Grundherrschaft: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Verwaltung in wirtschaftlicher, sozialer und rechtliche Sicht, des bis ins 19. Jahrhundert üblichen Großgrundbesitzes und der Grundherrschaft, meist mit Streubesitz, erfolgte durch den Grundherrn oder seinen Verwalter (Meier) von einem oder mehreren Fronhöfen (Verwaltungsmittelpunkten) aus. Nur ein geringer Teil des Grundbesitzes wurde zur Eigenwirtschaft ([[Salland]]) genutzt; der größere Teil der Ländereien war an abhängige Bauern (Eigenbehörigkeit) zu einer eigentumsähnlichen Nutzung (Landleihe, Erbpacht) vergeben, die dafür Abgaben und Frondienste zu leisten hatten. Dem Grundherrn stand als Allodialbesitzer die Hofgerichtsbarkeit zu, bei Lehnbesitz konnte er auch damit belehnt sein. | Die Verwaltung in wirtschaftlicher, sozialer und rechtliche Sicht, des bis ins 19. Jahrhundert üblichen Großgrundbesitzes und der Grundherrschaft, meist mit Streubesitz, erfolgte durch den Grundherrn oder seinen Verwalter (Meier) von einem oder mehreren Fronhöfen (Verwaltungsmittelpunkten) aus. Nur ein geringer Teil des Grundbesitzes wurde zur Eigenwirtschaft ([[Salland]]) genutzt; der größere Teil der Ländereien war an abhängige Bauern (Eigenbehörigkeit) zu einer eigentumsähnlichen Nutzung (Landleihe, Erbpacht) vergeben, die dafür Abgaben und Frondienste zu leisten hatten. Dem Grundherrn stand als Allodialbesitzer die Hofgerichtsbarkeit zu, bei Lehnbesitz konnte er auch damit belehnt sein. | ||
Im Spätmittelalter bildete sich die „jüngere Grundherrschaft" heraus, die nur noch die Herrschaft über Grund und Boden umfasste. Gleichzeitig wurden mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft die Grundlasten in Form von Naturalabgaben und Frondiensten mehr und mehr in Geldabgaben umgewandelt. Die Grundherrschaft wurde nun zu einer primär wirtschaftlichen Organisationsform, während Gerichtsbarkeit, Vogtei und ähnliche Herrschaftsrechte von der Grundherrschaft getrennt wurden. | Im Spätmittelalter bildete sich die „jüngere Grundherrschaft" heraus, die nur noch die Herrschaft über Grund und Boden umfasste. Gleichzeitig wurden mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft die Grundlasten in Form von Naturalabgaben und Frondiensten mehr und mehr in Geldabgaben umgewandelt. Die Grundherrschaft wurde nun zu einer primär wirtschaftlichen Organisationsform, während Gerichtsbarkeit, Vogtei und ähnliche Herrschaftsrechte von der Grundherrschaft getrennt wurden. | ||
====Abgabenerfassung der Pachtländereien==== | |||
Die Auflistung der Abgabepflichtigen mit der Auflistung der jeweiligen Verpflichtungen an den zeitlichen Grundherren erfolgte in einem [[Urbar (Verzeichnis)|Urbar]] oder regionalauch [[Lagerbuch]] = [[Rechenbuch]] = [[Heberegister]]. Diese Lager- oder Rechenbücher waren bis in das auslaufende Spätmittelalter zurückreichende Heberegister über den Besitz von Immobilien, mit den davon zu erwartenden Einnahmen und den darauf liegenden Belastungen einer Grundherrschaft, gleichgültig ob es sich dabei um deren Lehn- oder Allodialbesitz handelte. | |||
==Bauernstände== | ==Bauernstände== |
Version vom 26. Januar 2011, 04:58 Uhr
Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes. Kurzgefasste Informationen mit Grundlagen für notwendige Einblicke finden sich u.a. im Deutschen Städtebuch ...
Wirtschaft ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Wirtschaft (Begriffserklärung). |
Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Wirtschaft > Grundherrschaft
Einleitung
Entstehung
Als Ursachen der Entstehung mittelalterlichen Großgrundbesitzes lassen sich finden:
- Aneignung größerer Anteile von Markenländereien durch die „Principes“ (geistliche und weltliche „Erste“.) bei der Sesshaftwerdung oder Besiedlung.
- Okkupation durch den Kaiser und die Könige und Weitervergabe dieses Kron- oder Staatslandes, und zwar sowohl des gesamten ausgedehnten Großgrundbesitzes in den fränkischen Gebieten als auch des Markenlandes in den alten Volkssiedlungsgebieten.
- die sehr verbreitete Eigengabe gemeinfreier Grundbesitzer an kirchliche und weltliche Größen.
- die fortschreitende Aussonderung aus Marken- und Almendeländereien.
- der in den Volksgesetzen früh erleichterte Landerwerb durch Pfandbesitz und Kauf
- unberechtigte, irrige und gewaltsame Besitzergreigung, welche unangefochten blieb und durch Besitzverjährung (Urkundsfälschungen in Klöstern) Eigentum wurde.
