Benutzer:Kwesling/Eigene Beiträge: Unterschied zwischen den Versionen
(Änderung 889839 von Kwesling (Diskussion) wurde rückgängig gemacht.) |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
== Auswanderung == | |||
'''Beschwerdeschrift des D.Wilh.Krebs aus Lahr über die Behandlung von Auswanderern auf dem englischen Schiff "INDIANA" | '''Beschwerdeschrift des D.Wilh.Krebs aus Lahr über die Behandlung von Auswanderern auf dem englischen Schiff "INDIANA" | ||
'''<br> | '''<br> | ||
Zeile 228: | Zeile 230: | ||
Quelle: Handelskammer Bremen II-A.I.1.Bd.4 Nr.161<br> | Quelle: Handelskammer Bremen II-A.I.1.Bd.4 Nr.161<br> | ||
Erfassung und Bearbeitung: [http://www.genealogy.net/vereine/maus/index.php Die Maus], Gesellschaft für Familienforschung in Bremen |
Version vom 12. Januar 2011, 14:34 Uhr
Auswanderung
Beschwerdeschrift des D.Wilh.Krebs aus Lahr über die Behandlung von Auswanderern auf dem englischen Schiff "INDIANA"
Abschrift
An Bord des Dampfers Indiana
Capt. Lampert
d. 16. October 1854.
Die Passagiere der 2.ten Classe, in gerechter Entrüstung über die, den Versprechungen der Agenten, den Anoncen in allen öffentlichen Blättern & ihren Schiffsverträgen in keiner Weise entsprechende Art der Verwaltung der inneren Schiffsangelegenheiten & über die schnöde Behandlung des Capitains, so wie im vollen Vertrauen auf die Gerechtigkeit des Landes, welches sie zu betreten im Begriff sind, entschlossen sich, den gegenwärtigen Bericht zu erstatten und denselben der zuständigen Behörde vorzulegen. Der Dampfer Indiana, unter engl. Flagge, verließ Havre den 3.ten Octbr. Nach 6 Uhr des Abends – den anderen Morgen gegen 6 Uhr wurde auf der Rhede von Southampton Anker geworfen. Gleich nach der Ankunft an Bord fanden die Passagiere, welche größtentheils das Innere des Schiffes noch nicht gesehen hatten, sich bei der Einnahme ihrer Plätze dadurch sehr enttäuscht, daß sie, statt in der versprochenen 2.ten Classe, in einem schlecht eingerichteten Zwischendeck von abscheulicher Unreinlichkeit untergebracht wurden. Dies war der erste Betrug, dessen Opfer sie waren. Den 4. Octb. Morgens, immer noch auf der Rhede vor Southampton, ließ man zur Frühstückszeit die Passagiere wissen, daß dasselbe, statt aufgetragen zu werden, in der Küche ausgetheilt werde. Es bestand aus ungenießbarem Caffee, aus verdorbenem Rohzucker, der noch dazu unzureichend & ohne bestimmtes Maaß gegeben wurde, und aus Schiffs-Zwieback, von dem sich gar nicht sagen läßt, indem wir statt dessen eine Probe mit zu überreichen uns erlauben. Die Passagiere, Männer & Frauen waren gezwungen, sich diese magere Kost, zu deren Empfangnahme kein Signal gegeben wurde, am Eingang einer Küche, deren Vorplatz für eine solche Menge unzureichend war, streitig zu machen & sich, wie das unvernünftige Vieh, im schroffen Gegensatz zu aller Menschenwürde, die Brocken zu entreißen, welche man ihnen vorwarf.
