Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)/022: Unterschied zwischen den Versionen
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Bauern (крестьяне) gleiche, zur Uebergabe von Landantheilen unter Gemeindegliedern ein Gemeindespruch hinlänglich sei. Seit 1879 jedoch werden in Bessarabien auf Forderung der Akkermaner Bauernbehörde notarielle Urkunden über Wirthschafts- und Hofübergaben in den Colonien abgeschlossen. Im Mai 1880 hieß das ständige Mitglied genannter Behörde, Tomarschluskij, den ihm vom Teptitzer Wolostvorsteher vorgelegten Entwurf eines Gemeindespruchs gut, nach welchem dann ein solcher Spruch abgefaßt und ein Kaufbrief abgeschlossen wurde, in welchen beiden eine abgetretene Wirthschaft als ein Grundstück bezeichnet war, das angeblich einerseits an das Grundstück des Ansiedlers N. K., andererseits an das Grundstück des Ansiedlers. N. N. grenze. Da aber in den meisten Dörfern die Ansiedler in jeder „Gewanne“ (Feld) nach dem Loose andere Nachbarn haben, bei jeder neuen Landumtheilung neue Nachbarn erhalten und der zu dem Lande eines Wirths gehörende Theil gemeinschaftlicher Viehweide nicht einmal zeitweilige Grenzen und Nachbarn hat, so mußte man sich gestehen, daß man mit der Abfassung ähnlicher Kaufbriefe nicht fortfahren könne, - und die jetzigen Kaufbriefe in Bessarabien lauten dahin, es sei verkauft worden: „der 60 Dessjatinen betragende Antheil des Ansiedlers N. N. am gemeinschaftlichen Lande des Dorfes N.“ | Bauern (крестьяне) gleiche, zur Uebergabe von Landantheilen unter Gemeindegliedern ein Gemeindespruch hinlänglich sei. Seit 1879 jedoch werden in Bessarabien auf Forderung der Akkermaner Bauernbehörde notarielle Urkunden über Wirthschafts- und Hofübergaben in den Colonien abgeschlossen. Im Mai 1880 hieß das ständige Mitglied genannter Behörde, Tomarschluskij, den ihm vom Teptitzer Wolostvorsteher vorgelegten Entwurf eines Gemeindespruchs gut, nach welchem dann ein solcher Spruch abgefaßt und ein Kaufbrief abgeschlossen wurde, in welchen beiden eine abgetretene Wirthschaft als ein Grundstück bezeichnet war, das angeblich einerseits an das Grundstück des Ansiedlers N. K., andererseits an das Grundstück des Ansiedlers. N. N. grenze. Da aber in den meisten Dörfern die Ansiedler in jeder „Gewanne“ (Feld) nach dem Loose andere Nachbarn haben, bei jeder neuen Landumtheilung neue Nachbarn erhalten und der zu dem Lande eines Wirths gehörende Theil gemeinschaftlicher Viehweide nicht einmal zeitweilige Grenzen und Nachbarn hat, so mußte man sich gestehen, daß man mit der Abfassung ähnlicher Kaufbriefe nicht fortfahren könne, - und die jetzigen Kaufbriefe in Bessarabien lauten dahin, es sei verkauft worden: „der 60 Dessjatinen betragende Antheil des Ansiedlers N. N. am gemeinschaftlichen Lande des Dorfes N.“ | ||