Umfang
Der Umfang des einzelnen grundherrlichen Besitzes und somit des arbeitslosen Einkommens, welches der Grundherr bezog, unterschied sich stark. Vom kleinen Kriegsmann, der über den Ertrag von zwei oder drei Hufen verfügte, gab es alle Abstufungen des Reichtums bis zu weltlichen und geistlichen Magnaten. Eine große Anzahl von Grundherren verfügte über Einkommen, die weit über den traditionellen Bedarf einer gut situierten Familie hinausging.
Verwaltung
Die Verwaltung in wirtschaftlicher, sozialer und rechtliche Sicht, des bis ins 19. Jahrhundert üblichen Großgrundbesitzes und der Grundherrschaft, meist mit Streubesitz, erfolgte durch den Grundherrn oder seinen Verwalter (Meier) von einem oder mehreren Fronhöfen (Verwaltungsmittelpunkten) aus. Nur ein geringer Teil des Grundbesitzes wurde zur Eigenwirtschaft (Salland) genutzt; der größere Teil der Ländereien war an abhängige Bauern (Eigenbehörigkeit) zu einer eigentumsähnlichen Nutzung (Landleihe, Erbpacht) vergeben, die dafür Abgaben und Frondienste zu leisten hatten. Dem Grundherrn stand als Allodialbesitzer die Hofgerichtsbarkeit zu, bei Lehnbesitz konnte er auch damit belehnt sein.
Im Spätmittelalter bildete sich die „jüngere Grundherrschaft" heraus, die nur noch die Herrschaft über Grund und Boden umfasste. Gleichzeitig wurden mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft die Grundlasten in Form von Naturalabgaben und Frondiensten mehr und mehr in Geldabgaben umgewandelt. Die Grundherrschaft wurde nun zu einer primär wirtschaftlichen Organisationsform, während Gerichtsbarkeit, Vogtei und ähnliche Herrschaftsrechte von der Grundherrschaft getrennt wurden.
Abgabenerfassung der Pachtländereien
Die Auflistung der Abgabepflichtigen mit der Auflistung der jeweiligen Verpflichtungen an den zeitlichen Grundherren erfolgte in einem Urbar oder regionalauch Lagerbuch = Rechenbuch = Heberegister. Diese Lager- oder Rechenbücher waren bis in das auslaufende Spätmittelalter zurückreichende Heberegister über den Besitz von Immobilien, mit den davon zu erwartenden Einnahmen und den darauf liegenden Belastungen einer Grundherrschaft, gleichgültig ob es sich dabei um deren Lehn- oder Allodialbesitz handelte.
Bauernstände
Rechtsstrukturen
- Eigentumsrechte des Bauern am Grund und Boden: ob er im eigenen Eigentum oder Besitz war oder ob er im Eigentum oder Besitz eines Grundherrn war.
- Rechtstitel, die den Bauern zu Abgaben oder Dienstleistungen verpflichteten.
- persönliche Rechtsstellung des einzelnen Bauern.
Der freie Bauer
- muß Kriegsdienst leisten (eigene Rüstung, Pferd, Kost u. Knecht)
- muß Familie und Hof selber schützen
- kann über seine Zeit selber verfügen
- kann über seine Erzeugnisse selber verfügen
- kann seinen Hof verlassen, unter Söhnen aufteilen usw.
- kann ohne Erlaubniss heiraten
Der eigenhörige Bauer
- muß seinen Erbbesitz instand und "Esse" (im Wesen) halten
- ist vom Kriegsdienst (Schilddienst) befreit
- steht unter dem "Schutz und Schirm" des Grundherren
- muß für den Frondienste leisten
- muß einen Teil seiner Erzeugnisse abgeben
- darf seinen Hof nicht verlassen, nicht erbteilen, nicht verschulden, usw.
- braucht zur Heirat die Erlaubniss des Grundherren
Lasten der Grundherrschaft bei Eigenbehörigkeit
- Jährliche Abgaben (z.B. zu Matini):
- Feldzehnt (Getreide,Wein Garten und Baumfrüchte)
- Blutzehnt (Haustiere und tierische Erzeugnisse : Eier, Milch, Butter, Honig, Wachs, Felle, Wolle)
- Grundzins (Schild- und Pachtgeld, Abgabe nach der Größe der hörigen Landes)
- Besondere Abgaben (Rauchhühner, Kibitzeier…..)
- Zeitlich Abgaben:
- Frei- und Wechselbriefe
- Versterb- und Gewinngeld
- Frondienste :
- Spann- oder Leibdienste (z.B. wöchentlich, auf Gebot)
- Wachdienste (nächtlich, auf der Burganlage, wöchentlich)
Literatur
Bibliografische Angaben
- Werner Wittich: Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland, Leipzig: Duncker & Humblot, 1896. Haupttext 461 Seiten, Anlagen 143 Seiten. (Bearbeitet nach dem Handexemplar des Verfassers.)