Alles was Recht ist: Unterschied zwischen den Versionen

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(kat)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(7 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
==Alles, was recht ist==
{{Infobox|Der Beitrag auf dieser Webseite wird derzeit überarbeitet und an die aktuelle Gesetzeslage angepasst. Bitte besuchen Sie die Seite später noch einmal.
 
Hinweis: Auch wenn wir an dieser Stelle einen Artikel zum Thema "Rechtliches in der Genealogie" anbieten: er kann, will und soll keinesfalls eine Rechtsberatung ersetzen. }}
Wer sich mit der Familienforschung befasst, wird mit einer Vielzahl von rechtlichen Fragen konfrontiert. Von Bedeutung ist vor allem, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen man Zugang zu den für die Forschung relevanten urkundlichen Quellen erhält und was im Zusammenhang mit der Sammlung von personenbezogenen Daten und deren Veröffentlichung zu beachten ist.<ref>Vgl. auch die grundlegenden, von mir im Detail allerdings nicht immer geteilten Ausführungen von Manuel Aicher, Das Verhältnis von Genealogie und Datenschutz nach deutschem Recht in: Archiv für Familiengeschichtsforschung Heft 3/2001, S. 183 ff.</ref>
 
 
Die Nutzungsmöglichkeiten der seit dem 01.01.1876 <ref>In Preußen wurden Standesamtsregister bereits seit dem 01.10.1874 geführt.</ref> bei den Standesämtern geführten Personenstandsregistern sind im Personenstandsgesetz (PStG) <ref>Personenstandsgesetz vom 03.11.1937 (RGBl. I, S. 1146), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 21.08.2002 (BGBl. I, S. 3322)</ref> geregelt. Nach § 61 Abs. 1 PStG kann Einsicht in die Personenstandsbücher, die Durchsicht der Bücher und die Erteilung von Personenstandsurkunden nur von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und von Personen verlangt werden, auf die sich der Eintrag bezieht, sowie von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen. Weitergehende Einschränkungen bestehen für die besonders sensiblen Daten  bestimmter Personengruppen (nichteheliche Geburten, Adoptionen, Geschlechtsumwandlungen), die uneingeschränkt und zu Lebzeiten nur für diejenigen Personen zugänglich sind, auf die sich der jeweilige Eintrag bezieht.
 
 
=== Das „rechtliche Interesse“ ===
Anderen Personen stehen Benutzungsrechte und Auskunftsansprüche nur zu, wenn sie ein „rechtliches Interesse“ am Erhalt bestimmter Daten und/oder Urkunden glaubhaft machen können, d. h. wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines Dritten zur Verfolgung eigener Rechte oder zur Abwehr individueller Ansprüche erforderlich ist. Ein rechtliches Interesse in diesem Sinne wurde z. B. für den Gläubiger eines Verstorbenen, <ref>OLG Brandenburg, NJW-RR 1999, 660</ref> für einen durch das Nachlassgericht oder den Nachlasspfleger beauftragten Erbenermittler, <ref>LG Bremen, StAZ 1998, 83</ref> für den im Erbscheinsverfahren tätigen Notar, <ref>OLG Rostock, DNotZ 2000, 312</ref> oder den potentiellen Erben <ref>BGH, NJW 1996, 3006</ref> bejaht. Verneint wurde das Vorliegen eines rechtlichen Interesses dagegen für private Forschungszwecke eines Universitätsprofessors, <ref>LG Frankenthal, NJW 1985, 2539</ref> für ein „nur“ berufliches Forschungsinteresse an der Erstellung eines Musikerlexikons, <ref>BayObLG, NJW-RR 1999, 661</ref> für die private Familienforschung in der Seitenlinie, <ref>LG Aurich, NJW 1987, 1422 und LG Göttingen, StAZ 1988, 207</ref> ja selbst für einen Ehegatten bezüglich des für eine frühere Ehe des anderen Ehegatten angelegten Familienbuches.<ref>OLG Braunschweig, StAZ 1996, 267</ref>
 
