalten.
Das menschliche Erbgut (DNA) verteilt sich auf insgesamt 46 Chromosomen. Im Zellkern jeder menschlichen Zelle befinden sich 22 Chromosomenpaare (Autosomen) und zwei Geschlechtschromosomen (Gonosomen). Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer je ein X- und ein Y-Chromosom. Darüber hinaus findet man noch eine geringe Menge DNA in den Mitochondrien, den ‚Kraftwerken‘ der Zelle, die für die DNA-Genealogie von großem Interesse ist.


=== Y-Chromosomen / Y-DNA ===
=== Autosomale DNA (atDNA) ===
{{Hauptartikel|Autosomale DNA}}


Das Y-Chromosom wird nur vom Vater an die Söhne weiter gegeben.
Die '''[[autosomale DNA|atDNA]]''' enthält die Erbsubstanz (DNA) der 22 Chromosomenpaare, die nicht Geschlechtschromosomen (X oder Y) sind.  
Über die Analyse von bestimmten Bereichen des Y-Chromosoms ist es z.B. möglich, eine eindeutige Zugehörigkeit zu einem (gemeinsamen) Stammvater oder zu einem Familienzweig nachzuweisen.<BR/>
Es ist auch möglich, eine familiäre Verbindung zu Trägern desselben oder des gleichen Familiennamens herzustellen, auch in solchen Fällen, in denen die herkömmlichen Mittel wie Kirchenbücher, Steuerlisten usw. nicht mehr verfügbar sind.<BR/>
Besonders interessant ist, daß diese Methode sowohl im 'kurzsichtigen Bereich' (1 - 12 Generationen, d.h. etwa 300 Jahre) Resultate liefert, aber auch unter Berücksichtigung der Statistik der Mutationsrate Aussagen über die ferne und fernste Vergangenheit der männlichen ''homo-sapiens''-Linien machen kann.  


<BR/>''aus Wikipedia:''<BR />
Diese kann in der DNA-Genealogie auf zwei verschiedene Weisen ausgewertet und nutzbar gemacht werden:
Das Y-Chromosom ist ein Gonosom oder Geschlechtschromosom.<BR/>
Das Geschlecht eines Lebewesens wird genetisch durch die Geschlechtschromosomen festgelegt. Beim Menschen ist das 23. Chromosom das Geschlechtschromosom. Bei Frauen ist dieses durch ein Paar X-Chromosomen ausgeprägt, bei Männern durch ein Paar aus einem X-Chromosom und einem kleineren, wegen seiner Form Y-Chromosom genannten Exemplar. Bei manchen Lebewesen wie zum Beispiel Vögeln ist dies umgekehrt - männliche Exemplare haben zwei gleiche, weibliche dagegen verschiedene Geschlechtschromosomen. Die Geschlechtschromosomen werden in diesem Fall als W- und Z-Chromosomen benannt.
<BR />{{Wikipedia-Link|Y-Chromosom}}


=== Mitochondrien / mtDNA ===
* Beim sogenannten '''[[Matching]]''' vergleicht man die DNA verschiedener Personen auf größere oder kleinere Gemeinsamkeiten hin. Wenn ein Abschnitt der DNA bei zwei Personen identisch ist, bedeutet dies, dass beide Personen einen gemeinsamen Vorfahren haben. In der Praxis wird bei diesem Matching auch die [[X-DNA]] berücksichtigt.


mtDNA wird nur von der Mutter an ihre Töchter und Söhne weiter gegeben. Die Töchter geben diese mtDNA dann an ihre Kinder weiter etc. Die Söhne geben die von der Mutter erhaltene mtDNA '''nicht''' an ihre eigenen Kinder weiter.
* Bei der '''[[DNA-Herkunftsanalyse]]''' wird das Erbgut auf charakteristische "Muster" untersucht, die für Menschen aus bestimmten Gegenden bzw. für bestimmte Völker typisch sind. Die individuelle Zusammensetzung der DNA bzw. der darin enthaltenen "Muster" gibt Auskunft darüber, wie sich die Vorfahren der getesteten Person hinsichtlich ihrer Herkunft zusammensetzen. Auch hierbei findet die X-DNA Berücksichtigung.
Über mtDNA ist es möglich die Mutterlinie oder [[Mutterstamm]] zurück zu verfolgen. Auch lässt sich damit ein Rückschluß auf eines der Urvölker dieser Erde machen.


<BR />''aus Wikipedia:''<BR/>
Wichtige Anbieter für atDNA-Tests (bei denen auch die X-DNA untersucht wird) sind [http://www.ancestry.com AncestryDNA], [http://www.ftdna.com FTDNA], [http://www.livingdna.com Living DNA], [http://www.23andme.com 23andMe] und [http://www.myheritage.com MyHeritage].
Die mitochondriale DNA (kurz mtDNA) ist ein zirkuläres, doppelsträngiges DNA-Molekül im Inneren (Matrix) der Mitochondrien. Die mtDNA wurde 1963 von Nass entdeckt. Die humane mtDNA besteht aus 16.569 Basenpaaren mit 37 Genen (13 Proteine (Untereinheiten der Atmungsketten-Komplexe), 22 tRNAs und zwei rRNAs) und besitzt 100-10.000 Kopien pro Zelle (10-15 Moleküle pro Mitochondrium).
<BR />{{Wikipedia-Link|Mitochondriale_DNA}}


=== Haplotyp ===
=== DNA des Y-Chromosoms (yDNA) ===


Aufgrund von Haplotypen werden zum Beispiel Karten gezeichnet, um die erfolgten Wanderungen der Urvölker dieser Erde wiederzugeben (s. Genographic Project).
{{Hauptartikel|Y-DNA}}


<BR />''aus Wikipedia:''<BR/>
Das Y-Chromosom ist das männliche Geschlechtschromosom. Die DNA des Y-Chromosoms ('''[[Y-DNA|yDNA]]''') wird nur vom Vater auf den Sohn vererbt und erlaubt daher Rückschlüsse auf die Verwandtschaft in der direkten, rein männlichen Linie. Die Bestimmung der sogenannten [[Haplogruppe]] erlaubt Aussagen über die geographische Herkunft der rein männlichen Linie in den letzten Jahrtausenden.
Haplotyp, Zusammensetzung aus haploid und Genotyp, bezeichnet den genetischen Aufbau eines individuellen Chromosoms. Bei diploiden und polyploiden Organismen gibt der Haplotyp also die allelische Zusammensetzung des Chromosoms an.<BR />{{Wikipedia-Link|Haplotyp}}
 
Separate Tests der Y-DNA bieten [http://www.ftdna.com FTDNA] und [http://yseq.net/ YSEQ] an. Eine Bestimmung der Haplogruppe erfolgt außerdem im Rahmen des atDNA-Tests von [http://www.livingdna.com Living DNA] und [http://www.23andme.com 23andMe].
 