Dabei hatte man von Glück zu sprechen, wenn man ein Weniges erhaschte, denn die Schwachen oder zu spät Kommenden erhielten Nichts & waren gezwungen, sich bei den Glücklicheren oder Stärkeren einige Krumen zu erbetteln. Das oben Gesagte gilt von allen Mahlzeiten für die ganze Dauer der Reise. Das Mittagessen am 4. October, welches um 1 Uhr gegeben werden sollte, ließ sich bis nach 3 Uhr erwarten & die Passagiere fingen in großer Niedergeschlagenheit & durch Hunger verursachte Abmattung schon an, die großen Leiden vorauszusehen, die bevorstanden. Als aber endlich die armselige Nahrung ankam, konnte man mit Sicherheit auf die Ausdehnung unserer zukünftigen Uebel schließen. Im Laufe des Abends, immer noch auf derselben Rhede, sammelten sich die Passagiere, um ihre bisherigen Enttäuschungen mit Ruhe dem Capitain mitzutheilen & ihn aufzufordern, sich darüber zu erklären, was sie zu erwarten hätten.
Der Capitain antwortete ihnen ohne Bedenken: „Daß er das Begründete der Klagen der Passagiere anerkennen müsse, und daß es ihm schiene, daß wir von dem Hause Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld schändlich betrogen seien; daß er indessen Alles aufbieten werde, um die ihm zu Gebote stehenden Mittel auf’s Beste für uns anzuwenden und, daß unter anderem Mehl zu Brode genug vorhanden sei. Wie hat der Capitain sein Wort gehalten? Am 5.ten Morgens lichtete man die Anker zur Abreise; der Capitain war fortan taub für jede Beschwerde und seit dieser Zeit haben die Klagen sich in einer Weise gehäuft, daß es uns unmöglich ist, dieselben Alle & der Reihe nach aufzuzählen – indessen wollen wir einige näher bezeichnen, wie sie sich gerade darbieten: Man schuldete uns täglich, gemäß aller Versprechungen, Zeitungsannoncen und Contrakte, eine Ration Wein. Am ersten Tage erhielten wir keinen. Warum? – Ist etwa eine Weinvertheilung so schwer zu arangieren?
Wir beschwerten uns mit Energie & erhielten dann für die Folge, zwar nicht den versprochenen guten Wein oder Brantwein, aber doch eine kleine Portion sauren, herben, schwarzen Trankes, den man Wein nannte und der ohne Wasser gar nicht zu genießen war. Selbst mit der Vertheilung des Wassers, die gewöhnlich um 6 Uhr Morgens stattfinden sollte, fielen die größten Unregelmäßigkeiten vor, so, daß am 10. Octbr. Mittag um 2 Uhr noch Niemand einen Tropfen Wasser bekommen hatte & namentlich die Frauen fast verschmachteten. – Unter den letzteren befanden sich schenkende Mütter. Gegen 7 Uhr desselben Tages starb ein Säugling -, wahrscheinlich, weil der Mutter in Folge der schlechten Nahrung die Milch vergangen war, aus Hunger. Um 10 Uhr desselben Tages erhielten Passagiere, welche den sogenannten Schiffsarzt fragten, woran das Kind gestorben sei?, die naive Antwort von demselben, „wie, ist ein Kind gestorben“? also, 3 Stunden nach dem erfolgten Tode wußte dieser sogenannte Arzt nicht einmal, daß ein Todtes am Bord sei – war gewiß characteristisch für die im Zwischendeck herrschende Ordnung ist.
