Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)/018: Unterschied zwischen den Versionen

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Besitztitels aber stehen „in gemeinschaftlichem Besitz“ nur 33 Dessjatinen u.s.w.
Besitztitels aber stehen „in gemeinschaftlichem Besitz“ nur 33 Dessjatinen u. s. w.


7) Trotz der Versicherung der Jekaterinosslawschen Besitzurkunden nehmen nach dem Gesetz (Anmerkung zu P. 1, Art. 4 der Regeln von 1871) die Landlosen nicht Theil an der Verwaltung der Ländereien der Hausbesitzer.
7) Trotz der Versicherung der Jekaterinosslawschen Besitzurkunden nehmen nach dem Gesetz (Anmerkung zu P. 1, Art. 4 der Regeln von 1871) die Landlosen nicht Theil an der Verwaltung der Ländereien der Hausbesitzer.


8) Die Jekaterinosslawschen Besitztitel schreiben den Anwohnern ein Recht der Benutzung der Viehweide zu. Dies ist wider Verstehen und Wollen der Wirthe geschehen und wird in Wirklichkeit nicht beobachtet<ref>Es hat auch seine Schwierigkeit dies zu beobachten, denn wenn ein Wirth mit 58 oder 63 Dessjatinen 15 Stück Vieh auf die Weide treibt, so müßte ein Anwohner, der nur einen Hof eine Dessjatine groß besitzt, 7 Stück Vieh austreiben.</ref>. Dieser Fehler hat seinen Ursprung wahrscheinlich in der Instruction, die den Verfassern der Besitztitel vom Domänenministerium ertheilt war: dieses Ministerium erkannte noch im Jahre 1873, in dem Gutachten des Fürsten Lieven über die beklagten Besitztitel der Molotschnaer Mennoniten, den Anwohnern ein gesetzliches Weiderecht zu, und erst, nachdem die mennonitischen Wirthe jenes Gutachten beklagt hatten, fand Minister Walujew im Herbst 1878, daß die Anwohner in solches Recht nicht haben.
8) Die Jekaterinosslawschen Besitztitel schreiben den Anwohnern ein Recht der Benutzung der Viehweide zu. Dies ist wider Verstehen und Wollen der Wirthe geschehen und wird in Wirklichkeit nicht beobachtet<ref>Es hat auch seine Schwierigkeit dies zu beobachten, denn wenn ein Wirth mit 58 oder 63 Dessjatinen 15 Stück Vieh auf die Weide treibt, so müßte ein Anwohner, der nur einen Hof eine Dessjatine groß besitzt, 7 Stück Vieh austreiben.</ref>. Dieser Fehler hat seinen Ursprung wahrscheinlich in der Instruction, die den Verfassern der Besitztitel vom Domänenministerium ertheilt war: dieses Ministerium erkannte noch im Jahre 1873, in dem Gutachten des Fürsten Lieven über die beklagten Besitztitel der Molotschnaer Mennoniten, den Anwohnern ein gesetzliches Weiderecht zu, und erst, nachdem die mennonitischen Wirthe jenes Gutachten beklagt hatten, fand Minister Walujew im Herbst 1878, daß die Anwohner ein solches Recht nicht haben.


9) Durch den Zusatz „in gemeindlicher Verwaltung“ bemühen sich augenscheinlich die Besitztitel des Cherson'schen und Jekaterinosslaw'schen Gouvernements anzudeuten, daß das Recht des Ansiedlers nicht an gewissen Stellen und Grundstücken hafte, sondern sich nur auf eine gewisse Menge Landes erstrecke, daß die Stellen der Landbenutzung in einem gewissen Zeitraum für die einzelnen Ansiedler von der Anweisung durch die Gemeinde und daß die Abtretung des Landbenutzungsrechts von der Einwilligung der Gemeinde abhänge. Aber in seiner Unbestimmtheit erreicht jener Zusatz seinen Zweck nicht: indem die Verfasser nicht erklärten, daß die Landantheile der Familien unter einander nicht abgegrenzt sind und die Ländereien des Dorfes von Zeit zu Zeit ausgetheilt werden, ließen sie außer Acht, daß der jenem Zusatz vorangehende Ausdruck „hofweise erbliche Nutznießung“ mit dem Erscheinen der Bauernordnungen (1861) fortan ein technischer Ausdruck wurde, der abgetheilte Parzellen unbeschränkten persönlichen Eigenthums bezeichnet. Es widerspricht sich also die Erklärung der Cherson'schen und Jekaterinoslaw'schen Besitzurkunden. Parzellen privaten Eigenthums, wenn solche in den Colonien vorhanden wären, kann die Gemeinde nicht Umtheilungen unterziehen sie kann auch das Recht der Besitzer in Veräußerung solcher Parzellen nicht beschränken. Ebenso ist auch die kurze Erklärung der taurischen und bessarabischen Besitztitel, als befinden sich die Ländereien der Dörfer „in hofweise erblicher Nutznießung“, unrichtig.
9) Durch den Zusatz „in gemeindlicher Verwaltung“ bemühen sich augenscheinlich die Besitztitel des Cherson'schen und Jekaterinosslaw'schen Gouvernements anzudeuten, daß das Recht des Ansiedlers nicht an gewissen Stellen und Grundstücken hafte, sondern sich nur auf eine gewisse Menge Landes erstrecke, daß die Stellen der Landbenutzung in einem gewissen Zeitraum für die einzelnen Ansiedler von der Anweisung durch die Gemeinde und daß die Abtretung des Landbenutzungsrechts von der Einwilligung der Gemeinde abhänge. Aber in seiner Unbestimmtheit erreicht jener Zusatz seinen Zweck nicht: indem die Verfasser nicht erklärten, daß die Landantheile der Familien unter einander nicht abgegrenzt sind und die Ländereien des Dorfes von Zeit zu Zeit ausgetheilt werden, ließen sie außer Acht, daß der jenem Zusatz vorangehende Ausdruck „hofweise erbliche Nutznießung“ mit dem Erscheinen der Bauernordnungen (1861) fortan ein technischer Ausdruck wurde, der abgetheilte Parzellen unbeschränkten persönlichen Eigenthums bezeichnet. Es widerspricht sich also die Erklärung der Cherson'schen und Jekaterinoslaw'schen Besitzurkunden. Parzellen privaten Eigenthums, wenn solche in den Colonien vorhanden wären, kann die Gemeinde nicht Umtheilungen unterziehen sie kann auch das Recht der Besitzer in Veräußerung solcher Parzellen nicht beschränken. Ebenso ist auch die kurze Erklärung der taurischen und bessarabischen Besitztitel, als befinden sich die Ländereien der Dörfer „in hofweise erblicher Nutznießung“, unrichtig.

