Wetterau und Kreis Friedberg/Adressbuch 1915/Stadt Friedberg (Hessen): Unterschied zwischen den Versionen
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Stadt Friedberg (Hessen)
Kreisstadt mit Städteordung, Garnison,
(III. Bat. 5. Großh. Hess. Inf.-Regts. Nr. 168.)
zählt zur Zeit etwa 11 000 Einwohner.
Die Stadt Friedberg ist Sitz zahlreicher Behörden, Körperschaften
und Anstalten: Kreisamt, Schulinspektion, Bauinspektion, Hochbauamt,
Gesundheitsamt, Veterinäramt, Eichamt, Steuer- und Zollamt,
Feldbereinigungskommission, Kulturinspektion, 2 Oberförstereien, Finanzamt,
Bergwerksdirektion, Amtsgericht, Notariat. Ferne: 2 evang., 1 kath.
Kirche, Synagoge. Außerdem: Bezirkskommando und Hauptmeldeamt,
Postamt 1. Kl., Reichsbanknebenstelle, Handelskammer, Mathildenstift,
Vorschuß- und Kreditverein, Bürgerhofspital, Schwimmbad, Museum,
Stadtarchiv, Stadtbibliothek. — Lehranstalten: Evangelisches Prediger-
Seminar, städt. polytechnische Lehranstalt, Blindenanstalt, Taubstummen-
Anstalt, Obstbauschule und landwirtschaftliche Winterschule, Höhere
Mädchenschule (Schillerschule), Volkschule (Musterschule), Gewerbeschule,
Militärmusikschule.
Bahnverbindung nach sechs Seiten: Frankfurt, Homburg, Gießen, Hungen, Nidda, Hanau.
Geschichtliches.
Friedberg ist einer der rechtsrheinischen Fundplätze für vorgeschichtliche und römische Altertümer. Das gegen die Chatten angelegte römische Kastell Friedberg übertraf die Saalburg an Größe und Bedeutung. Etwa 259 n. Chr. Ansturm der Alamannen, die um 500 von dem Frankenkönig Chlodwig I. (481-511) nach Süden gedrängt werden. Die Gründung des heutigen Friedberg, Burg wie Stadt, durch Friedrich II. (1212-50) hatte u. a. den Zweck, einen Mittelpunkt zu schaffen für den Schutz und die Verwaltung des in der Wetterau liegenden Reichsgutes. 1216 wird die Burg Wridburc (= umfriedigter, befestigter Berg) zum erstenmal urkundlich erwähnt. 1219 hören wir auch von „Bürgern“ (cives) Friedberg war schon dadurch Reichsstadt, daß es auf Reichsgrund und -Boden stand, im Gegensatz zu landesherrlichen und zu Bischofsstädten. Von 1245 ab läßt sich eine rasch wachsende Trennung und Entfremdung zwischen Burg und Stadt nachweisen. Um 1250 Bau der Liebfrauenkirche. 1260 Errichtung des Judenbades. Das Augustinerkloster stand spätestens seit 1260, das Franziskanerkloster seit 1293. Ihren Höhepunkt erreichte die Stadt schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts, wo sie nächst Frankfurt das mächtigste und reichste Glied des „Wetterauer Städtebundes“ (Wetzlar, Gelnhausen) war. Sie ist auch neben Mainz als einzige Stadt des heutigen Großherzogtums ausdrücklich in der „Goldenen Bulle“, dem wichtigen Reichsgrundgesetz vom Jahre 1356, aufgeführt und beherbergte von 1218-1442 zwölf deutsche Kaiser und Könige in ihren Mauern. 5 Umstände hemmten die Entwicklung der Stadt: 1.) König Albrechts sog. „Sühnebrief“ 1306. 2.) Die Verpfändung der städtischen Reichssteuern durch Karl IV. 1349. 3.) Die Niederlagen der süddeutschen (Dössingen), rheinischen (Gau-Bickelheim) und „Wetterauer“ (Cronberg) Städte 1388. 4.) Die großen Brände 1383 und 1447. 5.) Die endlosen Fehden 13.-15. Jahrhunderts und die fortgesetzten Kriegswirren von 1620-1796. Mit dem schimpflichen Verheerungsrevers 1482 und der Huldigungsverschreibung und neuen ratsordnung von 1483 erlangte die Burg endgültig das Uebergewicht über die Stadt. Der Adolfsturm von 1347 und der Ende 15. Jahrhunderts aufgeführte „Dicke Turm“ zeugen heute noch von der einstigen Wehrhaftigkeit der Burg. 1521, nach dem Wormser Reichstag, übernachtet Luther in Friedberg, 1543 wurde die Augustinerschule gegründet und 1558 die Reformation eingeführt. Aus der Zeit von 1574-1666 sind Hexenprozeßakten erhalten. 1683 sollte das Reichskammergericht von Speier nach Friedberg verlegt werden. Die Stadt kam 1802, die Burg 1806 an Hessen. Außer Mainz und Worms kat keine hessen-darmstädtische Stadt eine so reiche und bedeutsame Geschichte wie Friedberg, die Perle der goldenen Wetterau. 9 Kirchen und Kapellen riefen im Mittelalter zum Gottesdienst. Und von den umfangreichen Stadtbefestigungen steht heute nur noch der „Rote Turm“ und das „Armsünderpförtchen“ an der Seewiese.
Dreher.
Sehenswürdigkeiten.
Bahnhofsanlagen (1913), Blindenanstalt (1912), Post (1914), Augustinerschule (1901), Pomologischer Garten der Landwirtschaftsschule, Bürgerhospital (1910), Schwimmbad (1909), Museum, Stadtarchiv, Stadtbibliothek (1914), Liebfrauenkirche (1250), Krieger-Denkmal, Lutherhaus, Rathaus (1738), Judenbad (1260), Burg mit Großh. Schloß, St. Georgsbrunnen (1738), Burgkirche (1808), Adolfsturm (1347).
Ehrenbürger der Stadt Friedberg:
Ludwig Meyer, Geh. Kirchenrat, Pfarrer und Dekan i. P.