=== DNA des X-Chromosoms (xDNA) ===
 
{{Hauptartikel|X-DNA}}
 
Die [[X-DNA]] ist - wie auch die [[Y-DNA]] - durch Besonderheiten im Erbgang gekennzeichnet, aber wird wie die atDNA rekombiniert. Auch hinsichtlich der Auswertung im Rahmen der DNA-Genealogie ist sie mit der atDNA vergleichbar und wird für das Matching benutzt. Daher gibt es keine eigenen Tests der X-DNA, sondern bei der Analyse der atDNA wird auch die X-DNA berücksichtigt.
 
=== Mitochondrien-DNA (mtDNA) ===
 
{{Hauptartikel|Mitochondrien-DNA}}
 
Die '''[[Mitochondrien-DNA|mtDNA]]''' befindet sich nicht im Zellkern, sondern in den Mitochondrien (den Energiezentralen) jeder Zelle. Diese werden immer nur von der Mutter auf die Kinder weiter gegeben. Die Analyse der mtDNA erlaubt daher Rückschlüsse auf die Verwandtschaft in der direkten rein weiblichen Linie. Die Bestimmung der sogenannten [[Haplogruppe]] erlaubt Aussagen über die geographische Herkunft der rein mütterlichen Vorfahrenlinie in den letzten Jahrtausenden.
 
Separate Tests der mtDNA bietet [http://www.ftdna.com FTDNA]. Eine Bestimmung der Haplogruppe erfolgt außerdem im Rahmen des atDNA-Tests von [http://www.livingdna.com Living DNA] und [http://www.23andme.com 23andMe].
 
== Geschichte der DNA-Genealogie ==
 
Die Entstehung der DNA-Genealogie hat mehrere Voraussetzungen: Zunächst die Entdeckung der Doppelhelixstruktur der DNA als Träger des Erbguts im Jahr 1953, die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms 2003 und die Entwicklung leistungsstarker Sequenzierautomaten insbesondere durch den Marktführer Illumina, die es erst möglich machen, eine große Zahl von DNA-Proben kostengünstig zu sequenzieren.
 
Die Geschichte der DNA-Genealogie selbst reicht zurück bis in das Jahr 2000, als [http://www.ftdna.com FTDNA] erstmals einfache Tests der [[Y-DNA|yDNA]] (Analyse von 12 STR-Markern) und der [[Mitochondrien-DNA|mtDNA]] angeboten hat. <ref>Einen Überblick über die Einführung der Tests der verschiedenen Anbieter gibt Debbie Kennett: Which DNA test should I take? In: [http://www.whodoyouthinkyouaremagazine.com/blog/what-dna-testing-can-tell-you-about-your-family-history Who Do You Think You Are? Magazine, Mai 2017].</ref> Die Aussagekraft und der Nutzen für die Genealogie war zunächst äußerst begrenzt.
 
Ein kostengünstiger Test der atDNA wurde erstmals 2005 von National Geographic im Rahmen des [http://genographic.nationalgeographic.com/ Genographic Projects] eingeführt; 2007 folgte [http://www.23andme.com 23andMe] mit einem für primär medizinische Auswertungen konzipierten atDNA-Test. Das [http://genographic.nationalgeographic.com/ Genographic Project] und [http://www.23andme.com 23andMe] haben in dieser Zeit (2005 bzw. 2007) auch die ersten DNA-Herkunftsanalysen vorgenommen, die mittlerweile mit viel besser Auflösung und höherer Zuverlässigkeit von allen großen Anbietern vorgenommen werden.
 
Als die Geburtsstunde der DNA-Genealogie im engeren Sinne aber gilt der November 2009, als [http://www.23andme.com 23andMe] erstmals eine Datenbank für das [[Matching]] veröffentlichte. Wenige Monate später, im Februar 2010, folgte auch [http://www.ftdna.com FTDNA] mit einem atDNA-Test ("Family Finder") und begann mit dem Aufbau einer eigenen Datenbank für das DNA-Matching. Noch im gleichen Jahr wurde auch GedMatch gegründet, um ein anbieterunabhängiges Matching zu ermöglichen. Die Entwicklung der DNA-Genealogie verlief zunächst eher schleppend, und die Matching-Datenbanken blieben klein, bis Mitte 2012 auch Ancestry.com einen eigenen atDNA-Test auf den Markt brauchte. Wegen der großen Zahl bereits vorhandener Abonnenten und der Möglichkeit, die Testergebnisse mit den genealogischen Daten zu verbinden, gewann die DNA-Genealogie dann rasch an Verbreitung. Seit 2010, verstärkt seit 2012 werden auch die verschiedenen Techniken der DNA-Genealogie entwickelt und ausprobiert (Matching, Triangulation, Visual Phasing).<ref>Zur Geschichte der DNA-Genealogie seit 2009 vgl. CeCe Moore: The History of Genetic Genealogy and Unknown Parentage Research: An Insider's View. In: Journal of Genetic Genealogy 8(1) (2016), S. 35-37, [http://jogg.info/pages/vol8/editorial/moore/moore-history.html online verfügbar].</ref>
 
Von geradezu einem Boom der DNA-Genealogie zumindest im englischsprachigen Raum kann man seit Sommer 2015 sprechen, als die Datenbank von Ancestry nach drei Jahren die Schwelle von einer Million atDNA-Tests erreichte hatte. Im Sommer 2016 hatte sich die Zahl auf zwei Millionen verdoppelt, und bereits Frühjahr 2017 wurden vier Millionen erreicht. Zusammen mit den Datenbanken der anderen Anbieter ist damit eine kritische Größe erreicht, die für ein erfolgreiches Matching notwendig ist.<ref>Einen Überblick über die Entwicklung der atDNA-Datenbanken der verschiedenen Anbieter bietet Leah LaPerla Larkin in ihrem [http://thednageek.com/autosomal-testing-growth-graph-now-with-gedmatch/ Blog].</ref>
 
Auch die Analyse der yDNA und der mtDNA hat seit der Einführung der ersten Tests im Jahr 2000 eine rasche Entwicklung genommen. Bei STR-Tests sind mittlerweile mindestens 37 Marker der Standard, aber es werden auch SNP-Tests zu einer genaueren Bestimmung der Haplogruppen angeboten. Bei der mtDNA gilt die Analyse der HVR1 und der HVR2 als Standard, aber es sind auch vollständige Sequenzierungen erhältlich.
 
