Gedenkblätter Friedrich Wölbling/019: Unterschied zwischen den Versionen
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macht. Den 6., nachmittags 2 Uhr. Ehe ich in die Lazarette gehe, will ich noch einStück weiter schreiben. Heute früh unterbrach mich der liebe Hohenthal und ein rheinischer Kandidat, Erstere hatte einen Brief und Gruß vom Hofprediger Hengstenberg, unserm teuren Patron. Ich bin sehr erfreut und getröstet, daß ein ordinirter Dom-Kandidat nach Wulkow und Radensleben geht, besonders um Lichts willen; ich hoffe von dir näheres zu erfahren. Mein Tageslauf ist folgender: Um ½7 stehe ich auf, das frühe Fahren weckt mich schon. Das Stübchen ist geheizt, ich bekomme auch sogleich Kaffee herauf. Frau Wirtin schickt die große Familienkanne, da trinke ich mich satt; und gibt es frisches, schönes Gebäck dazu. Nach meiner Morgenandacht bereite ich mich auf Andachten und Grabreden, oder schreibe Briefe an die Eltern und Verwandten der Soldaten. Bei diesen Schreiben muß ich mich recht vor meiner beliebten Kürze und Abruptheit hüten, damit die Leute auch etwas davon haben. Dann machte ich Einzelbesuche oder hole aus dem Depot Bücher, ein Hemde und anderes mehr. Um 1 Uhr esse ich in einem Gasthause für 14 Schillinge recht gut. Die Hauptbesuchszeit in den Lazaretten ist von 2 – 5 Uhr. Nach dem Abendessen nist man müde und gehe ich früh zu Bette. Mit meinem Schlafe geht es nicht schlechter als zu Hause, manchmal wohl besser. Der gute Manger hat mir bald nach unserer Begegnung geschrieben aus der Zelt-Schanze 9, den Tornister als Schreibtisch benutzend; um noch einmal seine Freude über das Wiedersehen zu bezeugen. Alss ich vorigen Sonntag aus dem Lazarett im Talar nach Hause ging, redete mich ein Trainsoldat an. Ich erkannte ihn nicht. “Ich bin von Ihnen konfirmiert”, sagte er, es war Christian Schulze aus dem Gemeindehause. Aehnlich erging es mir gestern mit einem Ingenieur in Bellevue, gebürtig aus Weißenfels. Doch ich muß schließen. Gelobt sei der Herr für alles hier und dort. Grüße herzlich Alle. An Licht habe ich geschrieben. Grüße auch Collen, den getreuen Nachbarn. Clara, Lydia, Martha und Maria, Gottliebe und Marie und ganz Radensleben “seien in Gottes Schutz geschlossen”. | |||
Dein getreuer Wölbling |
Version vom 20. März 2010, 15:16 Uhr
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macht. Den 6., nachmittags 2 Uhr. Ehe ich in die Lazarette gehe, will ich noch einStück weiter schreiben. Heute früh unterbrach mich der liebe Hohenthal und ein rheinischer Kandidat, Erstere hatte einen Brief und Gruß vom Hofprediger Hengstenberg, unserm teuren Patron. Ich bin sehr erfreut und getröstet, daß ein ordinirter Dom-Kandidat nach Wulkow und Radensleben geht, besonders um Lichts willen; ich hoffe von dir näheres zu erfahren. Mein Tageslauf ist folgender: Um ½7 stehe ich auf, das frühe Fahren weckt mich schon. Das Stübchen ist geheizt, ich bekomme auch sogleich Kaffee herauf. Frau Wirtin schickt die große Familienkanne, da trinke ich mich satt; und gibt es frisches, schönes Gebäck dazu. Nach meiner Morgenandacht bereite ich mich auf Andachten und Grabreden, oder schreibe Briefe an die Eltern und Verwandten der Soldaten. Bei diesen Schreiben muß ich mich recht vor meiner beliebten Kürze und Abruptheit hüten, damit die Leute auch etwas davon haben. Dann machte ich Einzelbesuche oder hole aus dem Depot Bücher, ein Hemde und anderes mehr. Um 1 Uhr esse ich in einem Gasthause für 14 Schillinge recht gut. Die Hauptbesuchszeit in den Lazaretten ist von 2 – 5 Uhr. Nach dem Abendessen nist man müde und gehe ich früh zu Bette. Mit meinem Schlafe geht es nicht schlechter als zu Hause, manchmal wohl besser. Der gute Manger hat mir bald nach unserer Begegnung geschrieben aus der Zelt-Schanze 9, den Tornister als Schreibtisch benutzend; um noch einmal seine Freude über das Wiedersehen zu bezeugen. Alss ich vorigen Sonntag aus dem Lazarett im Talar nach Hause ging, redete mich ein Trainsoldat an. Ich erkannte ihn nicht. “Ich bin von Ihnen konfirmiert”, sagte er, es war Christian Schulze aus dem Gemeindehause. Aehnlich erging es mir gestern mit einem Ingenieur in Bellevue, gebürtig aus Weißenfels. Doch ich muß schließen. Gelobt sei der Herr für alles hier und dort. Grüße herzlich Alle. An Licht habe ich geschrieben. Grüße auch Collen, den getreuen Nachbarn. Clara, Lydia, Martha und Maria, Gottliebe und Marie und ganz Radensleben “seien in Gottes Schutz geschlossen”.
Dein getreuer Wölbling