Justizkommissar: Unterschied zwischen den Versionen

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(→‎Bedeutung: redigiert)
Zeile 6: Zeile 6:
:„''Der Staat kann bey Absendung eines Commissarius keine andere Absichten haben, als entweder von der wahren Beschaffenheit gewisser Gegenstände völlig unterrichtet zu seyn, oder eine bereits entschiedene Sache pünktlich auszuführen, und zur Wirklichkeit bringen zu laßen. In beyden Fällen ist der Commissarius dem Staate, oder dem Regenten, oder von wem er sonst den Auftrag erhalten, allein Rede und Antwort zu geben schuldig; alle andere Subordinationen, alle übrige Betrachtungen, gehen das Object der Untersuchung nichts an. Der Commissarius muß thun, und thun können, was derjenige, so ihn gesandt hat, selbst thun würde, wenn er sich dem Geschäfte unterziehen könnte oder wollte; folglich dürfen weder die gebieterischen Erinnerungen seiner sonstigen Vorgesetzten, noch die sanften Empfehlungen des schönen Geschlechts, noch die Drohungen der Großen, noch die weisen Ermahnungen eines Gewissensraths, wenn er auch das Gewissen des Regenten selbst in der Cur hätte, einigen Eindruck auf ihn machen. Pflicht, Ehre, Gewissen und Zufriedenheit mit sich selbst, diese treue Gefährten aller rechtschaffenen Handlungen, befehlen, daß man gerade durch gehen, und sich lieber allen möglichen Verdruß und Gefahren, ja der Ungnade des Regenten selbst, aussetzen, als die Wahrheit beleidigen, oder solche verschweigen, verstecken und verstümmeln solle.''“
:„''Der Staat kann bey Absendung eines Commissarius keine andere Absichten haben, als entweder von der wahren Beschaffenheit gewisser Gegenstände völlig unterrichtet zu seyn, oder eine bereits entschiedene Sache pünktlich auszuführen, und zur Wirklichkeit bringen zu laßen. In beyden Fällen ist der Commissarius dem Staate, oder dem Regenten, oder von wem er sonst den Auftrag erhalten, allein Rede und Antwort zu geben schuldig; alle andere Subordinationen, alle übrige Betrachtungen, gehen das Object der Untersuchung nichts an. Der Commissarius muß thun, und thun können, was derjenige, so ihn gesandt hat, selbst thun würde, wenn er sich dem Geschäfte unterziehen könnte oder wollte; folglich dürfen weder die gebieterischen Erinnerungen seiner sonstigen Vorgesetzten, noch die sanften Empfehlungen des schönen Geschlechts, noch die Drohungen der Großen, noch die weisen Ermahnungen eines Gewissensraths, wenn er auch das Gewissen des Regenten selbst in der Cur hätte, einigen Eindruck auf ihn machen. Pflicht, Ehre, Gewissen und Zufriedenheit mit sich selbst, diese treue Gefährten aller rechtschaffenen Handlungen, befehlen, daß man gerade durch gehen, und sich lieber allen möglichen Verdruß und Gefahren, ja der Ungnade des Regenten selbst, aussetzen, als die Wahrheit beleidigen, oder solche verschweigen, verstecken und verstümmeln solle.''“


=='''Bedeutung in Bezug auf die Rechtsentwicklung in Preußen'''==  
== Bedeutung in Bezug auf die Rechtsentwicklung in Preußen ==  
 
Wie nachstehend erläutert, bildete von 1794 bis etwa 1840 der ''Justizcommissar und [[Notar]]'' ein verbundenes Aufgabenpaar. Es war eine zusammengeschmiedete ''Einheit''. Diese Titulierung veränderte sich um 1840 in das Paar ''Justizrat und Notar''.  
Wie nachstehend erleutert, bildete von 1794 bis etwa 1840 der '''Justizcommissar und [[Notar]]''' ein verbundenes Aufgabenpaar. Es war eine zusammengeschmiedete '''''Einheit'''''. Diese Titulierung veränderte sich um 1840 in das Paar '''Justizrat und Notar'''. Der Verfasser hat bislang nicht feststellen können, infolge welcher Gestzesnovelle oder Verordnung.
 
