Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/293: Unterschied zwischen den Versionen

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und die Sache dann auf dem Wege der Gesetzgebung durchgeführt ward, hatte dies für die Herzogthümer nur indirecte Wirkung, insofern als für die Sache das Interesse geweckt ward, und die darauf gerichteten Bestrebungen Begünstigung fanden; denn hier nahm die Angelegenheit wesentlich einen anderen Gang, und erst nachdem im Königreiche die Maßregel durchgeführt war, kam sie für die Herzogthümer zur Verbreitung und Ausführung.
 
Bereits in der ersten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts unter König Christian IV. war ein Versuch gemacht worden, den dänischen Adel zur Freilassung der Leibeigenen zu bewegen, und der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft deshalb ein Vorschlag gestellt worden, jedoch ohne Erfolg. Darauf zu Anfang der neunziger Jahre des folgenden Jahrhunderts ergriff die Regierung die Initiative in dieser Angelegenheit und begann die nöthigen Vorbereitungen. Schon seit Decennien beschäftigte sich die Literatur lebhaft mit diesem Gegenstande, und sehr förderlich war dafür ein sachverständiges Bedenken von Oeder<ref>Oeder, Ueber die Frage, wie dem Bauernstande Freiheit und Eigenthum in den Ländern, wo ihm beides fehlet, verschaffet werden könne. Leipzig 1769. Zusätze dazu 1771. Neue Aufl. Altona 1786.</ref> über die Art und Weise, wie dem Bauernstande Freiheit und Eigenthum zu verschaffen sei. Die Zahl der Leibeigenen in den gutsherrlichen Bezirken betrug in den Herzogthümern gegen 20,000 Familien. Die Aufhebung dieser Eigenbehörigkeit bewirkte eine völlige Umänderung der gesammten Gutswirthschaft, aber auch die moralischen Wirkungen waren sehr bedeutend und wurden bald sehr stark empfunden. Die öffentliche Meinung ergriff daher den Gegenstand mit dem lebendigsten Interesse, welches nicht bloß auf die unglückliche Lage der Leibeigenen sich richtete, sondern auch gefördert ward durch die damals herrschenden Ideen über die unveräußerlichen Menschenrechte. Die Lage der Leibeigenen war übrigens sehr verschieden nach der Verschiedenheit der Gutsbesitzer, und es ist nicht zu leugnen, daß manche Gutsbesitzer zu den milderen Herren gehörten, während freilich auch andrerseits einzelne traurige Excesse geschichtlich bekannt geworden sind. Nicht auf allen Gütern ohne Ausnahme waren die Untergehörigen Leibeigene, vielmehr gab es sowohl in Holstein wie in Schleswig einige adlige Höfe, wo die Leibeigenschaft niemals stattgefunden hat, und dahin gehörten namentlich die Marschgüter. <noinclude>
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Aktuelle Version vom 25. Januar 2009, 09:23 Uhr

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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und die Sache dann auf dem Wege der Gesetzgebung durchgeführt ward, hatte dies für die Herzogthümer nur indirecte Wirkung, insofern als für die Sache das Interesse geweckt ward, und die darauf gerichteten Bestrebungen Begünstigung fanden; denn hier nahm die Angelegenheit wesentlich einen anderen Gang, und erst nachdem im Königreiche die Maßregel durchgeführt war, kam sie für die Herzogthümer zur Verbreitung und Ausführung.

Bereits in der ersten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts unter König Christian IV. war ein Versuch gemacht worden, den dänischen Adel zur Freilassung der Leibeigenen zu bewegen, und der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft deshalb ein Vorschlag gestellt worden, jedoch ohne Erfolg. Darauf zu Anfang der neunziger Jahre des folgenden Jahrhunderts ergriff die Regierung die Initiative in dieser Angelegenheit und begann die nöthigen Vorbereitungen. Schon seit Decennien beschäftigte sich die Literatur lebhaft mit diesem Gegenstande, und sehr förderlich war dafür ein sachverständiges Bedenken von Oeder[1] über die Art und Weise, wie dem Bauernstande Freiheit und Eigenthum zu verschaffen sei. Die Zahl der Leibeigenen in den gutsherrlichen Bezirken betrug in den Herzogthümern gegen 20,000 Familien. Die Aufhebung dieser Eigenbehörigkeit bewirkte eine völlige Umänderung der gesammten Gutswirthschaft, aber auch die moralischen Wirkungen waren sehr bedeutend und wurden bald sehr stark empfunden. Die öffentliche Meinung ergriff daher den Gegenstand mit dem lebendigsten Interesse, welches nicht bloß auf die unglückliche Lage der Leibeigenen sich richtete, sondern auch gefördert ward durch die damals herrschenden Ideen über die unveräußerlichen Menschenrechte. Die Lage der Leibeigenen war übrigens sehr verschieden nach der Verschiedenheit der Gutsbesitzer, und es ist nicht zu leugnen, daß manche Gutsbesitzer zu den milderen Herren gehörten, während freilich auch andrerseits einzelne traurige Excesse geschichtlich bekannt geworden sind. Nicht auf allen Gütern ohne Ausnahme waren die Untergehörigen Leibeigene, vielmehr gab es sowohl in Holstein wie in Schleswig einige adlige Höfe, wo die Leibeigenschaft niemals stattgefunden hat, und dahin gehörten namentlich die Marschgüter.


  1. Oeder, Ueber die Frage, wie dem Bauernstande Freiheit und Eigenthum in den Ländern, wo ihm beides fehlet, verschaffet werden könne. Leipzig 1769. Zusätze dazu 1771. Neue Aufl. Altona 1786.