Matriken: Unterschied zwischen den Versionen

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== Matriken==
#REDIRECT [[Matrikel]]
 
 
===Kirchenbücher, Matriken===
 
Kirchenbücher, in dem überwiegend katholischen Österreich (mit Böhmen und Mähren) auch Matriken (matricula) benannt, dienten zu Eintragungen der durch den Pfarrer vorgenommenen kirchlichen Handlungen, das waren hauptsächlich Taufen, Trauungen und Beerdigungen.
 
So sprechen wir von:
 
- Geburts- oder Taufbuch bzw. -Matrik
 
- Heirats- oder Traubuch bzw. -Matrik
 
- Sterbe-Buch bzw. -Matrik, Beerdigungen
 
Die Einführung von katholischen Tauf- und Ehebüchern wurde durch das Konzil zu Trient (1545-1563) im Jahr 1563 beschloßen, die Führung von Sterberegistern erst 1614.
 
Nachfolgend der im Jahr 1825 ins Deutsche übertragene Wortlaut aus der 24. Sitzung des Tridentinischen Konzils vom 11.11.1563:
 
2. Kapitel von der Verbesserung der Ehe.
 
Zwischen was für Personen eine geistliche Verwandtschaft eingegangen werde.
 
Die Erfahrung lehret, daß wegen der Menge von Verbothen oft und viel die Ehen aus Unwissenheit in verbothenen Fällen eingegangen werden; wo dann entweder nicht ohne große Sünde in denselbigen verblieben, oder die nicht ohne großes Aergerniß getrennt werden können.
 
Indem daher der heilige Kirchenrath gegen diese Angelegenheit vorsorgen will, und den Anfang mit dem Hindernisse der geistlichen Verwandtschaft machet; so verordnet er, daß nur Einer, sey es Mann oder Weib, nach den Bestimmungen der heiligen Canones oder höchstens nur Einer und Eine den Täufling aus der Taufe heben soll, und daß zwischen diesen und dem Getauften selbst und dessen Vater und Mutter, so wie auch zwischen dem Getauften und Taufenden, und des Getauften Vater und Mutter nur eine geistliche Verwandtschaft eingegangen werde.
 
Der Pfarrer erforsche also, ehevor er sich zur Ertheilung der Taufe begiebt, fleißig bei Denen, die es betrifft, welchen oder welche sie dazu erwählt haben, um den Täufling aus der heiligen Quelle zu heben, und lasse nur diesen oder diese zu dessen Aushebung zu, und schreibe ihre Namen in ein Buch, und unterweise sie, was für eine Verwandtschaft sie eingegangen seyen, damit sie sich nicht irgend mit der Unwissenheit entschuldigen können. Wofern auch noch Andere,
nebst den Bezeichneten, den Täufling berühren; so gehen sie auf keine Weise eine geistliche Verwandtschaft ein; ohne daß
Verordnungen, welche das Gegentheil sprechen dagegen seyn können.
 
Wenn es aus Verschuldung oder Vernachläßigung des Pfarrers anders geschieht; so soll dieser nach dem Gutachten des
Ordinarius zur Strafe gezogen werden.
 
Auch jene Verwandtschaft, welche durch die Firmung eingegangen wird, soll sich nicht weiter, als auf den Firmenden, und Gefirmten und dessen Vater und Mutter, und den ihn Haltenden erstrecken, und alle Hindernisse dieser geistlichen Verwandtschaft zwischen andern Personen gänzlich beseitigt seyn.
 
TRAUMATRIKEL
 
Auch diese wurden am 11.11.1563 auf der 24. Sitzung des Tridentinischen Konzils zur Pflicht gemacht und zwar mit folgendem, wiederum 1825 ins Deutsche übertragenem Wortlaut:
 
1. Kapitel von der Verbesserung der Ehe.
 
[...] Der Pfarrer aber halte sich ein Buch, in das er die Namen der Ehegatten und der Zeugen, und den Tag und den Ort der eingegangenen Ehe einschreiben und das er sorgfältig bey sich aufbewahren soll. [...] Damit aber diese so heilsamen Gebothe Niemanden unbekannt bleiben; so befiehlt er allen Ordinarien, sobald sie können, dafür zu sorgen, daß dieser Beschluß dem Volke in jeglichen Pfarrkirchen ihrer Diocesen bekannt gemacht, und erklärt werde, und daß dies im ersten Jahre recht öfters geschehe, nachher aber so oft, als sie es für ersprießlich anschauen. Ueberdies beschließt er, daß eben dieser Beschluß in jeglicher Pfarrey nach dreyßig Tagen, von der ersten Bekanntmachung in derselben Pfarre angezählt, seine Kraft zu haben anfangen soll.
 
