Kanin/Mord: Unterschied zwischen den Versionen

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„er habe denselben nur einmal beim Schneidermeister Neie in Busendorf — einem kaum ¼  Meile von Canin entfernten Dorfe — sonst aber niemals gesehen."
„er habe denselben nur einmal beim Schneidermeister Neie in Busendorf — einem kaum ¼  Meile von Canin entfernten Dorfe — sonst aber niemals gesehen."
Auf weiteres Befragen gab jedoch Solle an:
Auf weiteres Befragen gab jedoch Solle an:
„er habe den Wiedecke zuerst, ohne ihn auch nur namentlich zu kennen, um Weihnachten 1854 beim Schneidermeister Neie, und nachher noch mehrfach bei dem Neie gesehen. Nur einmal, etwa drei Wochen vor dem Tode seiner Ehefrau, sei er mit Neie in der Wohnung des Wiedecke gewesen, an anderen Orten aber niemals mit Letzterem zusammen gekommen." Bei diesen Erklärungen verblieb Solle in einem späteren Verhöre am 7. Juni v. I, indem er noch in Betreff des von ihm angeführten Umstandes: dass er mit dem Neie einmal in der Wohnung des Wiedecke gewesen sei, bemerkte: „er sei damals mit Neie auf dessen Veranlassung zu Wiedecke gegangen, indem Neie bei Wiedecke etwas zu tun gehabt und ihm, Solle, um seine Begleitung nach Rädel gebeten habe. Als er bei einer anderen Gelegenheit mit Neie bei Wiedecke gewesen sei, um Buchsbaum zu erhandeln, habe er die Stube des Wiedecke nicht betreten." Zugleich erklärte Solle: „er habe den Wiedecke namentlich am Dienstag, den 1l. April, bei dem Neie gesehen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch den Neie gefragt: ob er noch in derselben Woche mit ihm einmal nach Potsdam oder Berlin fahren wolle? Demnächst feien sie alle drei den Weg nach Lehnin gegangen. Unterwegs sei er bis dahin, wo Wiedecke ihn und den Neie verlassen habe, keinen Augenblick mit dem Wiedecke allein gewesen." Zum Teil abweichend von diesen Auslassungen gab Solle bei der mündlichen Verhandlung der Sache an:
„er habe den Wiedecke zuerst, ohne ihn auch nur namentlich zu kennen, um Weihnachten 1854 beim Schneidermeister Neie, und nachher noch mehrfach bei dem Neie gesehen. Nur einmal, etwa drei Wochen vor dem Tode seiner Ehefrau, sei er mit Neie in der Wohnung des Wiedecke gewesen, an anderen Orten aber niemals mit Letzterem zusammen gekommen." Bei diesen Erklärungen verblieb Solle in einem späteren Verhöre am 7. Juni v. I, indem er noch in Betreff des von ihm angeführten Umstandes: dass er mit dem Neie einmal in der Wohnung des Wiedecke gewesen sei, bemerkte: „er sei damals mit Neie auf dessen Veranlassung zu Wiedecke gegangen, indem Neie bei Wiedecke etwas zu tun gehabt und ihm, Solle, um seine Begleitung nach Rädel gebeten habe. Als er bei einer anderen Gelegenheit mit Neie bei Wiedecke gewesen sei, um Buchsbaum zu erhandeln, habe er die Stube des Wiedecke nicht betreten." Zugleich erklärte Solle: „er habe den Wiedecke namentlich am Dienstag, den 11. April, bei dem Neie gesehen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch den Neie gefragt: ob er noch in derselben Woche mit ihm einmal nach Potsdam oder Berlin fahren wolle? Demnächst feien sie alle drei den Weg nach Lehnin gegangen. Unterwegs sei er bis dahin, wo Wiedecke ihn und den Neie verlassen habe, keinen Augenblick mit dem Wiedecke allein gewesen." Zum Teil abweichend von diesen Auslassungen gab Solle bei der mündlichen Verhandlung der Sache an:
„bei seinem Zusammentreffen mit dem Wiedecke in der Wohnung des Schneidermeisters Neie am 10. April v. I. habe er mit Niemandem von seiner Reise nach Berlin gesprochen. Nur Neie habe geäußert, dass sein Bruder am folgenden Tage nach Potsdam fahren werde, und habe ihn, den Solle, gefragt: ob er nicht mitfahren wolle? Bei diesem Gespräche sei Wiedecke nicht zugegen gewesen. Später habe er mit Wiedecke und Neie die Wohnung des Letzteren verlassen und sei unterwegs, in der Abwesenheit des Neie, mit dem Wiedecke ein Paar Minuten lang allein geblieben."
„bei seinem Zusammentreffen mit dem Wiedecke in der Wohnung des Schneidermeisters Neie am 10. April v. I. habe er mit Niemandem von seiner Reise nach Berlin gesprochen. Nur Neie habe geäußert, dass sein Bruder am folgenden Tage nach Potsdam fahren werde, und habe ihn, den Solle, gefragt: ob er nicht mitfahren wolle? Bei diesem Gespräche sei Wiedecke nicht zugegen gewesen. Später habe er mit Wiedecke und Neie die Wohnung des Letzteren verlassen und sei unterwegs, in der Abwesenheit des Neie, mit dem Wiedecke ein Paar Minuten lang allein geblieben."
Andererseits hat der Angeklagte Wiedecke über seinen Umgang mit dem Solle in der Voruntersuchung angegeben:
Andererseits hat der Angeklagte Wiedecke über seinen Umgang mit dem Solle in der Voruntersuchung angegeben:

Aktuelle Version vom 11. Juni 2011, 18:39 Uhr

Zwei Kapitalfälle
Im Anfange des Jahres 1855 bewohnte der Mühlenmeister :Johann Karl Gustav Solle mit seiner Ehefrau Henriette, verwitwet gewesenen Mühlenmeister Aulich , geborenen Willmann, im Dorfe Canin (Kreises Zauch-Belzig) ein der Letzteren gehöriges Gehöft, welches an dem nach Busendorf führenden Wege am Ende des Dorfes lag und von den nächsten bewohnten Gebäuden 50 und 80 Schritt entfernt war. Auf demselben befanden sich ein Wohnhaus, zwei Schuppen, ein Stall und eine Scheune. Alle diese Gebäude waren teils durch eine Mauer, teils durch einen Bretterzaun dergestalt mit einander verbunden, dass sie einen rings umschlossenen Hof bildeten, welcher von drei Seiten her, nämlich durch den Flur und die Küche des Wohnhauses, durch eine in der Scheune befindliche verschließbare Pforte und durch einen in der Mauer angelegten Thorweg, zugänglich war.

Das einstöckige Wohnhaus wurde durch den Flur und die dahinter belegene Küche in zwei Teile getrennt, deren jeder zwei Zimmer enthielt. In dem einen Vorderzimmer pflegte die Sollesche Dienstmagd mit den beiden Kindern erster Ehe der verehelichten Solle und dem ältesten Kinde der Solleschen Eheleute zu schlafen. Das andere Vorderzimmer wurde als Wohnstube benutzt. Jedes dieser beiden Zimmer hatte vom Flur aus einen Eingang. An die Wohnstube schloss sich ein Zimmer, welches den Solleschen Eheleuten und ihren beiden jüngsten Kindern als Schlafstube diente. Dasselbe hatte nur vom Wohnzimmer aus einen Zugang und ein am Hofe belegenes Fenster. Am Morgen des 11. April 1855, eines Mittwochs, hatte der Mühlenmeister Solle eine Reise angetreten, von welcher er am Abende desselben Tages um 11 Uhr noch nicht wieder zurückgekehrt war. Um diese Zeit verließ auf Anweisung der verehelichten Solle deren Dienstmagd, die unverehelichte Müller, das Sollesche Wohnzimmer und begab sich in die andere, jenseits des Hausflurs befindliche Vorderstube, wo sie sich zu Bett legte. In dieses Zimmer ging die verehelichte Solle mit ihr, und holte aus der an dasselbe angrenzenden Kammer Kuchen für ihren Ehemann, dessen Rückkehr sie erwartete. Sodann begab sie sich in das Wohnzimmer zurück, gleich nachher kam sie indes nochmals zu der Müllerin und fragte diese: „ob die Zugänge des Gehöfts verschlossen seien?" Als die Müllerin hierauf bejahend geantwortet hatte, ging die Solle von neuem in ihr Wohnzimmer. Die Müllerin, welche ohne zu schlafen, im Bette lag, hörte, dass die beiden Hunde des Solle, während sie das Wohnhaus umkreisten, ungewöhnlich viel bellten. Nach etwa einer halben Stunde vernahm sie von den Zimmern jenseits des Flurs her ein nicht sehr starkes Geräusch, welches ihr von dem Falle eines Gegenstandes zur Erde herzurühren schien. Da das jüngste Sollesche Kind schon sonst mitunter aus der Wiege gefallen war, so glaubte sie jenes Geräusch einem solchem Falle zuschreiben zu müssen. In dieser Vermutung wurde sie durch einen gleichzeitigen Ruf ihrer Herrin bestärkt, welchen sie dahin verstand: „Ach Gott! mein Kind! Sie hörte dm Ruf nur schwach, da die beiden Türen, welche sie von den Zimmern jenseits des Flurs trennten, eingeklinkt waren. Hierauf wurde alles Still, auch hörten die Hunde auf zu bellen. Nach kaum einer halben Stunde hörte die Magd das jüngste Sollesche Kind schreien, Sie stand deshalb auf, ging, ohne Licht anzuzünden, an die Tür des Wohnzimmers, öffnete dieselbe, trat auf die Schwelle und rief mehrmals:„Frau Meisterin!“ ohne indes; eine Antwort zu erhalten. In dem finstern Zimmer konnte sie nichts unterscheiden. Da das Kindergeschrei, welches aus dem Schlafzimmer zu kommen schien, aufhörte, kehrte sie zurück und legte sich wieder zu Bette. Kaum war dies geschehen, als das Kind abermals zu schreien anfing. Die Müllerin ging nun nach der Küche, zündete dort einen Kienspan an und trat, mit diesem versehen, in das Wohnzimmer ein. Hier lag die Solle in der Nähe der nach dem Flur führenden Tür leblos am Boden und zwar mit dem Kopfe an der Ecke eines neben der Tür stehenden Schrankes. Hinter dem Leichnam stand Barfuss und in seiner Nachtkleidung das schreiende einjährige Sollesche Kind, während das drei Jahre alte Kind noch schlafend im Bette der Mutter lag. In letzterem schien auch das jüngste Kind bereits gelegen zu haben, denn die Wiege desselben war glatt zugedeckt und das Bett des Solle noch ganz unversehrt. Die verehelichte Solle war noch eben so bekleidet, wie in dem Augenblicke, als die Müller sie zum letzten mal lebend gesehen hatte; auch erschien ihr Bett nicht eingedrückt genug, um annehmen zu lassen, dass sie bereits darin gelegen hatte. An ihrem Leichnam zeigten sich auf der Stirn zwei mit Blut unterlaufene Stellen. Geronnenes Blut befand sich am Munde und an der Nase der Leiche, sowie auf dem Fußboden an derjenigen Stelle, an welcher der Kopf derselben gelegen hatte. Auch bemerkte man am rechten Ohre einige Spuren von angetrocknetem Blute, nicht weit vom Leichnam entfernt, nach der geöffneten Tür der Schlafstube zu, lagen ein Pantoffel der Solle und die Lampe derselben umgestürzt und erloschen am Boden. In dem Fenster der Schlafstube, dessen Brüstung eine Höhe von nur vier Fuß hatte, war die untere Scheibe des, von außen gesehen, linken unteren Flügels zerbrochen, und außen auf dem Gesimse des Fensters lag ein Stück Mauerstein. Die Fensterlade war, wie gewöhnlich offen, das Fenster selbst aber durch die Knebel «erschlossen. Die gedachte Scheibe fand man zum Teil heraus gebrochen und zwar so, dass unten ein schmaler, oben ein breiter, und an der rechten Seite ein noch breiterer Rand von Glas stehen geblieben war. Das am unteren Teile des Fensterrahmens haftende Glas hatte zahlreiche Sprünge, welche sich als die Radien eines Kreises darstellten, dessen Mittelpunkt nicht fern von der rechten unteren Ecke der Scheibe gelegen haben würde. Die oberen Begrenzungslinien der durch die Sprünge gebildeten Splitter verhielten sich zu dem gedachten Punkte wie Abschnitte von Kreislinien. Diejenigen Teile des Glases, des Fensterrahmens und des Kreuzes, welche sich dem Loche zunächst befanden, waren von außen ebenso, wie der innere, gegen die Scheibe senkrecht stehende linke Rand des Rahmens, mit einer stumpfen, schwärzlich braunen Farbe überzogen, welche leicht verwischt werden konnte und augenscheinlich vom Verbrennen von Pulver herrührten. Nur in der unmittelbaren Nähe des Loches blieben am Fensterrahmen, wenn man die daselbst bemerkte dunkle Farbe betastete, gelbliche