Rheine/Synagoge in Rheine: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Juli 2016, 17:01 Uhr

Bauzeichnung zur Synagoge von Rheine


Entstehung der jüdischen Gemeinde

In Rheine haben vereinzelt schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Juden gelebt. Auch für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ist ihre Anwesenheit in der Stadt bezeugt.
Eine kontinuierliche Geschichte jüdischen Lebens lässt sich jedoch erst mit dem Jahre 1678 beginnen. In diesem Jahr erhielt ein gewisser Salomon de Jung die Erlaubnis, sich mit seiner Familie in der Emsstadt niederzulassen. Versuche der Bürgerschaft, die Ansiedlung zu verhindern, scheiterten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der Familien dann langsam aber stetig zu. Bis 1903 stieg sie auf zehn, bis 1816 auf 14 Familien an, zu denen insgesamt 62 Personen zählten.

Von der Betstube zu ersten öffentlichen Synagoge an der Thiestraße

Ihren Gottesdienst hielt die Gemeinde lange in der Wohnung eines ihrer Mitglieder namens Heymann Marcus ab. Als es ihr dort 1768 allmählich zu eng und zu unwirklich wurde, erhielt sie die Erlaubnis, die Betstube zu verlegen, allerdings unter der Bedingung, als neues Domizil eines der entlegensten Häuser der Stadt zu wählen und sie darin so anzulegen, dass sie den Christen nicht zum Ärgernis würde. Die Gemeinde mietete daraufhin Franz von Brinks Hinterhaus an und sorgte dafür, dass alle Fenster und Türen zum Marktplatz hin durch einen vorgebauten Gang verdeckt wurden. Als ihr auch dieses Gebäude 1791 nicht mehr reichte, gelang es ihr, die Genehmigung zu erhalten, direkt daneben an der Stadtmauer auf städtischem Grund und Boden ein eigenes Gotteshaus zu errichten, in dem auch die Schulzimmer und ein Lehrerwohnung untergebracht waren. Es musste bereits 1802 erweitert werden. Da die Judenschaft dabei eigenmächtig einen Teil aus der Stadtmauer herausbrachen und die Steine als Material mit verwendete, kam es zu Auseinandersetzung mit der Stadt, die aber schließlich durch einen Vergleich gütlich beigelegt wurden. Bis 1887 sollte die Rheinenser Gemeinde ihre Gottesdienst in diesem Bethaus an der Thiestraße abhalten.

Von der Filialgemeinde zur eigentlichen Synagogengemeinde

Als es 1848 (gemäß dem Gesetz vom 23.Juli 1847) um die Einrichtung der Synagogenbezirke ging, wünschte die Rheinenser Judenschaft zusammen mit den wenigen Glaubensgenossen im benachbarten Neuenkirchen für sich zu bleiben und einen eigenen Bezirk zu bilden. Der Wunsch wurde jedoch abgeschlagen und Rheine als Filialgemeinde der Hautptsynagogengemeinde Burgsteinfurt zugeordnet. Ein erster Versuch, diese Regelung revidieren zu lassen, scheiterte 1868. Erst ein zweiter, weitere 16 Jahre später unternommen, sollte erfolgreich sein.

Erste Pläne zum Bau einer neuen Synagoge

Spätestens seit 1868 gab es in der Gemeinde auch Pläne, die alte Synagoge an der Thiestraße durch ein neues Gotteshaus zu ersetzen. Drei Gründe waren dafür ausschlaggebend. Zum einen war der bisherige Betsaal für die stetig wachsende Gemeinde schon seit Längerer Zeit zu klein geworden. Er war kaum größer als ein geräumiges Wohnzimmer. Zum anderen lag er in einem „unansehnlichen Winkel der Thiestraße…, in einer ganz versteckten Ecke der Stadt“. Um drittens schließlich hatte ein schwerer Sturm in der Nacht vom 28. Auf den 29. Dezember 1868 das Gebäude stark beschädigt. Der Sturm hatte einen Teil des Südgiebels eingedrückt und die ohnehin schon marode Dachkonstruktion noch weiter gelockert. Das leichte Holzgewölbe war durchschlagen worden, Gestühl und Leuchter des Gotteshauses waren zerstört. „Das stehen gebliebene Mauerwerk des Giebels hing beinahe acht Zoll über. Die Reparaturkosten mussten auf mindestens 500 Taler veranschlagt werden“. Für die nächste Zeit mietete die Gemeinde zunächst übergangsweise einen Raum als Betsaal an. Gleichzeitig wurden jedoch bereits ein Kostenvoranschlag und ein Finanzierungsplan für einen Neubau aufgestellt. Die Pläne ließen sich jedoch offenbar nicht realisieren. Jedenfalls dauerte es noch fast achtzehn Jahre, bis das Projekt eines Synagogenneubaus tatsächlich konkrete Form anzunehmen begann.