> *****************************
>
> Bleibt noch hinzuzufügen, dass es bereits wesentlich früher
> Taufmatrikel und auch Traumatrikel gab. Einen Überblick gibt
> u.a. Heinrich Börsting. (sh. Literaturhinweise am Ende der Mail).
>
> Eine ausdrückliche Vorschrift, Firmbücher zu führen, gibt es
> im sog. "Tametsi"-Dekret noch nicht. Die Tridentiner Dekrete
> wurden durch die Glaubensspaltung und diverse andere Hindernisse
> an vielen Orten erst sehr viel später verkündet, so z.B. auch
> im Bistum Münster.
>
>
> RITUALE ROMANUM
> (Übersetzungen: Tobias Kemper - Herzlichen Dank dafür!)
>
> Unter Papst Paul V. > http://www.bautz.de/bbkl/p/Paul_V.shtml
> wurde das neue RITUALE ROMANUM in weitgehender Anlehnung an
> das 1602 zwar gedruckte, aber nie erschienene
> Rituale Sacramentorum Romanum verfasst. Es ist deutlich
> hervorzuheben, dass es KEINEN VERPFLICHTENDEN Charakter hatte,
> aber so große Verbreitung fand, dass es faktisch (wie gewünscht)
> zu einer weitestgehenden Vereinheitlichung bei der Spendung der
> Sakramente führte.
>
> Dabei fordert es in der Originalfassung von 1614 fünf Register
> mit folgenden Worten:
>
> "Liber baptizatorum habeatur in ecclesias, in quibus confertur
>        baptisma.
>  Liber confirmatorum habeatur in ecclesiis, in quibus confertur
>        chrisma.
>  Liber matrimoniorum.
>  Liber status animarum.
>  Liber defunctorum habeatur etiam in omnibus ecclesiis,
>        in quibus defuncti sepeliuntur.
>        Hi tres habeantur a quolibet parocho.
> - Advertat in primis parochus, ut in libris tam baptizatorum et
> confirmatorum quam matrimoniorum et defunctorum exprimat non
> solum nomen, personarum, quae ibi nomnantur, sed etiam familiam."
>
> Übersetzung:
> "Ein Taufbuch werde geführt in den Kirchen,
>      in denen die Taufe gespendet wird.
>  Ein Firmbuch werde geführt in den Kirchen,
>      in denen gefirmt wird.
>  Ein Traubuch.
>  Ein Status animorum.
>  Ein Sterbebuch werden auch in allen Kirchen geführt,
>      in denen Tote bestattet werden.
>      Diese drei mögen von jedwedem Pfarrer geführt werden.
> - Vor allem möge der Pfarrerdarauf achten, daß in den Büchern
> der Getauften, der Gefirmten und ebenso der Trauungen
> und Verstorbenen nicht nur der Name der Personen, die dort
> aufgelistet werden, genannt werden, sondern auch die Familie."
>
> Der letzte Hinweis, auch die Familiennamen zu verzeichnen,
> wurde lange Zeit nur mangelhaft befolgt. Die Tauf- und
> Traumatrikel waren seit dem Konzil von Trient Pflicht,
> die anderen Matrikel NICHT (auch nicht seit 1614!), wurden aber
> dem RR zufolge für wünschenswert gehalten.
>
> Das "Liber statu animarum" wird in der Folge auch als "Liber
> principalis" bezeichnet. An dieser Stelle möchte ich auf diese
> Bücher nicht näher eingehen. Dies werde ich zu einem späteren
> Zeitpunkt tun. Nachfolgend die im RR "vorgeschriebenen" bis
> in die heutige Zeit gültige Formulare für die Tauf-, Trau-
> und Sterbematrikel:
>
> *****************************
> Forma describendi baptizatos in primo libro.
>
> Anno Domini ... die ... mensis ... ego N., parochus hujus
> ecclesiae s. N., civitatis vel loci N., baptizavi infantem
> die ... natum vel natam ex N. et N., conjugibus hujus