oder bräunliche Stellen von glänzendem Aussehen zurück. Übrigens färbte die in Rede stehende schwärzlich braune Substanz das Fensterkreuz von außen nur so weit, als nicht der einspringende Fensterflügel, wenn er geschlossen war, dasselbe bedeckte. Auch einige der im Zimmer bis auf die Wiege und das dem Fenster gegenüberstehende Bett verstreuten kleinen Glassplitter fand man auf der einen Seite mit jener Substanz überzogen. Die Zugänge des Solleschen Gehöfts waren in der Nacht vom 11. zum 12. April v. J. verschlossen gewesen; es schien jedoch, als sei in jener Nacht Jemand in das Gehöft vom Solleschen Garten aus über den dazwischen liegenden, etwa 7 Fuß hohen Bretterzaun eingestiegen. Im Garten stand nämlich schon seit dem Anfange des April v. I, eine an den gedachten Zaun, und zwar an eine zum Teil abgebrochene Stelle desselben, angelehnte Baumleiter, unter deren Benutzung man sehr leicht vom Garten in das Gehöft und zurück gelangen konnte. Am Morgen des 12. April bemerkte man nun, dass die Leiter aus ihrer bisherigen Stellung frisch verrückt worden war, als wenn sie zum Übersteigen bequem gesetzt worden wäre; auch nahm man gleichzeitig im Garten eine bis an die Leiter und von dieser zurückführende Fußspur war. Im Übrigen zeigten sich nach dem Tode der verehelichten Solle auf dem Solleschen Gehöfte keine Veränderungen; insbesondere ergab sich, dass daselbst in der Nacht vom 11. zum 12. April eine Entwendung irgend welcher Gegenstände nicht verübt worden war. Als man am Nachmittage des 12. April den Leichnam der Verstorbenen entkleidete, um ihn zu waschen, fand man auf der Brust desselben 14 kleine Locher von der Größe eines Rehpostens auf einem 6 Zoll langen und 8 Zoll breiten Räume zusammengedrängt, und ferner in den Kleidungsstücken, welche die Brust bedeckt hatten, Löcher von gleicher Größe vor. Hierdurch gewann man die Überzeugung, dass die Solle nicht, wie man Anfangs angenommen hatte, erschlagen, sondern dass sie erschossen worden sei. Am 13. April erfolgte die gerichtliche Leichenobduktion, auf Grund deren die ärztlichen Sachverständigen ihr ausführlich motiviertes Gutachten dahin abgaben: 1. „dass die Solle durch einen aus großer Nähe und mit großer Kenntnis und Berechnung der Kraft des Pulvers abgefeuerten Schuss von 14 Rehposten getötet worden ist; 2. dass die hierdurch bewirkte Verletzung in einer Durchbohrung der Vorhöfe des Herzens, des Herzbeutels, und in einer Zerreißung der Lungen und der großen Blutgefäße bestanden hat; 3. das der Tod fast unmittelbar nach der Verletzung durch Herz- und Lungenlähmung erfolgt ist, und 4. dass diese Verletzung in forensischer Beziehung jedenfalls zu den an und für sich unter allen Umständen absolut lethalen gehört." In Betreff der oben erwähnten, an der Stirn des Leichnams vorgefundenen Sugillationen bemerkten die Obduzenten: „Diese Verletzungen seien durch die gewaltsame Einwirkung eines stumpfen Körpers, vielleicht durch das Anschlagen des Kopfes gegen einen Schrank in dem Augenblicke entstanden, als die Solle, von dem Schusse getroffen, zu Boden fiel. Der stattgehabte Schlag oder Stoß habe offenbar eine Erschütterung des ganzen Schädelgewölbes, eine Stockung des Bluts in den äußeren Umhüllungen des Gehirnes, und dadurch eine Anfüllung und Auftreibung der Gefäße des Schädels und der harten und weichen Hirnhaut herbeigeführt, während die Substanz des großen und kleinen Gehirnes blutleer gewesen sei. Auch scheine jene äußere stumpfe Gewalt eine Gefässruptur in Ohr und Nase verursacht zu haben, da ein bedeutender Blutausfluss aus dem rechten Ohre und der Nase der Solle während ihres Lebens eingetreten sei und auch noch nach ihrem Tode bei der Besichtigung und Bewegung des Leichnams fortgedauert habe. Die in Rede stehenden Kopfverletzungen könnten indes als die Todesursache nicht angesehen werden, zumal die Entwicklung der weiteren Wirkungen dieser Verletzungen durch die in Folge des Schusses inzwischen eingetretene Herz- und Lungenlähmung unterbrochen worden sei." Die so eben dargestellten Ermittelungen lassen es, was den Hergang des vorliegenden Verbrechens anlangt, unzweifelhaft erscheinen, dass der Täter in das Sollesche Gehöft vom Garten aus eingestiegen ist, dass er demnächst, ohne in das Wohnhaus einzudringen, vom Hofe aus dm Lauf seines Gewehres an die linke untere Scheibe des Schlafstubenfensters gelegt und denselben auf das vor dieser Scheibe auf dem Gesimse des Fensters nach der Zeit der Tat vorgefundene Stück Mauerstein gestützt, dass er sodann den Schuss auf die Solle, als diese mit der brennenden Lampe von der Wohnstube aus in das Schlafzimmer eintreten wollte, abgedrückt und hierauf das Sollesche Gehöft aus demselben Wege verlassen hat, auf welchem er gekommen war. Nicht unerwähnt ist hierbei der Umstand zu lassen, dass um die Zeit des Todes der verehelichten Solle ein Schuss weder von der Solleschen Dienstmagd, unverehelichten Müller, noch von den dem Solleschen Gehöfte zunächst wohnenden Personen gehört worden ist. Diese Tatsache erklärt sich einen Teils aus der Richtung des. Windes, welcher zur Zeit der Tat gerade auf das Fenster des Schlafzimmers zustand, sowie daraus, dass der Täter wahrscheinlich den Lauf seines Gewehres dicht an die Scheibe gedrückt hatte, anderen Teils aus der geringen Pulverladung, welche der Täter genommen haben muss, wie daraus zu schließen ist, dass keiner der 14 Rehposten den Rücken der Solle durchdrungen hat. Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich sofort auf den Maurergesellen August Wiedecke zu Rädel im Kreise Zauch-Belzig, und es entstand ferner die Vermutung, dass der Ehemann der Getöteten der Anstifter des Verbrechens gewesen sei. Nach dem Abschluss der Voruntersuchung wurde Wiedecke des Mordes der verehelichten Solle, und der Mühlenmeister Solle der Teilnahme an diesem Verbrechen angeklagt. Bei der mündlichen Verhandlung der Sache, welche am 22., 23., 24. und 26. November 1855 vor dem Schwurgerichte zu Brandenburg stattfand, bekannten beide Angeklagte sich für nicht schuldig, die Geschworenen erklärten jedoch mit mehr als sieben Stimmen für überführt: 1. der Wiedecke: in der Nacht vom 11. zum 12. April 1855 zu Canin vorsätzlich und mit Überlegung die Ehefrau des Mitangeklagten Mühlenmeisters Solle, geborene Willmann, durch einen Schuss getötet zu haben, und 2. den Solle: den Täter des zu 1 bezeichneten Verbrechens zur Begehung desselben durch Geschenke und Versprechungen angereizt, verleitet und bestimmt zu haben. Zugleich bejahten die Geschworenen ebenfalls mit mehr als sieben Stimmen die in Betreff des Wiedecke ihnen vorgelegte zusätzliche Frage: ob die Tat zu 1 unter besonders erschwerenden Umständen begangen worden sei? Der Ausspruch der Geschworenen gründet sich, nach Inhalt der Akten, auf folgendes Sachverhältnis. I. Der Angeklagte Wiedecke, 44 Jahre alt, evangelischer Konfession, hat behauptet, in der Nacht vom 11. zum 12. April v. J., in welcher die Solle getötet wurde, zu Hause gewesen zu sein und geschlafen zu haben. Es sind jedoch folgende Indizien seiner Täterschaft ausgemittelt worden: 1. Die vorher beschriebenen näheren Umstände des gegen die Solle verübten Verbrechens deuten darauf hin, dass dasselbe von einer Person begangen worden ist, welche eine genaue Kenntnis der Örtlichkeit des Solleschen Gehöftes besaß. Eine solche Kenntnis aber konnte Wiedecke wohl erlangt haben, denn er hatte, wie unten näher erörtert werden wird, in den letzten Monaten vor dem Tode der Solle mit deren Ehemanne vielfach verkehrt und war in den letzten Wochen vor diesem Zeitpunkte häufiger, als sonst, in Canin gesehen worden, wo er die Witwe Tabbert, die Mutter der mit einem seiner Sohne verlobten unverehelichten Tabbert, zu besuchen pflegte. Auch war es einem Nachbar des Solle, dem Gutsbesitzer Matthes, aufgefallen, dass kurz vor der Tat der Wiedecke, wenn er vor dem Solleschen Gehöfte vorüberging, dasselbe mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten schien, 2. Die Behauptung des Angeklagten Wiedecke: dass er in der Nacht vom 11. zum 12, April v. J. zu Hause gewesen sei und geschlafen habe, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil die verehelichte Arbeitsmann Klein, eine Nachbarin des Wiedecke, bekundet hat. „sie habe in der gedachten Nacht ungefähr um 11 Uhr die Tür der Wiedeckeschen Wohnung deutlich klappen hören und sei einige Stunden nachher, um 2 Uhr, durch ein abermaliges Klappen derselben Tür aus dem Schlafe geweckt worden," 3. Die oben erwähnten Fußspuren, welche am Morgen nach der Tat im Solleschen Garten bemerkt wurden, sind sogleich genau untersucht und weiter verfolgt worden. Sie führten von der an den Solleschen Hofzaun angelegten Baumleiter bis nach dem etwa eine Stunde von Canin entfernten Dorfe Rädel, dem Wohnorte Wiedeckes, und von diesem Dorfe zurück bis nach der gedachten Baumleiter. Sie rührten augenscheinlich nicht von Mehreren, sondern nur von einer, und zwar sämtlich von einer und derselben Person her. Diese war von Rädel nach Canin in Schuhen ohne Absätze gegangen und hatte zum großen Teile den Fahrweg benutzt, während sie auf dem Wege von Canin nach Rädel durch die etwa 1000 Schritt von dem Solleschen Grundstücke entfernt liegenden Fichten, sodann aber Auf weiten Umwegen über das Feld bis hinter Busendorf, und von hier geradenwegs nach Rädel gegangen war. In der Nähe von Busendorf hatte sie die Schuhe ausgezogen und war einige tausend Schritt auf Strümpfen gegangen. In Rädel endeten die Spuren zwischen den beiden ersten Häusern, wo sie durch andere Fuß- und Wagenspuren verwischt waren. Wenn man die Richtung, welche die Spuren zuletzt hatten, weiter verfolgte, so traf die Verlängerung derselben in einer Entfernung von 15V Schritt gerade auf die Wohnung des Wiedecke. Über das Dorf Rädel hinaus wurden keine Fußspuren gesunden, welche den in Rede stehenden ähnlich gewesen wären. Es ist als festgestellt zu betrachten, dass die zwischen Rädel und Canin bemerkten Fußspuren vom Angeklagten Wiedecke herrührten. Am 13. April nämlich wurde derselbe vom Untersuchungsrichter in Gegenwart des Staatsanwalts Voigt zu Brandenburg, des Rentmeisters und Polizeiverwalters Lentzer daselbst, des Mitangeklagten Solle und einiger anderen Personen veranlasst, an Ort und Stelle eine Strecke im Freien auf Strümpfen zu gehen und es ergab sich bei Messung und Begleichung feiner Fußspuren mit den unfern von Busendorf wahrgenommenen, v«n Strümpfen herrührende.