Die Probstei in Wort und Bild/148: Unterschied zwischen den Versionen

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==== ''Zwei Gedichte'' ====
 
von H. P. C. Rethwisch, gebürtig in Fahren, Kunstgärtner in Schönberg 1838.
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===== ''Osterwisch'' =====
 
(Eine Sage.)
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:Dem Strande nicht fern, in Wald und Gebüsch –<br \>
:Noch zeiget man allerlei Spuren –<br \>
:Lag früher das große Osterwisch<br \>
:Auf seinen gesegneten Fluren.<br \>
:Auf üppige Wiesen der muntere Hirt'<br \>
:Zahlreiche Herden von Osterwisch führt:<br \>
:Feiste Kühe uud Kälber und Pferde.<br \>
:Und weiter hinaus am Baltisch Meer,<br \>
:Da weidet das weiße, wollige Heer,<br \>
:Sucht abends die schützende Hürde.
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:Kein Wand'rer entrann der Plünderung dort,<br \>
:Kein Fahrzeug, wenn sie es ereilten;<br \>
:Drinnen im Walde, da war der Ort,<br \>
:Wo gierig die Beute sie teilten.<br \>
:Es lebten die Menschen, als wär' kein Gott<br \>
:Und trieben mit allem, was heilig, Spott,<br \>
:Und lachten des Greises Belehren,<br \>
:Der sich, laut Sage, auf göttlich Geheiß<br \>
:Mit Thränen, Arbeit, Mühe und Fleiß<br \>
:Bestrebte, dies Volk zu bekehren.
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:Ein lustig „Hussah!“ der Jäger erschallt<br \>
:Dem schäumenden Keuler zum Spott und Hohn.<br \>
:Sie folgen der Fährte im Eichenwald;<br \>
:Für nichts man achtet di sumpfige Bahn.<br \>
:Und – horch! zu den Ohren dringt tief und dumpf<br \>
:Röcheln des sterbenden Schwarzwilds im Sumpf<br \>
:Zur Freude der Buben im Thale.<br \>
:Sie eilen, sie jubeln ins Dorf hinein:<br \>
:„Schon wieder fiel eben ein wildes Schwein,<br \>
:Auf, auf! und bereitet's zum Mahle!“
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:Schon früher war durchs zürnende Meer<br \>
:Ein großer Strich Landes verloren.<br \>
:„Auf! bauet den Deich, der den Fluten wehr',<br \>
:Der sich're das Dorf, Schutz geb' den Mooren!<br \>
:“So mahnte, so bat der lautere Greis.<br \>
:„Laßt durch Gemeinsinn, durch eisernen Fleiß<br \>
:Der Weisung des Himmels uns fügen.<br \>
:Ersticket die Bosheit, den bösen Neid,<br \>
:Und seid als Christen zu handeln bereit,<br \>
:Das Dienen sei euch ein Vergnügen.“
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:Die Frauen rief ab das feige Geheul<br \>
:Des Wolfes aus Stall und aus Stube.<br \>
:Bewaffnet mit Spieß, mit Bogen und Pfeil<br \>
:Eilen sie im Lauf au die Grube.<br \>
:Im Netz lag gefangen der Isegrim;<br \>
:Es nahten mutige Weiber sich ihm<br \>
:Und schossen laut lachend ihn nieder,<br \>
:Kehrten zum Dorf triumphierend zurück,<br \>
:Und sangen von Liebe, von Waffenglück;<br \>
:Sie sangen gar lustige Lieder.
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:„Verscherzt nicht Gottes Langmut und Huld,<br \>
:Damit wir der Strafe entgehen!<br \>
:Blutrot, ihr Brüder, ist unsere Schuld!“<br \>
:So hörte man täglich ihn flehen, –<br \>
:Man lachte der Warnung. „Grämlicher Thor!“<br \>
:So rief der Frechste der Rotte hervor,<br \>
:„Der Kahlkopf ist längst schon von Sinnen!“<br \>
:Doch in der Nacht noch dem Greise erschien<br \>
:Ein himmlischer Bote.„Auf, du muß flieh'n!<br \>
:Auf! eile,“ so sprach er, „von hinnen.“
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:War gleich die göttliche Lehre vom Heil<br \>
:Schon lange auch hieher gedrungen;<br \>
:Hatt' mancher auch an der Gnade teil,<br \>
:Die für uns der Heiland errungen.<br \>
:Doch wurden viele, die eben belehrt,<br \>
:Durch böse Exempel wieder bethört<br \>
:Und dienten von neuem den Sünden.<br \>
:So schwand im Dorfe Osterwisch hin<br \>
:Die gute Sitte, der biedere Sinn;<br \>
:Treu' und Glauben war kaum noch zu finden.
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:Wehe den Frevlern, der Herr ist gerecht!<br \>
:Der Heilige läßt sich nicht spotten! –<br \>
:Er flieht, er flieht, der getreue Knecht;<br \>
:Aengstiglich rufen Osterwischs Rotten.<br \>
:Was stürzet heraus mit Windes Gebraus?<br \>
:Gott läßt des Ozeans Furien aus,<br \>
:Den menschlichen Frevel zu rächen. –<br \>
:Weinend betet der Greis in der Zelle,<br \>
:Liegt aus den Knieen in der Kapelle:<br \>
:„Gnade, o Herr, den Seelen der Frechen!“
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Aktuelle Version vom 1. März 2011, 13:10 Uhr

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Zwei Gedichte

von H. P. C. Rethwisch, gebürtig in Fahren, Kunstgärtner in Schönberg 1838.