 
=== Das „berechtigte Interesse“ ===
Das Interesse an der Erforschung der eigenen Familie ist lediglich als „berechtigtes Interesse“ anzusehen und damit nicht ausreichend, um vom Standesamt z. B. Auskünfte über Seitenverwandte (Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen usw.) zu erhalten. Die sehr restriktive Vorschrift des § 61 PStG schränkt die Forschungsmöglichkeiten für Familienforscher damit ganz erheblich ein, was von den genealogischen Verbänden und Vereinigungen seit vielen Jahren kritisiert wird. Ein unlängst von einer Bund-Länder-Kommission vorgelegter Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Personenstandsgesetzes sieht allerdings vor, dass ein „berechtigtes Interesse“ für die Erteilung von Auskünften und die Ausfertigung von Personenstandsurkunden ausreichend ist, wenn seit dem Tod des Betroffenen mindestens dreißig Jahre oder, falls dessen Todestag nicht bekannt ist, seit seiner Geburt mindestens einhundertzehn Jahre vergangen sind. Sollte dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen, dann wird es zukünftig möglich sein, von den Standesämtern auch Auskünfte über bereits verstorbene Seitenverwandte und andere Personen zu erhalten, soweit diese bereits verstorben sind. Bis zur tatsächlichen Umsetzung der in Aussicht genommenen gesetzlichen Neuregelung ist es allerdings ratsam, sich zur Ermittlung der eigenen Seitenverwandtschaft schriftliche Vollmachten von nach § 61 PStG antragsberechtigten Personen an die Hand geben zu lassen. Bei Vorlage einer entsprechenden Vollmacht <ref>In der Praxis bewährt hat sich folgende Fassung: „Hiermit bevollmächtige ich, Fritz Seitenlinienschwager, geboren am 12.05.1948 in Hildesheim, wohnhaft Marktplatz 1 in Bremen, Herrn Wilhelm Sammeltrieb, wohnhaft Marktplatz 2 in Bremen, in meinem Namen die Ausfertigung von standesamtlichen Urkunden und die Erteilung von Auskünften aus den Standesamtsregistern zu beantragen, sowie die Urkunden und Auskünfte für mich entgegen zu nehmen. Herr Sammeltrieb ist zur Abgabe aller Erklärungen und zur Vornahme aller Handlungen ermächtigt, die ich gegenüber dem jeweils zuständigen Standesbeamten persönlich abgeben und vornehmen könnte.“</ref> kann der zuständige Standesbeamte die Ausstellung von Personenstandsurkunden nämlich nicht verweigern. <ref>LG Aurich, NJW 1987, 1422</ref>
 
Auf die vor dem 01.01.1876 geführten Zivilstandsregister findet § 61 PStG keine unmittelbare Anwendung. Für die Einsichtnahme in Zivilstandsregister und die Durchsicht dieser Bücher bedarf es nur eines „berechtigten Interesses“, so dass die Zivilstandsregister dem Familienforscher für Forschungszwecke praktisch uneingeschränkt zur Verfügung stehen. <ref>Wie hier OLG Zweibrücken, StAZ 2003, 270, unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 14.02.1975 (GVBl. 1975, S. 97), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.10.1999 (GVBl. 1999, S. 325), für die Rechtslage in Rheinland-Pfalz. In verschiedenen anderen Bundesländern gelten inhaltlich vergleichbare Aus- und Durchführungsverordnungen.</ref>
 
 
=== Pfarrämter und kirchliche Archive ===
Für Zeiten vor dem 01.01.1876 (Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes) stellen Kirchenbücher die amtlichen Verzeichnisse für Personenstandsfälle dar. Seit der Einführung der standesamtlichen Registerführung dienen die Kirchenbücher allerdings nur noch der Dokumentation rein kirchlicher Amtshandlungen.
 