In Deutschland spielt die DNA-Genealogie bislang nur eine untergeordnete Rolle. Ein Grund dafür ist sicher die sehr gute Verfügbarkeit schriftlicher Quellen für die genealogische Forschung, so dass von der DNA-Genealogie keine wesentlichen weiteren Erkenntnisse erwartet werden; daneben spielt sicher eine verbreitete generell skeptische Haltung gegenüber der Genetik und DNA-Forschung eine Rolle.
 
Im April 2017 hat der [http://www.compgen.de Verein für Computergenealogie] eine Kooperation mit dem britischen Testanbieter [http://www.livingdna.com Living DNA] bekanntgegeben: Im Rahmen des Projekts [https://www.livingdna.com/de/deutsches-dna-forschungsprojekt "One Family - The Germans"] werden einige tausend Probanden für DNA-Tests gesucht, deren Großeltern aus der gleichen Region stammen, um eine Referenzdatenbank für bessere DNA-Herkunftsanalysen in Mitteleuropa aufzubauen. In diesem Zusammenhang bietet Living DNA für Mitglieder genealogischer Vereine in Deutschland DNA-Tests zu vergünstigten Konditionen an; daher ist in der Zukunft mit einem zunehmenden Interesse an der DNA-Genealogie auch in Deutschland zu rechnen.
 
== Rechtliches ==
 
Die Rechtslage hinsichtlich DNA-Tests ist von Land zu Land unterschiedlich; teilweise besteht auch Uneinigkeit darüber, inwieweit oder wie die Gesetze, die sich zunächst auf medizinische Gentests und/oder Vaterschaftstests beziehen, auf die erst seit einigen Jahren erhältlichen "direct-to-consumer tests" (DTC tests, d. h. direkt an Kunden verkaufte Gentests), wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, anzuwenden sind. Die folgenden Angaben zur Rechtslage dienen daher nur der allgemeinen Information, aber nicht der individuellen rechtlichen Beratung. Es gilt der {{Wikipedia-Link|Wikipedia:Hinweis_Rechtsthemen|Hinweise zu Rechtsthemen}}
 
=== Die Rechtslage in Deutschland ===
 
Der Umgang mit Gentests ist in Deutschland grundsätzlich durch das [http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/ Gendiagnostikgesetz (GenDG)] geregelt. Dieses Gesetz ist 2009 verabschiedet worden, als frei verkäufliche DNA-Tests, wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, noch kaum verfügbar waren (insbesondere gab es noch keine Tests der atDNA). Daher fehlen in diesem Gesetz ausdrückliche Regelungen zum Umgang mit solchen frei verkäuflichen DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie.
 
Das Gendiagnostikgesetz findet gemäß § 2 Anwendung auf den Umgang mit genetischen Untersuchungen und Proben "zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben" ([http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__2.html § 2 Abs. 1 GenDG]). Das Ziel dabei ist es, "eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern" <ref>So die [http://www.drze.de/im-blickpunkt/praediktive-genetische-testverfahren/rechtswissenschaftliche-aspekte Erläuterung] des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften.</ref>. Für medizinisch-diagnostische genetische Untersuchungen und für Abstammungstests gilt ein Arzt- bzw. Facharztvorbehalt; das bedeutet, dass Gentests im Rahmen von medizinischen Untersuchungen und Vaterschaftstests nur durch entsprechend qualifizierte Ärzte bzw. Fachärzte durchgeführt werden dürfen (vgl. [http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__7.html § 7 GenDG]).
 
Das Gendiagnostikgesetz gilt aber ausdrücklich nicht für "genetische Untersuchungen und Analysen und den Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken" ([http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__2.html § 2 Abs. 2 GenDG]). Die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie sind nach Auffassung der Anbieter den Forschungszwecken zuzurechnen, die durch GenDG nicht eingeschränkt werden, denn dabei geht es um die Bestimmung von [[Haplogruppe|Haplogruppen]] der [[Y-DNA|yDNA]] oder [[Mitochondrien-DNA|mtDNA]], um biogeographische [[DNA-Herkunftsanalyse|Herkunftsanalysen]] und um das [[Matching]], bei dem anhand von übereinstimmenden DNA-Segmenten mehr oder weniger entfernte Verwandte gefunden werden können. Daher werden die in der DNA-Genealogie üblichen DNA-Tests auch in Deutschland angeboten.
 
Der DNA-Test von [http://www.23andme.com/en-int/ 23andme] ist genau wegen dieser Rechtslage für Kunden aus Deutschland auf die "ancestry reports" beschränkt und enthält keine "health reports" (medizinische Auswertungen). Es ist allerdings trotzdem möglich, über das Internet von verschiedenen Anbietern außerhalb Deutschlands auch eine medizinische Auswertung der Rohdaten eines genealogischen DNA-Tests zu erhalten. In Deutschland sind solche Auswertungen ohne begleitende ärztliche Beratung durch das Gendiagnostikgesetz untersagt; die Tätigkeit von Anbietern außerhalb Deutschlands wird durch diese Gesetzesbestimmungen aber nicht eingeschränkt.
 
Mit Blick auf die strengen Regelungen des Gendiagnostikgesetzes für Abstammungs- bzw. Vaterschaftstests (§ 17 GenDG) ist zu bedenken, dass die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie durchaus auch als Abstammungs- bzw. Vaterschaftstest genutzt werden können. Es ist dringend davon abzuraten, solche genealogischen DNA-Tests zur Überprüfung oder Widerlegung einer zweifelhaften Vaterschaft an Minderjährigen ohne Wissen aller eventuell Beteiligten durchzuführen; hier drohen empfindliche Bußgelder ([[http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__26.html § 26 Abs. 1 Nr. 7 GenDG]]).
 
Die Nutzung von DNA-Tests oder der Ergebnisse von DNA-Tests durch Versicherungen ist durch das Gendiagnostikgesetz weitgehend untersagt ([[http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__18.html § 18 GenDG]]); ausgenommen sind nur Lebensversicherungen mit einer außerordentlich hohen Versicherungssumme von mind. 300.000 € (vgl. [[http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__18.html § 18 GenDG]]).
 