Andere Gemeindeeinrichtung

Als es endlich soweit war, war die Gemeinde bereits auf über 100 Mitglieder angewachsen. Sie hatte eine eigene jüdische Elementarschule eingerichtet, die seit 1875 als öffentliche Lehranstalt anerkannt war, besaß zwei Friedhöfe, einen alten vor dem ehemaligen Stadttor am Mühlentörchen, der seit 1838 belegt war, und einen neuen an der Lingener Straße, dem sich 1924 noch ein dritter zwischen der früheren Hörsteler Straße und dem Rodder Damm hinzugesellen sollte. Außerdem gab es einen Israelitischen Frauenverein (seit1879) sowie einen Israelitischen Männerunterstützungsverein, der sich um hilfsbedürftige Glaubensgenossen- einheimische wie durchreisende- kümmerte.

Bau der neuen Synagoge

Alte Synagoge von 1887

Die neue Synagoge wurde schließlich zusammen mit einem neuen Schulgebäude an der Salzbergener Straße (Nr.12) errichtet. Der Preis für das Grundstück betrug 3000 Mark. Die Kosten für den Bau selbst sollten nach Einschätzung des Kreisbauinspektors Herborn, der auch den Bauplan entworfen hatte, weitere 18000 Mark betragen. Wie die tatsächlichen Baukosten am Ende aufgebracht wurden, ist unbekannt. Jedenfalls konnte das neue Gotteshaus der jüdischen Gemeinde zu Rheine am 3. Und 4. Juni 1887 durch den Kölner Rabbiner Dr. Abraham Frank feierlich eingeweiht werden.

Äußere und innere Gestalt der Synagoge

Es war ein außerordentlich repräsentatives, ganz in maurischem Stil konstruiertes 13m x 16 m großes Gebäude. Einen besonderen Blickfang bildete die „mit dem Magen David bekrönte, zwiebelförmige Zentralkuppel, die sich auf einem hohen, runden Tambour erhob. Man betrat die Synagoge von Westen durch ein zweiflügeliges Portal, über dem ein großes Rundbogenfenster eingelassen war. Der ausgeprägte Portalvorbau hatte einen Stufengiebel dessen Spitze mit den Dekalogtafeln bekrönt war.“ Der Betsaal selbst war ebenerdig. Es gab zwei Bankreihen links und rechts vom Mittelgang, keine Frauenempore. Die Frauen saßen vielmehr links und rechts an den Außenseiten. Andres als in den traditionellen jüdischen Gotteshäusern befand sich der Almemor nicht mehr in der Mitte des Raumes, sondern in unmittelbarer Nähe der Heiligen Lade,
in der die Thorarollen aufbewahrt wurden. Die gesamte quadratische Grundfläche wurde von „einer Kuppel überwölbt,
die blau war … mit goldenen Sternen.

Reichspogromnacht in Rheine

Inneres der Synagoge nach der Verwüstung

Der Pogrom in der Nacht vom 9. Auf den 10. November 1938 wurde von Mitgliedern der Rheiner SA durchgeführt. Er begann gegen Mitternacht. Nachdem zunächst Geschäfte und Wohnungen der Juden heimgesucht worden waren, marschierte ein Trupp der Gewalttäter zur Synagoge, wo sich eine andere Gruppe bereits eingefunden hatte. Mit Äxten und Beilen wurde die Tür des Gotteshauses eingeschlagen, die Inneneinrichtung demoliert, „auf einen Haufen zusammengetragen“ und angezündet. Später berichtete einer der an der Tat Beteiligten über diese Vorgänge vor Gericht:
„Ich sah auf dem Boden der Synagoge eine Latte liegen. Mit dieser habe ich nach dem Kronleuchter geschlagen, worauf das Licht ausging.
Im Lichte einiger Taschenlampen sind von den Männern, die sich in der Synagoge befanden, die Bänke zusammengetragen worden.
Auch ich habe mich daran beteiligt. Noch während dieser Arbeit wurde auch schon Feuer gemacht.
Der Brand entwickelte sich sehr schnell und kann nur durch Benzin verursacht worden sein.“

Als bald darauf die Feuerwehr am Brandort eintraf, wurde sie massiv bei ihren Löscharbeiten behindert, so dass sie nur die umliegenden Gebäude vor einem Übergreifen der Flammen schützen konnte. Bis zum Morgen brannte die Synagoge völlig aus und stürzt teilweise ein.

Gedenken

Gedenkstein der Synagoge

Seit dem 18. Juli 1961 ist auf dem Platz, auf dem das jüdische Gotteshaus sich einst erhoben hatte, ein Gedenkstein aufgestellt.


Literatur Quelle: Synagogen im Kreis Steinfurtr, ISBN 3-926619-73-2

Davitstern Die alten Synagogen im Kreis Steinfurt

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