Daß unter solchen Umständen an eine wirkliche Pflege & ärztliche Behandlung der armen kranken Frauen & Mädchen nicht zu denken war, ist einleuchtend; manche dieser Schwachen lag 3 bis 4 Tage ohne einen Tropfen genießbarer Suppe, oder eine andere Stärkung zu erhalten, wenn nicht ein mildherziger Mitreisender aus seinen Privatvorräthen etwas verabreichte. Laut Verträgen, Zeitungsanoncen etc. und Privatbriefen des Hauses Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld, von denen wir einen im Original mit überreichen, war uns täglich frisches Brod & frisches Fleisch versprochen. Von ersteren wurde uns bis jetzt zum 16. Octbr., nach 13.tägiger Fahrt nur einmal, von letzteren 2 mal verabreicht & seit heute fängt man an, den Frauen wenigstens frisches Brod zu geben. Dagegen wurde der Brodverkauf für Geld vom 2.ten Tage an in einer so schamlosen Weise getrieben, daß Jeder, der 2 Francs für etwa ¾ Pfund Weißbrod gab, genug desselben erhalten konnte und daß – da die Vloth den Geldwerth nicht in Anschlag bringt – gewiß für 1500 – 1600 Francs Brod auf der Reise ver- & gekauft wurde, so daß es augenscheinlich ist, daß nicht allein die Subalternen von diesem Handel provitierten, weil er zu großartig betrieben wurde, als daß der Capitain dies Unwesen nicht hätte bemerken müssen. Wir würden zu weitläufig werden, wenn wir weiter auf das Einzelne eingehen wollten; wir bemerken nur noch, daß es unmöglich ist, den Schmutz zu bezeichnen, der in unseren Räumen, auf Treppen & Abtritten, in der Küche und auf dem Verdecke herrscht; am Abend ist keine Treppe erleuchtet und mit Lebensgefahr steigen die Passagiere, von denen fast keiner ohne Contusionen ist, auf und nieder. Der Tisch zum Essen ist nicht für ¼.Theil der Passagiere ausreichend und dadurch sowohl, als durch den schrecklichen Schmutz gezwungen, müßen die Passagiere bei jeglichem Wetter auf dem Verdecke essen. – Für den richtigen Verschluß der Fenster & Abtritte wurde sowenig Fürsorge getroffen, daß bei jedem Unwetter das Wasser 2“ hoch in unseren Räumen stand, eines Tages die Frauenabtritte, wegen schlechten Verschlußes der Ort überflutheten, daß fast die Hälfte des Zwischendeckes von einer Zollhohen Schichte von Menschenkoth, Wasser & anderem Unrath überzogen war. Wir fragen, ob von allem Diesen der Befehlshaber des Schiffes nicht Kenntniß haben müßte? – versichern jedoch zugleich, daß bis heute den 16. Octbr. der Capitain das Zwischendeck noch mit keinem Fuße betreten hat, wie er denn überhaupt, sammt seinen Officieren, statt unseren Klagen abzuhelfen, uns nur mit Hohn und offener Verachtung behandelte. So unvollständig diese Aufzählung unserer Klagen auch sein mag, weil das Wort nicht ausreicht unser Leiden zu beschreiben, so hoffen wir doch, daß uns von den Behörden der Vereinigten Staaten um so mehr Recht werden wird, da man wahrlich für den bezahlten Preis von Zweihundert & Sechzig Francs etwas Anderes erwarten kann und nach dem Vorhergehenden, im Vergleich mit dem von uns bezahltem Preise, es Jedem einleuchtend sein muß, daß wir von Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld gleicher Weise wie auf dem Schiffe unwürdig bestohlen und betrogen wurden. Obgleich wir für uns von dieser Klage weniges erwarten, so haben wir es doch für unsere Pflicht gehalten, dieselbe sowohl der Behörde als der Oeffentlichkeit zu übergeben, damit diejenigen, welche nach uns kommen, gewarnt sind vor der größten Betrügerei dieser Art, welche vielleicht jemals stattgefunden hat ! Diese Klage wurde in deutscher, englischer und französischer Sprache ausgefertigt und die resp. Exemplare von dem Passagieren der verschiedenen Nationalitäten unterzeichnet.