« Eindrücken, dass beide Arten von Spuren untereinander genau übereinstimmten. Bei der Vornahme dieser Probe zeigten beide Angeklagte sich auffallend verlegen und ängstlich. Einige Tage später, am 17, April v. J. fand man in dem hinter der Wiedeckeschen Wohnung gelegenen Garten ein Paar Frauenschuhe versteckt vor, welche mit eben solchem Erdreiche, wie zwischen Canin und Rädel vorhanden ist, beschmutzt waren. Diese Schuhe passten dem Wiedecke bequem und als derselbe später vom Untersuchungsrichter unter Zuziehung des Rentmeisters Lentzer dazu angehalten wurde, in Brandenburg auf einem frisch geackerten und geeggten Terrain, mit den gedachten Schuhen bekleidet, zu gehen, stellte es sich heraus, dass die von ihm hinterlassenen Spuren denjenigen zwischen Canin und Rädel am Tage nach der Tat bemerkten Fußspuren, welche von Schuhen herrührten, in jeder Beziehung völlig ähnlich waren. Zwar erschienen die Spuren bei Brandenburg nicht ganz so ausgeprägt, wie die bei Canin gefundenen; indes war der zwischen beiden Spuren vorhandene Unterschied nur gering und rührte, nach der Ansicht des Rentmeisters Lentzer, unzweifelhaft lediglich daher, dass der Boden, in welchem man die Fußspuren bei Canin wahrgenommen hatte, in Kiessand besteht, während Wiedecke in Brandenburg auf einem gepflügten und geeggten Acker gegangen war. 4. Der Angeklagte Wiedecke hat vor Gericht den Besitz von Schuhen und Schusswaffen geleugnet, auch wurden derartige Gegenstände in seiner Wohnung bei mehreren daselbst am 12. und 13. April v. J. vorgenommenen Nachsuchungen nicht aufgefunden. Gleichwohl aber fragte Wiedecke, als er am 14. April v. J. nach Brandenburg transportiert wurde, seine Begleiter: „ob das Gewehr schon gefunden sei?" Ferner wurde der Verdacht, dass der Angeklagte den Besitz der bei ihm gesuchten Überführungsstücke wider besseres Wissen in Abrede stelle, durch einige Äußerungen bestärkt, welche die verehelichte Kuhhirt Wiedecke, eine Schwägerin des Jnkulpaten, am 13. April v. J. der verehelichten Arbeitsmann Klein gegenüber Tat. Die Wiedecke nämlich, welche mit dem Angeklagten in einem und demselben Hause wohnte, antwortete am gedachten Tage der Klein, ihrer Nachbarin auf deren Frage: „ob bei der in der Wiedeckeschen Wohnung abgehaltenen Haussuchung Etwas gefunden worden sei?" „Nein, noch hätten sie nichts gefunden, aber wenn man nur reden dürfte, dann könne es wohl sein, dass man Etwas finde."" Als hierauf die Klein zur Wiedecke sagte: „wenn sie Etwas wisse, so müsse sie es angeben!" entgegnete Letztere: „dann schlagen sie mich wohl tot?" Endlich teilte die Wiedecke der Klein auf deren wiederholtes Zureden mit: „Wiedeckes hätten im Garten ein Loch am Zaune gemacht; sie hätten alle Drei daran gearbeitet, der Vater mit den beiden Söhnen; sie habe es selbst gesehen; sie hätten ein Kuchenbrett dazu benutzt." Einige Tage nachher am 17. April Morgens, fand in der Tat der Rentmeister Lentzer bei einer nochmaligen Rachsuchung in dem hinter der Wiedeckeschen Wohnung belegenen Garten, und zwar etwa 4t) Schritt vom Wohnhause entfernt, neben einem Schuppen, ein mit Reisig und Erde sorgfältig bedecktes und mit Brettstücken ausgesetztes Loch, in welchem ein Gewehr und ein Paar Frauenschuhe lagen. Auf Vorhaltung dieses Umstandes hat der Wiedecke erklärt: „er wisse weder, wer das Loch gemacht habe, noch wie das Gewehr in dasselbe hineingekommen sei; auch kenne er das Gewehr ebenso wenig, als die gefundenen Schuhe." Es kann jedoch keinem Bedenken unterliegen, dass die Schuhe und das Gewehr sich im Besitze des Angeklagten befunden haben, und dass er, sei es allein, sei es in Gemeinschaft mit anderen Personen, diese Gegenstände in dem gedachten Loche versteckt hat. Hierfür sprechen zunächst die vorher erwähnten, von der verehelichten Kuhhirt Wiedecke am 13. April der verehelichten Arbeitsmann Klein gegenüber getanen Äußerungen, sowie der Umstand, dass der Ehemann der Klein, welcher vor 9 Jahren zu einer Zuchthausstrafe von 18 Monaten, wegen Ankaufs gestohlenen Wildes, verurteilt worden ist, eidlich bekundet hat: „er sei eines Tages, im Herbste 1854, in die Wohnung des Angeklagten Wiedecke eingetreten und habe daselbst dessen Sohn, Vornamens Karl, allein angetroffen. Dieser sei gerade mit der Reinigung desselben Gewehres beschäftigt gewesen, welches am 17. April v. J. in dem Wiedeckeschen Garten versteckt gefunden worden ist." Ferner sind die gefundenen Schuhe dieselben, mit denen Wiedecke bei der oben gedachten, in Brandenburg vorgenommenen Vergleichung seiner Fußspuren mit den bei dem Orte der Tat bemerkten, von Schuhen herrührenden Spuren bekleidet war. Was insbesondere das in Rede stehende Gewehr anlangt, so füllt die Auffindung desselben gegen den Angeklagten um so mehr ins Gewicht, als die Sachverständigen: Militair - Büchsenmacher Scopa und Büchsenmacher Bergemann zu Brandenburg, welche das Gewehr sogleich am Tage der Auffindung desselben, am 17. April untersuchten, sich gutachtlich dahin ausgesprochen haben: „es sei aus dem Gewehr in den letzten 12 Tagen vor dem 17. April v. J., aller Wahrscheinlichkeit nach aber in einer noch kürzeren Zeit vor diesem Tage, einmal oder höchstens zweimal geschossen worden." 5. Der Angeklagte ist ferner ein Mensch, zu welchem man sich der Tat wohl versehen kann. Er ist als Wilddieb berüchtigt, und auch schon früher, und zwar im Jahre 1840 wegen großen gemeinen Diebstahls zu 6 Monaten Zuchthaus und im Jahre 1844 wegen Fälschung zu 3 Monaten Zuchthaus, verurteilt worden. Nach dem Zeugnisse des Pfarrers Schade zu Rädel wurde er allgemein als der Anstifter und Leiter verbrecherischer Unternehmungen angesehen und steht in so schlechtem Rufe, dass nach dem einige Wochen vor der Ermordung der verehelichten Solle erfolgten Tode seiner Ehefrau, welche er oft gröblich misshandelt hatte, der Verdacht rege wurde: Wiedecke möchte dieselbe ums Leben gebracht haben. 6. Hierzu kommt, dass Motive vorhanden waren, welche einen sittlich so tief gesunkenen Menschen, wie den Angeklagten Wiedecke, zur Verübung des Verbrechens wohl bestimmen konnten. In dieser Beziehung ist durch die Untersuchung zuvörderst festgestellt worden, dass der Angeschuldigte die Solle nicht aus Feindschaft oder Hass gegen dieselbe, getötet hat; denn die Verstorbene wird von ihren nächsten Angehörigen und Bekannten als eine Frau geschildert, welche bei ihrer sanften Gemütsart keinen Feind gehabt habe. Auch war sie vor der Zeit der Tat, so viel erhellt, dem Wiedecke völlig unbekannt gewesen. Ebenso wenig lässt sich ferner annehmen, dass Wiedecke die Verübung eines Diebstahls oder einer anderen strafbaren Handlung im Solleschen Wohnhaufe beabsichtigt und die verehelichte Solle nur zu dem Zwecke getötet habe, um an der Ausführung seines Unternehmens durch sie nicht verhindert zu werden, denn es steht fest, dass der Angeklagte weder vor oder bei der Begehung des Verbrechens noch nachher in das Sollesche Wohnhaus eingedrungen ,st. Überdies hätte er, wenn seine Hauptabsicht auf die Verübung einer anderweiten strafbaren Handlung gerichtet gewesen wäre, sich unzweifelhaft nicht einer Schusswaffe bedient, um die Solle zu töten, da er erwarten musste, dass der Schuss die übrigen Bewohner des Solleschen Wohnhauses und die Nachbarn aus dem Schlafe wecken, und dass durch die Dazwischenkunft dieser Personen die Ausführung seines verbrecherischen Unternehmens vereitelt werden würde. Indessen hat der Angeklagte selbst, kurz vor der Zeit der Tat, über den Beweggrund seiner Handlungsweise in einem Gespräche, welches er mit den Arbeitsmann Stützerschen Eheleuten führte, Andeutungen gemacht. Im Anfange des April v. J. äußerte er nämlich eines Tages in etwas angetrunkenem Zustande zu den genannten Personen: „er möchte gern wieder Heiraten, ob die Stützerschen Eheleute ihm nicht eine Frau vorschlagen könnten? Ob sie ihm nicht ihre Tochter zur Frau geben und 40 Rthlr. borgen wollten? Er trage zwar einen schlechten Rock, er könne sich aber einen Neien kaufen und auch eine Neie Bettstelle; die alte wolle er dann seinem Sohne geben. " Die Stützerschen Eheleute schlugen dem Angeklagten sein Verlangen ab, Dieser sagte sodann: „Es ist ein schweres Dasein, wenn es mir nicht gelingen sollte; wenn es mir aber gelingt, ist es ein gutes Dasein. Aber wehe, wenn es mir nicht gelingt, und wehe für denjenigen, der Schuld an mir ist; dann ist kein gutes Dasein." Als die Stützerschen Eheleute, welchen diese Worte auffielen, dem Wiedecke sagten, dass sie ihn nicht verständen, erwiderte er: „Bald hätte ich zu viel geplaudert. Schweigt nur still und sagt nichts. " Diese Bitte wiederholte er mehrmals. Es kann nach Lage der Sache nicht zweifelhaft erscheinen, dass die so eben mitgeteilten Äußerungen des Wiedecke, in Betreff deren er den Stützerschen Eheleuten Stillschweigen gebot, sich auf die schon damals von ihm beschlossene Ausführung des vorliegenden Verbrechens bezogen. Zugleich hat nun aber Wiedecke in jenen Worten angedeutet, dass er zu seinem strafbaren Vorhabe» durch einen Anderen bestimmt worden sei. Er hat zwar weder den Namen des Anderen genannt, noch über die Art der Mitschuld desselben sich näher ausgelassen; nach dem Inhalt der Verhandlungen ist jedoch die Annahme unabweislich, dass er sich vom Ehemanne der Getöteten durch Geldgeschenke und Versprechungen hat zur Tat verleiten lassen. Wiedecke lebte früher in großer Armut. Im Winter war sein Verdienst stets so gering, dass er von demselben die notwendigsten Lebensbedürfnisse nicht bestreiten konnte und Schulden machen musste. So kaufte er kurz nach Weihnachten 1854 vom Mühlenmeister Schneider in Rädel einen Scheffel Mehl für 2 Rthlr. 16 Sgr., konnte aber das Kaufgeld nicht bezahlen und sah sich genötigt, dem Schneider, um von demselben die Verabfolgung des Mehles zu erlangen, seine Büchse zur Sicherheit wegen des gestundeten Kaufgeldes zu verpfänden. Am Ende des Februars v. J. war er mit der Bezahlung des Mietszinses für seine Wohnung seit mehr als einem Jahre im Rückstände, und als um dieselbe Zeit seine Ehefrau starb, sagte er dem Pfarrer Schade in Rädel: dass er die Gebühren ihres Begräbnisses nicht bezahlen könne, und ließ sich zur Bestreitung dieser Kosten geständlich von seiner im Gesindedienste stehenden Tochter etwa 5 Rthlr. geben. Dagegen hat er im März und im Anfang des April v. J. ungefähr 20 Rthlr. ausgegeben und öfter mit dem Besitze von Geld geprahlt. Auch sind in den angegebenen Zeiträumen bei verschiedenen Gelegenheiten Geldbeträge von mehreren Talern bei ihm bemerkt worden. In der Mitte des März 1855 bestellter bei dem Tischler Bär in Busendorf eine Bettstelle für 4 ½ Rthlr. und ließ sich am 8, oder 9, April im Laden des Handelsmannes Sinasohn zu Lehnin von dessen Ehefrau Bettdecken im Werte von etwa 5 Rthlr. zum Kaufe vorlegen. Als der hierbei anwesende Sinasohn seiner Frau bemerklich machte, dass Wiedecke ja doch kein Geld habe, um die Decken zu bezahlen, sagte dieser: „ja, ich kann die Bettdecken doch bezahlen; ich bekomme in den letzten Tagen der Woche Geld, und dann werde ich die Bettdecken holen, es müssen aber dann auch noch Franzen daran sein." Die Zahlungsmittel, deren Besitz dem Wiedecke nachgewiesen ist, waren zum Teil Zweitalerstücke. Aus eben solchen Münzen bestand größtenteils auch die Barschaft von 70 bis 80 Rthlrn., welche der Angeklagte Solle, als er am 14, April v. J. verhaftet wurde, seinem Schwiegervater, dem Schulzen Willmann zu Claistow, übergab. Wiedecke hat über den Erwerb der von ihm in den letzten Wochen vor der Zeit der Tat ausgegebenen, für seine Verhältnisse sehr bedeutenden Geldsummen keine Aufklärung zu geben vermocht, und bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung über diesen Gegenstand sich sehr bestürzt gezeigt. Später, als ihm bereits die Anklage bekannt gemacht worden war, hat er zwar über den Verdienst, welchen er im Sommer 1854 gehabt, unter Berufung auf Zeugen, nähere Angaben gemacht, um den aus dem Besitze der gedachten