 
Amt und Aufgabe eines '''Justizkommissars''' in Preußen im letzten Drittel des 18. Jh. wurde bestimmt durch das '''Corpus Juris Fridericianum  (CJF)''' vom 26 April 1781, in dem die Advokatur – dem Staat bzw. staatlichen Einrichtungen nicht verpflichtete Advokaten (in etwa Rechtsanwälte in heutigem Sinne) innerhalb des preußischen Rechtssystems bedeutungslos wurden, abgeschafft wurden. In Artikel VII des sog. Vorberichts zum  '''CJF''': "Die Advocaten sind aus den oben angeführten Gründen gänzlich abgeschafft."  An die Stelle von Rechtsberatung durch Advocaten im Zivilprozeßwesen wurde ein System gestellt von beamteten ''Assistenzräten'', die die Parteien zu beraten hatten. Im Gesetz selber wird der Begriff des Kommissars weitgehend vermieden, in Erinnerung an Bestechungsvorfälle solcher in der ersten Jahrhunderthälfte. Er wurde durch den Begriff des ''Assistenzrates'' ersetzt. Erst im Teil III des '''CJF''' , in dem die Bestimmungen zum ''Dienstrecht'' der Justizbehörden enthalten sind, taucht der Begriff des '''Justizkommissars''' auf. Im Teil III des '''CJF''' ist enthalten, dass der ''Assistenzrat'' eine akademische Ausbildung nachzuweisen hat und ein Referendariat. Nach bestandenen Examen wurden aus der Gruppe der Examinanten ''Assistenzräte'' ausgewählt, also in den beamteten juristischen Dienst übernommen. In der Literatur (Christian Grahl, Seite 135 ff.): ''Die Abschaffung der Advokatur unter Friedrich dem Großen'' formuliert der Verfasser unter Berufung auf CJG, III, 7, § 1.: "Die zu Assistenzräten nicht geeigneten, sonst aber ehrlichen und rechtschaffenen Advokaten wurden zu Justizkommissaren ernannt". Für Advokaten, die infolge des '''CJF''' brotlos wurden, wurde also eine mindere staatlich besoldete und kontrollierte Justizposition geschaffen. Gestützt auf mehrfache Hinweise Teill III, Siebenter Titel des '''CJF''', ''Von dem Amte der Justizkommissarien und Notarien'' formuliert Christian Grahl dazu (S. 135/136): "Später war dieses Amt demjenigen zugänglich, der eine Zeitlang als Referendar gearbeitet und eine Fachprüfung bestanden hatte. Die Geschäfte der Justizkommissare umfassten die Beratung in allen außergerichtlichen Angelegenheiten einschließlich der Rechtsstreitigkeiten, solange sie noch nicht bei Gericht anhängig waren, die Vertretung in allen gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtsangelegenheiten mit Ausnahme der Prozesse sowie das Notariat. Die '''Justizcommissarien und Notare''' so ihre vollständige Bezeichnung, bildeten an den Orten der Landesjustizkollegien eigene, unter Aufsicht dieser regionalen Obergerichte stehende Kollegien. Ihre Einkünfte bestritten sie aus Gebühren, die sie für ihre Tätigkeit nach einer Taxordnung erhielten; wurden sie nur als Ratgeber tätig, durften sie die Gegenleistung frei vereinbaren."


Amt und Aufgabe eines ''Justizkommissars'' in Preußen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde durch das ''Corpus Juris Fridericianum  (CJF)'' vom 26 April 1781 bestimmt, in dem die Advokatur – dem Staat bzw. staatlichen Einrichtungen nicht verpflichtete Advokaten (in etwa Rechtsanwälte in heutigem Sinne) innerhalb des preußischen Rechtssystems bedeutungslos wurden, abgeschafft wurden. In Artikel VII des sog. Vorberichts zum  CJF: „''Die Advocaten sind aus den oben angeführten Gründen gänzlich abgeschafft.''“ An die Stelle von Rechtsberatung durch Advocaten im Zivilprozesswesen wurde ein System gestellt von beamteten ''Assistenzräten'', die die Parteien zu beraten hatten. Im Gesetz selber wird der Begriff des Kommissars weitgehend vermieden, in Erinnerung an Bestechungsvorfälle solcher in der ersten Jahrhunderthälfte. Er wurde durch den Begriff des ''Assistenzrates'' ersetzt. Erst im Teil III des CJF , in dem die Bestimmungen zum ''Dienstrecht'' der Justizbehörden enthalten sind, taucht der Begriff des ''Justizkommissars'' auf. Im Teil III des CJF ist enthalten, dass der ''Assistenzrat'' eine akademische Ausbildung nachzuweisen hat und ein Referendariat. Nach bestandenen Examen wurden aus der Gruppe der Examinanten ''Assistenzräte'' ausgewählt, also in den beamteten juristischen Dienst übernommen. Grahl formuliert unter Berufung auf CJG, III, 7, § 1.: „Die zu Assistenzräten nicht geeigneten, sonst aber ehrlichen und rechtschaffenen Advokaten wurden zu Justizkommissaren ernannt.“<ref>Christian Grahl, Seite 135 ff.</ref> Für Advokaten, die infolge des CJF brotlos wurden, wurde also eine mindere staatlich besoldete und kontrollierte Justizposition geschaffen. Gestützt auf mehrfache Hinweise Teil III, Siebenter Titel des CJF (Von dem Amte der Justizkommissarien und Notarien) sagt Grahl: „Später war dieses Amt demjenigen zugänglich, der eine Zeitlang als Referendar gearbeitet und eine Fachprüfung bestanden hatte. Die Geschäfte der Justizkommissare umfassten die Beratung in allen außergerichtlichen Angelegenheiten einschließlich der Rechtsstreitigkeiten, solange sie noch nicht bei Gericht anhängig waren, die Vertretung in allen gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtsangelegenheiten mit Ausnahme der Prozesse sowie das Notariat. Die '''Justizcommissarien und Notare''' so ihre vollständige Bezeichnung, bildeten an den Orten der Landesjustizkollegien eigene, unter Aufsicht dieser regionalen Obergerichte stehende Kollegien. Ihre Einkünfte bestritten sie aus Gebühren, die sie für ihre Tätigkeit nach einer Taxordnung erhielten; wurden sie nur als Ratgeber tätig, durften sie die Gegenleistung frei vereinbaren.“"<ref>a. a. O., hier: S. 135/136</ref>


