Herforder Chronik (1910)/201: Unterschied zwischen den Versionen

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Das in oben erwähnter Kanzelinschrift enthaltene Datum - 5. August 1610 - hat seine Geschichte.
 
Wie bereits gesagt, waren während des 60 Jahre langen Kirchenschlusses die evangelischen Radewiger auf die Gottesdienste in der Münsterkirche angewiesen und nachdem 1590 die Kirche wieder eröffnet worden war, gestattete die evangelische Äbtissin
 
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Magdalena I. von der Lippe (1589-1604)
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auf Verwendung des Bürgermeisters Brudtlacht, daß in der Jakobikirche zuerst Donnerstags eine Wochenpredigt, darauf Sonntags Vor- und Nachmittagspredigten gehalten werden durften. Alle anderen gottesdienstlichen Handlungen, wie Spendung des heiligen Abendmahls, Taufen, Trauungen u. a. m. mußten in der Münsterkirche stattfinden. Aus jener Inschrift lesen wir nun eine innige Freude darüber heraus, daß die Radewiger Bürgerschaft, der zwiespältigen Kirchenverhältnisse müde, an jenem 5. August 1610 mit der Predigt auch die Spendung der Sakramente verbunden, mithin einen vollständigen Gottesdienst eingeführt habe. Dieser Bruch der Radewiger mit dem Abhängigkeitsverhältnisse von der Münsterkirche bewog die Äbtissin
 
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Felicitas von Eberstein (1604-1621),
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zu lebhaftem mündlichen wie schriftlichen Widerspruch dagegen beim Magistrat, der in seiner amtlichen Erklärung zu gütiger Einigung riet. Der Einfluß Brudtlachts auf den Gang der Ereignisse in allen diesen Vorgängen ist unverkennbar, wenn wir seine beständige Sorge um den äußern und innern Ausbau der Kirche überdenken, die er als seine Kirche anzusehen eine gewisse Berechtigung hatte, und die ihm ans Herz gewachsen war wie eine liebe Tochter.
 
Bevor es ihm möglich gewesen war, die Zwistigkeiten zu einem für die Radewiger guten Ende zu führen, ereilte ihn 1613 der Tod. Nach seinem Abscheiden fachte sein letzter Wille, bei der von ihm geliebten Kirche seine letzte Ruhestätte zu finden, was auch geschah, den Streit noch lebhafter an. Es war von jeher als selbstverständlich angesehen worden, daß die Radewiger auf der Altstadt beerdigt wurden, und nun war mit diesem ersten Begräbnis auf der Radewig die Lösung eines neuen Bandes von der Mutterkirche ausgesprochen worden. Der Äbtissin Beschwerden bei dem „possidirenden“ (regierenden) Herzog von Jülich hatten keinen Erfolg; die Radewiger blieben unbehelligt in allen ihren kirchlichen Handlungen.
 
Der unerquickliche Streit aber um die kirchlichen Berechtigungen dauerte unter Äbtissin Magdalena II. von der Lippe fort, bis sie 1630 der Jakobikirche die uneingeschränkte Ausübung aller kirchlichen Handlungen für die Radewig zugestand.
 
Ein besonderer Kirchensprengel wurde nicht abgegrenzt, weil die Radewiger Feldmark bis zur Landwehr nicht bewohnt war und die meisten Ländereien darin Eigentum des zur Radewig gehörenden Hofes Odenhausen waren. Die jenseit des Stadtgebietes liegenden Güter dagegen, Stedefreund und Hausheide, schlossen sich nach der Kircheneröffnung der Radewiger Gemeinde

Aktuelle Version vom 20. August 2009, 18:53 Uhr

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Das in oben erwähnter Kanzelinschrift enthaltene Datum - 5. August 1610 - hat seine Geschichte.

Wie bereits gesagt, waren während des 60 Jahre langen Kirchenschlusses die evangelischen Radewiger auf die Gottesdienste in der Münsterkirche angewiesen und nachdem 1590 die Kirche wieder eröffnet worden war, gestattete die evangelische Äbtissin

Magdalena I. von der Lippe (1589-1604)

auf Verwendung des Bürgermeisters Brudtlacht, daß in der Jakobikirche zuerst Donnerstags eine Wochenpredigt, darauf Sonntags Vor- und Nachmittagspredigten gehalten werden durften. Alle anderen gottesdienstlichen Handlungen, wie Spendung des heiligen Abendmahls, Taufen, Trauungen u. a. m. mußten in der Münsterkirche stattfinden. Aus jener Inschrift lesen wir nun eine innige Freude darüber heraus, daß die Radewiger Bürgerschaft, der zwiespältigen Kirchenverhältnisse müde, an jenem 5. August 1610 mit der Predigt auch die Spendung der Sakramente verbunden, mithin einen vollständigen Gottesdienst eingeführt habe. Dieser Bruch der Radewiger mit dem Abhängigkeitsverhältnisse von der Münsterkirche bewog die Äbtissin

Felicitas von Eberstein (1604-1621),

zu lebhaftem mündlichen wie schriftlichen Widerspruch dagegen beim Magistrat, der in seiner amtlichen Erklärung zu gütiger Einigung riet. Der Einfluß Brudtlachts auf den Gang der Ereignisse in allen diesen Vorgängen ist unverkennbar, wenn wir seine beständige Sorge um den äußern und innern Ausbau der Kirche überdenken, die er als seine Kirche anzusehen eine gewisse Berechtigung hatte, und die ihm ans Herz gewachsen war wie eine liebe Tochter.

Bevor es ihm möglich gewesen war, die Zwistigkeiten zu einem für die Radewiger guten Ende zu führen, ereilte ihn 1613 der Tod. Nach seinem Abscheiden fachte sein letzter Wille, bei der von ihm geliebten Kirche seine letzte Ruhestätte zu finden, was auch geschah, den Streit noch lebhafter an. Es war von jeher als selbstverständlich angesehen worden, daß die Radewiger auf der Altstadt beerdigt wurden, und nun war mit diesem ersten Begräbnis auf der Radewig die Lösung eines neuen Bandes von der Mutterkirche ausgesprochen worden. Der Äbtissin Beschwerden bei dem „possidirenden“ (regierenden) Herzog von Jülich hatten keinen Erfolg; die Radewiger blieben unbehelligt in allen ihren kirchlichen Handlungen.

Der unerquickliche Streit aber um die kirchlichen Berechtigungen dauerte unter Äbtissin Magdalena II. von der Lippe fort, bis sie 1630 der Jakobikirche die uneingeschränkte Ausübung aller kirchlichen Handlungen für die Radewig zugestand.

Ein besonderer Kirchensprengel wurde nicht abgegrenzt, weil die Radewiger Feldmark bis zur Landwehr nicht bewohnt war und die meisten Ländereien darin Eigentum des zur Radewig gehörenden Hofes Odenhausen waren. Die jenseit des Stadtgebietes liegenden Güter dagegen, Stedefreund und Hausheide, schlossen sich nach der Kircheneröffnung der Radewiger Gemeinde