gez: Felice Calgeer aus Milwaukie „ L. Schneyder, Pfarrer v. Dießen am Neckar „ F. Frank, Wund u. Geburtsarzt aus Hall in Würtemberg „ Gottfried Weber, Cand. „ E. Oehlwang von Carlsruhe „ Ad. Baur, Apotheker aus Freudenstadt „ G. Ringelmann. Kaufm. aus Würzburg „ F. Wm Funke, Kaufmann aus Burscheidt/Lennepe „ Nicolaus Ladner, Müller, a. Tirol „ Franz Heidinger, Müller a. Baden Baden, „ Jacob Baur v. Buchau Würtemb. „ Pankraz Baur von Buchau „ Wilh. Schlaad, Kfm. aus Stuttgart „ Christian Weinhardt, Kfm. aus Stuttgart „ Carl Zinse, Kfm. aus Stuttgart „ Ludwig Zeigler, Bierbrauer aus Mühlheim „ Jean Treiber mit Kinder aus St. Louis „ Fr. N. Rheinländer, Saffianer (=von der Stadt Saffi in Marokko) aus Ettenheim in Baden „ Julius Wet, Schreiner aus Radolfzell „ Christ. Huber, Gerber aus Oberkirch „ Franz Drinenberg a. Mainz „ Constantin Gastiger, Münsterthal in Baden „ Louis Fellheimer a. Hochberg G. Stuttgart „ George Brehm, Maschinist, Cincinnati O. „ Ludwig Wampold aus Kronheim in Bayern „ Georg Wilh., Hollidayburg Pa. „ Carl Dörr von Mühlbach „ Gotthilf Bloch, Kaufmann aus Hechingen „ Philipp Paul aus Singhafen in Nassau „ Jacob Wilhm Oberschimattenwag, Hessen-Darmstadt " Joh. Hankhauser v. Grieß in Tirol „ Ludwig Blank v. Isslingen „ Andreas Hildenbrand aus Geisbach „ Joh. Georg …….. aus Würtemberg „ Joh. Schmidt von Hoppach „ Eduard Biber aus Waldsen, Alt Bürgermeister Kazmer „ N. A. Heinsfürter aus Oberdorff „ Ludw. Diefenbacher von Mühlbach „ Eduard Hilger, Lennepe Preussen „ Carl Schlotterbek aus Liefehosen „ Josef Eberhard aus Mengen Würtemb. „ Aug. Mayer aus Eßlingen „ Karl Kurz, Hochdorf Würtemb. „ Felix Moosbrügger, Sattler, Unlingen „ F. J. Frühe mit Familie aus Oberkirch, Oeconom „ F. Bechtle, Metzger, Cannstadt „ Louise Bruttenmüller, Schw. Gmünd, Würtemberg „ Wilhelmine Weigeln von Dardingen „ Fritz Weber aus Epling „ F. H. Meyse, Kgl- Preuß. Architect u. Landwehrlieutnant in 10 Rgmt. „ Ch. Bleuler von San Francisco „ W. Barka, Techniker aus Waghaeusel in Baden. „ John A. Kirchner aus Pittsburgh America „ Moritz May aus Billigheim Baden „ J. Neuhamel aus Eich in Rh. Hessen „ Aug. Scheer aus Edenkoben bei Landau in d. Pfalz „ Johannes Grab von Hausen a. Canton Zürich in der Schweiz „ Müller v. Neckartenzlingen, Würtemberg „ Philipp Lingenfelder aus Edenkoben in der Pfalz „ Daniel Blum aus Saarbrück, Rhein Preußen „ M. Wagner aus Stuttgart „ Rosina Schweickert aus Carlsruhe
gez:/ Dr. Hugo Krebs
Mannheim, d. 19. December 1854.
An Das Großherzoglich Badische Hohe Staats-Ministerium in Carlsruhe
Hohes Staats-Ministerium!