Die Benutzungsmöglichkeiten für kirchliches Archivgut der evangelischen Kirchen sind relativ einheitlich geregelt, von geringen Unterschieden bei den geltenden Schutzfristen abgesehen. Die evangelischen Landeskirchen haben zum Teil auf der Grundlage einer EKD-Richtlinie vom 10.10.1997 kirchliche Archivgesetze erlassen, die in Verbindung mit den Kirchenbuchordnungen auch auf die in den einzelnen Pfarrarchiven befindlichen Kirchenbücher Anwendung finden. Einige Landeskirchen arbeiten allerdings noch auf der Grundlage älterer landeskirchlicher Gesetze und Verordnungen. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass für personenbezogenes Archivgut evangelischer Kirchengemeinden in der Regel Sperrfristen zu beachten sind, die zehn Jahre nach dem Tod, neunzig bis einhundert Jahre nach der Geburt, oder sechzig Jahre nach der Entstehung der Unterlagen (bei Unkenntnis über die Lebensdaten) enden. Außerhalb dieser Sperrfristen ist die Einsichtnahme und die Durchsicht von Archivgut bei Vorliegen eines „berechtigten Interesses“ für jedermann möglich. Für den Zugang zu Kirchenbüchern aus der Zeit vor dem 01.01.1876 ist ein mit der Familienforschung verbundenes „berechtigtes Interesse“ ausreichend. Auf Kirchenbücher jüngeren Datums wird in der Regel die Vorschrift des § 61 PStG entsprechend angewandt. Ergänzend zu den kirchlichen Archivgesetzen gelten darüber hinaus Benutzungsordnungen, die den Zugang zum Archiv und zum Archivgut von einer schriftlichen Antragstellung und der Erteilung einer Benutzungsgenehmigung durch die kirchlichen Stellen abhängig machen.<ref>Vgl. z. B. das Gesetz zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Pfalz vom 07.05.1999 (Amtsbatt der Ev. Kirche der Pfalz 1999, S. 112) i. V. m. der Ordnung für die Benutzung kirchlichen Archivgutes (Benutzungsordnung) vom 25.06.2002 (Amtsblatt der Ev. Kirche der Pfalz 2002, S. 206)</ref>
 
Innerhalb der katholischen Kirche gelten ebenfalls Benutzungsregeln, die den für die evangelische Kirche geltenden Regularien weitestgehend entsprechen.<ref>Vgl. grundlegend Dr. Siegfried Fachet, Datenschutzrechtliche Probleme bei der Nutzung katholischer Archive in: Kirche und Recht Heft 1/1999, S. 19 ff.</ref> Grundlage ist hier die „Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche vom 19.09.1988“,<ref>Textabdruck nebst Kommentierung in: Der Archivar 42 (1989), S. 187 ff.</ref> die in allen Diözesen als kirchliches Gesetz in Kraft gesetzt wurde. Die Archivanordnung wird ergänzt durch die für die diözesanen und pfarrlichen Archive geltenden Benutzungsordnungen. Die Einsicht und die Durchsicht von Kirchenbüchern zum Zwecke der Familienforschung ist für Kirchenbücher aus der Zeit vor dem 01.01.1876 uneingeschränkt möglich, weil insoweit das mit der Familienforschung verbundene „berechtigte Interesse“ als ausreichend angesehen wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der Archivanordnung). Für jüngere Kirchenbücher gilt eine sinngemäß dem § 61 PStG entsprechende Regelung, d. h. als unmittelbar Betroffener hat man einen Anspruch darauf, authentische Abschriften oder Ablichtungen der dokumentierten kirchlichen Amtshandlungen zu erhalten. Ansonsten gelten für Personalakten und personenbezogenes Archivgut Sperrfristen. Unterlagen dieser Art stehen erst dreißig Jahre nach dem Tod, bzw. einhundertzwanzig Jahre nach der Geburt der betroffenen Person zur Einsicht zur Verfügung. Weitergehende Sperrfristen gelten für bischöfliche Geheimakten, Handakten und Nachlässe (sechzig Jahre). Archivgut, dessen Schlussdatum weniger als vierzig Jahre zurückliegt, steht nichtbetroffenen Dritten generell nicht zur Verfügung.
 
 
=== Staatliche Archive ===
Die Benutzungsmöglichkeiten von Archivalien, die in staatlichen Archiven verwahrt werden, sind durch das Bundesarchivgesetz <ref>Bundesarchivgesetz vom 06.01.1988 (BGBl. I, S. 62), zuletzt geändert durch Änderungsgesetz vom 05.06.2003 (BGBl. I, S. 1782) i. V. m. der Verordnung über die Benutzung von Archivgut im Bundesarchiv vom 29.10.1993 (BGBl. I, S. 1857)</ref> und durch die inhaltlich mehr oder weniger gleichlautenden Landesarchivgesetze geregelt. Kleinere Unterschiede bestehen auch hier bei den zu beachtenden Sperrfristen, die bei personenbezogenen Unterlagen dreißig Jahre nach dem Tod, bzw. neunzig bis einhundertzehn Jahre nach der Geburt der betroffenen Person enden. Ansonsten aber stehen auch die staatlichen Archive dem Familienforscher nahezu uneingeschränkt offen, wobei die jeweils geltenden Benutzungsordnungen allerdings die Stellung eines schriftlichen Benutzungsantrages und die Erteilung einer entsprechenden Nutzungsgenehmigung im Einzelfall voraussetzen.
 