In einem ausführlichen Gutachten zu den AGB von Ancestry kommt der Datenschutz-Experte und frühere Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, zu dem Schluss, dass das Forschungsprivileg für DNA-Genealogie nicht gilt, sondern nur für unabhängige Forschung, der definiert sei als "auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit (Methodik, Systematik, Beweisbedürftigkeit, Nachprüfbarkeit, Kritikoffenheit, Revisionsbereitschaft) beruhender Prozess". Ancestry nennt als Zweck der Erhebung von DNA-Daten die Weitergabe an die medizinische Forschung, ohne diese aber klar zu benennen. Zudem sorge Ancestry nicht dafür, dass o.g. Regelungen zu Vaterschaftstests eingehalten und die Probengeber eindeutig identifiziert sind (z.B. bei Minderjährigen) und dass die vom GenDG vorgesehene Beratung stattfindet. <ref>[https://www.netzwerk-datenschutzexpertise.de/dokument/genetische-familienforschung Gutachten über die Ancestry-AGB zur DNA-Genealogie], abgerufen am 11. Februar 2020</ref>
 
=== Die Rechtslage in anderen Ländern ===
 
Die Rechtslage in anderen Ländern kann sich von der in Deutschland deutlich unterscheiden. Über die Situation in Frankreich, Großbritannien und in den USA informiert die [http://isogg.org/wiki/Regulation_of_genetic_tests ISOGG].
 
== Probleme und Gefahren, die sich aus einem DNA-Test ergeben können ==
 
Siehe hierzu die Seite über [[Probleme und Gefahren der DNA-Genealogie]].


== Literatur ==
== Literatur ==
* Die sieben Töchter Evas (ISBN 978-3404605156)
=== Zur DNA-Genealogie ===
* Herkunft und Geschichte des Menschen. Was die Gene über unsere Vergangenheit verraten (ISBN 978-3833301308)
 
* Die Wege der Menschheit. Eine Reise auf den Spuren der genetischen Evolution (ISBN 978-3100894304)
* Bettinger, Blaine T.: The Family Tree Guide to DNA Testing and Genetic Genealogy. Cincinnati 2016, ISBN 978-1440345326 [eine gut verständliche, umfassende Einführung in DNA-Genealogie und die verschiedenen Anwendungsbereiche]
* Colleen Fitzpatrick: ''Forensic Genealogy'' (ISBN 0-9767160-0-3)
* Bettinger, Blaine T.; Parker Wayne, Debbie: Genetic Genealogy in Practice. 2016, ISBN 978-1935815228 [ein Übungsbuch]
* Anne Hart: ''How to interpret your DNA Test Results for Family History & Ancestry'' (ISBN 0-595-26334-8)
* Kemper, Tobias A.: Familiengeschichtsforschung plus Naturwissenschaft ist DNA-Genealogie. In: Computergenealogie 32 (2017), Heft 2, S. 26-31.
* Colleen Fitzpatrick & Andrew Yeiser: ''DNA & Genealogy'' (ISBN 0-9767160-1-1)
* Scholz, Roman C.: DNA-Genealogie. Gentests als Hilfsmittel der Ahnenforschung. In: Genealogie 33 (2/2017), S. 402-410.
* Edward Ball: ''The Genetic Strand. Exploring your Family History through DNA'' (ISBN 0-7432-6658-7)
 
=== Zu Anthropologie und Geschichte ===
 
*


== Presseberichte ==
=== Beispiele zur Anwendung der DNA-Genealogie in der Praxis ===
* [[Computergenealogie/2003/Heft_2|Computergenealogie 2003/02]]
* Preuschhof, Eckard: [[Die Preuschhof Familien aus Ostpreußen]]. Neue Erkenntnisse durch Analysen Y-chromosomaler DNA. In: Altpreußische Geschlechterkunde, Band 39, 57. Jg. (2009), S. 355-368.
* GEO 09/2004 'Die Spur der Ahnen'


== Wikipedia ==
== Informationen im Internet ==
* {{Wikipedia-Link|DNA}}
* {{Wikipedia-Link|Y-Chromosom}}
* {{Wikipedia-Link|Mitochondriale_DNA}}
* {{Wikipedia-Link|Haplotyp}}
* [[Mutterstamm|Mutterstamm in GenWiki]]


== Internetadressen ==
=== Mailinglisten ===
=== Mailinglisten ===
* [http://list.genealogy.net/mailman/listinfo/dna-genealogie-l DNA-Genealogie-L auf Genealogienetz.de]
* [http://lists.rootsweb.com/index/other/DNA/Y-DNA-HAPLOGROUP-G.html Y-DNA-Haplogroup auf rootsweb.com]


=== DNA Testanbieter, Datenbanken ===
* [http://list.genealogy.net/mm/listinfo/dna-genealogie-l DNA-Genealogie]: Deutschsprachige Mailingliste zu allen Fragen der DNA-Genealogie
* [http://www.igenea.com/ iGenea] (deutsch)
* [http://groups.yahoo.com/neo/groups/DNA-NEWBIE/info DNA-Newbie]: Englischsprachige Mailingliste, in der sowohl Anfängerfragen (von "Newbies") als auch einigermaßen spezielle Fragen richtig aufgehoben sind.
* [http://www.genbygen.de/ Gen-by-Gen] (deutsch)
 
* [http://www3.nationalgeographic.com/genographic/ The Genographic Project] (englisch)
=== Facebook-Gruppen ===
* [http://www.oxfordancestors.com/ Oxford Ancestors] (englisch)
 
* [http://www.familytreedna.com/ FamilyTree DNA] (englisch)
* [http://www.facebook.com/groups/397432640621628/ DNA-Genealogie auf Deutsch]: Gruppe parallel zur deutschsprachigen Mailingliste; die Verlinkung, das Einstellen von Bildern und Screenshots ist hier einfacher als in der Mailingliste.
* [http://www.yhrd.org/ GYHRD - Y Chromosome Haplotype Reference Database] (englisch)
* [http://www.facebook.com/groups/geneticgenealogytipsandtechniques/ Genetic Genealogy: Tips & Techniques]: Die wichtigste englischsprachige Facebookgruppe, in der auch die "Größen" der DNA-Genealogie aktiv sind (Blaine Bettinger, Leah Larkin, CeCe Moore).
* [http://www.ysearch.org/ Y-Search] (englisch)
* [http://www.facebook.com/groups/DNADetectives/ DNA Detectives]: Sehr große Gruppe [d. h. Beiträge geraten rasch nach unten und aus dem Blick] mit einem Schwerpunkt auf der Nutzung der DNA-Genealogie für Adoptierte und andere, die unbekannte Eltern, Großeltern, Urgroßeltern suchen.
* [http://www.facebook.com/groups/GenomeMatePro/ Genome Mate Pro]: Alle Fragen zum Programm "Genome Mate Pro" sind hier richtig. Beta-Version werden von der Programmautorin hier veröffentlicht.
* [http://www.facebook.com/groups/gedmatchuser/ GedMatch.com User Group]: Alle Fragen rings um GedMatch.com
 
=== YouTube ===
* [https://www.youtube.com/watch?v=Tc_C0HM8qmo/ Online-Vortrag Einstieg in die DNA-Genealogie] (68 Min.)
 