> (sc. parochiae) vel parochiae s. N. et ex tali patria
> et familia, cui impositum est nomen N. Patrini fuerunt N.,
> filius N. ex parochia seu loco N., et N., > filia N. ex
> parochia seu loco N.
>
> Übersetzung:
> "Im Jahr ..., am Tag ..., im Monat ..., habe ich ...,
> Pfarrer dieser Kirche St. ..., in der Stadt / im Dorf
> .... ein Kind getauft, am ... geboren von ... und ...,
> Eheleuten in dieser Pfarrei (in der PFarrei St. ...)
> und aus ebensolcher Heimat und aus der Familie,
> die den Namen ... hat. Paten waren ..., Sohn von ... aus ...,
> und ..., Tochter von ... aus ...."
>
> Si infans non fuerit ex legitimo matrimonio natus, nomen
> saltem alterius parentis, de quo constat, scribatur
> (omnis tamen infamiae vitetur occasio); si vero de neutro
> constat, ita scribatur: Baptizavi infantem, cuius parentes
> ignorantur, natum die ... etc.
>
> Übersetzung:
> Wenn ein Kind nicht aus rechtmäßíger Ehe geboren sein wird,
> werde nur der Name desjenigen Elternteils, das bekannt ist,
> aufgeschrieben (wobei jedoch jeder Anschein von Schande
> vermieden werde); sollte es von keinem der Eltern feststehen,
> werde so geschrieben: Ich habe ein Kind getauft, dessen Eltern
> nicht bekannt sind, geboren am Tag ... etc.
>
> Si expositus sit infans, exprimatur, quo die, ubi et a quo
> repertus, et quot dierum verisimiliter sit; et baptizetur
> sub conditione, si ignoratur fuisse baptizatum.
>
> Übersetzung:
> Wenn ein Kind ausgesetzt worden sein sollte, werde genannt,
> an welchem Tag, wo und von wem es gefunden worden ist,
> und wieviele Tage es höchstwahrscheinlich alt ist.
> Und es werde sub conditione getauft, wenn unklar ist,
> ob es bereits getauft ist.
>
> Si infans domi ob imminens mortis periculum baptizatus sit,
> tunc ita scribatur: Anno ... die ... menis ... natus est N.,
> filius N. et N. conjugum (etc. ut supra), quem ob imminens
> mortis periculum in domo rite baptizavit N. obstetrix probata,
> vel N., filis N. ut mihi retulit N.
>
>
> Übersetzung:
> Wenn ein Kind zuhause wegen der drohenden Todesgefahr
> getauft ist, dann werde so geschrieben:
> Im Jahr ..., am Tag ... im Monat ... ist geboren ...,
> Sohn von ... und ... Eheleuten (weiter wie oben),
> den wegen drohender Todesgefahr zuhause richtig getauft
> hat ..., approbierte Hebamme, oder ..., der Sohn von ...,
> wie mir ... berichtet hat.
>
>
> Si supervixerit infans et ei adhibitae sint in ecclesia
> sacrae caeremonia, ita addutur: Die ... ejusdem mensis
> ad ecclesiam portatus est infans praedictus;
> ipsique ego parochus sacras caeremonias et preces
> adhibui et N. nomen imposui.
>
>
> Übersetzung:
> Wenn das Kind überlebt haben sollte und noch in der Kirche
> die heiligen Zeremonien zu ergänzen sind, werde so fortgefahren:
> Am Tag ... desselben Monats ist vorgenanntes Kind zur Kirche
> gebracht worden, und ich, der Pfarrer habe die heiligen
> Zeremonien und Gebete verrichtet und ihm den Namen ... gegeben.
>
>
> Si forte non parochus, sed alius baptizaverit, id exprimatur.
> Si fuerit baptizatus sub conditione (Si non es baptizatus etc.),
> id pariter exprimatur.
>
> Übersetzung:
> Wenn zufällig nicht der Pfarrer, sondern ein anderer getauft