Geldmittel gegen ihn herzuleitenden Verdachtsgrund zu entkräften; allein bei der mündlichen Verhandlung der Sache, hat er auf die Vernehmung der von ihm vorgeschlagenen Zeugen, deren Vorladung erfolgt war, ausdrücklich verzichtet. II. Die Annahme der Geschworenen: dass der Angeklagte Solle den Wiedecke zur Begehung der Tat durch Geschenke und Versprechungen angereizt, verleitet und bestimmt hat, wird, außer durch den Umstand, dass sowohl die von dem Wiedecke kurz vor der Zeit des Verbrechens ausgegebenen Geldbeträge, als auch die von dem Solle bei seiner Verhaftung besessene Barschaft zum Teil in Zweitalerstücken bestanden, noch durch folgende Momente unterstützt: 1. Der Mühlenmeister Solle, welcher 30 Jahre alt, evangelischer Konfession, Landwehrmann und noch nicht bestraft ist, hat in den letzten Wochen vor der Ermordung seiner Ehefrau mit dem Angeklagten Wiedecke mehrfach verkehrt. Beide Jnkulpaten haben diese Tatsache nicht durchaus in Abrede zu stellen vermocht; jedoch sind sie in ihren desfallsigen Angaben der Wahrheit offenbar nicht treu geblieben. Solle hielt in seinem ersten gerichtlichen Verhöre am 14. April Anfangs mit seinen Erklärungen über seinen Umgang mit dem Wiedecke auffallend zurück, indem er behauptete: „er habe denselben nur einmal beim Schneidermeister Neie in Busendorf — einem kaum ¼ Meile von Canin entfernten Dorfe — sonst aber niemals gesehen." Auf weiteres Befragen gab jedoch Solle an: „er habe den Wiedecke zuerst, ohne ihn auch nur namentlich zu kennen, um Weihnachten 1854 beim Schneidermeister Neie, und nachher noch mehrfach bei dem Neie gesehen. Nur einmal, etwa drei Wochen vor dem Tode seiner Ehefrau, sei er mit Neie in der Wohnung des Wiedecke gewesen, an anderen Orten aber niemals mit Letzterem zusammen gekommen." Bei diesen Erklärungen verblieb Solle in einem späteren Verhöre am 7. Juni v. I, indem er noch in Betreff des von ihm angeführten Umstandes: dass er mit dem Neie einmal in der Wohnung des Wiedecke gewesen sei, bemerkte: „er sei damals mit Neie auf dessen Veranlassung zu Wiedecke gegangen, indem Neie bei Wiedecke etwas zu tun gehabt und ihm, Solle, um seine Begleitung nach Rädel gebeten habe. Als er bei einer anderen Gelegenheit mit Neie bei Wiedecke gewesen sei, um Buchsbaum zu erhandeln, habe er die Stube des Wiedecke nicht betreten." Zugleich erklärte Solle: „er habe den Wiedecke namentlich am Dienstag, den 11. April, bei dem Neie gesehen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch den Neie gefragt: ob er noch in derselben Woche mit ihm einmal nach Potsdam oder Berlin fahren wolle? Demnächst feien sie alle drei den Weg nach Lehnin gegangen. Unterwegs sei er bis dahin, wo Wiedecke ihn und den Neie verlassen habe, keinen Augenblick mit dem Wiedecke allein gewesen." Zum Teil abweichend von diesen Auslassungen gab Solle bei der mündlichen Verhandlung der Sache an: „bei seinem Zusammentreffen mit dem Wiedecke in der Wohnung des Schneidermeisters Neie am 10. April v. I. habe er mit Niemandem von seiner Reise nach Berlin gesprochen. Nur Neie habe geäußert, dass sein Bruder am folgenden Tage nach Potsdam fahren werde, und habe ihn, den Solle, gefragt: ob er nicht mitfahren wolle? Bei diesem Gespräche sei Wiedecke nicht zugegen gewesen. Später habe er mit Wiedecke und Neie die Wohnung des Letzteren verlassen und sei unterwegs, in der Abwesenheit des Neie, mit dem Wiedecke ein Paar Minuten lang allein geblieben." Andererseits hat der Angeklagte Wiedecke über seinen Umgang mit dem Solle in der Voruntersuchung angegeben: „er habe den Solle durch den Schneidermeister Neie kennen gelernt und sei mit demselben überhaupt nur dreimal zusammengetroffen. Das erste Mal habe er den Solle um die Mitte des März v. I, bei dem Neie gesehen. Sodann sei Solle in der Begleitung des Neie am Ende des März oder Anfangs April 1855 zu ihm gekommen, um sich vom ihm Buchsbaum von Rädel nach Canin fahren zu lassen. Zum letzten Male habe er den Solle am 10. April 1855 bei dem Neie gesehen. Solle sei dorthin gekommen, um mit Neie eine Reise nach Lehnin zu verabreden. Bei dieser Gelegenheit habe Solle noch einmal Buchsbaum bei ihm, dem Wiedecke, bestellt. Sie seien alle drei zusammen von dem Neie fortgegangen. Unterwegs habe Letzterer sich zu Arbeitsleuten, welche für ihn mit dem Sprengen von Steinen beschäftigt waren, begeben, und sich dort etwa fünf Minuten lang aufgehalten. Während dieser Zeit sei er, Wiedecke, mit dem Solle allein gewesen. Er habe nicht gehört, was Solle mit dem Neie bei dem in Rede stehenden Zusammentreffen gesprochen, namentlich ob Solle zu dem Neie gesagt habe, dass er noch in derselben Woche nach Potsdam oder Berlin reisen wolle." In ähnlicher Weise ließ sich Wiedecke auch bei der mündlichen Verhandlung der Sache aus; er gestand jedoch zu, am 10. April v. J., als er mit Solle und Neie zusammen gewesen sei, gehört zu haben, dass Solle den Neie aufforderte, mit ihm nach Potsdam zu reisen. Durch die Beweisaufnahme, und zwar vornehmlich durch das eidliche Zeugnis; des Schneidermeisters Neie, mit welchem der Angeklagte Solle schon seit einigen Jahren freundschaftlichen Umgang gepflogen hatte, ist nun Folgendes ermittelt worden: Am Ende des Februar 1855 forderte Solle den Neie, mit welchem er, um Getreide zu kaufen, nach Rädel gegangen war, auf, mit ihm den Wiedecke zu besuchen, indem er bemerkte, dass dieser ein alter Wilddieb sei und gute Gewehre haben möge. Solle kannte damals, wie er äußerte, den Wiedecke erst seit kurzer Zeit. Neie begab sich hierauf mit Solle zu dem Wiedecke, an welchen Solle die Frage richtete: ob er ein gutes Gewehr habe? Wiedecke holte sogleich aus seiner Kammer eine alte, einläufige, mit einem Perkussionsschloss versehene Flinte hervor. Solle aber erklärte: „dass sei kein Gewehr für ihn!" und erzählte dem Wiedecke, dass er eine Jagd habe. Zugleich forderte er denselben auf, nach seinem Reviere zu kommen, wenn er einmal zutreiben wolle. Diese Aufforderung des Solle fiel dem Neie auf; auch sprach derselbe zu dem Solle seine Verwunderung darüber aus; allein Solle gab ihm hierauf keine Antwort.

Einige Wochen später war Solle mit Neie noch zweimal in der Wohnung des Wicdecke, das zweite Mal zu dem Zwecke, um durch einen der Söhne des Wiedecke Buchsbaum, welchen Solle in Rädel gekauft hatte, nach Canin bringen zu lassen. Bei dieser letzteren Gelegenheit ging Wiedecke auf der Strecke von Rädel nach Busendorf mit Solle und Neie eine Stück Weges zusammen, diese Beiden trennten sich jedoch bald von ihm, weil sie seines schlechten Rufes wegen in seiner Gesellschaft nicht gesehen werden wollten. Außerdem sind Solle und Wiedecke noch mehrmals an anderen Orten zusammengetroffen. So gingen sie im Anfang des März v. J. eines Abends, als es schon dunkel war, von dem Neie zusammen allein fort. Um dieselbe Zeit suchte eines Tages Wiedecke den Neie auf dem Felde auf. Bei dieser Gelegenheit kam Solle dazu und forderte den Neie auf: ihn nach Lehnin zu begleiten. Hierzu erklärte Neie sich bereit und ging in seine Wohnung, um sein Schuhzeug zu wechseln. Als er wieder zurückkam, bemerkte er, dass Solle und Wiedecke sich von dem Punkte, auf welchem er mit ihnen zusammengetroffen war, etwa um 500 Schritte entfernt hatten, Neie holte sie jedoch bald ein. Nachdem hierauf alle drei eine Strecke weit zusammen gegangen waren, trennten sich Neie und Solle von dem Wiedecke, um nicht in seiner Begleitung gesehen zu werden. Auch in der Nacht vom 9. zum 10. April schienen beide Angeklagte eine Zusammenkunft gehabt zu haben. Solle befand sich am Abende des 9, April bei seinem Schwiegervater, dem Schulzen Willmann, im Kruge zu Cleistow und tanzte dort. Erst nach 1 Uhr Nachts verließ er das Lokal mit dem Schneidermeister Neie, welcher ihn bis an sein Gehöft in Canin begleitete. Solle behauptet nun zwar, dass er hierauf an sein Haus geklopft und sodann in dasselbe eingetreten sei; auch bekundet der Zeuge Neie: „er habe gehört, dass Solle bei seinem Hause angelangt, seine Ehefrau gerufen und dass diese ihm geantwortet habe;" gleichwohl aber ist die Möglichkeit vorhanden, dass Solle in jener Nacht sein Haus nicht betreten hat, denn Neie erklärt ausdrücklich: „er habe nicht gesehen, dass Solle, nachdem diesem seine Ehefrau auf seinen Ruf geantwortet, in seine Wohnung eingetreten sei." Was den Angeschuldigten Wiedecke betrifft, so hat derselbe angegeben: „er sei in der Nacht vom 9. zum 10. April zu Hause gewesen und am Morgen des 10. April etwa um 4 Uhr von Rädel über Busendorf nach Canin gegangen, um mit der in Canin wohnenden Witwe Tabbert wegen der Heirat seines Sohnes, des Maurergesellen August Wiedecke, mit deren Tochter Rücksprache zu nehmen. Er sei zu so früher Stunde nach Canin gegangen, weil er gefürchtet habe, die Tabbert sonst nicht zu treffen." Es läßt sich jedoch nicht bezweifeln, dass Wiedecke seine Abwesenheit von Hause in der Nacht vom 9. zum 10. April mit Unrecht in Abrede gestellt hat, denn zwei seiner Hausgenossen, nämlich sein vorher genannter Sohn, Vornamens August, und dessen Braut, die unverehelichte Tabbert, bekunden übereinstimmend, dass Wiedecke in der fraglichen Nacht nicht in seiner Wohnung gewesen sei. Allerdings ist er am Morgen des 10. April kurz nach 4 Uhr bei einem unfern von Busendorf belegenen Backofen, an welchem kein Verbindungsweg vorüberführt, mit der Reinigung seiner Kleider beschäftigt gesehen worden, und als er an demselben Morgen etwa um 5 ½ Uhr zur Witwe Tabbert in Canin kam, schien er sehr müde zu sein, klagte über Kopfschmerzen, legte sich auf die Ofenbank und schlief demnächst mehrere Stunden. Auf die Frage der Tabbert: „was er so früh wolle?" antwortete er: „er komme von Lehnin und gehe nach Cleistow, um dort Borsten zu holen;" nachher widerrief er aber diese Angabe, indem er sagte: „er sei schon in Cleistow gewesen und wolle nach Hause gehen." Zwischen 9 und 10 Uhr Vormittags entfernte sich der Angeklagte auö der Wohnung der Witwe Tabbert und ging nach Busendorf. Hier begab er sich zu dem Schneidermeister Neie, und nahm mit diesem wegen einer Weste, welche er von ihm kaufen wollte, Rücksprache. Bald nachdem Wiedecke die Neiesche Wohnung betreten hatte, kam auch Solle dorthin, um mit Neie nach Lehnin zu gehen. Die weiteren Vorgänge stellte Neie bei seiner Vernehmung in der Voruntersuchung folgendermaßen dar: Solle fragte den Neie in der Gegenwart des Wiedecke, so dass dieser es hören konnte: „ob er in derselben Woche noch einmal mit ihm nach Potsdam oder Berlin reisen wolle?" Solle fügte hinzu, dass er, wenn Neie mit ihm reise, an einem Tage fertig werden könne, während er im entgegen gesetzten Falle genötigt sein möchte, über Nacht fortzubleiben. Den Tag der Reise bestimmte er nicht näher. Neie lehnte es ab, den Solle zu begleiten, und ging daraus mit diesem und mit Wiedecke auf dem Wege nach Rädel eine Strecke weit zusammen. Sodann begab er sich zu Fuhrleuten, welche auf dem Felde mit dem Abfahren von Steinen in seinem Auftrage beschäftigt waren, und ließ Wiedecke und Solle allein weiter gehen. Nach ungefähr fünf Minuten holte er sie wieder ein. Einige Zeit nachher trennte sich Wiedecke von seinen beiden Begleitern, welche nunmehr den Weg nach Lehnin allein