* [https://www.youtube.com/watch?v=9uK1YuuKM5s/ Webinar DNA-Genealogie Teil I] Grundlagen und Ziele, Y-DNA und Herkunftsanalysen (93 Min.)
* [https://www.youtube.com/watch?v=W9wysTr_DqY/ Webinar DNA-Genealogie Teil II] Matching und Software-Tools (100 Min.)
* [https://www.youtube.com/watch?v=Cs5YG88O27g/ Webinar DNA-Genealogie Teil III] Geneanet, DNA-Datenbank für Genealogie (7 Min.)
* [https://www.youtube.com/watch?v=gHFf8wnCR50/ Webinar DNA-Genealogie Teil IV] Segment-Mapping mit Excel (7 Min.)
* [https://www.youtube.com/watch?v=d1afoeVqeXM/ Webinar DNA-Genealogie Teil V] GEDmatch, DNA-Datenbank für Genealogie (37 Min.)
 
=== Internetforen ===
* [http://www.anthrogenica.com/forum.php Anthrogenica]: Diverse Foren zu "Genetics & Anthropology" mit zahlreichen Untergruppen zu verschiedenen Anbietern, Haplogruppen und verschiedenen genetischen und anthropologischen Fragen und Aspekten.
* [http://eng.molgen.org/ Molgen]: Diverse Foren mit Untergruppen (englisch, russisch).
* [http://www.eupedia.com/forum Eupedia]: Diverse Foren mit einem Schwerpunkt auf Populationsgenetik und Anthropologie.
* [http://www.worldfamilies.net/forum/index.php Wordfamilies.net]: Foren "where genealogy meets DNA testing".
 
=== Blogs ===
 
===== ''Deutschsprachig'' =====
* [https://antoniosdnaproject.de/ Y-DNA] Blog über Y-DNA und Haplogruppen
* [http://www.ancestry24.de/index.php/de/blog/166-dna-genealogie Clair Sch.]: Blog zur DNA-Genealogie mit eigenen Erfahrungsberichten.
* [http://saecula.de/category/dna-genealogie Tobias Kemper] Grundlegende Einführung in die DNA-Genealogie
* [http://www.blog.pommerscher-greif.de/dna-genealogie/ Pommerscher Greif] Älterer Blogbeitrag (März 2014) von Tobias Kemper zur DNA-Genealogie
* [http://welt-der-vorfahren.de/kategorie/recherchetips/forschungsquellen/dna-analyse/ Anja Klein] Erfahrungsberichte zur eigenen 'Reise in die Welt der DNA-Genealogie'
* [https://blog.myheritage.de/2017/03/gastbeitrag-einfuehrung-in-die-genetische-genealogie/ MyHeritage] Einführung in die genetische Genealogie
 
===== ''Englischsprachig'' =====
* [http://thegeneticgenealogist.com/ The Genetic Genealogist]: Blog von Dr. Blaine Bettinger, dem Verfasser von einführenden Darstellungen zur DNA-Genealogie
* [http://blog.kittycooper.com/2017/09/solving-unknown-parentage-cases-with-dna/  Kitty Cooper] Solving unknown parentage cases with DNA.
 
Weitere Blogs siehe: [[DNA-Blogs]]
 
=== Pinterest ===
 
* [https://www.pinterest.de/weltdervorfahren/dna-herkunftanalyse-gen-test-ahnenforschung-geneal/ Welt der Vorfahren] DNA-Herkunftanalyse & Gen-Test
 
=== Einführungen ===


=== Presseberichte ===
* [https://welt-der-vorfahren.de/dna-genealogie-ein-praktischer-ratgeber-band-1 Anja Klein: DNA-Genealogie - ein praktischer Ratgeber, Bd. 1: Vor dem Test] (e-Book)
* Spiegel Online vom 19.06.2006 - [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,421818,00.html Stamme ich von Konfuzius ab?]
* [http://isogg.org/wiki/Beginners%27_guides_to_genetic_genealogy Beginners guides to genetic genealogy]: Eine Linksammlung von ISOGG.
* stern vom 10.11.2006 - [http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/575674.html Ahnenforschung im Labor]
* [http://sites.google.com/site/wheatonsurname/beginners-guide-to-genetic-genealogy Beginners Guide to Genetic Genealogy]: Eine ausführliche Einführung in die verschiedenen Teilbereiche der DNA-Genealogie.
* Ärzte Zeitung vom 13.07.2006 - [http://www.aerztezeitung.de/panorama/default.aspx?sid=412321 Erster Familien-Stammbaum aus der Bronzezeit]
* stern vom 27.07.2007 - [http://www.stern.de/computer-technik/internet/591893.html?nv=cb Den Generationen auf der Spur] (letzter Abschnitt!)


=== Private Erfahrungsberichte ===
== Anmerkungen ==
* [http://goebelonline.de/goebel%20dna%20genealogie.htm Hans-Hermann Goebel]
<references />
* [http://www.jadzewski.privat.t-online.de/dna.htm Bernd Jadzewski]
* [http://www.kracke.org/blog/?p=32#more-32 Timo Kracke]
* [http://www.abendblatt.de/daten/2007/06/22/759698.html Holger Zierdt (Interview)]


[[Kategorie:Genealogie|!]]
{{DNA-GenealogieHinweis}}
[[Kategorie:Genealogisches Basiswissen]]

Aktuelle Version vom 4. September 2020, 21:33 Uhr

 < Portal:DNA-Genealogie

Strukturmodell eines Ausschnitts aus der DNA-Doppelhelix (B-Form) mit 20 Basenpaarungen.

Allgemeines

Unter DNA-Genealogie versteht man die Verbindung der traditionellen Genealogie und Familiengeschichtsforschung auf der Grundlage schriftlicher Quellen mit der Analyse und Auswertung des menschlichen Erbguts, der DNA (englisch Desoxyribonucleic acid; auch DNS = Desoxyribonukleinsäure). Zur DNA-Analyse wird eine Speichelprobe oder mit einem Wattestäbchen eine Probe von Zellen aus der Mundschleimhaut entnommen, aus der dann in spezialisierten Laboren das Erbgut isoliert wird. Dabei wird in der Regel weniger als ein Prozent der DNA entschlüsselt und auf individuell unterschiedliche Merkmale hin untersucht. Die dabei festgestellten Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen zwei oder mehr Personen lassen Rückschlüsse auf eine nähere oder fernere Verwandtschaft zu.