== Weitere Entwicklung ==
== Weitere Entwicklung ==

Version vom 26. September 2011, 17:14 Uhr

Justizkommissar

Ein Justizkommissar ist ein Beauftragter in Rechtsangelegenheiten. „Ein Kommissar (von lat.: commissarius = „Beauftragter“) ist ein von einem Auftraggeber mit einer Angelegenheit oder Aufgabe oder per Befehl Beauftragter, in vertretungsweiser Wahrnehmung der Amtsgeschäfte“,[1]. Der Begriff wird in landesherrlichen (staatlichen) Verwaltungen seit dem Beginn der frühen Neuzeit verwendet:

Bedeutung

Krünitz[2] beschreibt die Aufgabe eines Kommissars (Commissarius, lat. - Commissair frz.), was auch für den Justizkommissar gilt:

Der Staat kann bey Absendung eines Commissarius keine andere Absichten haben, als entweder von der wahren Beschaffenheit gewisser Gegenstände völlig unterrichtet zu seyn, oder eine bereits entschiedene Sache pünktlich auszuführen, und zur Wirklichkeit bringen zu laßen. In beyden Fällen ist der Commissarius dem Staate, oder dem Regenten, oder von wem er sonst den Auftrag erhalten, allein Rede und Antwort zu geben schuldig; alle andere Subordinationen, alle übrige Betrachtungen, gehen das Object der Untersuchung nichts an. Der Commissarius muß thun, und thun können, was derjenige, so ihn gesandt hat, selbst thun würde, wenn er sich dem Geschäfte unterziehen könnte oder wollte; folglich dürfen weder die gebieterischen Erinnerungen seiner sonstigen Vorgesetzten, noch die sanften Empfehlungen des schönen Geschlechts, noch die Drohungen der Großen, noch die weisen Ermahnungen eines Gewissensraths, wenn er auch das Gewissen des Regenten selbst in der Cur hätte, einigen Eindruck auf ihn machen. Pflicht, Ehre, Gewissen und Zufriedenheit mit sich selbst, diese treue Gefährten aller rechtschaffenen Handlungen, befehlen, daß man gerade durch gehen, und sich lieber allen möglichen Verdruß und Gefahren, ja der Ungnade des Regenten selbst, aussetzen, als die Wahrheit beleidigen, oder solche verschweigen, verstecken und verstümmeln solle.

Bedeutung in Bezug auf die Rechtsentwicklung in Preußen

Wie nachstehend erläutert, bildete von 1794 bis etwa 1840 der Justizcommissar und Notar ein verbundenes Aufgabenpaar. Es war eine zusammengeschmiedete Einheit. Diese Titulierung veränderte sich um 1840 in das Paar Justizrat und Notar.