 
 
 
=== Datenschutz ===
Das Rahmengerüst in dem sich die Familienforschung bewegt, sind Geburts-, Heirats-, Scheidungs- und Sterbedaten von Personen, die im Idealfall um weitere personensignifikante Informationen (Beruf, Aufenthaltsorte usw.) bis hin zu einem lückenlosen Lebenslauf ergänzt und festgehalten werden. Je nach der individuellen Herangehensweise beschränkt sich das Forschungsinteresse auf einen engeren (nur die unmittelbaren Vorfahren) oder weiteren Personenkreis (alle Nachfahren einer bestimmten Person), bis hin zu einem weit über den eigenen Familienkreis hinausgehenden und nurmehr flächendeckend begrenzten Personenkreis, wie er sich z. B. bei der Erarbeitung von Ortsfamilienbüchern auftut. In diesem Zusammenhang stellt sich mithin die Frage, ob und ggf. welche personenbezogenen Daten der Familienforscher erfassen und auch veröffentlichen darf.<ref>Hans-Jürgen Wolf, Darf ich oder darf ich nicht? Der K(r)ampf der Hobbygenealogen mit personenbezogenen Daten in: [[Computergenealogie/2001/09|Computergenealogie Newsletter 09/2001]]</ref>
 
Es wird gemeinhin angenommen, diese Frage beantworte sich unmittelbar durch Anwendung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes,<ref>Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vom 20.12.1990 (BGBl. I, S. 2954), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl. I, S. 3322) </ref> wonach nämlich eine Erhebung, Speicherung, Veränderung, Nutzung und Übermittlung von personenbezogenen Daten nur zulässig ist, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt, oder der Betroffene eingewilligt hat, oder die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (§ 4 Absatz 1 BDSG in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Nr. 3 BDSG). Diese Annahme ist allerdings nur bedingt zutreffend.
 
Wer die Familienforschung als Hobby betreibt, tut dies regelmäßig aus persönlichem Antrieb, verfolgt dabei breiter oder weniger breit angelegte historische Forschungen und im wahrsten Sinne des Wortes familiäre Zwecke. Sicherlich - der Blickwinkel des Familienforschers ist schließlich auch gegenwartsbezogen - spielen in diesem Zusammenhang auch personenbezogene Eckdaten von lebenden Personen eine Rolle. Aber dennoch, Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit eines effektiven Datenschutzes wären konterkariert, wenn sozusagen eine allumfassende und undifferenzierte Einbeziehung jedweder Datenverarbeitung in die Datenschutzgesetze (d. h. im Zweifel bis hin zum privaten Notiz- und Adressbuch) ernsthaft erwogen oder umgesetzt würde. Aus diesem Grunde ist durch das Bundesdatenschutzgesetz vorgegeben, dass das Gesetz auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch natürliche Personen dann keine Anwendung findet, wenn die Datenverarbeitung "ausschließlich für private oder familiäre Tätigkeiten" erfolgt ( § 1 Absatz 2 Nr. 3 BDSG und § 27 Absatz 1 Satz 2 BDSG in der seit dem 23.05.2001 geltenden Fassung). Das Bundesdatenschutzgesetz findet deshalb auf das bloße Sammeln und Erfassen personenbezogener Daten durch Familienforscher keine Anwendung. Die "Schnittstelle" zwischen datenschutzrechtlich irrelevant (sprich: privat/familiär) und nicht mehr privat/familiär dürfte allerdings dann berührt sein, wenn Ergebnisse der Familienforschung „weitergegeben“ oder veröffentlich werden sollen. In diesem Falle finden sich im Bundesdatenschutzgesetz aber weitergehende Hinweise, die sich zur Lösung unserer Eingangsfrage nutzbar machen lassen.
 