> hat, werde auch das zum Ausdruck gebracht. Wenn sub conditione
> getauft worden ist (Wenn du nicht getauft bist  ...),
> werde auch dies gleichermaßen ausgedrückt.
>
>
> Forma describendi conjugatos in libro tertio.
> Anno ... die ... mensis ... denunciationibus praemissis
> tribus continuis diebus festivis, quarum prima die ...
> secunda die ... tertia die ... inter missae parochialis
> solemnia habita est, nulloque legitimo impedimento detecto,
> ego N. rector hujus ecclesiae parochialis N., civitatis
> vel loci N., filium N. parochiae s. N. et N., filiam N.
> seu reictam quondam N. (si vidua fuerit) hujus seu
> parochiae s. N. in ecllesia N. interrogavi, eorumque mutuo
> consensu habito solemniter per verba de praesenti
> matrimonio conjunxi, praesentibus testis notis N., filio N.,
> qui habitat in parochia s. N., et N. (etc.), postea eis ex
> ritu sanctae matris ecclesiae (si tamen nuptias benedixerit)
> in missae celebratione benedixi.
>
> Übersetzung:
> Formular, die Verheirateten im 3. Buch aufzuzeichnen.
> Im Jahr ..., am Tag ..., im Monat ..., nachdem an drei
> aufeinanderfolgenden Sonntagen die Proklamationen erfolgt
> sind (von denen die erste am ..., die zweite am ..., die dritte
> am ... während der feierlichen Sonntagsmesse gehalten wurde)
> und nachdem kein rechtmäßiges Ehehindernis entdeckt worden ist,
> habe ich, ..., Pfarrer dieser Pfarrkirche ..., in der Stadt
> oder im Dorf ..., den ..., Sohn von ... aus der Pfarrei
> ..., und ..., Tochter von ... oder die Witwe des ...
> (wenn sie eine Witwe ist), aus dieser Pfarrei oder der
> Pfarrei ... in der Kirche St. ... befragt, und nachdem
> ich beider wechselseitige Zustimmung erhalten habe, habe ich
> sie mit den Trauungsworten verbunden, in Gegenwart der
> bekannten Zeugen ..., Sohn von ..., der in der Pfarrei ...
> wohnt, und ... (etc.), und danach habe ich sie gemäß dem
> Ritus der heiligen Mutter Kirchen in der Meßfeier gesegnet.
>
> Forma describendi defunctos in quinto libro.
> Describatur quis et quae, et cui sacramenta ministraverit,
> quando quis mortuus fuerit et ubi sepultus, quod hoc pacto
> fieri poterit: mensis ... N., filius  N. ex loco N., aetatis
> ... (si haec sciri possunt), in domo N. in communione
> sanctae matris ecclesiae animam Deo reddidit, cujus corpus
> die ... sepultum est in ecclesia s. N.,mihi N. vel N.
> confessario probato confessus die ... sanctissimoque viatico
> refectus die ... et sacri olei unctione roboratus etiam
> per me die ....
>
> Übersetzung:
> Formular, die Verstorbenen im 5. Buch aufzuzeichnen.
> Es werde aufgezeichnet, welcher und welche, und wem er die
> Sakramente gespendet hat, und wann jemand gestorben ist und
> wo begraben, was in folgender Weise geschehen kann:
> Im MOnat ... hat ..., SOhn von ... aus ..., im Alter ...
> (wenn man das wissen kann), im Hause ... in Gemeinschaft
> mit der hl. Mutter Kirche seine Seele Gott zurückgegeben,
> dessen Körper am ... begraben worden ist in der Kirche ....
> Zuvor hat er mir ..., oder mir ..., als rechtmäßigem
> Beichtvater, gebeichtet am ... und ist mit der heiligsten
> Wegzehrung gestärkt worden am ... und ist mit der Salbung
> mit hl. Öl gestärkt worden von mir am .....
>
> *****************************
>