Grundsätzlich können in Abhängigkeit von der Fragestellung und dem Erkenntnisinteresse verschiedene Arten der DNA untersucht werden:

Verschiedene Arten der DNA und ihre Nutzungsmöglichkeiten

Das menschliche Erbgut (DNA) verteilt sich auf insgesamt 46 Chromosomen. Im Zellkern jeder menschlichen Zelle befinden sich 22 Chromosomenpaare (Autosomen) und zwei Geschlechtschromosomen (Gonosomen). Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer je ein X- und ein Y-Chromosom. Darüber hinaus findet man noch eine geringe Menge DNA in den Mitochondrien, den ‚Kraftwerken‘ der Zelle, die für die DNA-Genealogie von großem Interesse ist.

Autosomale DNA (atDNA)

→ Hauptartikel: Autosomale DNA

Die atDNA enthält die Erbsubstanz (DNA) der 22 Chromosomenpaare, die nicht Geschlechtschromosomen (X oder Y) sind.

Diese kann in der DNA-Genealogie auf zwei verschiedene Weisen ausgewertet und nutzbar gemacht werden:

  • Beim sogenannten Matching vergleicht man die DNA verschiedener Personen auf größere oder kleinere Gemeinsamkeiten hin. Wenn ein Abschnitt der DNA bei zwei Personen identisch ist, bedeutet dies, dass beide Personen einen gemeinsamen Vorfahren haben. In der Praxis wird bei diesem Matching auch die X-DNA berücksichtigt.
  • Bei der DNA-Herkunftsanalyse wird das Erbgut auf charakteristische "Muster" untersucht, die für Menschen aus bestimmten Gegenden bzw. für bestimmte Völker typisch sind. Die individuelle Zusammensetzung der DNA bzw. der darin enthaltenen "Muster" gibt Auskunft darüber, wie sich die Vorfahren der getesteten Person hinsichtlich ihrer Herkunft zusammensetzen. Auch hierbei findet die X-DNA Berücksichtigung.

Wichtige Anbieter für atDNA-Tests (bei denen auch die X-DNA untersucht wird) sind AncestryDNA, FTDNA, Living DNA, 23andMe und MyHeritage.

DNA des Y-Chromosoms (yDNA)

→ Hauptartikel: Y-DNA

Das Y-Chromosom ist das männliche Geschlechtschromosom. Die DNA des Y-Chromosoms (yDNA) wird nur vom Vater auf den Sohn vererbt und erlaubt daher Rückschlüsse auf die Verwandtschaft in der direkten, rein männlichen Linie. Die Bestimmung der sogenannten Haplogruppe erlaubt Aussagen über die geographische Herkunft der rein männlichen Linie in den letzten Jahrtausenden.

Separate Tests der Y-DNA bieten FTDNA und YSEQ an. Eine Bestimmung der Haplogruppe erfolgt außerdem im Rahmen des atDNA-Tests von Living DNA und 23andMe.

DNA des X-Chromosoms (xDNA)

→ Hauptartikel: X-DNA

Die X-DNA ist - wie auch die Y-DNA - durch Besonderheiten im Erbgang gekennzeichnet, aber wird wie die atDNA rekombiniert. Auch hinsichtlich der Auswertung im Rahmen der DNA-Genealogie ist sie mit der atDNA vergleichbar und wird für das Matching benutzt. Daher gibt es keine eigenen Tests der X-DNA, sondern bei der Analyse der atDNA wird auch die X-DNA berücksichtigt.

Mitochondrien-DNA (mtDNA)

→ Hauptartikel: Mitochondrien-DNA

Die mtDNA befindet sich nicht im Zellkern, sondern in den Mitochondrien (den Energiezentralen) jeder Zelle. Diese werden immer nur von der Mutter auf die Kinder weiter gegeben. Die Analyse der mtDNA erlaubt daher Rückschlüsse auf die Verwandtschaft in der direkten rein weiblichen Linie. Die Bestimmung der sogenannten Haplogruppe erlaubt Aussagen über die geographische Herkunft der rein mütterlichen Vorfahrenlinie in den letzten Jahrtausenden.

Separate Tests der mtDNA bietet FTDNA. Eine Bestimmung der Haplogruppe erfolgt außerdem im Rahmen des atDNA-Tests von Living DNA und 23andMe.

Geschichte der DNA-Genealogie

Die Entstehung der DNA-Genealogie hat mehrere Voraussetzungen: Zunächst die Entdeckung der Doppelhelixstruktur der DNA als Träger des Erbguts im Jahr 1953, die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms 2003 und die Entwicklung leistungsstarker Sequenzierautomaten insbesondere durch den Marktführer Illumina, die es erst möglich machen, eine große Zahl von DNA-Proben kostengünstig zu sequenzieren.

Die Geschichte der DNA-Genealogie selbst reicht zurück bis in das Jahr 2000, als FTDNA erstmals einfache Tests der yDNA (Analyse von 12 STR-Markern) und der mtDNA angeboten hat. [1] Die Aussagekraft und der Nutzen für die Genealogie war zunächst äußerst begrenzt.

Ein kostengünstiger Test der atDNA wurde erstmals 2005 von National Geographic im Rahmen des Genographic Projects eingeführt; 2007 folgte 23andMe mit einem für primär medizinische Auswertungen konzipierten atDNA-Test. Das Genographic Project und 23andMe haben in dieser Zeit (2005 bzw. 2007) auch die ersten DNA-Herkunftsanalysen vorgenommen, die mittlerweile mit viel besser Auflösung und höherer Zuverlässigkeit von allen großen Anbietern vorgenommen werden.

