Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/094: Unterschied zwischen den Versionen
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beziehungsweise aus den bildlichen Ausdrücken erweisen, die jetzt auf diese Formulare mehr und mehr angewendet worden sind. Denn nun wird es verständlich, wenn ''Isidor'' die Worte <tt>truncus, radix, ramusculi</tt> gebraucht und selbst von einem <tt>Arbor juris</tt> spricht, welcher letztere Ausdruck dann wieder unterschiedslos bei jeder figuralen Darstellung von Verwandtschaftsverhältnissen vorkommt. Während, wie schon ''Stintzing'' bemerkt, ehedem nur von <tt>linea, gradus, descendentes, ascendentes</tt> die Rede war, und höchstens der Name <tt>stirps</tt> dem Bilde des vegetabilischen Lebens entlehnt worden ist, herrschen nunmehr die dem Baum entnommenen bildlichen Bezeichnungen vor. Man darf hinzufügen, daß jedenfalls unter allen überlieferten Verwandtschaftsformularen kein anderes, wie das beschriebene, die Phantasie in gleichem Maße zur Vorstellung des Stammbaumes erregen konnte. Denn wenn schon der ornamentirte Stamm auch Aeste und Zweige vermöge des ein Dreieck bildenden Aufbaues erwarten ließ, so bedurfte es nur noch weniger Verbindungsstriche um thatsächlich ein Bild zu geben, nach welchem sich von der Krone des Baumes zahlreiche Zweige herabsenken. Denn indem der Zeichner im Stamme von unten nach oben bis zum <tt>tritavi pater</tt> und zur <tt>tritaviae mater</tt> als zu dem siebenten Grade der Verwandtschaft in der Ascendenz vorgeschritten war, verfolgte er die Nachkommenschaft dieser beiden in zwei sich herabsenkenden Aesten, die sich zunächst horizontal neben den vom <tt>tritavus atavus, abavus</tt> abfallenden Zweigen nach unten hin breiter und breiter | |||
beziehungsweise aus den bildlichen Ausdrücken erweisen, die jetzt auf diese Formulare mehr und mehr angewendet worden sind. Denn nun wird es verständlich, wenn ''Isidor'' die Worte <tt>truncus, radix, ramusculi</tt> gebraucht und selbst von einem <tt>Arbor juris</tt> spricht, welcher letztere Ausdruck dann wieder unterschiedslos bei jeder figuralen Darstellung von Verwandtschaftsverhältnissen vorkommt. Während, wie schon ''Stintzing'' bemerkt, ehedem nur von <tt>linea, gradus, descendentes, ascendentes</tt> die Rede war, und höchstens der Name <tt>stirps</tt> dem Bilde des vegetabilischen Lebens entlehnt worden ist, herrschen nunmehr die dem Baum entnommenen bildlichen Bezeichnungen vor. Man darf hinzufügen, daß jedenfalls unter allen überlieferten Verwandtschaftsformularen kein anderes, wie das beschriebene, die Phantasie in gleichem Maße zur Vorstellung des Stammbaumes erregen konnte. Denn wenn schon der ornamentirte Stamm auch Aeste und Zweige vermöge des ein Dreieck bildenden Aufbaues erwarten ließ, so bedurfte es nur noch weniger Verbindungsstriche um thatsächlich ein Bild zu geben, nach welchem sich von der Krone des Baumes zahlreiche Zweige herabsenken. Denn indem der Zeichner im Stamme von unten nach oben bis zum <tt>tritavi pater</tt> und zur <tt>tritaviae mater</tt> als zu dem siebenten Grade der Verwandtschaft in der Ascendenz vorgeschritten war, verfolgte er die Nachkommenschaft dieser beiden in zwei sich herabsenkenden Aesten, die sich zunächst horizontal neben den vom <tt>tritavus atavus, abavus</tt> abfallenden Zweigen nach unten hin breiter und breiter entwickeln, und ornamental stilisirt das unzweifelhafte Bild eines Baumes geben, der indessen mehr einer Traueresche als einer Eiche gleicht. Die ersten deutlich erkennbaren Stammbäume sind offenbar nichts anderes, als das zur Zeit ''Isidors'' bekannte und von ihm beschriebene Formular, auf welchem die Verwandtschaftsgrade statt mit Nummern versehen zu sein, als Aeste erscheinen, aus denen die Verwandtschaftsnamen in Blattform eingezeichnet sind.