> Ähnliche Formulare hatte in Köln der Nuntius FRANGIPANI
> bereits 1591 in der "Constitutio de sacramentorum
> administratione" vorgeschrieben. Hätte man die Formulare des
> RR verwendet, wie es beispielsweise der Kölner Erzbischof
> noch 1779 ausdrücklich wollte, so wäre der Quellenwert
> der KB wohl erheblich größer.
>
> Papst Benedikt XVI. wies nochmals in seiner Enzyklika
> "Satis vobis" vom 17.11.1741 auf die Trienter Bestimmungen
> hin und nach seiner Konstitution "Firmandis" vom 06.11.1744
> hatte die bischöfliche Visitation die Führung der Tauf-,
> Trau-, Firmmatrikel zu prüfen sowie die Führung des
> "Liber status animarum". Das Totenbuch wurde in diese Prüfung
> nicht mit einbezogen. Dies erhielt erst im 18. Jh. die
> Bedeutung eines streng vorgeschriebenen Hauptregisters.
> Dennoch haben bereits einige Provinzialsynoden, so auch die
> von 1567 in Augsburg und Konstanz, die Führung von Firm- und
> Totenbüchern für ihren Bereich zur Pflicht gemacht.
> Der Schwerpunkt lag bei den Matrikeln IMMER auf der
> Nachvollziehbarkeit der geistlichen Verwandtschaft.
> Man ging wohl davon aus, dass es kein Problem sei, die
> Blutsverwandtschaft nachzuvollziehen (zu unser aller Leidwesen).
>
> Das Dekret "Ne temere" verpflichtet übrigens seit 02.08.1907
> die Pfarrer, alle Eheschließungen in die Taufbücher einzutragen.
>
>
> DOPPELTE TAUFEN / BEDINGUNGSWEISE TAUFEN
>
> Wie Tobias Kemper anhand der Beispiele von Barbara Püschel
> bereits gezeigt hat, handelt es sich nie um wirklich doppelte
> Taufen, sondern immer um Wiederholungen von Taufen, bei
> denen man im Zweifel war, ob sie aus irgendwelchen Gründen
> ungültig waren. Dies waren in der Regel (auch bei den Taufen
> durch die Hebammen) "Formfehler", z.B. keine Salbung,
> nur "einfaches" Wasser, die falschen Worte etc. etc..
> Möglich ist aber auch, dass man sich nicht sicher war, ob der,
> der die Taufe mal gespendet hatte, überhaupt ein Sakrament
> spenden durfte/konnte.
>
> Dies ist in der kath. Kirche durch die Jahrhunderte immer
> wieder ein Thema gewesen, z.B. wenn ein Geistlicher, aus
> welchen Gründen auch immer, exkommuniziert wurde.
> Was war dann mit den von ihm gespendeten Sakramenten?
> Waren die überhaupt gültig? War eine vor ihm geschlossene
> Ehe, eine von ihm gespendete Taufe vor Gott bestandsfähig?
> Die Kirche hat sich in diesen Fällen schon früh zu der
> Formulierung durchgerungen, dass das Sakrament nicht
> personen- sondern amtsgebunden ist. Ob das aber immer und
> überall so bekannt war, kann ich wirklich nicht mit
> Bestimmtheit sagen.
>
> Nochmal zur Wiederholung: ein Übertritt vom einen zum anderen
> christlichen Glauben war KEIN GRUND für eine erneute Taufe,
> es sei denn, man nahm Formfehler an.
>
> So, das war ein langer Vortrag; ich hoffe, er hat beim/bei
> der ein oder anderen Interesse gefunden. Die versprochenen
> PDF's aus: "Sterben und Tod" aus der Reihe: Rheinisches
> Jahrbuch für Volkskunde, 34. Band, JG 2001/2002, Seite
> 29 - 48 mit dem Artikel:
> "Bestattet am anonymen Ort? Zum Begräbnisschicksal von
> (ungetauften) totgeborenen Kindern" von Alois Döring
> kann ich leider erst in der nächsten Woche verschicken;
> die Anfragen sind aber gespeichert.
 