fortsetzten. Als sie am Abende desselben Tages von dort zurückkehrten, forderte Solle den Neie nochmals auf, ihn nach Potsdam zu begleiten, und zwar am folgenden Tage — den 11. April — indem er ihm anbot, 'auch noch bis zum 12. April ?u warten, falls er, Neie, erst an diesem Tage mit ihm reisen könnte. Neie lehnte indeß auch jetzt die Aufforderung des Solle ab. In ähnlicher Weise hat der Zeuge Neie auch bei der mündlichen Verhandlung der Sache sich über sein Zusammentreffen mit den beiden Angeklagten am 10. April ausgelassen; abweichend von seinen früheren Anführungen erklärte er indes: „Solle habe an dem in Rede stehenden Tage in seiner, des Neie Wohnung erwähnt, dass er am Tage darauf nach Berlin reisen wolle. Als er, Neie, auf die Aufforderung des Solle: ihn zu begleiten, dies abgelehnt, habe Solle in der Gegenwart des Wiedecke so laut, dass dieser es hören musste, gesagt: „dann werde er eine Nacht wegbleiben." Die Untersuchungsakten geben keinen Aufschluss über die Gründe, durch welche der Zeuge Neie veranlasst worden ist, bei seiner Vernehmung vor den Geschworenen zum Teil andere Angaben, als vor dem Untersuchungsrichter zu machen; indessen schien es näherer Ermittelungen über den Grund der gedachten Abweichungen nicht zu bedürfen, da, auch wenn man sich an die für die Angeklagten günstigere erste Deposition des Neie hält, die Annahme nahe liegt, dass Solle den Wiedecke in den fünf Minuten, während welcher sie von Neie allein gelassen waren, seine Absicht: in der Nacht vom 11. zum 12. April nicht zu Hause zu sein, mitgeteilt und mit demselben über die Ausführung des Verbrechens eine letzte bestimmte Verabredung getroffen hat. 2. Der Angeklagte Solle wird ferner durch seine Abwesenheit von Canin in der so eben erwähnten Nacht — der Nacht der Tat — sowie durch sein Benehmen kurz vor und nach der Verübung des Verbrechens dringend verdächtigt. Am 10. April erkundigte sich Solle bei dem Krüger Neie in Canin, einem Bruder des Schneidermeisters Neie in Busendorf, ob er nicht am nächstfolgenden Tage nach Potsdam fahre und ihn mitnehmen könne? Nachdem Neie diese Fragen bejaht hatte, verabredeten Beide, dass sie am nächsten Morgen um 5 Uhr von Canin fortfahren wollten. Solle fand sich zur festgesetzten Stunde bei Neie ein; Letzterer war jedoch mit den Vorbereitungen zur Reise noch nicht fertig. Solle ging deshalb bis nach Cleistow voran, von wo ihn der Krüger Neie bald nachher abholte. Sie fuhren bis nach Cammerode zusammen. Unterwegs erzählte Solle dem Neie, das er nach Berlin reisen und sich Stöcke aus der Eisengießerei holen wolle. Er wisse nicht, wann er zurückkommen werde; wenn es ihm zu spät werden sollte, bleibe er die Nacht in Potsdam. Von Cammerode aus fuhr Solle auf einem anderen Wagen nach Potsdam und sodann auf der Eisenbahn nach Berlin. Hier begab er sich, seiner Behauptung nach, zunächst zu einem Rechtsanwalt, um mit diesem über eine Prozessangelegenheit sich zu besprechen, und holte sodann bei dem Eisengießerei-Amte 10 eiserne Stöcke ab, welche sein Geselle Kalmbach im Januar v. J. bestellt hatte. Der Angeklagte hat vor Gericht behauptet, dass die Abholung der gedachten Eisenstöcke gerade zu der in Rede stehenden Zeit notwendig gewesen sei, „ weil er denn der Geselle des Angeklagten, Kalmbach, hat ausgesagt: „im April 1855 seien in der Mühle des Solle eiserne Stöcke noch auf etwa ¼ Jahre vorrätig gewesen, Übrigens habe weder er, noch Solle, eine Nachricht davon, dass die bestellten Stöcke fertig waren, erhalten gehabt." Um fünf Uhr am Nachmittage des 11. April fuhr Solle auf der Eisenbahn von Berlin nach Potsdam zurück. Unterwegs traf er den Schlächtermeister Mendt aus Lehnin, welcher ihn oberflächlich kannte, Mendt erinnerte sich, als er den Solle sah, nicht sogleich des Namens desselben und fragte ihn deshalb: „wie er heiße und woher er sei?" Solle antwortete: „er sei aus Cleistow", verbesserte sich jedoch sogleich und sagte: „er sei der Müller aus Canin." Mendt forderte ihn nunmehr auf, mit ihm gemeinschaftlich bis Kreutz oder Werder zu fahren und sodann mit ihm zu Fuß nach Hause zu gehen. Auf diesen Vorschlag ging Solle aber nicht ein, indem er sägte: „er habe in Potsdam noch Geschäfte und möchte dann wohl die Nacht daselbst bleiben, übrigens gehe er des Abends nicht gern," Solle war während der Fahrt nach Potsdam still und nahm an Unterhaltungen nicht weiter Teil, In Potsdam blieb er über Nacht, Hierzu wurde er, wie er behauptet, durch die eintretende Dunkelheit, sowie dadurch veranlasst, dass es regnete, und dass er den Krüger Neie aus Canin nicht mehr in Potsdam antraf. Die fernere Angabe des Solle: „der Krüger Neie habe ihm versprochen gehabt, auf ihn in Potsdam zu warten, wenn es nicht zu spät würde", ist von dem Neie als unrichtig bezeichnet worden. Solle verließ Potsdam am darauf folgenden Tage, den 12. April, zu Fuß, und zwar seiner anfänglichen Angabe nach erst gegen 12 Uhr Mittags, Bei seiner Vernehmung vor den Geschworenen behauptete er aber: „er sei schon zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags von Potsdam fortgegangen. Wenn er früher gesagt habe: er habe Potsdam erst gegen 12 Uhr Mittags verlassen, so sei dies falsch; er möge sich damals auf die richtige Zeit nicht haben besinnen können." Ungefähr eine Stunde vor Claistow begegnete ihm zwischen 1 und 2 Uhr Nachmittags der Handelsmann Wilke aus Nickel, welchem er bekannt war, und sagte zu ihm: „er solle sich beeilen nach Hause zu kommen, es sei ein großes Unglück bei ihm passiert." Solle erschrak hierüber wie es schien, und äußerte: „das ist wohl nicht wahr!" worauf Wille erwiderte: „seine Frau sei sehr krank und wahrscheinlich schon tot!" Solle ging sodann einige Schritte zurück, setzte sich auf die Erde und fragte den Wilke: „was ist denn vorgefallen?" Wilke erzählte ihm nunmehr, dass seine Frau totgeschlagen und wahrscheinlich von Räubern überfallen worden sei. Solle blieb indes, anscheinend wie vom Schreck gelähmt sitzen, und als er endlich den wiederholten Aufforderungen des Wilke: seinen Weg fortzusetzen, Folge leistete, sagte er: „jetzt werde ich nicht in einer Stunde nach Hause gehen, ich werde wohl ein paar Stunden brauchen." Zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags begegnete dem Solle einige tausend Schritt vor Cleistow der Bauer Welß von dort. Diesen fragte Solle: „Diese Nacht sollen sie ja wohl meine Frau geschlagen haben?" Auf die Antwort des Welß: „die Leute sagen so; sie soll auch schon tot sein!" sagte Solle: „das kann wohl nicht wahr sein!" und ging weiter. Gegen 4 Uhr Nachmittags traf er bei seinem Schwiegervater Willmann in Cleistow ein, und sagte zu dessen Sohne Vornamens Friedrich Julius: „Bei mir ist was Schönes passiert! Meine Frau haben sie erschlagen! War sie denn ganz tot? Hat sie denn gar nichts gesprochen?" Julius Willmann entgegnete ihm: dass er ihm hierüber nichts sagen könne. Solle setzte sich darauf nieder. Er erkundigte sich nicht danach, auf welche Weise die Tat verübt worden sei. Etwa 15 Minuten lang verweilte er in der Wohnung seines Schwiegervaters und entfernte sich erst, nachdem Julius Willmann ihn wiederholt aufgefordert habe, sich nach Hause zu begeben. Als er fortging, äußerte er: „nun habe ich heute noch nichts gegessen und zu Hause bekomme ich auch nichts." Etwa um 4 Uhr Nachmittags kam er zu Hause an. Hier richtete er zunächst an seinen Bruder, welchen er anwesend fand, einige Worte, und stürzte sodann schreiend auf den Leichnam seiner Ehefrau zu. Noch im Laufe desselben Nachmittags wurde die Leiche in Gegenwart des Solle und der Gutsbesitzer Matthesschen Eheleute gewaschen und hierbei von Letzteren die Vermutung ausgesprochen, dass die verehelichte Solle erschossen sei. Der Angeklagte Solle sagte hierauf: „was, geschossen ist sie?" benahm sich aber dabei sehr kalt und gleichgültig. Als er beim Tischler Bär in Canin einen Sarg für den Leichnam bestellte, sprach Bär ihm gegenüber den Verdacht aus, dass Wiedecke der Mörder sei. Hierauf antwortete Solle: „wer weiß, ob er’s gewesen ist!" Dabei sah er, wie der Zeuge Bär sich ausdrückt, „ganz starr." Bei seiner Verhaftung durch den Gendarm Giesel, erschien er diesem so gleichgültig, dass derselbe sogleich Verdacht gegen ihn schöpfte. Ebenso kalt zeigte er sich auch bei der gerichtlichen Leichensektion, bei welcher er sich vergeblich bemühte, Tränen zu vergießen. Gleichwohl aber konnte er sich in den Obduktions-Terminen eines merklichen Zitterns nicht erwehren. Nach diesem Termine hat der Untersuchungsrichter über das Benehmen des Solle Folgendes zu den Akten registriert: „Solle wurde am 13. April vor der Obduktion zur Leiche seiner Frau geführt. Er zeigte auffallend geringe Bewegung, und auch diese trug das Gepräge von Erzwungenheit. Die Teilnahmslosigkeit des Solle dokumentierte sich auch darin, dass er während der Obduktion längere Zeit in der Tür des Zimmers stand und jene ohne sichtliche Bewegung mit ansah." 3. Gegen den Solle kommt ferner in Betracht, dass die Untersuchung keinen Umstand ergeben hat, aus welchem der Verdacht hergeleitet werden könnte, dass irgendein Anderer als der Solle der Anstifter des Verbrechens gewesen sei. 4. Außerdem muss es auffallend erscheinen, dass, während die nächsten Angehörigen und Bekannten der verehelichten Solle sogleich nach deren Ermordung den Wiedecke der Tat für verdächtig hielten, Solle im Laufe der Voruntersuchung mehrmals erklärt hat: „er habe in Betreff der Person des Täters keine Vermutung und hege namentlich gegen Wiedecke keinen Verdacht." Ebenso gab er bei seiner Vernehmung vor den Geschworenen an: „er wisse auch jetzt noch nicht, was er von der Sache denken, und oder den Wiedecke für verdächtig halten solle," 5. Als das Motiv der Handlungsweise des Angeklagten Solle ist die Habsucht zu betrachten. Die Verstorbene war früher mit dem Mühlenbesitzer Aulich in Canin verheiratet. Diese sehr glückliche Ehe wurde im April 1847 durch den Tod des Mannes getrennt. Die Witwe schloss hierauf im Januar 1848 mir dem Angeklagten Solle ihrem damaligen Gesellen, welcher vier Jahr jünger war, als sie, eine zweite Ehe. Dieselbe war im Allgemeinen nicht glücklich. Die Hauptveranlassung des häuslichen Unfriedens scheint das Verhalten des Solle gewesen zu sein. Dieser führte zwar keineswegs einen geradezu lasterhaften Lebenswandel; indessen war sein Betragen von der Art, dass er sich nach dem Zeugnisse des Pfarrers Heyse zu Bliesendorf bei keinem ehrenwerten Mitgliede der Gemeinde Canin Vertrauen und Achtung erworben hatte. Einer seiner Nachbarn, der Gutsbesitzer Matthes, nennt ihn einen Mann ohne alle Religion, Solle galt für jähzornig, rachsüchtig und schadenfroh, und zeigte sich in der Durchführung selbstsüchtiger Pläne beharrlich. Er war darauf bedacht, sein Vermögen zu vergrößern, dabei aber einer angestrengten Tätigkeit abhold; auch scheute er seiner Sparsamkeit ungeachtet, diejenigen Ausgaben nicht, welche zur Befriedigung seiner eigenen Neigungen dienten. Sein Gewerbe als Müller betrieb er mit Hülfe eines Gesellen, dessen Tätigkeit er beaufsichtigte; er war jedoch vielfach vom Hause abwesend, schweifte oft zwecklos in der Umgegend umher und besuchte häufig die Krüge der benachbarten Dörfer.