Durch die in der Carlsruher Zeitung in den Monaten August und September d. J. vielfach wiederholte Annonce des Hauses Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld in Havre und Kehl, daß „am 3. Octobr. sein Dienst der einzigen Linie mit Schraubendampfern zwischen Havre und Newyork, mit dem prachtvollen Schraubendampfer „Indiana“ in erster Fahrt eröffnet werden würde, ferner „daß den Passagieren der 2.ten Cajüte für den bestimmten Ueberfahrtspreis eiserne Bettstellen mit bequem eingerichteter Bettung für je eine Person“, sodann außer einer vorzüglich gut zubereiteten Kost, auch täglich frisches Brod und frisches Fleisch, sowie täglich eine Ration Wein oder Branntwein verabreicht werde.“ sah ich mich veranlaßt – in dem Vertrauen, daß die Erfüllung solcher öffentlicher Zusagen den Passagieren in den Cautionen der Agentschaften geliefert sei – meinen Sohn den Prediger Dr. Hugo Krebs der, seinem Berufe folgend mit einem Bremer Segelschiffe als Cajüts-Passagier die Reise nach Newyork machen wollte zu bestimmen, daß er, um nicht so sehr in die Aequinoctial Stürme zu gerathen, als Passagier der zweiten Cajüte mit dem am 3.ten October von Havre abfahrenden Schraubendampfer „Indiana“ seine Reise machen möge.
Die Zusicherungen, welche den Passagieren der zweiten Cajüte für den Dampfer Indiana gegeben worden sind lauten der Art, der jeder der gebildeten Classe Angehörende, wenn er seine Mittel zu Rath zu halten hat, sich leicht dazu verstehen kann, unter dem wirklichen Genusse des, im vorliegende Falle öffentlich speciell Zugesicherten /: auch die Cölner Zeitung der Monate Juli, August & September 1854 :/ als Passagier der 2.ten Cajüte eines solchen Dampfers die Reise zu machen. Mein Sohn folgte deshalb auch meinem Rath, indem er, damals zu Cöln sich befindend, mit den Cölner Agenten van Maenen & Co., welche das Haus Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld vertreten, einen Schiffsvertrag auf die zweite Cajüte der Indiana abschloß den Ueberfahrtspreis zahlte und dann auch wirklich am Abend des 3. Octbr. mit jenem Dampfer von Havre abfuhr. Einem Hohen Ministerium glaube ich im redlich rechtlichen Sinne zu dienen, indem ich mir erlaube ehrerbietigst vorzutragen, in welch einer himmelschreienden Weise und mit welch einer wahrhaft erschreckenden Rechtsverhöhnung die Herren Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld zu Havre und Kehl ihr Wesen treiben. Mein Sohn schrieb mir darüber d. d. New York den 24. October 1854 u. A. „Wir hatten auf der Indiana statt der bezahlten 2.ten Cajüte ein zwar geräumiges, aber von ekelhaftem Schmutze starrendes Zwischendeck; statt eiserner Bettstellen mit bequemer Bettung für je eine Person, hölzerne Bretterverschläge mit einem Strohsack, einem Strohkopfkissen und einer Pferdedecke für 2 Personen; statt täglich frisches Fleisch und frisches Brod, Beides nur am ersten Tage und dann dreimal täglich Quellkartoffeln mit Häring, oder Stockfisch oder Pökelfleisch; Alles aber unzureichend, ungenießbar vor Schmutz, kurz, unbeschreiblich schlecht so, daß z. B. den gesündesten Müttern die Milch verging und am 10. Octobr. ein Säugling an der Mutterbrust verhungernd starb. Wir haben eine Klageschrift verfaßt, welche auch von den Passagieren der 1.ten Cajüte, und zwar mit dem Zusatze bezeugt worden ist,
„daß sie nicht allein die Wahrheit des in der Klageschrift Gesagten bestätigen, sondern sich gedrungen fühlten hinzuzufügen: Die Passagiere der 2.ten Classe seien schlimmer behandelt als man die Neger in einem Sclavenschiffe behandele.“
Dieses Schreiben meines Sohne erhielt ich am 9.ten November 1854. Ich veranlaßte sofort die Aufnahme eines warnenden Artikels in die Carlsruher Zeitung, denn schon wurde betrügerischer Weise für die zweite Fahrt der Indiana eingeladen, wie die zur Seite angeheftete Annonce darthut. (Anmerkung am Rande: NB War eine Annonce aus der Calrsruher Zeitung). – Alsbald nach dem warnenden Artikel der Carlsruher Zeitung erklärten die Herren Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld zu Havre und Kehl durch ein Inserat ebenfalls in der Carlsruher Zeitung – wahrscheinlich um gegen das ihnen drohende Strafverfahren das Prävenirn zu spielen – daß auch ihnen Klagen von Newyork zugekommen seien, daß aber der Capitain der Indiana allein alle Schuld trage, weshalb derselbe von der Indiana entfernt worden sei und sie die Agentschaft der fraglichen Dampfschiffslinie nicht eher wieder übernehmen würden, bis dahin ihnen die volle Gewährung des Zugesicherten garantiert sein.