===Verfügung des Kaisers Josef II. zur Führung der Matriken===
   
Kaiser Joseph II. verfügte am 20. Februar 1784 (siehe unten), im Rahmen seiner zahlreichen Verwaltungsreformen, wie die Kirchenbücher in Zukunft zu führen sind; siehe: Wortlaut der Verfügung. Durch diese Verfügung wurde festgelegt, daß die Geburts-, Heirats- und Sterbebücher gesondert zu führen sind und die Form der drei Bücher wurde vorgeschrieben. Ausserdem sollten zwei Listen mit Jahresübersichten von den Pfarrern erstellt werden: die eine war für das Kreisamt zur Erfassung der Einwohner, die andere für den Konskriptionsbezirk bestimmt gewesen; diese Liste diente wahrscheinlich der Erfassung der Soldaten (konskribieren = frühere Bezeichnung: zum Kriegsdienst und Heeresdienst ausheben).
 
 
===Duplikate der Matriken, Zweitschriften===
 
Wurden mit der Kirchenreform des Kaisers Joseph II. eingeführt; die Pfarrer wurden verpflichtet diese zu führen und sie lagerten bei den Vikariaten. Die meisten Duplikate beginnen mit dem Jahr 1799. Die noch erhaltenen Matriken-Duplikate befinden in den Archiven der jeweiligen Diözese.
 
 
===Einführung der Zivilmatrik===
 
Die Zivilmatrik wurde in Österreich 1938 mit dem Einmarsch Hitlers eingeführt (Ausnahme: Wien bereits ab 1870).
 
 
=== Die Matrikenverfügung von 1784===
 
Wir Joseph der Zweyte,
von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser,
zu allen Zeiten Mehrer des Reichs,
König in Germanien, Hungarn, und Böhmen, Galizien, und Lodomerien etc.
Erzhezog zu Österreich, Herzog zu Burgund, und zu Lothringen, etc.etc.
 
Die Register über Trauung, Geburt, und Sterben sind sowohl in Ansehen der öffentlichen Verwaltung, als der einzelnen Familien von größter Wichtigkeit. Die öffentliche Verwaltung erhält daraus über das Verhältnis, über die Vermehrung oder die Verminderung der Ehen, über den Zuwachs und Abgang der Gebohrnen, über die Vergrößerte oder verminderte Sterblichkeit nützliche Kenntnisse. Einzelnen Familien diesen sie in mehr als einer Angelegenheit zu beweisenden Urkunden, und nicht selten sind sie die Grundlage gerichtlicher Entscheidungen, von denen der Stand des Bürgers, und ganzer Verwandschaften abhängt. Aus diesem Grunde sind Wir dem Wohl unterer Unterthanen die Sorgfalt schuldig, diesen Registern, deren Gestalt bis itzt bloß willkürlich, deren Glaubwürdigkeit von einem einzelnen Menschen abhängig war, eine solche Einrichtung vorzuschreiben, welche, da sie dieselben Absicht des Staates brauchbarer machet, mit der allgemeinen Gleichförmigkeit, zugleich die gesetzmässige Sicherheit vereinbaret.
 
§. 1. Jeder Pfarrer also hat von nun an über seinen Sprengel drey abgesonderte Bücher zu führen: ein Traungsbuch, ein Buch zu Einzeichnung der Gebohrnen, und ein Buch über die Gestorbenen. Das Trauungsbuch muß nach dem unter Nr.1. beigefügten Formular folgende Rubriken haben. Jahr, Monat, und Tag der Trauung, den Numer des Hauses, den Tauf und Zuname des Bräutigams, die Religion, und Alter desselben, ob er unverheurathet oder Wittwer ist : Tauf und Zuname der Braut, ihre Religion, Alter, unverheurathet oder Wittwe. Tauf und Zuname der Zeugen, oder sogenannten Beistände, und ihren Stand.
 
§. 2. Die Rubriken des Bräutigams und der Braut werden von demjenigen eingetragen, so die Trauung verrichtet. Die Zeugen aber sollen, wenn sie des Schreibens kündig sind, sich jedesmal eigenhändig einschreiben. Können sie nicht schreiben, so schreibt der Schulmeister, oder sonst jemand an ihrer Stelle ein. Jedoch müssen sie an ihrer Statt gemachte Einschreibung mit einem Kreuze, oder sonst einem Zeichen von ihrer Hand auf die Art, wie es sonst bei Testamenten oder Verträgen üblich ist, bekräftigen.
 
§. 3. Am Ende einer jeder Seite des Trauregisters unterzeichnet der Pfarrer seinen Namen eigenhändig. Wenn aber eine Trauung nicht von dem Pfarrer selbst verrichtet worden, so muß bei jedem Falle von dem Trauenden besonders unterzeichnet werden. Ein ordentlicher Kooperator unterzeichnet ledig mit dem Beisatze Kooperator. Wenn aber ein fremder Pfarrer an der Stalle des Pfarrers die Trauung verrichtet, so ist seiner Fertigung noch beizusetzen: daß er von dem Pfarrer die Vollmacht erhalten hat.
 