Die verehelichte Solle dagegen war eine stille, häusliche und sparsame Frau. Sie tadelte ihren Ehemann oft wegen seiner Vergnügungssucht, und erfuhr ihrerseits von ihm nicht selten Vorwürfe darüber, dass sie bei der Erziehung ihrer beiden Kinder erster Ehe eine seiner Ansicht nach zu große Milde übte. So entstanden zwischen den Eheleuten, namentlich in den ersten Jahren ihrer Ehe, mitunter Zwistigkeiten, und die verehelichte Solle führte ihrem Vater und ihren Brüdern gegenüber mehrfach Klage über schlechte Behandlung, welche sie Seitens ihres Ehemannes zu erleiden habe. Auch äußerte sie wohl, dass es ihr leid sei, den Solle geheiratet zu haben, ES kam zwischen den Eheleuten sogar zu gerichtlichen Scheidungsverhandlungen. In den letzten Zeiten der Ehe ließ die Solle nicht mehr so oft als früher, Klagen über ihren Ehemann laut werden. Auf die Frage, wie es ihr gehe? antwortete sie in der Regel: „es geht ja" auch sagte sie wohl: „jetzt sei sie zufrieden", und erklärte der ihr bekannten unverehelichten Kritzinger gegenüber sogar: „sie habe in den letztverflossenen Jahren mit dem Solle glücklich gelebt." Allein eine Änderung des häuslichen Verhältnisses war in der Tat nicht eingetreten; vielmehr äußerte die verehelichte Solle in einem Gespräche, welches sie mit der verehelichten Müller Heinze, einer Schwester ihres ersten Ehemannes, über ihr eheliches Verhältnis führte, auf den Rath der Heinze, ihre Lage doch ihrem Vater vorzustellen: „sie wolle diesem nicht das Herz schwer machen und ihre Leiden allein tragen." Noch etwa 14 Tage vor ihrem Tode bat die Solle den Lehrer Lauth aus Canin, ihrem Ehemanne von dem Bau einer Kegelbahn, welchen er beabsichtigte, abzuraten, indem sie hinzufügte, dass Solle auf ihn am ersten hören werde. Als Lauth ihr entgegnete, dass ihr Ehemann doch wohl auf sie hören werde, sagte sie: „ach Gott! ich darf ihm gar nichts sagen, dann tut er erst recht was er sich vorgenommen hat, und man wird sich doch nicht immer das alte Fell vollschlagen lassen!" Lauth antwortete ihr: „ihr Ehemann werde doch das nicht tun!" worauf die Solle erwiderte: „ach! Sie sollten es nur wissen, wie ich mich mitunter muss behandeln lassen!" Im Charakter des Angeklagten Solle war der Zug der Habsucht schon früher bei mehreren Gelegenheiten hervorgetreten. Die verehelichte Solle hatte ihrem ersten Ehemanne Aulich 1000 Rthlr. in die Ehe eingebracht. Nach dem Tode desselben erhielt sie von ihrem Vater noch 20« Rthlr. zur Abfindung ihrer Kinder. Bei der Teilung des Aulichschen Nachlasses, bei welcher sie ihr Vermögen einwarf, fielen auf sie 3741 Rthlr. Für diese Summa nahm sie das Aulichsche Grundstück mit der Mühle und einige ausstehende Forderungen an. Schon damals suchte Solle, welcher ein Vermögen von 1200 Rthlrn. besaß, seine Ehefrau dazu zu bestimmen, ihm ihre Mühle und die Wirtschaft zu verschreiben; auf den Rath ihres Vaters ging sie jedoch hierauf nicht ein. Als im Jahre 1848 die Mühle abbrannte, lenkte sich der Verdacht der vorsätzlichen Brandstiftung auf den Angeklagten. Dieser verwendete nach dem Brande die seiner Ehefrau gehörigen Versicherungsgelder im Betrage von 700 Rthlrn. Teils zu Wirtschaftszwecken, Teils zur Bezahlung von Prozesskosten, welche wegen der Mühle entstanden waren, erbaute darauf aus eigen Mitteln eine neue Mühle auf einem von ihm für 25 Rthlr. erkauften Grundstücke und ließ bei Letzterem den Besitztitel für sich eintragen. Ferner kaufte er eine Wiese für 115 Rthlr., bezahlte den Kaufpreis mit dem Gelde seiner Ehefrau und beantragte die Berichtigung des Besitztitels auf seinen Namen. Im Mai 1854 war ihm von der Regierung zu Potsdam der Konsens zur Errichtung einer neuen Bockwindmühle erteilt worden, welche er in Busendorf zu bauen beabsichtigte, um die Konkurrenz zu beseitigen, die ihm durch den Bau einer solchen Mühle von einem Anderen hätte bereitet werden können. Auch hatte er im Anfange des vorigen Jahres mit dem Schulzen Petzer in Busendorf wegen des Ankaufs eines Bauplatzes für 80 Rthlr. Unterhandlungen gepflogen und bereits Bausteine daselbst anfahren lassen. Unter diesen Umständen ist es erklärlich, dass dem Solle der Tod seiner Ehefrau wünschenswert!) erscheinen muste, denn er durfte hoffen, durch die Beerbung der Letzteren, welche ein größeres Vermögen besaß als er, sich zu bereichern. Außerdem mochte er die Absicht hegen, nach ihrem Tode mit deren Schwester, der damals unverehelichten Juliane Willmann, jetzt verehelichten Ackerbürger Lehmann, sich zu verheiraten. Diese hatte er am Ende des Februars v. J. zur Vollziehung des Beischlafs mit ihm verführt. Als sie ihn Anfangs April vorigen Jahres von ihrer Schwangerschaft in Kenntnis setzte, antwortete er ihr, dass er ihr Einen bringen werde, der sie Heiraten solle. III. 1. Diese Auffassung in Betreff des Motivs der Tat bei dem Solle wird ebenso wie die Annahme, dass Wiedecke die verehelichte Solle getötet hat, und dass der Angeklagte Solle der Anstifter des Verbrechens gewesen ist, durch die eidlichen Angaben des früheren Gastwirts Giese unterstützt, welcher im Laufe des vorigen Jahres sich zu Brandenburg wegen Bankrotts in gerichtlicher Untersuchungshaft befunden, und zunächst mit dem Wiedecke, sodann mit dem Solle in einer und derselben Zelle zusammen gesessen hat. Die ersten Mitteilungen machte Wiedecke dem Giese schon in der ersten Nacht nach seiner am 14. April erfolgten Einlieferung in das Gefängnis. Nachdem Giese, um das Vertrauen des Wiedecke zu gewinnen, vorgegeben hatte, gleichfalls eines schweren Verbrechens schuldig zu sein, sagte Wiedecke zu ihm: „er sei nun schon so oft vorgewesen und meist gut davon gekommen, denn sie hätten nie etwas von ihm herausgekriegt, aber diesmal sei ihm bange." Giese antwortete: „er müsse leugnen, weil es sich um den Kopf handle." Hierauf äußerte Wiedecke: „das wolle er wohl, wenn nur sein Sohn August schwiege, der sei gerade der Gutmütigste. Derselbe arbeite im Torfstich zu Ritz, und als erl. der Angeklagte, dort vorüber transportiert worden sei, habe er die Transporteure überredet, ihn zu seinem Sohne gehen zu lassen, um Abschied von ihm zu nehmen und einen Rock zu wechseln" Er sei dann herangegangen und habe dem August nur zugerufen: „Junge, rette deinen Vater, diesmal ist es schlimm, bringe die Gewehre weg!"" Einige Zeit nachher fragte Wiedecke den Giese: „ob er darüber nicht in Verlegenheit kommen könne, dass er vor vier Wochen mehr Geld als sonst, in Talerstücken gehabt habe? Er habe 14 Tage vor Marien 6 Rthlr. Miete bezahlt, während er sonst die Miete immer lange schuldig geblieben sei." Giese erteilte ihm hierauf den Rath, vor Gericht anzugeben, dass er das Geld von seinem Verdienste erspart habe. Auf die Frage des Giese: „ob er öfter mit dem Müller zusammengekommen sei?" erwiderte Wiedecke: „ja! aber ohne dass es die Leute wussten, nur beim Schneider. Dann habe ihn der Schneider mit seinem Sohne einmal abgeholt und er, der Angeklagte, habe Buchsbaum besorgen müssen. Dies sei vor vier Wochen gewesen. Er sei nicht mit hinüber gewesen nach Canin, sondern er sei nach Busendorf gegangen." „Er sei öfter in Canin in der Nähe der Solleschen Wohnung bei der Schwiegermutter seines Sohnes gewesen." Als Giese ihn hierauf fragte: „Dann sei er auch wohl auf dem Solleschen Gehöfte gewesen?" rief er aus: „J! wie werde ich denn das sagen!" Sodann sprach er die Meinung aus, dass auch der Müller und der Schneider verhaftet werden würden, und fuhr fort: „der Schneider wisse ja Alles, was der Müller in seinem Leben getan habe, und der Schneider habe ihn oft hingeholt, wenn der Müller da gewesen sei. Der Müller habe nicht nur unglücklich mit seiner Frau gelebt, sondern auch den Kindern erster Ehe herauszahlen und den Busendorfern eine Mühle bauen sollen. Er sei jetzt sehr in der Klemme und habe seine Frau um die Ecke bringen lassen. Die Geschichte sei gerade um ½ 12 Uhr passiert, vom Hofe aus, und Matthes seien gerannt gekommen. Sie habe höllisch eines gekriegt. Sie sei mit dem Lichte in die Tür getreten und habe zu Bett gehen wollen. Da sei ihr die Lampe aus der Hand gefallen und sie sei zu Boden gestürzt. Die Kinder seien schon zu Bett gewesen." Auf die Frage des Giese: ob er auch fest sei? antwortete Wiedecke: „das könne er, Giese, sich denken, da er das ausgehakten und keine Miene verzogen habe, als man ihn an die Leiche führte. Der Staatsanwalt habe Einen quer durchgeguckt. Von ihm und dem Müller bekämen sie nichts heraus." Als er am 15. April die Verhaftung des Solle erfahren hatte, wurde er ängstlich und bat den Giese anzufragen, ob der Schneider auch schon da sei? woraus Solle antworten ließ, dass dieser nicht verhaftet sei und auch nicht kommen werde. Am 16. April war Wiedecke der Meinung, dass Solle wieder entlassen sei, und äußerte zu Giese: „für ihn selbst müsse es doch schlimm stehen, da er nur ad Generalia vernommen worden sei." Er war an diesem und dem darauf folgenden Tage in sich gekehrt, sprach wenig und ging mit gefalteten Händen in der Zelle auf und ab. In der Nacht vom 16. zum 17. April konnte er nicht schlafen und ließ sich von dem Giese Etwas aus der Bibel vorlesen, darauf äußerte er indes: „das habe ihm der Staatsanwalt auch vorgehalten: es sei aber doch Alles nicht wahr." Er fing sodann aus Verzweiflung zu pfeifen an, wiederholte seinen Vorsatz zu leugnen, und setzte hinzu: „wenn der Müller Etwas sage, werde er es diesem in die Schuhe schieben." Als Giese hierauf bemerkte: „der Müller sei ja in Potsdam gewesen" antwortete Wiedecke: „nun, das ist doch jedenfalls verabredet; er hat dort wollen Zinsen holen." Er erzählte dem Giese ferner: „er habe zwei einfache Gewehre, welche indes in der Hand eines guten Schützen — und er sei der beste in der Gegend — nie ihren Mann verfehlten. Er habe schon am Morgen durch seinen Sohn Karl dafür gesorgt, dass die Gewehre gut untergebracht würden. Zur Sicherheit habe er seinen anderen Sohn noch von Rietz