Als die Geburtsstunde der DNA-Genealogie im engeren Sinne aber gilt der November 2009, als 23andMe erstmals eine Datenbank für das Matching veröffentlichte. Wenige Monate später, im Februar 2010, folgte auch FTDNA mit einem atDNA-Test ("Family Finder") und begann mit dem Aufbau einer eigenen Datenbank für das DNA-Matching. Noch im gleichen Jahr wurde auch GedMatch gegründet, um ein anbieterunabhängiges Matching zu ermöglichen. Die Entwicklung der DNA-Genealogie verlief zunächst eher schleppend, und die Matching-Datenbanken blieben klein, bis Mitte 2012 auch Ancestry.com einen eigenen atDNA-Test auf den Markt brauchte. Wegen der großen Zahl bereits vorhandener Abonnenten und der Möglichkeit, die Testergebnisse mit den genealogischen Daten zu verbinden, gewann die DNA-Genealogie dann rasch an Verbreitung. Seit 2010, verstärkt seit 2012 werden auch die verschiedenen Techniken der DNA-Genealogie entwickelt und ausprobiert (Matching, Triangulation, Visual Phasing).[2]

Von geradezu einem Boom der DNA-Genealogie zumindest im englischsprachigen Raum kann man seit Sommer 2015 sprechen, als die Datenbank von Ancestry nach drei Jahren die Schwelle von einer Million atDNA-Tests erreichte hatte. Im Sommer 2016 hatte sich die Zahl auf zwei Millionen verdoppelt, und bereits Frühjahr 2017 wurden vier Millionen erreicht. Zusammen mit den Datenbanken der anderen Anbieter ist damit eine kritische Größe erreicht, die für ein erfolgreiches Matching notwendig ist.[3]

Auch die Analyse der yDNA und der mtDNA hat seit der Einführung der ersten Tests im Jahr 2000 eine rasche Entwicklung genommen. Bei STR-Tests sind mittlerweile mindestens 37 Marker der Standard, aber es werden auch SNP-Tests zu einer genaueren Bestimmung der Haplogruppen angeboten. Bei der mtDNA gilt die Analyse der HVR1 und der HVR2 als Standard, aber es sind auch vollständige Sequenzierungen erhältlich.

In Deutschland spielt die DNA-Genealogie bislang nur eine untergeordnete Rolle. Ein Grund dafür ist sicher die sehr gute Verfügbarkeit schriftlicher Quellen für die genealogische Forschung, so dass von der DNA-Genealogie keine wesentlichen weiteren Erkenntnisse erwartet werden; daneben spielt sicher eine verbreitete generell skeptische Haltung gegenüber der Genetik und DNA-Forschung eine Rolle.

Im April 2017 hat der Verein für Computergenealogie eine Kooperation mit dem britischen Testanbieter Living DNA bekanntgegeben: Im Rahmen des Projekts "One Family - The Germans" werden einige tausend Probanden für DNA-Tests gesucht, deren Großeltern aus der gleichen Region stammen, um eine Referenzdatenbank für bessere DNA-Herkunftsanalysen in Mitteleuropa aufzubauen. In diesem Zusammenhang bietet Living DNA für Mitglieder genealogischer Vereine in Deutschland DNA-Tests zu vergünstigten Konditionen an; daher ist in der Zukunft mit einem zunehmenden Interesse an der DNA-Genealogie auch in Deutschland zu rechnen.

Rechtliches

Die Rechtslage hinsichtlich DNA-Tests ist von Land zu Land unterschiedlich; teilweise besteht auch Uneinigkeit darüber, inwieweit oder wie die Gesetze, die sich zunächst auf medizinische Gentests und/oder Vaterschaftstests beziehen, auf die erst seit einigen Jahren erhältlichen "direct-to-consumer tests" (DTC tests, d. h. direkt an Kunden verkaufte Gentests), wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, anzuwenden sind. Die folgenden Angaben zur Rechtslage dienen daher nur der allgemeinen Information, aber nicht der individuellen rechtlichen Beratung. Es gilt der Artikel Hinweise zu Rechtsthemen. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.

Die Rechtslage in Deutschland

Der Umgang mit Gentests ist in Deutschland grundsätzlich durch das Gendiagnostikgesetz (GenDG) geregelt. Dieses Gesetz ist 2009 verabschiedet worden, als frei verkäufliche DNA-Tests, wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, noch kaum verfügbar waren (insbesondere gab es noch keine Tests der atDNA). Daher fehlen in diesem Gesetz ausdrückliche Regelungen zum Umgang mit solchen frei verkäuflichen DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie.

Das Gendiagnostikgesetz findet gemäß § 2 Anwendung auf den Umgang mit genetischen Untersuchungen und Proben "zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben" (§ 2 Abs. 1 GenDG). Das Ziel dabei ist es, "eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern" [4]. Für medizinisch-diagnostische genetische Untersuchungen und für Abstammungstests gilt ein Arzt- bzw. Facharztvorbehalt; das bedeutet, dass Gentests im Rahmen von medizinischen Untersuchungen und Vaterschaftstests nur durch entsprechend qualifizierte Ärzte bzw. Fachärzte durchgeführt werden dürfen (vgl. § 7 GenDG).

Das Gendiagnostikgesetz gilt aber ausdrücklich nicht für "genetische Untersuchungen und Analysen und den Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken" (§ 2 Abs. 2 GenDG). Die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie sind nach Auffassung der Anbieter den Forschungszwecken zuzurechnen, die durch GenDG nicht eingeschränkt werden, denn dabei geht es um die Bestimmung von Haplogruppen der yDNA oder mtDNA, um biogeographische Herkunftsanalysen und um das Matching, bei dem anhand von übereinstimmenden DNA-Segmenten mehr oder weniger entfernte Verwandte gefunden werden können. Daher werden die in der DNA-Genealogie üblichen DNA-Tests auch in Deutschland angeboten.

Der DNA-Test von 23andme ist genau wegen dieser Rechtslage für Kunden aus Deutschland auf die "ancestry reports" beschränkt und enthält keine "health reports" (medizinische Auswertungen). Es ist allerdings trotzdem möglich, über das Internet von verschiedenen Anbietern außerhalb Deutschlands auch eine medizinische Auswertung der Rohdaten eines genealogischen DNA-Tests zu erhalten. In Deutschland sind solche Auswertungen ohne begleitende ärztliche Beratung durch das Gendiagnostikgesetz untersagt; die Tätigkeit von Anbietern außerhalb Deutschlands wird durch diese Gesetzesbestimmungen aber nicht eingeschränkt.

Mit Blick auf die strengen Regelungen des Gendiagnostikgesetzes für Abstammungs- bzw. Vaterschaftstests (§ 17 GenDG) ist zu bedenken, dass die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie durchaus auch als Abstammungs- bzw. Vaterschaftstest genutzt werden können. Es ist dringend davon abzuraten, solche genealogischen DNA-Tests zur Überprüfung oder Widerlegung einer zweifelhaften Vaterschaft an Minderjährigen ohne Wissen aller eventuell Beteiligten durchzuführen; hier drohen empfindliche Bußgelder ([§ 26 Abs. 1 Nr. 7 GenDG]).