Zu beachten ist zunächst, dass die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden nichtöffentlichen Stellen personenbezogene Daten regelmäßig dann verarbeiten dürfen, wenn die Daten "allgemein zugänglich" sind, d. h. aus allgemein zugänglichen Quellen stammen und keine offensichtlichen Gründe ersichtlich sind, dass Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an einem Ausschluss dieser Nutzung haben (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG). Als "allgemein zugängliche Quellen" gelten dabei alle öffentlich und uneingeschränkt zugänglichen Quellen, in erster Linie also die typischen Massenkommunikationsmittel wie Presse, Rundfunk, Film, Fernsehen, aber selbstverständlich auch alle vergleichbaren Informationsquellen (Publikationen jedweder Art, insbesondere Telefon- und Adressbücher, Familienanzeigen in Tageszeitungen, Vereinszeitschriften und Kirchenblätter, Archivunterlagen, Kirchenbücher, amtliche Bekanntmachungen, das Internet usw.).
 
Anzusprechen ist darüber hinaus auch das sogenannte "Listenprivileg" (§ 28 Absatz 3 BDSG), das den in den Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes fallenden nichtöffentlichen Stellen die Nutzung und Übermittlung von listenmässig oder sonst zusammengefasster Daten über Angehörige einer Personengruppe gestattet, wenn sich die personenbezogenen Angaben auf
 
*die Zugehörigkeit des Betroffenen zu einer bestimmten Personengruppe
*Berufs- Branchen- oder Geschäftsbezeichnungen
*Namen
*Titel
*akademische Grade
*Anschrift
*Geburtsjahr
 
beschränken und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Nutzung oder der Übermittlung hat.
 
 
Ausgehend davon lässt sich die Eingangsfrage zusammenfassend wie folgt beantworten:
 
1. In allen Fällen, in denen die ausdrückliche Einwilligung des/der Betroffenen dazu vorliegt, ist die Erfassung, Weitergabe und Veröffentlichung personenbezogener Daten uneingeschränkt zulässig.
 
2. Die Erfassung, Weitergabe und Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bereits verstorbener Personen ist ohne deren Zustimmung (und ohne Einhaltung von Schutzfristen) zulässig, denn das "allgemeine Persönlichkeitsrecht" endet mit dem Tod. Ein postmortal fortwirkender Persönlichkeitsschutz beschränkt sich auf den Schutz der Menschenwürde, sowie den Schutz des allgemeinen Lebensbildes gegen grob ehrverletzende Entstellungen, Erniedrigungen und Herabwürdigungen, aber nicht auf die reinen Lebensdaten.
 
3. Die Erfassung, Weitergabe und Veröffentlichung von personenbezogenen Daten auch lebender Personen ist ohne individuelle Einwilligung der Betroffenen im Regelfall zulässig, wenn diese Daten aus "allgemein zugänglichen Quellen" stammen. Wenn und soweit personenbezogene genealogische "Grunddaten" (Namen, Titel, Beruf, Lebensdaten) bereits öffentlich zugänglich sind, dann wird im Regelfall nicht geltend gemacht werden können, dass deren Erfassung, Weitergabe oder neuerliche Veröffentlichung Individualrechte des Betroffenen verletzt (arg. § 28 Absatz 1 Nr. 3 BDSG).
 
4. Die Erfassung, Weitergabe und Veröffentlichung nur des Namens noch lebender Personen nebst familiärer Verknüpfung zu ihren Vor- und Nachfahren (noch lebende Personen ohne deren Einwilligung ebenfalls nur namentlich) ist ohne individuelle Einwilligung der Betroffenen auch dann zulässig, wenn die Voraussetzungen zu 3. nicht vorliegen. Diese Vorgehensweise ist mit einer (zwar nicht unüberwindlichen, aber dennoch) so weitgehenden Anonymisierung und so "wenig" Information verbunden, dass darin eine privatrechtlich zu sanktionierende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes kaum gesehen werden kann.
 
5. Ohne ausdrückliche Einwilligung lebender Personen sollte man allerdings davon Abstand nehmen, personenbezogene Daten weiterzugeben oder zu veröffentlichen, die nicht aus "allgemein zugänglichen Quellen" stammen und/oder über die in § 28 Absatz 3 BDSG genannten Daten hinausgehen. Auf die Angabe von Adressdaten Betroffener (Anschriften, Telefonnummern usw.) sollte eigentlich generell, zumindest aber bei der hier angesprochenen Fallgruppe verzichtet werden.
 