Im Taurischen Gouvernement fing die Abschließung von Kaufbriefen früher an und ist mehr verbreitet, als in den andern Gouvernements. Der Taganrogsche Obernotarius bestätigte Kaufbriefe über Wirthschaften in der Neuhoffnunger Wolost, Kreis Berdjansk, schon zu Anfang des Jahres 1874. Der Simferopolsche Obernotarius bestägtigte die ersten ähnlichen Kaufbriefe nicht früher, als bis ihm dies vom Bezirksgericht vorgeschrieben wurde. Die größte Anzahl von Kaufbriefen findet sich in den Dörfern des Melitopolschen Kreises. Die erstmaligen Kaufbriefe über eine Wirthschaft schlossen und schließen die Melitopolschen Notarien nicht anders ab, als bis ihnen ein die Wirthschaftsübergabe bewilligender Gemeindespruch vorgelegt worden (obgleich an diesen Gemeindesprüchen hie und da auch auswärtige, zur Gemeinde nicht zugezählte Ansiedler theilnehmen, die am Orte schon früher Land erwarben, s. oben). Die Kaufbriefe über Wirthschaften in den Colonien des Melitopol'schen Kreises sind überschrieben: „Dieses Gut steht in den Registern des Simferopoler Notariatsarchivs nicht verzeichnet,“ im Texte aber heißt es, es seien verkauft worden ein Hof im Dorfe N., der an die und die Höfe grenze, und 00 Dessjatinen brauchbaren Feldes, das sich innerhalb der gemeinschaftlichen Feldmarken des Dorfes N. befinde. Da frägt es sich: Mit welchem Recht lassen die Bauern- und Gerichtsbehörden und Notarien, indem die einen Kaufbriefe über Wirthschaftsübergaben vorschreiben und die andern solche abfassen und bestätigen, die speciellen Gesetze der Ansiedler bei Seite! - Weiter: Sobald ein Ansiedler über den Erwerb von Land in einer Colonie einen Kaufbrief, eine gerichtliche Theilungsurkunde oder einen Auctionsbrief (данная) in Händen hat, so fertigen auf solche Documente | Im Taurischen Gouvernement fing die Abschließung von Kaufbriefen früher an und ist mehr verbreitet, als in den andern Gouvernements. Der Taganrogsche Obernotarius bestätigte Kaufbriefe über Wirthschaften in der Neuhoffnunger Wolost, Kreis Berdjansk, schon zu Anfang des Jahres 1874. Der Simferopolsche Obernotarius bestägtigte die ersten ähnlichen Kaufbriefe nicht früher, als bis ihm dies vom Bezirksgericht vorgeschrieben wurde. Die größte Anzahl von Kaufbriefen findet sich in den Dörfern des Melitopolschen Kreises. Die erstmaligen Kaufbriefe über eine Wirthschaft schlossen und schließen die Melitopolschen Notarien nicht anders ab, als bis ihnen ein die Wirthschaftsübergabe bewilligender Gemeindespruch vorgelegt worden (obgleich an diesen Gemeindesprüchen hie und da auch auswärtige, zur Gemeinde nicht zugezählte Ansiedler theilnehmen, die am Orte schon früher Land erwarben, s. oben). Die Kaufbriefe über Wirthschaften in den Colonien des Melitopol'schen Kreises sind überschrieben: „Dieses Gut steht in den Registern des Simferopoler Notariatsarchivs nicht verzeichnet,“ im Texte aber heißt es, es seien verkauft worden ein Hof im Dorfe N., der an die und die Höfe grenze, und 00 Dessjatinen brauchbaren Feldes, das sich innerhalb der gemeinschaftlichen Feldmarken des Dorfes N. befinde. Da frägt es sich: Mit welchem Recht lassen die Bauern- und Gerichtsbehörden und Notarien, indem die einen Kaufbriefe über Wirthschaftsübergaben vorschreiben und die andern solche abfassen und bestätigen, die speciellen Gesetze der Ansiedler bei Seite! - Weiter: Sobald ein Ansiedler über den Erwerb von Land in einer Colonie einen Kaufbrief, eine gerichtliche Theilungsurkunde oder einen Auctionsbrief (данная<ref>''Anm.: данная (dannaja) = die Besitzurkunde - lt. PAWLOWSKY, J. "Russisch-Deutsches Wörterbuch"; Riga, Leipzig 1911; 3. Auflage, S.286''</ref>) in Händen hat, so fertigen auf solche Documente | ||
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Version vom 12. Juni 2008, 20:33 Uhr