hingeschickt." Besonders am 17. April zeigte Wiedecke sich sehr niedergeschlagen. Er erklärte: dass er sich das Leben nehmen werde, bat den Giese: ihn auf irgendeine Weise zu retten, und gestand demselben unumwunden, dass er die Müllerfrau totgeschossen habe. Er sagte dabei ungefähr Folgendes: „den Kindern kann ich nicht trauen, selbst dem August nicht, den ich noch von Rietz hingeschickt habe, um die Gewehre fortzubringen. Das Gewehr, mit welchem ich die Frau totgeschossen habe, habe ich auf meinem Gehöft am Zaun in eine Grube, die ich mit Brettern ausgeschlagen habe, gleich nach der Tat hineingelegt. Auch die Schuhe, welche meiner Schwiegertochter gehören und die ich auf dem Gange angehabt habe, liegen ebenfalls in dieser Grube." Als Giese ihm hierauf zuredete, doch nur zu gestehen, erklärte er: „das werde er nimmermehr tun, lieber werde er sich das Leben nehmen." Die Frage des Giese: ob Mitschuldige vorhanden seien, verneinte er mit dem Bemerken: „nur sein Sohn Karl wisse darum; übrigens habe er die Frau nicht um ½ 12, sondern um ¼ 11 Uhr des Abends erschossen." Sodann sagte er: „der Müller habe ihm für diese Tat 500 Rthlr. versprochen. Er habe bereits 37 bis 40 Rthlr. in verschiedenen Raten erhalten. Er sei ängstlich wegen eines Zweitalerstücks, das er seinen beiden Söhnen geschenkt habe. Diese hätten sich dafür in Lehnin Zeug zu einer Hose gekauft. Dieses Zweitalerstück habe ihm etwas sonderbar ausgesehen. Solle habe ihm übrigens für den Fall, dass Alles gut von Statten ginge, noch mehr versprochen." „Ihre Zusammenkünfte hätten sie des Nachts im Felde oder in der Heide gehabt. Am Tage vor der Tat habe ihm Solle gesagt: „er reise nun nach Potsdam, und da möge er, Wiedecke, von 10 Uhr Abends ab aufpassen; seine Frau gehe immer um diese Zeit zu Bett."" „Es sei verabredet gewesen, dass Solle dann am Morgen früh zurückkommen und die Spuren, welche vom Solleschen Gehöfte nach Rädel führten, verwischen sollte." „Solle habe ihm gesagt, dass er deshalb seine Ehefrau totgeschossen zu haben wünsche, weil er dann ja Alles von ihr bekäme. Dann würde er sich die Schwester seiner Frau, welche ebenfalls Vermögen habe, heiraten. Dadurch würde er in den Stand kommen, die Busendorfer Mühle zu bauen." Der Angeklagte Solle, welcher sich im Mai und Juni eine Zeit lang mit dem Zeugen Giese in einer und derselben Zelle befand, bat Letzteren Anfangs Mai mehrmals, einen Zettel an Wiedecke zu besorgen, bevor dieser vernommen würde. Er fügte hinzu: „er sei verloren, falls Giese seine Bitte nicht erfülle. Wenn er 15 oder 20 Jahre Zuchthaus bekäme, würde er sich lieber aufhängen. Wenn er früher gewusst hätte, dass es so kommen würde, so Hütte er sich nach seiner Verhaftung lieber totgeschossen." Demnächst beschrieb Solle zwei Zettel. Auf dem einen stellte er dasjenige, was er aussagen wollte, zusammen. Es war im allgemeinen Folgendes: „Wiedecke habe ihm schon vor ungefähr 6 Wochen vor der Tat angeboten, für ihn gegen Bezahlung zu tun, was er wolle, und wenn er selbst einen Menschen totschießen sollte. Er habe jedoch dieses Anerbieten abgelehnt und könne daher nur glauben, dass Wiedecke ohne seinen Auftrag seine Frau totgeschossen habe." Der andere Zettel enthielt nachstehende Worte: „Lieber Wiedecke! Nimm Alles auf Dich allein. Das, was ich versprochen habe, gebe ich an Deine Kinder doppelt." Später vernichtete jedoch Solle beide Zettel, und zwar anscheinend deshalb, weil er ihre Beförderung für gefährlich hielt. Giese bemerkte, dass Solle den einen Zettel in den Mund steckte, zerkaute und aus dem Fenster warf. Sogleich nachdem Giese hiervon dem Gerichte Anzeige gemacht hatte, fand man in der unter dem Fenster der Solleschen Zelle angebrachten Dachrinne in der Tat eine aus zerkautem und noch feuchtem Papier bestehende kleine Kugel, bei deren genauer Untersuchung sich jedoch ergab, dass auf dem Papiere nicht die geringste Spur von einer etwa darauf befindlich gewesenen Bleistiftschrift zurückgeblieben war. Als Giese zu dem Solle sagte: „er möge doch gestehen; Wiedecke habe auch bereits gestanden, namentlich, dass er schon 37 bis 40 Rthlr. von ihm, dem Solle, bekommen habe," entfielen Letzterem die Worte: „was der Schurke hat ja schon viel mehr bekommen!" Auch hat er dem Giese, wie dieser am 7. Mai anzeigte, aufgetragen, sich danach zu erkundigen, ob seine, des Solle, Schwägerin, sich schon verlobt habe. Anfangs Juni bat er den Giese, doch nichts von seinen verdächtigen Äußerungen zu verraten, indem er hinzufügte: „wenn er frei komme, habe er noch so viel Geld, dass er und Giese nach Amerika reisen könnten. Das stehe fest: Wiedecke verrate nichts, und wenn sie ihm den Riem aus dem Leibe schnitten." Außerdem legte er dem Giese gegenüber das Geständnis ab, dass er dem Wiedecke den Auftrag gegeben habe, seine Frau zu erschießen. Sie seien, so erzählte er ferner, um diesen Plan zu verabreden, nicht mehr bei dem Neie zusammengekommen, sondern in der Heide. Solle war übrigens, nach der Angabe des Giese, im Gefängnisse oft so Verzweifelt, dass er Versuche machte, sich mittelst eines Halstuches zu erhängen; er hatte jedoch nicht den Muth, sein Vorhaben auszuführen. Beide Angeklagte haben die Angaben des Zeugen Giese bestritten und die Glaubwürdigkeit desselben anzufechten sich bemüht. Ihre Angriffe erscheinen jedoch sämtlich verfehlt. „Zunächst hat Wiedecke behauptet: „es sei unwahr, dass er dem Giese gegenüber am 17. April v. J. irgend ein Geständnis abgelegt habe. Giese sei an dem gedachten Tage in einem gerichtlichen Termin mit dem Justizrate Kuhlmeyer zu Brandenburg zusammen gewesen, und dieser habe ihm über die Auffindung der Gewehre und der Schuhe Mitteilungen gemacht." Der Kuhlmeyer hat aber bekundet: „er habe einige Tage nach der Ermordung der verehelichten Solle den .Giese in einem Vorzimmer des Gerichtshauses anwesend gefunden und gehört, dass derselbe so eben Mitteilungen des Wiedecke über das vorliegende Verbrechen zu Protokoll erklärt hatte. Er habe sich von dem Giese diese Mitteilungen auch erzählen lassen und glaube, dass darin von der Auffindung des Gewehrs und der Schuhe die Rede gewesen sei." „Daran, ob er seinerseits dem Giese Mitteilung über die Tat gemacht habe, könne er sich mit Bestimmtheit nicht erinnern; er glaube jedoch nicht, gewusst zu haben, wo das später aufgefundene Gewehr verborgen war, ehe er von der wirklich stattgehabten Auffindung desselben gehört hatte." Auch die fernere, vom Verteidiger des Wiedecke aufgestellte, von dem Giese aber bestrittene Behauptung: „dass Letzterer mehrmals Branntwein erhalten habe, um dadurch die beiden Angeklagten redselig zu machen," ist unerwiesen geblieben, denn der über diesen Punkt zum Zeugen vorgeschlagene Gerichtsbote Godan hat nur bekundet: „Auf Anweisung des Referendarius Hammer — welcher die Voruntersuchung vom 13. bis 17. April v. J. führte — habe er dem Giese unten ein Gläschen Branntwein geben müssen. Auch habe er dem Giese wohl drei bis vier Mal ein Fläschchen Branntwein in die Zelle mitgegeben." Hiernach steht nicht fest, dass Giese den von ihm in das Gefängnis mitgenommenen Branntwein zu dem Zwecke erhalten hat, um die Angeklagten dadurch zu Geständnissen zu bewegen. Ferner aber ist es unwahrscheinlich, dass er jenen Branntwein zu dem angedeuteten Zwecke wirklich verwendet hat; denn wäre solches der Fall gewesen, so hätten zweifelsohne die Angeschuldigten diesen Umstand zu ihrer Verteidigung geltend gemacht. Übrigens hat der Zeuge Giese der Aussage des Godan gegenüber erklärt: „er habe Branntwein nie auf Anweisung des Referendarius Hammer, wohl aber von dem stets betrunkenen Godan erhalten, welcher allen Gefangenen, die Geld haben, etwas bringe." Der Verteidiger des Wiedecke hat weiter angeführt: „es habe sich das Gerücht verbreitet, dass Giese vom Magistrate zu Brandenburg ein monatliches Gehalt erhalten habe, um in Brandenburg bis zur Beendigung der vorliegenden Untersuchungssache zu bleiben und in Letzterer ein Zeugnis abzulegen," Der Zeuge Giese hat indessen auf Befragen erklärt, dass dieses Gerücht unbegründet sei, und der Verteidiger des Wiedecke hat zur Unterstützung seiner Anführung Beweismittel nicht angegeben. Endlich ist der Wiedecke selbst am Schlusse der Beweisaufnahme bei der mündlichen Verhandlung der Sache mit der Behauptung hervorgetreten: „er habe dem Giese nur dasjenige erzählt, was er von der verehelichten Gutsbesitzer Matthes habe erzählen hören." Die hierüber vernommene Zeugin Matthes hat ausgesagt: „sie habe allerdings, als Wiedecke in ihrer Stube verhaftet wurde, den Tatbestand, wie er in der Rächt vom lt. zum 12. April vorgesunden worden war, erzählt." Es lässt sich jedoch nicht annehmen, dass Wiedecke sich darauf beschränkt haben sollte, dem Giese die ihm durch die Mitteilungen der verehelichten Matthes bekannt gewordenen Umstände wiederzuerzählen, denn das von dem Giese bekundete Geständnis des Wiedecke enthält viele, durch die spätere Beweisaufnahme bestätigte Tatsachen, deren Erfindung dem Giese nicht möglich gewesen wäre, wenn derselbe von dem Wiedecke nur den Tatbestand, wie solcher in der Nacht der Ermordung der Solle vorgefunden worden war, erfahren hätte. . Andererseits hat der Angeklagte Solle behauptet: „der Zeuge Giese sei unglaubwürdig, weil derselbe ihn mehrmals um ein Darlehn von 50 Rthlrn. gebeten, und als er, Solle, ihm dieses verweigert, erklärt habe: „er werde zu seinem, des Solle, Nachteile aussagen, ihm werde geglaubt, er habe geschworen." Diese Anführung des Solle ist unerwiesen. Überdies aber spricht gegen die Annahme: als habe Giese gegen den Solle aus Rache wegen der Verweigerung eines nachgesuchten Darlehens falsches Zeugnis abgelegt, der Umstand, dass Giese, noch bevor er mit dem Solle in eine und dieselbe Zelle gebracht wurde, die ihm vom Angeklagten Wiedecke gemachten Mitteilungen, in welchen wichtige Momente zur Belastung des Solle enthalten sind, vor Gericht deponiert hat.