Einem Hohen Ministerium stelle ich ehrfurchtsvoll anheim, ob ein so arglistiges Mittel ausreichen könne, den, an einer Masse von Menschen verübten, Gesundheit und Leben dieser Leute gefährdenden schmachvollen Betrug zu sühnen. Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld wußten und mußten wissen, daß die Indiana keine 2.te Cajüte mit eisernen Bettstellen und bequemer Bettung hatte, sondern nur ein schmutziges Zwischendeck mit der schlechtesten Doppelschläfung der Betrogenen harre; sie wußten und mußten wissen in welcher Weise die auf eine 2.ten Cajüte eingagierten Passagiere verpflegt würden; denn, sie wußten ja, welche Preise sie für das Ausgeschriebene stellen sollten – engagierten die Leute auf den Grund ihrer Ausschreibungen und ließen sich dasjenige was sie ausgeschrieben hatten in dem bedungenen Ueberfahrtspreise zum Voraus bezahlen. Was jene Herren daher auch sagen mögen, sie haben sich wissentlich an einem Betruge betheiligt, bei dessen Aufzählung sich jeder denkende Mann mit Abscheu erfüllt sehen muß, denn, sie sind gleichsam die Seelenverkäufer für eine Unternehmung gewesen, die, in ihrer Abscheulichkeit in Bezug auf deutsche Menschen, das französische Entreprisenwesen und mit demselben zugleich die engl. Flagge in einer Weise schändet, welche geeignet sein dürfte davon, sowohl dem französischen als dem englischen Gouvernement specielle Kenntniß zu geben. Hohes Ministerium geruhe in Gnaden, die nähern Details des gräßlichen Betruges auch der, in tiefster Ehrerbietung hiermit vorgelegten Abschrift der Klage jener armen betrogenen Leute von der Indiana, zu entnehmen, welche mir inmittelst von New-York zugekommen ist. Diese Klageschrift ist nach der Nationalität der verschiedenen Passagiere der Indiana unterschrieben, in deutscher, englischer und französischer Sprache, unterm 24. November 1854 dem Mayor von Newyork überreicht worden. Allein, dort zu New-York, sind keine greifbaren Fonds um in flagranti die auf solche Weise verübten Gräuel zu bestrafen; daher das unsägliche Leid, welches frech und bisher ungerächt über deutsche Menschen gehäuft wird. – Hier aber haften greifbare Cautionen durch wohlwollende Fürsorge Hoher Deutscher Landesregierungen. Möge denn in diesem Falle, dessen Wahrheit durch die respectiven Consulate zu Newyork genau recherchiert werden kann, durch Hohes Ministerium eine Confiscation der von Wood, Paillette, Courteville & Bielefeld zu Havre und Kehl oder deren Vertretungen geleisteten Cautionen erwirkt und eine Rückzahlung der erpreßten Ueberfahrtsbeträge an alle – durch die Ausschreibung einer 2.ten Cajüte mit der Fahrt vom 3. Octbr. der Indiana betrogenen Passagiere, verordnet werden, welche Rückzahlung ebenfalls durch die betr. Consulate zu Newyork, leicht effectuiert werden könnte. Die Statuierung eines solchen Beispiels würde für die Menschheit von gesegneten Folgen sein!