Aktuelle Version vom 13. Juli 2008, 07:13 Uhr

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Besitztitels aber stehen „in gemeinschaftlichem Besitz“ nur 33 Dessjatinen u. s. w.

7) Trotz der Versicherung der Jekaterinosslawschen Besitzurkunden nehmen nach dem Gesetz (Anmerkung zu P. 1, Art. 4 der Regeln von 1871) die Landlosen nicht Theil an der Verwaltung der Ländereien der Hausbesitzer.

8) Die Jekaterinosslawschen Besitztitel schreiben den Anwohnern ein Recht der Benutzung der Viehweide zu. Dies ist wider Verstehen und Wollen der Wirthe geschehen und wird in Wirklichkeit nicht beobachtet[1]. Dieser Fehler hat seinen Ursprung wahrscheinlich in der Instruction, die den Verfassern der Besitztitel vom Domänenministerium ertheilt war: dieses Ministerium erkannte noch im Jahre 1873, in dem Gutachten des Fürsten Lieven über die beklagten Besitztitel der Molotschnaer Mennoniten, den Anwohnern ein gesetzliches Weiderecht zu, und erst, nachdem die mennonitischen Wirthe jenes Gutachten beklagt hatten, fand Minister Walujew im Herbst 1878, daß die Anwohner ein solches Recht nicht haben.

9) Durch den Zusatz „in gemeindlicher Verwaltung“ bemühen sich augenscheinlich die Besitztitel des Cherson'schen und Jekaterinosslaw'schen Gouvernements anzudeuten, daß das Recht des Ansiedlers nicht an gewissen Stellen und Grundstücken hafte, sondern sich nur auf eine gewisse Menge Landes erstrecke, daß die Stellen der Landbenutzung in einem gewissen Zeitraum für die einzelnen Ansiedler von der Anweisung durch die Gemeinde und daß die Abtretung des Landbenutzungsrechts von der Einwilligung der Gemeinde abhänge. Aber in seiner Unbestimmtheit erreicht jener Zusatz seinen Zweck nicht: indem die Verfasser nicht erklärten, daß die Landantheile der Familien unter einander nicht abgegrenzt sind und die Ländereien des Dorfes von Zeit zu Zeit ausgetheilt werden, ließen sie außer Acht, daß der jenem Zusatz vorangehende Ausdruck „hofweise erbliche Nutznießung“ mit dem Erscheinen der Bauernordnungen (1861) fortan ein technischer Ausdruck wurde, der abgetheilte Parzellen unbeschränkten persönlichen Eigenthums bezeichnet. Es widerspricht sich also die Erklärung der Cherson'schen und Jekaterinoslaw'schen Besitzurkunden. Parzellen privaten Eigenthums, wenn solche in den Colonien vorhanden wären, kann die Gemeinde nicht Umtheilungen unterziehen sie kann auch das Recht der Besitzer in Veräußerung solcher Parzellen nicht beschränken. Ebenso ist auch die kurze Erklärung der taurischen und bessarabischen Besitztitel, als befinden sich die Ländereien der Dörfer „in hofweise erblicher Nutznießung“, unrichtig.

Diese wesentlichen Mängel der Besitztitel und das Schweigen in denselben davon, daß die Angelegenheiten in Betreff der Nutznießung der nicht abgetheilten Landtheile und der Gebäude der Ansiedler (Uebergabe, Ererbung und Streitigkeiten


  1. Es hat auch seine Schwierigkeit dies zu beobachten, denn wenn ein Wirth mit 58 oder 63 Dessjatinen 15 Stück Vieh auf die Weide treibt, so müßte ein Anwohner, der nur einen Hof eine Dessjatine groß besitzt, 7 Stück Vieh austreiben.