Handbuch der praktischen Genealogie/345: Unterschied zwischen den Versionen

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dort eintreten konnte; eine ganze Anzahl alter Klöster sind Familienstiftungen der Aristokratie, ihren Mitgliedern von vornherein vorbehalten. Außerdem waren alle geistlichen Herren für ihre Hintersassen von weltlichen Machthabern bevogtet, auf die damit zum Teil die Herrschaft überging. Die kleinen selbständigen Grundbesitzer bewirtschafteten zwar nicht wie einfache Bauern selbst ihren Acker und ihre Weiden, sondern hatten wieder abhängige Hörige als Knechte im Haus und regelmäßig wohl auch als Zinsleute auf Vorwerken. Sie waren bis in die staufische Zeit hinein zum Militärdienst für das Reich verpflichtet und wurden vom Grafen als Vertreter des Kaisers aufgeboten. Sie hatten auch urspünglich wohl überall im Grafengericht ihren Sitz als Schöffen. Aber die Kluft, die sie von den Großgrundherren — dem Adel — schied, war doch viel wesentlicher für die Gestaltung ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage, als die „landrechtliche“ Gleichstellung durch gleiche Militärpflicht, Freizügigkeit und Unterwerfung unter ein gleiches Zivil- und Strafrecht. Und das um so mehr, als sich gerade in diesen landrechtlichen Beziehungen praktisch der größte Unterschied zeigte. Die Dynasten (so nennt die rechtsgeschichtliche Forschung die adeligen Großgrundherren dieser Zeit und ihre Nachkommen bis in das spätere Mittelalter ohne Rücksicht auf etwaige besondere Titel — Graf, Markgraf —, die sie haben mochten) zogen zu Felde als Führer einer Schar von freien oder unfreien Leuten; der kleine freie Grundbesitzer dagegen war seinem Grafen zur Folge im Krieg für den König verpflichtet. Der Dynast war reich genug, um auf eigene Kosten in Deutschland zu reisen oder auch in den Kreuzzug zu ziehen; sein Besitz war oft weit verstreut; seine Verwandtschaft reichte bis ins Ausland. Der kleine Freie war wehrlos und hilflos, wenn er sein Gut verließ, war auf Klostergastlichkeit angewiesen, hatte außerhalb seiner engen Heimat nichts zu suchen und war froh, wenn ihn der Reichsdienst nicht zwang, fortzugehen. Das Recht für Mächtige wie für kleine Freie war das Landrecht, aber Gerichtsherr war für den kleinen der Graf, für den großen Herrn der König oder doch ein Gerichtsherr, der in anderer besonderer Weise den König vertrat: der Herzog, der Markgraf, der Pfalzgraf. Auch die Schöffen waren andere: ganz naturgemäß ließ sich der mächtige Grundherr nur von seinesgleichen Recht weisen. In die Reihe der kleinen freien Grundbesitzer konnte der freigelassene Hörige treten — die Kaste der Dynasten schloß sich ab; ich habe nicht die Spur eines Hinweises dafür gefunden, daß irgend ein Dynastengeschlecht der vorstaufischen Zeit ursprünglich unfreier Herkunft gewesen wäre. Auch später noch unterschied man ziemlich streng die Dynastenfamilien als „Herren“ von den ursprünglich unfreien Geschlechtern, mochten die auch, wie das im späten Mittelalter mehrfach vorkam, ganz und gar in die Stellung eines Dynasten aufgerückt sein. Nur selten und spät verwischte sich die Erinnerung an derartig mindere Herkunft: bei den mächtigen Herren von Bolanden erst im 15. Jahrhundert; bei anderen, wie den Waldburg, Dohna usw. noch später, so daß nicht ohne Berechtigung die moderne verfassungsgeschichtliche Theorie den Begriff Dynast nur für Familien verwendet, die von Anbeginn frei und großgrundherrlich

Aktuelle Version vom 12. Mai 2012, 17:31 Uhr

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
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dort eintreten konnte; eine ganze Anzahl alter Klöster sind Familienstiftungen der Aristokratie, ihren Mitgliedern von vornherein vorbehalten. Außerdem waren alle geistlichen Herren für ihre Hintersassen von weltlichen Machthabern bevogtet, auf die damit zum Teil die Herrschaft überging. Die kleinen selbständigen Grundbesitzer bewirtschafteten zwar nicht wie einfache Bauern selbst ihren Acker und ihre Weiden, sondern hatten wieder abhängige Hörige als Knechte im Haus und regelmäßig wohl auch als Zinsleute auf Vorwerken. Sie waren bis in die staufische Zeit hinein zum Militärdienst für das Reich verpflichtet und wurden vom Grafen als Vertreter des Kaisers aufgeboten. Sie hatten auch urspünglich wohl überall im Grafengericht ihren Sitz als Schöffen. Aber die Kluft, die sie von den Großgrundherren — dem Adel — schied, war doch viel wesentlicher für die Gestaltung ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage, als die „landrechtliche“ Gleichstellung durch gleiche Militärpflicht, Freizügigkeit und Unterwerfung unter ein gleiches Zivil- und Strafrecht. Und das um so mehr, als sich gerade in diesen landrechtlichen Beziehungen praktisch der größte Unterschied zeigte. Die Dynasten (so nennt die rechtsgeschichtliche Forschung die adeligen Großgrundherren dieser Zeit und ihre Nachkommen bis in das spätere Mittelalter ohne Rücksicht auf etwaige besondere Titel — Graf, Markgraf —, die sie haben mochten) zogen zu Felde als Führer einer Schar von freien oder unfreien Leuten; der kleine freie Grundbesitzer dagegen war seinem Grafen zur Folge im Krieg für den König verpflichtet. Der Dynast war reich genug, um auf eigene Kosten in Deutschland zu reisen oder auch in den Kreuzzug zu ziehen; sein Besitz war oft weit verstreut; seine Verwandtschaft reichte bis ins Ausland. Der kleine Freie war wehrlos und hilflos, wenn er sein Gut verließ, war auf Klostergastlichkeit angewiesen, hatte außerhalb seiner engen Heimat nichts zu suchen und war froh, wenn ihn der Reichsdienst nicht zwang, fortzugehen. Das Recht für Mächtige wie für kleine Freie war das Landrecht, aber Gerichtsherr war für den kleinen der Graf, für den großen Herrn der König oder doch ein Gerichtsherr, der in anderer besonderer Weise den König vertrat: der Herzog, der Markgraf, der Pfalzgraf. Auch die Schöffen waren andere: ganz naturgemäß ließ sich der mächtige Grundherr nur von seinesgleichen Recht weisen. In die Reihe der kleinen freien Grundbesitzer konnte der freigelassene Hörige treten — die Kaste der Dynasten schloß sich ab; ich habe nicht die Spur eines Hinweises dafür gefunden, daß irgend ein Dynastengeschlecht der vorstaufischen Zeit ursprünglich unfreier Herkunft gewesen wäre. Auch später noch unterschied man ziemlich streng die Dynastenfamilien als „Herren“ von den ursprünglich unfreien Geschlechtern, mochten die auch, wie das im späten Mittelalter mehrfach vorkam, ganz und gar in die Stellung eines Dynasten aufgerückt sein. Nur selten und spät verwischte sich die Erinnerung an derartig mindere Herkunft: bei den mächtigen Herren von Bolanden erst im 15. Jahrhundert; bei anderen, wie den Waldburg, Dohna usw. noch später, so daß nicht ohne Berechtigung die moderne verfassungsgeschichtliche Theorie den Begriff Dynast nur für Familien verwendet, die von Anbeginn frei und großgrundherrlich