Amt und Aufgabe eines Justizkommissars in Preußen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde durch das Corpus Juris Fridericianum (CJF) vom 26 April 1781 bestimmt, in dem die Advokatur – dem Staat bzw. staatlichen Einrichtungen nicht verpflichtete Advokaten (in etwa Rechtsanwälte in heutigem Sinne) innerhalb des preußischen Rechtssystems bedeutungslos wurden, abgeschafft wurden. In Artikel VII des sog. Vorberichts zum CJF: „Die Advocaten sind aus den oben angeführten Gründen gänzlich abgeschafft.“ An die Stelle von Rechtsberatung durch Advocaten im Zivilprozesswesen wurde ein System gestellt von beamteten Assistenzräten, die die Parteien zu beraten hatten. Im Gesetz selber wird der Begriff des Kommissars weitgehend vermieden, in Erinnerung an Bestechungsvorfälle solcher in der ersten Jahrhunderthälfte. Er wurde durch den Begriff des Assistenzrates ersetzt. Erst im Teil III des CJF , in dem die Bestimmungen zum Dienstrecht der Justizbehörden enthalten sind, taucht der Begriff des Justizkommissars auf. Im Teil III des CJF ist enthalten, dass der Assistenzrat eine akademische Ausbildung nachzuweisen hat und ein Referendariat. Nach bestandenen Examen wurden aus der Gruppe der Examinanten Assistenzräte ausgewählt, also in den beamteten juristischen Dienst übernommen. Grahl formuliert unter Berufung auf CJG, III, 7, § 1.: „Die zu Assistenzräten nicht geeigneten, sonst aber ehrlichen und rechtschaffenen Advokaten wurden zu Justizkommissaren ernannt.“[3] Für Advokaten, die infolge des CJF brotlos wurden, wurde also eine mindere staatlich besoldete und kontrollierte Justizposition geschaffen. Gestützt auf mehrfache Hinweise Teil III, Siebenter Titel des CJF (Von dem Amte der Justizkommissarien und Notarien) sagt Grahl: „Später war dieses Amt demjenigen zugänglich, der eine Zeitlang als Referendar gearbeitet und eine Fachprüfung bestanden hatte. Die Geschäfte der Justizkommissare umfassten die Beratung in allen außergerichtlichen Angelegenheiten einschließlich der Rechtsstreitigkeiten, solange sie noch nicht bei Gericht anhängig waren, die Vertretung in allen gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtsangelegenheiten mit Ausnahme der Prozesse sowie das Notariat. Die Justizcommissarien und Notare so ihre vollständige Bezeichnung, bildeten an den Orten der Landesjustizkollegien eigene, unter Aufsicht dieser regionalen Obergerichte stehende Kollegien. Ihre Einkünfte bestritten sie aus Gebühren, die sie für ihre Tätigkeit nach einer Taxordnung erhielten; wurden sie nur als Ratgeber tätig, durften sie die Gegenleistung frei vereinbaren.“"[4]

Weitere Entwicklung

Die Abschaffung der Advokatur und die Etablierung der Justizcommissarien und Notare im Sinne des Corpus Juris Fridericianum (CJF), der Struktur der Zivilprozeßordnung Preußens Friedrichs des Großen, war nicht von Dauer.

Weniger als zweieinhalb Jahre nach Erlaß des CJF gab man den frei gewählten Parteivertretern die prozessuale Tätigkeit fast im alten Umfang zurück. Das Circulare an sämtliche Regierungen und Ober-Landes-Justiz-Collegia, zur Erläuterung einiger Vorschriften der Prozeß-Ordnung vom 20. September 1783 bestand im Wesentlichen aus einer Neuerung des Dienstrechts der Justizkommissare und einer damit verbundenen Revision des CJF in den betroffenen Prozeßabschnitten [...].“ und „Von erheblicher umgestaltender Bedeutung waren die Vorschriften über den Geschäftsbereich der Justizkommissare [...][5].

Mit jeder weiteren Revision des CJF, insbesondere durch die Allgemeine Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten (AGO) von 1794 änderte sich das Aufgabengebiet der Justizcommissarien und Notare in Preußen in Richtung wieder größerer Freiheiten, schwindender Bindungen an die regionalen Obergerichte und größerer Bindung an die private Person eines Rechtsuchenden.

Der Berufstitel und die Berufsdefinition eines Justizkommissars endete mit den Revisionen bzw. Entwicklungen des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und des Strafgesetzbuches (StGB).


Quellen und Literatur

  1. Artikel Kommissar. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (Juni 2011)
  2. Wer oder was ist Krünitz?
  3. Christian Grahl, Seite 135 ff.
  4. a. a. O., hier: S. 135/136
  5. *Christian Grahl: Die Abschaffung der Advokatur unter Friedrich dem Großen, Prozeßbetrieb und Parteibeistand im preußischen Zivilgerichtsverfahren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Materialien zum Corpus Juris Fridericianum von 1781 , Göttingen 1994. ISBN 3-89244-060-3; hier: S. 163 u. 164

Weblinks