Ehrfurchtsvoll verharre Eines Hohen Staats-Ministeriums ganz gehorsamer gez: Krebs, Kgl. Preuß. Ober-Steuer Kontroleur a. D.
Anmerkung Unterm nemlichen Tage wurde eine gleichlautende Eingabe ebenfalls von einer Abschrift der Klageschrift begleitet, auch von Unterzeichnetem an das Kgl. Würtemb. Hohe Staats-Ministerium nach Stuttgart hier in Mannheim franca zur Post gegeben gez: Krebs K. Pr. Ober-Steuer-Kontroleur a. D.
Ferner Unterm 6.ten Februar 1855, habe ich Großh. Staats-Ministerium zu Carlsruhe im Verfolg vorstehender Eingabe angezeigt, daß nach einem Schreiben meines Sohnes D.D. Newyork, 15. Januar 1855, die Klageschrift der Passagiere der Indiana, deshalb zu Newyork ohne alle Folge geblieben ist, weil in jenem Lande, ohne bedeutende Geldvorlage kein Einschreiben gegen so verbrecherisches Treiben zu erzielen sei. – Daher habe ich den gestellten Antrag b H. Staatsministerium zu Carlsruhe wiederholt. Mannheim, d. 1. März 1855. gez: Krebs.
Auf Ihre an den Herrn Ober-Präsidenten der Rheinprovinz gerichtete, von letzterem zur ressortmäßigen Verfügung an uns abgegebenen Beschwerde gegen den hiesigen Auswanderer-Transport-Agenten van Maenen vom 2. v. Mts. Haben wir den g. v. Maenen durch die hiesige Polizei-Behörde zur Vernehmung ziehen lassen. Derselbe hat indeß das angegebene Vertragsverhältniß gänzlich in Abrede gestellt, und behauptet lediglich als Spediteur hier das Haus Wood, Paillette, Courteville et Bielefeld in Havre und J. M. Bielefeld in Mannheim Ihren Sohn auf dessen Wunsch gegen die Speditionsgebühren nach Havre beförderte, und gleichzeitig auf den Antrag Ihres Sohnes 72 Reichsthaler Frachtkosten für Rechnung des obengedachten Hauses empfangen, ohne indeß seiner Seite mit demselben irgend einen Transport-Vertrag abgeschlossen zu haben. Wir bemerken übrigens hierbei, daß bis vor Kurzem den diesseitigen Auswanderer-Transport-Unternehmer und Agenten die Private Beförderung von Auswanderer über französische Höfen, also auch über Havre, Höhern Orts nicht gestattet war, und daher auch bei Richtigkeit Ihrer und Ihres Sohnes Angaben Ihrem Antrage auf Einziehung der 84 Reichsthaler Frachtkosten aus den seitens des gen. van Maenen hinterlegten Caution doch nicht deferirt werden könnte, indem letztere nur für gesetzlich zulässige Beförderungen haftet. Die Anlagen Ihrer Beschwerdeschrift folgen anbei zurück.
Cöln, d. 27. April 1855 Königlich Preußische Regierung.
gez:
Notiz am Rande der Seite:
Anmerkung
Nebenstehender Erlaß ist der Bescheid auf meinen Antrag vom 2. März d. J.; um ein Exempel zu statuieren, die betrügerisch erhobenen Beförderungskosten, aus der Caution des v. Maenen, meinem Sohn erstattet werden möchten. – Wahrlich ein sonderbarer Bescheid! - Ein preuß. Agent darf also sich selbst willkürlich außer den Bereich des Gesetzes stellen, und im Auftrag französisch-englischer Schwindler, einen Preußen dreist betrügen – und nur gegen den Betrug auf gesetzliche Autorisation wäre einzuschreiten. – Nach schlichtem Menschenverstande war im vorliegenden Fall der v. Maenen doppelt strafbar, und ihm wäre es ein Leichtes gewesen sich gegen seine franz. Vollmachtgeber kaufmännisch schadlos zu stellen. gez: Kriete
An den Königl. Preuß. Ober- Steuer-Controleur a. D. Herrn Diedr. Wilhelm Krebs Wohlgeboren Zu Mannheim
An
Hohen Senat
der freien Stadt
Bremen
Hoher Senat!