 
 
=== Urheberrecht ===
Im Zusammenhang mit der Familienforschung und der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen ist letztendlich auch das Urheberrecht zu beachten. Nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) <ref>Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 09.09. 1965 (BGBl. I, 1273), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.07.2002 (BGBl. I, S. 2850)</ref> genießen persönliche geistige Schöpfungen im weitesten Sinne urheberrechtlichen Schutz, d. h. die Vervielfältigung, Verbreitung, Ausstellung und die öffentliche Wiedergabe derart geschützter Werke darf nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Urhebers und/oder von ihm ggf. mit Verwertungsrechten ausgestatteter Dritter erfolgen. Selbst unbeabsichtigte Verletzungen von Urheberrechten und von ebenfalls im UrhG geregelten Leistungsschutzrechten können Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und/oder Schadensersatz begründen (§§ 97 ff. UrhG) und außerdem strafrechtliche Folgen haben (§§ 106 ff. UrhG).
 
Materielle Voraussetzung für das Entstehen von Urheberrechten und vergleichbarer Schutzrechte ist nach deutschem Recht nur, dass ein Werk ("eine individuelle geistige Schöpfung") vorliegt, das den Werkbegriff des UrhG erfüllt, den dort genannten Werkkategorien (§§ 2-4 UrhG) entspricht oder dem Katalog der mit sogenannten Leistungsschutzrechten ausgestatteten Leistungen unterfällt (§§ 70 ff. UrhG). Für die Entstehung dieser Schutzrechte ist es nicht erforderlich, dass die jeweiligen Werke mit den Kennzeichen ©, ® oder ™ gekennzeichnet sind. Zu den wichtigsten urheberrechtlich geschützten Werkarten und Leistungsschutzrechte begründenden Leistungen gehören
 
*Sprach- und Schriftwerke (z. B. Bücher, Zeitschriften, Vorträge, Briefe auch in digitaler Form usw.)
*Werke der bildenden Kunst (z. B. Gemälde)
*Fotos, Lichtbilder und Filme
*Pläne, Skizzen, Zeichnungen
*Computerprogramme
*Datenbanken (auch als sogenannte "kleine Münze" in Form von Linksammlungen, Telefonbüchern, Karteikarten)
 
Ein urheberrechtlicher Schutz besteht im Regelfall bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Für Fotoaufnahmen (einfache Lichtbilder, die nicht im Range von Lichtbildwerken stehen) gilt eine Schutzfrist von 50 Jahren nach der erstmaligen Veröffentlichung, bzw. 50 Jahre nach der Herstellung, wenn das Bild nicht veröffentlicht wurde. Datenbanken, die nicht im Range eines Datenbankwerkes stehen, sind für einen Zeitraum von 15 Jahren nach der Herstellung, bzw. erstmaligen Veröffentlichung geschützt. Bei der Verwendung von Lichtbildaufnahmen ist zudem zu beachten, dass etwaige Persönlichkeitsrechte von abgebildeten Personen erst 10 Jahre nach deren Tod enden. 
 
Erleichtert ist der Umgang mit den sogenannten "Amtlichen Werken", die nämlich generell vom Urheberrechtsschutz ausgenommen sind (§ 5 UrhG). Darunter fallen z. B. Gesetze, Verordnungen, Erlasse, Bekanntmachungen und sonstige Veröffentlichungen, die im öffentlichen Interesse von staatlichen Stellen herausgegeben wurden. Das Datenmaterial muss allerdings unverändert wiedergegeben werden und es besteht die Verpflichtung, auch die ursprüngliche Quelle anzugeben (§§ 62 f. UrhG). In den Archiven vorgehaltene Findbücher sind übrigens keine amtlichen und damit frei verwertbaren Werke im vorgenannten Sinne.<ref>BVerfG, NJW 1999, 414</ref>
 
Zulässig ist es auch, den Inhalt urheberrechtlich geschützter Werke mit eigenen Worten („Abstracts“) wiederzugeben oder daraus kürzere Passagen wörtlich zu zitieren. Zitate sind allerdings nur erlaubt, wenn sie als solche kenntlich gemacht sind und der Urheber nebst Quelle genannt wird (§ 63 UrhG).
 