Ferner hat Solle unter Berufung auf das Zeugnis des Strafgefangenen Rabe in Spandow, welcher mit dem Giese zusammen in einer und derselben Zelle des Kreisgerichts-Gefängnisses zu Brandenburg eine Zeit lang detinirt gewesen ist, behauptet: „Giese habe zu dem Rabe gesagt: „es tue ihm leid, dass er solche Lügen gegen ihn, den Solle, vorgebracht habe."" Der Strafgefangene Rabe hat denn auch bekundet: „Giese habe ihm von dem Solle erzählt und ihm gesagt: dass er dem Kreisrichter recht den Hals voll gelogen habe." Allein diese Aussage des Rabe verdient keinen Glauben, weil derselbe unter der Herrschaft des Strafgesetzbuches zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden ist und hierdurch die bürgerliche Ehre verloren hat. Aus diesem Grunde ist auch seine Vereidigung unterblieben. Endlich ist darauf hinzuweisen, dass der Angeklagte Solle bei der mündlichen Verhandlung der Sache insbesondere die Angaben des Giese in Betreff der von ihm, dem Solle, beschriebenen beiden Zettel bestritten und nur eingeräumt hat: „er habe nur einen Zettel in der Gegenwart des Giese geschrieben, denselben aber sodann in dm Mund genommen und aus dem Fenster geworfen. Der Inhalt dieses Zettels sei eine an den Handelsmann Ahlert gerichtete Bitte um Lebensmittel gewesen." Diese letztere Behauptung des Solle ist jedoch offenbar eine leere Ausflucht, denn der Angeklagte hat in der Voruntersuchung ausdrücklich erklärt: „er wisse nicht, was er auf den Zettel geschrieben gehabt habe." Hierzu kommt, dass die Depositionen des Zeugen Giese, und namentlich der Inhalt der von demselben mitgeteilten Geständnisses beider Angeklagten, im Wesentlichen mit den sonstigen Ermittelungen im Einklänge stehen. In dieser Beziehung ist auf die vorangegangene Darstellung des Sachverhältnisses Bezug zu nehmen, und hier nur noch hervorzuheben, dass die von dem Giese bekundeten Angaben des Wiedecke über die Seitens des Letzteren kurz vor der Zeit der Tat erfolgte Verausgabung von 6 Rthlrn. Miete und einem Zweitalerstück an seine Söhne durch die Beweisaufnahme bestätigt worden sind. Überdies ist der Giese von der Anschuldigung des Bankerutts, deswegen er sich zu Brandenburg in Untersuchungshaft befand, rechtskräftig freigesprochen worden, und e kann an seiner Glaubwürdigkeit um so weniger gezweifelt werden, als der Rentmeister Lentzer, wie dieser bekundet, von dem Verstecke, in welchem er nm Morgen des 17. April unsern der Wohnung des Wiedecke in dessen Garten das mehr erwähnte Gewehr nebst den Schuhen auffand, erst durch Miteilungen, die ihm von dem Giese am Tage vorher gemacht worden waren, Kenntnis erlangt hat. 2. Auf das Schuldbewusstsein beider Angeklagten deutet der Umstand hin, dass sie nach ihrer Verurteilung zum Tode im Januar 1856, die Absicht, sich zu entleiben, zu erkennen gcgebrn und Vorbereitungen zur Ausführung dieses Entschlusses getroffen haben. Auch sind um dieselbe Zeit bei dem Solle mehrere von demselben an seinen Gesellen Kalmbach gerichtete Briefe in Beschlag genommen worden, in welchen er diesen bittet, ihm einige Werkzeuge zum Zwecke eines gewaltsamen Ausbruchs aus der Haft und einen falschen Pass für eine Reise nach Amerika zu verschaffen. 3. Bemerkenswert ist es ferner, dass beide Angeklagte nach ihrer Verurteilung gegenseitige Beschuldigungen vorgebracht haben. Solle nämlich erklärt in einem von ihm eingelegten Immediatgesuche vom 16. Februar 1856, in welchem er seine eigene Unschuld beteuert und den Belastungszeugen Giese als übelberüchtigt und unglaubwürdig darzustellen versucht: „er habe während der schwurgerichtlichen Verhandlungen die Überzeugung gewonnen, dass seine Ehefrau von dem Wiedecke ermordet worden sei. Er halte es auch nicht für unwahrscheinlich, dass der Schneidermeister Neie sich an der Vorbereitung oder Ausführung dieses Mordes beteiligt habe. Neie und Wiedecke seien beide sehr arm. Neie habe aber auch gewusst, dass in seinem, des Solle, Hause stets Geld vorhanden und dass er nach Potsdam verreist war." „Es sei möglich, dass beide einen Diebstahl bei ihm beabsichtigt haben, bei der Ausführung desselben aber durch das unvorhergesehene Erwachen der Zeugin Müller gestört worden sind." Diese Angaben des Solle stehen in soweit, als sie Verdächtigungen des Schneidermeisters Neie und die Ansicht enthalten: dass von Letzterem und dem Wiedecke die Verübung eines Diebstahls bei dem Solle beabsichtigt worden sei, mit den bisher dargestellten Ergebnissen der Beweisaufnahme im Widerspruch. Indessen dürste auf die Erklärung des Solle: dass er während der schwurgerichtlichen Verhandlungen die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten Wiedecke gewonnen habe, ein besonderes Gewicht zu legen sein, da er, wie oben bemerkt, im Laufe der Untersuchung angeblich durchaus keinen Verdacht gegen den Wiedecke gehegt und noch bei feiner Vernehmung vor den Geschworenen angegeben hat: „er wisse nicht, ob er den Wiedecke für verdächtig halten solle." Andererseits hat Wiedecke am zweiten Tage nach seiner Verurteilung, am 28. November 1855 Folgendes zu gerichtlichem Protokoll erklärt: „Ungefähr 8 Tage vor dem Tode meiner Frau im Monat Februar, kam ich das erste mal mit dem Müller Solle bei mir in Rädel zusammen. Solle kam in Begleitung des Neie, und hatte mir der Letztere gesagt: Solle wolle einen Jagdgehilfen haben, es würde gut bezahlt. Ich ging nach einigem Weigern darauf ein, Solle zur Jagd behilflich zu sein, und bestellte mich derselbe auf einen Sonnabend — es war der vor dem Begräbnis meiner Frau, also der 24. Februar — nach der Caniner Forst. Ich ging an die bestimmte Stelle und traf Solle; derselbe sagte mir: „„ich solle etwas Böses tun; ich könnte es recht gut tun, denn ich sollte soviel dafür haben, dass ich zeitlebens genug hätte."" „Er sagte mir jedoch nicht, was er meinte, ermahnte mich jedoch zu schweigen, und gab mir einen harten Taler. Er bestellte mich auf über 8 Tage wieder an dieselbe Stelle. Ich ging an dem bestimmten Tage wieder hin und war der Erste auf der Stelle; bald kam auch Solle mit seinem Doppelgewehr und wir gingen etwas in der Forst umher, jedoch nur zum Schein. Bald kamen wir wieder auf unser neuliches Gespräch. Solle sagte mir wieder: „ich sollte etwas Böses tun, ich sollte aber schweigen, er wolle mir 2 Rthlr. geben."" „Er gab mir diese auch, und als ich ihn nun fragte, was er wolle? sagte er mir: „ich solle seine Frau erschießen.“ Ich erwiderte ihm: „Das wäre ein schweres Dasein, selbst eine Frau zu erschießen, und weigerte mich. Solle machte aber verschiedene Vorschläge, wie es auszuführen wäre; er sagte: „er würde verreisen; der Schneider wüsste auch darum, denn er hätte denselben gebeten, ihm einen verschwiegenen Mann zu »er' schaffen." „Auf meine wiederholte Weigerung sagte Solle: „ich sollte mich besinnen.“ „Er bestellte mich nun wieder zum Schneider Neie, dort würden wir uns wohl treffen; ich sollte überhaupt nur öfter dorthin gehen; wir würden uns vielleicht bei demselben treffen. Ich ging von nun an bei jeder Gelegenheit zu dem Schneider Neie und traf den Müller Solle auch zuweilen dort; wir sprachen aber nie von der auszuführenden Tat." „Eines Abends nach dem Tode meiner Frau — es war der Abend, an dem ich dem Schneider Neie den mir geborgten Rock zurückbrachte und ihn eine Stunde erwartete — kam Neie und Solle von Lehnin zurück in die Neiesche Wohnung. Als Solle fort ging, stieß mich Neie an, ihm nachzufolgen. Ich Tat dies, wir gingen schweigend nebeneinander her und Solle gab mir hierbei 18 Rthlr, worunter drei Zweitalerstücke waren. Eine weitere Zusammenkunft und überhaupt etwas Weiteres wurde bei dieser Gelegenheit nicht verabredet; ich hatte aber Solle noch nicht erklärt, dass ich auf seine Anschläge eingehen wollte." „Einige Zeit später traf ich den Neie, als ich ihn suchte, auf dem Felde. Bald kam auch Solle dazu, und verabredeten Solle und Neie, nach Lehnin zu gehen. Da Neie keine Stiefeln hatte und nach dem Dorfe zurückging, um sich Stiefeln anzuziehen, blieb ich mit Solle allein, und sagte mir derselbe wiederum, „ich sollte seine Frau erschießen."" „Der Schneider Neie, den ich schon vorher darüber gesprochen hatte, hatte mir auch zugeredet und gesagt: „wenn ich es nicht tun wolle, würde er es selbst tun."" „Was ich so eben angeführt habe, muss ich folgendermaßen verbessern. Einige Zeit vor Ostern kam ich von Rädel und traf den Neie auf dem Felde bei Steinen beschäftigt; wir blieben allein, ich und Solle, als Neie fort ging, sich Stiefeln anzuziehen, ob wir aber bei dieser Gelegenheit über die Tat gesprochen haben, weiß ich nicht. Als Neie zurückkam, gingen wir zusammen bis Schwiena; ich ging dann nach Rädel und die beiden Andern nach Lehnin." „Die nächste Zusammenkunft hatten wir am dritten Osterfeiertage, ich muss auch jetzt, wie ich früher gesagt habe, dabei bleiben, dass ich in der Nacht vom Montag zum Dienstag — vom 9. zum 10. April v. I. — zu Hause gewesen bin. Früh um 4 Uhr ging ich von Hause fort nach Busendorf, da jedoch beim Schneider noch Alles zu war, ging ich in die Nähe des Backofens und schnitt mir dort einen Stock. Von hier ging ich nach Canin zur Tabbert und schlief dort bis gegen 10 Uhr. Dann ging ich wieder zu Neie und traf mit demselben weitere Verabredungen. Derselbe redete mir wieder zu, wir wollten es zusammen thun, Solle würde am andern Tage nach Potsdam reisen und dann wollten wir uns am Abend, wenn uns der Müller vorher noch bestimmte Nachricht gegeben hätte, bei dem Hause vor dem Dorfe treffen; wenn aber der Müller nicht verreisen sollte, sollte es am andern Abend geschehen. Später kam auch Solle, derselbe gab mir zunächst noch den Auftrag, für ihn Buchsbaum bei der Witwe Mehles zu besorgen, auch führten wir noch andere gleichgültige Gespräche, namentlich über den Busendorfer Mühlenbau. Neie sagte nun zu Solle: „sein Bruder führe am andern Tage nach Potsdam, da könne er mitfahren,“ und Solle sagte dies auch zu. Dann gingen wir drei fort, und kamen wieder an das Feld des Neie. Hier blieb ich mit Solle nun wieder etwa 10 Minuten allein und sagte mir derselbe nun: „es wäre doch nun richtig, er führe nach Potsdam und hätte mit dem Schneider schon gesprochen, wir sollten es Beide zusammen tun. „Er versprach mir bei dieser Gelegenheit auch 100 Rthlr. und ich sagte ihm dann, ich wäre bereit. Wir gingen dann wieder alle Drei bis vor Schwiena und trennten uns dort." „Am Abend des 11. April, nachdem ich Abendbrot gegessen hatte, und ich, sowie auch meine Familie, zu Bett gegangen war, stand ich im Finstern wieder auf, kleidete mich an und holte aus dem schon seit längeren Jahren in meinem Garten befindlichen, mit Holz ausgesetzten Loche meine Flinte. Ich ging in Stiefeln fort, nahm mir jedoch ein Paar Frauenschuhe, die in dem bei mir befindlichen Vorrate alter Pantinen lagen, mit. Im Garten lud ich noch zuvor das Gewehr mit Rehposten und einer gewöhnlichen Pulverladung. Die Zahl der Rehposten, welche ich hinein Tat, weiß ich nicht, sie war aber bedeutend größer, als man sonst zu einer Ladung nimmt. Darauf ging ich nach Busendorf und traf dort vor dem Hause des Tagelöhners Behrend den Schneidermeister Neie, der mir sagte, dass Solle verreist wäre und ich seine Frau erschießen solle. Ich sagte aber: „ich könnte es doch nicht tun, er solle es lieber selbst tun.“ „Neie zog sich seine Stiefeln aus, zog die von mir mitgebrachten Schuhe an, und ging dann fort nach den Fichten zu. Bald, ungefähr nach einer Viertelstunde, kam er wieder und sagte: „Getroffen werde ich sie wohl haben.“ „Neie zog dann seine Stiefeln wieder an, ich nahm die Schuhe wieder und ging in Strümpfen bis an die Fichten bei Busendorf, hier zog ich die Schuhe wieder an und ging bis an die Kusseln, welche zwischen den Fichten und Rädel liegen. Hier lagen nämlich meine Stiefeln, die ich schon auf dem Hinwege ausgezogen hatte. Die Stiefeln zog ich wieder an und ging nach Hause. Das Gewehr hatte mir Neie gleich wiedergegeben. Ich kam zu Hause etwa zwischen 1 und 2 Uhr an, Tat das Gewehr und die Schuhe in das Loch, welches ich mit Reisern verdeckte, und legte mich demnächst zu Bett." „Dies ist, wie ich hiermit versichere, meine ganze Beteiligung bei der Tat." „Als die Beweggründe zur Tat hat mir Solle gesagt, dass er mit seiner Frau unglücklich lebte und ihr Geld haben wollte. Dass er seine Schwägerin Heiraten wolle und mit ihr ein Verhältnis gehabt habe, hat mir Solle, soviel ich weiß, nicht gesagt." „Solle hat mir auch nicht mehr, als die von mir angegebenen 21 Rthlr. gegeben." „Einen Schuss habe ich, als Neie zur Vorbringung der Tat fortgegangen war, nicht gehört." Aus dieser nachträglichen Auslassung des Angeklagten Wiedecke ergibt sich unzweifelhaft, wie sehr derselbe das Gewicht der in der Hauptverhandlung vor dm Geschworenen gegen ihn erhobenen Beweise gefühlt hat; die Angabe des Zeugen Giese werden dadurch in sehr wesentlichen Punkten bestätigt; der Angeklagte Wiedecke hat ferner nicht nur den Mitangeklagten Solle direkt bezüchtigt, dass derselbe durch Geschenke und Versprechungen ihn zu dem Verbrechen angereizt habe, sondern er hat auch seine eigene Teilnahme an dem Verbrechen in so fern eingeräumt, als er zugestanden hat, sich zu dessen Ausführung bereit erklärt und sogar die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen, namentlich sein Gewehr zu dem Ende mit Rehposten geladen zu haben. Als den eigentlichen Urheber der Tat hat er schließlich zwar den Schneidermeister Neie bezeichnet, jedoch dafür Beweismittel nicht anzuführen vermocht. Auch stehen die von ihm gegen Neie vorgebrachten Bezüchtigungen mit den durch die Untersuchung ermittelten Umstünden und namentlich mit seinem, dem Zeugen Giese abgelegten außergerichtlichen Geständnisse im Widerspruch; sie scheinen lediglich aus einem Rachegefühl des Angeklagten gegen den Neie, durch dessen Aussage seine Verurteilung mit herbeigeführt worden ist, hervorgegangen zu sein Wiedecke hatte schon bei der mündlichen Verhandlung der Sache die unerwiesen« Behauptung aufgestellt, dass Neie eine heimliche Rache gegen ihn hege und deshalb zu seinem, des Wiedecke, Nachteile wahrheitswidrige Angaben gemacht habe. Unter solchen Umständen hat die Staatsanwaltschaft keine Veranlassung gefunden, mit Bezug auf die in Rede stehenden Anschuldigungen weitere Nachforschungen anzustellen. Nachdem des Königs Majestät durch den betreffenden Erlass erklärt hatten, dass der Gerechtigkeit freier Lauf zu lassen sei, sind beide Angeklagte am 12. September 1856 hingerichtet worden.