Bei jener Wichtigkeit, welche die Auswandererbeförderung vermittelst der Bremer Handelsmarine für sich in Anspruch zu nehmen hat und die, wenngleich durch Zeitverhältnisse, welche ihre Folgenschwere mehr als einem Welttheile fühlbar machten ein Rückschlag in derselben stattfinden mochte, unter andern Conjuncturen sicher noch einem Steigen entgegengehen dürfte, kann der Inhalt der Einlagen nicht ohne Interesse für Bremens und Hamburgs Rhederei sein, weil aus demselben abgeschlossen, aktenmäßig erhellet: Wie die deutsche Auswanderung in einer empörenden Weise durch französisch englische Prellerei ausgebeutet wird. Ich habe den Gegenstand für darnach angethan erachtet, ihn zur Kenntniß der Landesregierungen Preußens, Würtembergs und Badens – und außerdem auch speciell zu jener des Bundestages in Frankfurt am Main, zu bringen. Mir erschien das Pflicht. Ich habe sie erfüllt.
Für mich muß ich nunmehr ohne irgend welchen Erfolg zu gewahren, die Acten als geschlossen betrachten. Im Interesse der Deutschen Menschheit aber glaube ich, damit den Fall nicht der Vergessenheit übergeben zu sollen, denn in ihm liegen Momente die, die Deutschen Regierungen in ihrer Gesammtheit bestimmen sollten, der schmachvollen fremden Prellerei durchgreifend entgegen zu treten, und in Ansehung des Auswandererzuges, das engste Vernehmen mit Bremen und Hamburg anzubahnen. Hoher Senat der Freien Stadt Bremen, geruhe in dem Gesagten den Beweggrund zu sehen, aus welchem ich mir erlaube, Hochdasselbe das Gegenwärtige sammt seinen Anlagen, in tiefster Ehrerbietung und mit der inständigsten Bitte zu unterbreiten, davon jeden, der Sache entsprechenden Gebrauch zu machen. Mein Sohn, der auf dem Dampfer Indiana mit mißhandelte Dr. Hugo Krebs, ist gegenwärtig Pastor an der Deutschen evang. protest. Kirche zum H. Geist in St. Louis, Mo. – derselbe ist unser einziges Kind, und bei seinem und unserem Verlangen nach einer Wiedervereinigung für den Rest unserer Lebenstage, habe ich beschlossen, im nächsten Jahre mit meiner Frau, als Cajüts-Passagiere eines tüchtigen Bremer Kauffahrers die Reise nach New Orleans zu machen. Unbekannt in Bremen, aber mänlich deutsch, den deutschen Häfen und deutscher Sache im Sinne eines, noch kampfgerüsteten Mannes des Jahres 1813-15, herzlich zugethan, wage ich mich der Hoffnung hinzugeben, daß durch die Güte eines Hohen Senates, diese ehrerbietigen Zeilen die für mich erfreuliche Veranlassung werden könnten, demnächst bei einem der geehrten Bremer Herren Rheder auf möglichst billigem Wege, bei einem freundlichen Capitain, die Cajütsplätze für zwei an Leib und Geist – Gott Danke!- gesunde Leute zu finden. Ehrfurchtsvoll verharret als Eines Hohen Senates ganz gehorsamer Diener gez. Dr. W.m Krebs z. Z. Lehrer der Handelswissenschaften in Lahr. Baden. Lahr, am 18. Juli, 1855
Quelle: Handelskammer Bremen II-A.I.1.Bd.4 Nr.161
Erfassung und Bearbeitung: Die Maus, Gesellschaft für Familienforschung in Bremen