Beliebig nutzen kann man demgegenüber die sogenannten "gemeinfreien Werke". Hierbei handelt es sich um Werke und Leistungen, denen entweder schon aus sich heraus kein urheberrechtlicher Schutz zukommt oder deren urheberrechtlicher Schutz (spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) abgelaufen ist. Auch dies sollte allerdings nicht unkritisch geschehen, denn Texte von Shakespeare sind zwar "gemeinfrei", können aber dennoch nicht einfach der jüngsten Shakespeare-Werkedition entnommen werden, die nämlich unbeschadet ihrer gemeinfreien Textinhalte als Sammelwerk im Sinne des § 4 UrhG sehr wohl noch geschützt ist.
 
Keinen urheberrechtlichen Schutz genießen im übrigen die genealogischen Kerndaten von Personen, auch wenn sie bereits andernorts veröffentlicht sind. Diese Daten wurden nämlich nicht in einer urheberrechtlich relevanten Art und Weise „erfunden“, sondern in den einschlägigen Quellen allenfalls „gefunden“.  Die auch dem Familienforscher abzuverlangende wissenschaftliche Fairness gebietet es allerdings, auf fremde Arbeitsergebnisse und deren Fundstelle hinzuweisen, soweit sie Eingang in die eigene Forschung finden.
 
Eine doppelte rechtliche Komponente beinhaltet die Frage, ob und wie mit Reproduktionen aus staatlichen oder kirchlichen Archiven verfahren kann und darf. Die Benutzungsordnungen der Archive, zu deren Einhaltung jeder Benutzer verpflichtet ist, sehen insoweit in der Regel vor, dass Reproduktionen von dort lagernden Archivalien nur mit Zustimmung des Archivs veröffentlicht, vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden dürften. Auch auf die nach Maßgabe der Benutzungsordnungen ggf. zur Verwendung „freigegebenen“ Archivalien finden allerdings die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes Anwendung.<ref>Vgl. dazu Reinhard Heydenreuter, Das Urheberrecht im Archiv und das Recht am Bild in: Forum Heimatforschung. Ziele-Wege-Ergebnisse, Heft 4/1999, S. 21 ff.</ref> Die Verwendung und Veröffentlichung von Archivalien kann deshalb trotz des Vorliegens einer Erlaubnis zur Veröffentlichung durch das verwahrende Archiv Urheberrechte Dritter verletzen.<ref>Vgl. OLG Zweibrücken, GRuR 1997, 363, zum urheberrechtlichen Schutz einer in einem Archiv verwahrten handschriftlichen Chronik („Dokumentation jüdischer Friedhöfe“)</ref> Dies gilt insbesondere für in den Archiven verwahrte Bilder, Fotografien, Landkarten, Nachlässe und Manuskripte.
 
Es ist deshalb für jeden Familienforscher ratsam, sich mit den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes vertraut zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass die eigene Veröffentlichungspraxis keine Rechte Dritter verletzt.
 
 
<references />
 
 
----
 
Das Personenstandsgesetz (PStG) ist nach der Erst-Publikation dieses Artikels geändert worden. Die wichtigsten Änderungen treten zum 1. Januar 2009 in Kraft. Näheres finden Sie im Artikel [[Personenstandsgesetz]].
 
 
<div>
{| align=center border=0 cellpadding=4 cellspacing=4 style="border: 1px solid #D0A000; background-color: #eeeeee"  width="100%"
|-
|Dieser Artikel wurde 2004 von [[Benutzer:Wolf|Hans-Jürgen Wolf]] verfasst und erstmals im [[Sonderheft|Ahnenforschung - auf den Spuren der Vorfahren]] publiziert. Der Artikel wurde als redaktioneller Beitrag der [[Computergenealogie]] gegen Bearbeitung durch Dritte geschützt.<br/>
|}
</div>
 
[[Kategorie:Genealogisches Basiswissen]]
[[Kategorie:Rechtsfragen]]

Aktuelle Version vom 9. April 2018, 21:30 Uhr

Info
Der Beitrag auf dieser Webseite wird derzeit überarbeitet und an die aktuelle Gesetzeslage angepasst. Bitte besuchen Sie die Seite später noch einmal. Hinweis: Auch wenn wir an dieser Stelle einen Artikel zum Thema "Rechtliches in der Genealogie" anbieten: er kann, will und soll keinesfalls eine Rechtsberatung ersetzen.