Osterwisch

(Eine Sage.)

Dem Strande nicht fern, in Wald und Gebüsch –
Noch zeiget man allerlei Spuren –
Lag früher das große Osterwisch
Auf seinen gesegneten Fluren.
Auf üppige Wiesen der muntere Hirt'
Zahlreiche Herden von Osterwisch führt:
Feiste Kühe uud Kälber und Pferde.
Und weiter hinaus am Baltisch Meer,
Da weidet das weiße, wollige Heer,
Sucht abends die schützende Hürde.
Kein Wand'rer entrann der Plünderung dort,
Kein Fahrzeug, wenn sie es ereilten;
Drinnen im Walde, da war der Ort,
Wo gierig die Beute sie teilten.
Es lebten die Menschen, als wär' kein Gott
Und trieben mit allem, was heilig, Spott,
Und lachten des Greises Belehren,
Der sich, laut Sage, auf göttlich Geheiß
Mit Thränen, Arbeit, Mühe und Fleiß
Bestrebte, dies Volk zu bekehren.
Ein lustig „Hussah!“ der Jäger erschallt
Dem schäumenden Keuler zum Spott und Hohn.
Sie folgen der Fährte im Eichenwald;
Für nichts man achtet di sumpfige Bahn.
Und – horch! zu den Ohren dringt tief und dumpf
Röcheln des sterbenden Schwarzwilds im Sumpf
Zur Freude der Buben im Thale.
Sie eilen, sie jubeln ins Dorf hinein:
„Schon wieder fiel eben ein wildes Schwein,
Auf, auf! und bereitet's zum Mahle!“
Schon früher war durchs zürnende Meer
Ein großer Strich Landes verloren.
„Auf! bauet den Deich, der den Fluten wehr',
Der sich're das Dorf, Schutz geb' den Mooren!
“So mahnte, so bat der lautere Greis.
„Laßt durch Gemeinsinn, durch eisernen Fleiß
Der Weisung des Himmels uns fügen.
Ersticket die Bosheit, den bösen Neid,
Und seid als Christen zu handeln bereit,
Das Dienen sei euch ein Vergnügen.“
Die Frauen rief ab das feige Geheul
Des Wolfes aus Stall und aus Stube.
Bewaffnet mit Spieß, mit Bogen und Pfeil
Eilen sie im Lauf au die Grube.
Im Netz lag gefangen der Isegrim;
Es nahten mutige Weiber sich ihm
Und schossen laut lachend ihn nieder,
Kehrten zum Dorf triumphierend zurück,
Und sangen von Liebe, von Waffenglück;
Sie sangen gar lustige Lieder.
„Verscherzt nicht Gottes Langmut und Huld,
Damit wir der Strafe entgehen!
Blutrot, ihr Brüder, ist unsere Schuld!“
So hörte man täglich ihn flehen, –
Man lachte der Warnung. „Grämlicher Thor!“
So rief der Frechste der Rotte hervor,
„Der Kahlkopf ist längst schon von Sinnen!“
Doch in der Nacht noch dem Greise erschien
Ein himmlischer Bote.„Auf, du muß flieh'n!
Auf! eile,“ so sprach er, „von hinnen.“
War gleich die göttliche Lehre vom Heil
Schon lange auch hieher gedrungen;
Hatt' mancher auch an der Gnade teil,
Die für uns der Heiland errungen.
Doch wurden viele, die eben belehrt,
Durch böse Exempel wieder bethört
Und dienten von neuem den Sünden.
So schwand im Dorfe Osterwisch hin
Die gute Sitte, der biedere Sinn;
Treu' und Glauben war kaum noch zu finden.
Wehe den Frevlern, der Herr ist gerecht!
Der Heilige läßt sich nicht spotten! –
Er flieht, er flieht, der getreue Knecht;
Aengstiglich rufen Osterwischs Rotten.
Was stürzet heraus mit Windes Gebraus?
Gott läßt des Ozeans Furien aus,
Den menschlichen Frevel zu rächen. –
Weinend betet der Greis in der Zelle,
Liegt aus den Knieen in der Kapelle:
„Gnade, o Herr, den Seelen der Frechen!“