Herforder Chronik (1910)/068: Unterschied zwischen den Versionen

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===Der Zehntenstreit der Klöster Corvey und Herford mit dem Bistum Osnabrück<ref><tt>W. U. B. I</tt>, 319 ff. und Brandi, (Über den Zehntenstreit) in der Westd. Ztschr.</ref>. ===
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Während der Regierungszeit Kaiser Heinrichs IV. (1056-1106) befand sich das Stift Herford in den unerquicklichen Streit verwickelt, den die Osnabrücker Bischöfe um die Wiedererlangung der ihnen entrissenen Zehnteneinkünfte mit Kaisern und Päpsten führten.
 
Teils also, weil, wie gesagt, Herford in diesem Streite stark in Mitleidenschaft gezogen war, teils aber auch, weil das Hin- und Herwogen der Leidenschaften, der Ränke, der Zwistigkeiten in dem Zehntenstreite<ref>Unter „Zehnten“ versteht man die Abgabe des zehnten Teils der Bodenerträgnisse an den Lehnsherrn.</ref> eine lebendige Anschauung von dem Getriebe jener Zeiten liefern, möchten wir uns nicht versagen, wenigstens einen kurzen Überblick über jene Wirren zu geben.
 
Die Ursache des Streites liegt weit zurück in der Regierungszeit des karolingischen Kaisers Ludwig des Frommen.
 
Bekanntlich hatten seine Söhne den wenig tatkräftigen Kaiser gezwungen, im Jahre 833 sich der Demütigung einer öffentlich vor versammelten Großen des Reiches, weltlichen wie geistlichen, veranstalteten Kirchenbuße zu Soissons und zwar im härenen Büßergewande zu unterziehen. Beim Ablegen seines weltlichen Gewandes und seiner Waffen wollte sich, so hatte es den Anschein, der Bischof Goswin von Osnabrück gegenüber den Söhnen Ludwigs hervortun: in roher Weise entriß er dem Kaiser das Schwert mit Gewalt.
 
Als nicht lange danach durch die Bemühungen seiner Freunde Ludwigs kaiserliches Ansehen wieder hergestellt war, hielt es Bischof Goswin für geraten, der zu erwartenden Ungnade des Kaisers auszuweichen und sich in Verborgenheit zu halten. Der Kaiser zerstückelte nun das herrenlose Bistum Osnabrück, indem er u. a. die Celle, d. i. die Missionsstation, zu Meppen dem Kloster Corvey und die Kirche zu Bünde mit den ihr unterstehenden Filialen dem Stift Herford zuwies. Unter Ludwig dem Deutschen, seinem Sohne und Nachfolger, erhielt Abt Warin von Corvey und Äbtissin Addila von Herford sogar noch den Bezug von drei Vierteilen der Zehnteinkünfte des Bistums Osnabrück.
 
Dem folgenden Bischof Gauzbert, dessen Einkünfte also nur aus dem vierten Teil der Zehnten seines Bistums bestanden, wurden zwar, jedoch nur in geringem Maße, Verbesserungen seiner Bezüge zuteil; der Haupteil verblieb Corvey und Herford.
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11.

Der Zehntenstreit der Klöster Corvey und Herford mit dem Bistum Osnabrück[1].

Während der Regierungszeit Kaiser Heinrichs IV. (1056-1106) befand sich das Stift Herford in den unerquicklichen Streit verwickelt, den die Osnabrücker Bischöfe um die Wiedererlangung der ihnen entrissenen Zehnteneinkünfte mit Kaisern und Päpsten führten.

Teils also, weil, wie gesagt, Herford in diesem Streite stark in Mitleidenschaft gezogen war, teils aber auch, weil das Hin- und Herwogen der Leidenschaften, der Ränke, der Zwistigkeiten in dem Zehntenstreite[2] eine lebendige Anschauung von dem Getriebe jener Zeiten liefern, möchten wir uns nicht versagen, wenigstens einen kurzen Überblick über jene Wirren zu geben.

Die Ursache des Streites liegt weit zurück in der Regierungszeit des karolingischen Kaisers Ludwig des Frommen.

Bekanntlich hatten seine Söhne den wenig tatkräftigen Kaiser gezwungen, im Jahre 833 sich der Demütigung einer öffentlich vor versammelten Großen des Reiches, weltlichen wie geistlichen, veranstalteten Kirchenbuße zu Soissons und zwar im härenen Büßergewande zu unterziehen. Beim Ablegen seines weltlichen Gewandes und seiner Waffen wollte sich, so hatte es den Anschein, der Bischof Goswin von Osnabrück gegenüber den Söhnen Ludwigs hervortun: in roher Weise entriß er dem Kaiser das Schwert mit Gewalt.

Als nicht lange danach durch die Bemühungen seiner Freunde Ludwigs kaiserliches Ansehen wieder hergestellt war, hielt es Bischof Goswin für geraten, der zu erwartenden Ungnade des Kaisers auszuweichen und sich in Verborgenheit zu halten. Der Kaiser zerstückelte nun das herrenlose Bistum Osnabrück, indem er u. a. die Celle, d. i. die Missionsstation, zu Meppen dem Kloster Corvey und die Kirche zu Bünde mit den ihr unterstehenden Filialen dem Stift Herford zuwies. Unter Ludwig dem Deutschen, seinem Sohne und Nachfolger, erhielt Abt Warin von Corvey und Äbtissin Addila von Herford sogar noch den Bezug von drei Vierteilen der Zehnteinkünfte des Bistums Osnabrück.

Dem folgenden Bischof Gauzbert, dessen Einkünfte also nur aus dem vierten Teil der Zehnten seines Bistums bestanden, wurden zwar, jedoch nur in geringem Maße, Verbesserungen seiner Bezüge zuteil; der Haupteil verblieb Corvey und Herford.

  1. W. U. B. I, 319 ff. und Brandi, (Über den Zehntenstreit) in der Westd. Ztschr.
  2. Unter „Zehnten“ versteht man die Abgabe des zehnten Teils der Bodenerträgnisse an den Lehnsherrn.