<ref>Figur 4 u. 5. Schöne Abbildungen bei ''Böhmer'' <tt>Corpus juris can. tom. I. p. 1099, Decreti p. II. qu. 5. C. I.: De gradibus vero consanguinitatis. Sex gradibus hoc modo dirimitur filius et filia, quod est frater et soror, sit „ipse“ truncus: illis seorsum seiunctis ex radice illius trunci egrediuntur isti ramusculi, nepos etc. – „iuxtra Isidorum, qui mox post tempora Gregorii floruit“</tt>. Die Abbildungen in Hdschftn. des XV. Jahrhunderts sehr zahlreich. Auch ''Stintzing'' a. a, O. gibt zu, daß in der Figur die geometrische Grundform des Baumes gewonnen war: „Man braucht nur die geraden Linien mit den freieren Formen der Vegetation zu vertauschen“, um dem Bilde <tt>arbor</tt> gerecht zu werden. Wenn aber ''Stintzing'' die Entstehung des vollständigen Baumes erst der Hand der kunstsinnigen deutschen Drucker zuschreibt, so widersprechen doch dem mancherlei handschriftliche Zeichnungen, wo der Baum doch auch schon ganz entwickelt ist - auf die Schönheit kommt es dabei nicht an: <tt>Cod. germ. 1115</tt> f. 13 in München hat <tt>sec. XV</tt> einen regelrecht zweiseitig verästeten Baum. Auch sind doch die Aeste in Fig. 4 nicht erst vom Drucker erfunden. Als Blätter freilich kann man die runden Kreise, auf denen die Namen verzeichnet sind, nur im ornamentalen Sinne gelten lassen.</ref> | |||
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Aktuelle Version vom 15. November 2012, 10:17 Uhr
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie | |
Inhalt | |
Vorwort | Einleitung Erster Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Zweiter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Dritter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 | |
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beziehungsweise aus den bildlichen Ausdrücken erweisen, die jetzt auf diese Formulare mehr und mehr angewendet worden sind. Denn nun wird es verständlich, wenn Isidor die Worte truncus, radix, ramusculi gebraucht und selbst von einem Arbor juris spricht, welcher letztere Ausdruck dann wieder unterschiedslos bei jeder figuralen Darstellung von Verwandtschaftsverhältnissen vorkommt. Während, wie schon Stintzing bemerkt, ehedem nur von linea, gradus, descendentes, ascendentes die Rede war, und höchstens der Name stirps dem Bilde des vegetabilischen Lebens entlehnt worden ist, herrschen nunmehr die dem Baum entnommenen bildlichen Bezeichnungen vor. Man darf hinzufügen, daß jedenfalls unter allen überlieferten Verwandtschaftsformularen kein anderes, wie das beschriebene, die Phantasie in gleichem Maße zur Vorstellung des Stammbaumes erregen konnte. Denn wenn schon der ornamentirte Stamm auch Aeste und Zweige vermöge des ein Dreieck bildenden Aufbaues erwarten ließ, so bedurfte es nur noch weniger Verbindungsstriche um thatsächlich ein Bild zu geben, nach welchem sich von der Krone des Baumes zahlreiche Zweige herabsenken. Denn indem der Zeichner im Stamme von unten nach oben bis zum tritavi pater und zur tritaviae mater als zu dem siebenten Grade der Verwandtschaft in der Ascendenz vorgeschritten war, verfolgte er die Nachkommenschaft dieser beiden in zwei sich herabsenkenden Aesten, die sich zunächst horizontal neben den vom tritavus atavus, abavus abfallenden Zweigen nach unten hin breiter und breiter entwickeln, und ornamental stilisirt das unzweifelhafte Bild eines Baumes geben, der indessen mehr einer Traueresche als einer Eiche gleicht. Die ersten deutlich erkennbaren Stammbäume sind offenbar nichts anderes, als das zur Zeit Isidors bekannte und von ihm beschriebene Formular, auf welchem die Verwandtschaftsgrade statt mit Nummern versehen zu sein, als Aeste erscheinen, aus denen die Verwandtschaftsnamen in Blattform eingezeichnet sind.[1]
- ↑ Figur 4 u. 5. Schöne Abbildungen bei Böhmer Corpus juris can. tom. I. p. 1099, Decreti p. II. qu. 5. C. I.: De gradibus vero consanguinitatis. Sex gradibus hoc modo dirimitur filius et filia, quod est frater et soror, sit „ipse“ truncus: illis seorsum seiunctis ex radice illius trunci egrediuntur isti ramusculi, nepos etc. – „iuxtra Isidorum, qui mox post tempora Gregorii floruit“. Die Abbildungen in Hdschftn. des XV. Jahrhunderts sehr zahlreich. Auch Stintzing a. a, O. gibt zu, daß in der Figur die geometrische Grundform des Baumes gewonnen war: „Man braucht nur die geraden Linien mit den freieren Formen der Vegetation zu vertauschen“, um dem Bilde arbor gerecht zu werden. Wenn aber Stintzing die Entstehung des vollständigen Baumes erst der Hand der kunstsinnigen deutschen Drucker zuschreibt, so widersprechen doch dem mancherlei handschriftliche Zeichnungen, wo der Baum doch auch schon ganz entwickelt ist - auf die Schönheit kommt es dabei nicht an: Cod. germ. 1115 f. 13 in München hat sec. XV einen regelrecht zweiseitig verästeten Baum. Auch sind doch die Aeste in Fig. 4 nicht erst vom Drucker erfunden. Als Blätter freilich kann man die runden Kreise, auf denen die Namen verzeichnet sind, nur im ornamentalen Sinne gelten lassen.