§. 4. Um sowohl die Zahl der Gebohrnen überhaupt, als die Zahl der Kinder von jedem Geschlechte, dann ob sie in oder ausser der Ehe erzeugt worden, sehen zu können, sind dem Geburtsregister nach dem Formular Nr.2 folgende Rubriken zu geben Jahr, Monat und Tag der Geburt, der Hausnummer, des Kindes Taufname, sein Geschlecht, ob ehlich, oder unehlich : der Tauf und Zuname der Aeltern, ihre Religion : Der Tauf, Zuname und Stand der Pathen (Gevatter).
Bei unehlichen Kindern ist der Name des Vaters in den Taufbüchern nicht mehr beizusetzen. Denn diese bloß nach der Aussage der Mutter, nach einem ungefähren Rufe, oder die Vermuthung des Seelsorgers mögliche Einschreibung bleibt immer sehr zweydeutig, setzt den vermeinten Vater in den Augen der Welt herab, und hat im Rechte weder auf Mutter noch Kind einigen Einfluß. Nur dann also ist bei unehelichen Kindern der Name des Vaters beizusetzen, wenn dieser sich selbst dazu bekennt. Die Pathen müssen gleich den Zeugen im Trauungsbuche entweder eigenhändig einschreiben, oder wenn jemand an ihrer statt einschreibt, die fremde Hand durch ein beigesetztes Zeichen bekräftigen.
 
§. 5. Die Sterberegister bei den Pfarrern sind aller Orten nach dem Formular Nr.3 mit sechs Rubriken zu führen, nämlich Jahr, Monat und Tag des Todes, die Hausnummer, Name, Religion, Geschlecht, und das angegebene Alter des Gestorbenen. Wo aber in einem Orte zwar keine Todtenbeschau, jedoch ein Kreisphisikus, oder geprüfter Wundarzt vorhanden ist, kommt zu den vorigen noch die siebente Rubrike, nämlich der Krankheit und Todesart beizusetzen. Zu diesem Ende werden die Kreisphisici und Ortschirurgi angewiesen, dem Pfarrer bei jedem Gestorbenen, zu dem sie gerufen worden, die Krankheit schriftlich anzuzeigen.
 
§. 6. Die Juden sind gleichfalls zu Führung dieser drey Register anzuhalten, und von denselben die vorgeschriebenen Rubriken mit der geringen auf ihre Religion angewendeten Aenderung beizubehalten. Wo der Ortsrabiner aufgestelt ist, hat derselbe die Register zu führen : bei einzelnen Familien aber derjenige Rabiner, welcher dem Orte an nächsten wohnet.
 
§. 7. Bei Untersuchung der Diözesen ist es die Pflicht der Bischöfe sich jedesmal die Trauungsbücher, Geburt und Sterbregister vorlegen zu lassen.
 
§. 8. Auch die Kreisbeamten haben von Zeit zu Zeit nachzusehen, ob diese Bücher aller Orten nach der Vorschrift geführt werden.
 
§. 9. Zu End eines jeden Jahrs sollen die Pfarrer, wie auch die Rabbinen von allen 3 Registern eine mit dem Formular in Rubriken übereinstimmende Jahrstabelle zusammziehen, und dieselbe längstens bis halben Jänner, nebst dem Konskriptionsbezirke, auch an das Kreisamt einschicken.
 
Gegeben in unserer Haupt= und Residenzstadt Wien, den 20ten Tag des Monats Februarii im siebenzehnhundert vier und achtziggsten unserer Regierung, der römischen im zwanzigsten, und der erbländischen im vierten Jahre.
 
Joseph
 
Leopoldus Comes à Kollowrat
Reg Boh Sup & A.A. prius Canc.
 
Johann Rudolph Graf Chotek
 
Tobias Philipp Freyherr von Sebler
Ad Mandatum Sac Cael
Regiae Majestatis proprium
Joseph von Sonnenfels
 
 
[[Kategorie:Wien]]

Aktuelle Version vom 3. November 2005, 22:04 Uhr

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