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Bauern (крестьяне) gleiche, zur Uebergabe von Landantheilen unter Gemeindegliedern ein Gemeindespruch hinlänglich sei. Seit 1879 jedoch werden in Bessarabien auf Forderung der Akkermaner Bauernbehörde notarielle Urkunden über Wirthschafts- und Hofübergaben in den Colonien abgeschlossen. Im Mai 1880 hieß das ständige Mitglied genannter Behörde, Tomarschluskij, den ihm vom Teptitzer Wolostvorsteher vorgelegten Entwurf eines Gemeindespruchs gut, nach welchem dann ein solcher Spruch abgefaßt und ein Kaufbrief abgeschlossen wurde, in welchen beiden eine abgetretene Wirthschaft als ein Grundstück bezeichnet war, das angeblich einerseits an das Grundstück des Ansiedlers N. K., andererseits an das Grundstück des Ansiedlers. N. N. grenze. Da aber in den meisten Dörfern die Ansiedler in jeder „Gewanne“ (Feld) nach dem Loose andere Nachbarn haben, bei jeder neuen Landumtheilung neue Nachbarn erhalten und der zu dem Lande eines Wirths gehörende Theil gemeinschaftlicher Viehweide nicht einmal zeitweilige Grenzen und Nachbarn hat, so mußte man sich gestehen, daß man mit der Abfassung ähnlicher Kaufbriefe nicht fortfahren könne, - und die jetzigen Kaufbriefe in Bessarabien lauten dahin, es sei verkauft worden: „der 60 Dessjatinen betragende Antheil des Ansiedlers N. N. am gemeinschaftlichen Lande des Dorfes N.“
Im Taurischen Gouvernement fing die Abschließung von Kaufbriefen früher an und ist mehr verbreitet, als in den andern Gouvernements. Der Taganrogsche Obernotarius bestätigte Kaufbriefe über Wirthschaften in der Neuhoffnunger Wolost, Kreis Berdjansk, schon zu Anfang des Jahres 1874. Der Simferopolsche Obernotarius bestägtigte die ersten ähnlichen Kaufbriefe nicht früher, als bis ihm dies vom Bezirksgericht vorgeschrieben wurde. Die größte Anzahl von Kaufbriefen findet sich in den Dörfern des Melitopolschen Kreises. Die erstmaligen Kaufbriefe über eine Wirthschaft schlossen und schließen die Melitopolschen Notarien nicht anders ab, als bis ihnen ein die Wirthschaftsübergabe bewilligender Gemeindespruch vorgelegt worden (obgleich an diesen Gemeindesprüchen hie und da auch auswärtige, zur Gemeinde nicht zugezählte Ansiedler theilnehmen, die am Orte schon früher Land erwarben, s. oben). Die Kaufbriefe über Wirthschaften in den Colonien des Melitopol'schen Kreises sind überschrieben: „Dieses Gut steht in den Registern des Simferopoler Notariatsarchivs nicht verzeichnet,“ im Texte aber heißt es, es seien verkauft worden ein Hof im Dorfe N., der an die und die Höfe grenze, und 00 Dessjatinen brauchbaren Feldes, das sich innerhalb der gemeinschaftlichen Feldmarken des Dorfes N. befinde. Da frägt es sich: Mit welchem Recht lassen die Bauern- und Gerichtsbehörden und Notarien, indem die einen Kaufbriefe über Wirthschaftsübergaben vorschreiben und die andern solche abfassen und bestätigen, die speciellen Gesetze der Ansiedler bei Seite! - Weiter: Sobald ein Ansiedler über den Erwerb von Land in einer Colonie einen Kaufbrief, eine gerichtliche Theilungsurkunde oder einen Auctionsbrief (данная[1]) in Händen hat, so fertigen auf solche Documente
- ↑ Anm.: данная (dannaja) = die Besitzurkunde - lt. PAWLOWSKY, J. "Russisch-Deutsches Wörterbuch"; Riga, Leipzig 1911; 3. Auflage, S.286