Die Nutzung von DNA-Tests oder der Ergebnisse von DNA-Tests durch Versicherungen ist durch das Gendiagnostikgesetz weitgehend untersagt ([§ 18 GenDG]); ausgenommen sind nur Lebensversicherungen mit einer außerordentlich hohen Versicherungssumme von mind. 300.000 € (vgl. [§ 18 GenDG]).

In einem ausführlichen Gutachten zu den AGB von Ancestry kommt der Datenschutz-Experte und frühere Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, zu dem Schluss, dass das Forschungsprivileg für DNA-Genealogie nicht gilt, sondern nur für unabhängige Forschung, der definiert sei als "auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit (Methodik, Systematik, Beweisbedürftigkeit, Nachprüfbarkeit, Kritikoffenheit, Revisionsbereitschaft) beruhender Prozess". Ancestry nennt als Zweck der Erhebung von DNA-Daten die Weitergabe an die medizinische Forschung, ohne diese aber klar zu benennen. Zudem sorge Ancestry nicht dafür, dass o.g. Regelungen zu Vaterschaftstests eingehalten und die Probengeber eindeutig identifiziert sind (z.B. bei Minderjährigen) und dass die vom GenDG vorgesehene Beratung stattfindet. [5]

Die Rechtslage in anderen Ländern

Die Rechtslage in anderen Ländern kann sich von der in Deutschland deutlich unterscheiden. Über die Situation in Frankreich, Großbritannien und in den USA informiert die ISOGG.

Probleme und Gefahren, die sich aus einem DNA-Test ergeben können

Siehe hierzu die Seite über Probleme und Gefahren der DNA-Genealogie.

Literatur

Zur DNA-Genealogie

  • Bettinger, Blaine T.: The Family Tree Guide to DNA Testing and Genetic Genealogy. Cincinnati 2016, ISBN 978-1440345326 [eine gut verständliche, umfassende Einführung in DNA-Genealogie und die verschiedenen Anwendungsbereiche]
  • Bettinger, Blaine T.; Parker Wayne, Debbie: Genetic Genealogy in Practice. 2016, ISBN 978-1935815228 [ein Übungsbuch]
  • Kemper, Tobias A.: Familiengeschichtsforschung plus Naturwissenschaft ist DNA-Genealogie. In: Computergenealogie 32 (2017), Heft 2, S. 26-31.
  • Scholz, Roman C.: DNA-Genealogie. Gentests als Hilfsmittel der Ahnenforschung. In: Genealogie 33 (2/2017), S. 402-410.

Zu Anthropologie und Geschichte

Beispiele zur Anwendung der DNA-Genealogie in der Praxis

Informationen im Internet

Mailinglisten

  • DNA-Genealogie: Deutschsprachige Mailingliste zu allen Fragen der DNA-Genealogie
  • DNA-Newbie: Englischsprachige Mailingliste, in der sowohl Anfängerfragen (von "Newbies") als auch einigermaßen spezielle Fragen richtig aufgehoben sind.

Facebook-Gruppen

  • DNA-Genealogie auf Deutsch: Gruppe parallel zur deutschsprachigen Mailingliste; die Verlinkung, das Einstellen von Bildern und Screenshots ist hier einfacher als in der Mailingliste.
  • Genetic Genealogy: Tips & Techniques: Die wichtigste englischsprachige Facebookgruppe, in der auch die "Größen" der DNA-Genealogie aktiv sind (Blaine Bettinger, Leah Larkin, CeCe Moore).
  • DNA Detectives: Sehr große Gruppe [d. h. Beiträge geraten rasch nach unten und aus dem Blick] mit einem Schwerpunkt auf der Nutzung der DNA-Genealogie für Adoptierte und andere, die unbekannte Eltern, Großeltern, Urgroßeltern suchen.
  • Genome Mate Pro: Alle Fragen zum Programm "Genome Mate Pro" sind hier richtig. Beta-Version werden von der Programmautorin hier veröffentlicht.
  • GedMatch.com User Group: Alle Fragen rings um GedMatch.com

YouTube

Internetforen

  • Anthrogenica: Diverse Foren zu "Genetics & Anthropology" mit zahlreichen Untergruppen zu verschiedenen Anbietern, Haplogruppen und verschiedenen genetischen und anthropologischen Fragen und Aspekten.
  • Molgen: Diverse Foren mit Untergruppen (englisch, russisch).
  • Eupedia: Diverse Foren mit einem Schwerpunkt auf Populationsgenetik und Anthropologie.
  • Wordfamilies.net: Foren "where genealogy meets DNA testing".

Blogs

Deutschsprachig
  • Y-DNA Blog über Y-DNA und Haplogruppen
  • Clair Sch.: Blog zur DNA-Genealogie mit eigenen Erfahrungsberichten.
  • Tobias Kemper Grundlegende Einführung in die DNA-Genealogie
  • Pommerscher Greif Älterer Blogbeitrag (März 2014) von Tobias Kemper zur DNA-Genealogie
  • Anja Klein Erfahrungsberichte zur eigenen 'Reise in die Welt der DNA-Genealogie'
  • MyHeritage Einführung in die genetische Genealogie
Englischsprachig
  • The Genetic Genealogist: Blog von Dr. Blaine Bettinger, dem Verfasser von einführenden Darstellungen zur DNA-Genealogie
  • Kitty Cooper Solving unknown parentage cases with DNA.

Weitere Blogs siehe: DNA-Blogs

Pinterest

Einführungen

Anmerkungen

  1. Einen Überblick über die Einführung der Tests der verschiedenen Anbieter gibt Debbie Kennett: Which DNA test should I take? In: Who Do You Think You Are? Magazine, Mai 2017.
  2. Zur Geschichte der DNA-Genealogie seit 2009 vgl. CeCe Moore: The History of Genetic Genealogy and Unknown Parentage Research: An Insider's View. In: Journal of Genetic Genealogy 8(1) (2016), S. 35-37, online verfügbar.
  3. Einen Überblick über die Entwicklung der atDNA-Datenbanken der verschiedenen Anbieter bietet Leah LaPerla Larkin in ihrem Blog.
  4. So die Erläuterung des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften.
  5. Gutachten über die Ancestry-AGB zur DNA-Genealogie, abgerufen am 11. Februar 2020


Die Doppelhelix der DNA
Weitere Informationen zur DNA-Genealogie siehe Portal:DNA-Genealogie
1-zu-1-Vergleich zweier DNA-Kits bei Gedmatch.com