Deutsche und französische Kultur im Elsass/040: Unterschied zwischen den Versionen

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und das Volk hat auch da, wo es ziemlich unbeeinflusst von französischen Vorbildern dem eigenen Geschmack folgte, so z. B. bei Entwickelung der bäuerlichen Frauentracht im Laufe des 19. Jahrhunderts, einen feinen Farben- und Formensinn bewiesen. So hat die französische Kultur Elemente und Voraussetzungen vorgefunden, die sie nur weiter zu entwickeln brauchte, aber freilich die Hauptsache, nämlich die eigentümliche Beschaffenheit und der hohe Stand der sinnlichen Kultur, wie wir sie heute im Elsass finden, sind in allen Hauptbeziehungen französisch. Denn die sinnliche Kultur mit Ausnahme der Musik hat seit dem Niedergang Italiens und der Niederlande ihre Heimat in Frankreich gefunden. So behauptet Frankreich eine fast unbestrittene Vorherrschaft auf allen Gebieten der bildenden Kunst. Malerei, Skulptur und Baukunst, die Kleinkunst der Medaillen, das Kunstgewerbe im weitesten Sinn des Wortes, sie alle finden heute in Frankreich fast unerreichte Vorbilder. Fast ebenso unbeschränkt herrscht Frankreich auf dem so unendlich wichtigen Gebiet der Frauenmode. Allerdings hat hier England eine Art Revolution versucht und in einigen Punkten auch den Sieg davongetragen. Da auch die vornehme Frau heute mehr zu Fusse geht als früher und überhaupt in ihrer Lebensweise dem Manne ähnlicher wird, so muss sie auch in Stoff und Schnitt ihrer alltäglichen Kostüme sich dieser Lebensweise anpassen. Die Teilnahme der Frauen an den Bewegungsspielen, an Märschen und endlich am Radfahrsport haben das Bedürfnis nach zweckmässiger Kleidung noch vermehrt. Hier ist nun England, wo ja auch die Frauen zuerst sich dieser männlicheren Lebensweise zuwandten, vorangegangen und hat besondere Kleidermoden aufgebracht, die sich von den französischen wesentlich unterscheiden. Aber die Kleidung, in der die Frau den meisten zu gefallen wünscht, wird in Paris geschaffen, und diese ist doch die wichtigste. Es ist bisher viel zu wenig betont worden, wie sehr sich der Farben- und Formensinn dieses Volkes gerade bei dieser Bethätigung offenbart, die in dem Leben der Menschen, sei es mit Recht oder Unrecht, eine höchst bedeutsame Rolle spielt. Ähnlich steht es nun mit der viel geübten, aber wenig besprochenen Kochkunst und der nahe verwandten Weinbehandlung. Auch hier steht Frankreich seit Jahrhunderten auf der höchsten Stufe und hat einen massgebenden Einfluss auf alle Kulturländer ausgeübt. Die Obst- und Blumenzucht, die Gartenkunst, die Parfümerie, mancherlei Sitten des geselligen Verkehrs, der Wohnungseinrichtung und der Ordnung des Hauswesens sind von Frankreich aus in die Welt gegangen und bilden völlig untrennbare Bestandteile der modernen Kultur aller Länder. Diese hochentwickelte Sinnenkultur hat nun das Elsass während seiner Zugehörigkeit zu Frankreich sich angeeignet, ja sogar selbständige Leistungen auf diesem Gebiete hervorgebracht. Es hat nicht
und das Volk hat auch da, wo es ziemlich unbeeinflusst von französischen Vorbildern dem eigenen Geschmack folgte, so z. B. bei Entwickelung der bäuerlichen Frauentracht im Laufe des 19. Jahrhunderts, einen feinen Farben- und Formensinn bewiesen. So hat die französische Kultur Elemente und Voraussetzungen vorgefunden, die sie nur weiter zu entwickeln brauchte, aber freilich die Hauptsache, nämlich die eigentümliche Beschaffenheit und der hohe Stand der sinnlichen Kultur, wie wir sie heute im Elsass finden, sind in allen Hauptbeziehungen französisch. Denn die sinnliche Kultur mit Ausnahme der Musik hat seit dem Niedergang Italiens und der Niederlande ihre Heimat in Frankreich gefunden. So behauptet Frankreich eine fast unbestrittene Vorherrschaft auf allen Gebieten der bildenden Kunst. Malerei, Skulptur und Baukunst, die Kleinkunst der Medaillen, das Kunstgewerbe im weitesten Sinn des Wortes, sie alle finden heute in Frankreich fast unerreichte Vorbilder. Fast ebenso unbeschränkt herrscht Frankreich auf dem so unendlich wichtigen Gebiet der Frauenmode. Allerdings hat hier England eine Art Revolution versucht und in einigen Punkten auch den Sieg davongetragen. Da auch die vornehme Frau heute mehr zu Fusse geht als früher und überhaupt in ihrer Lebensweise dem Manne ähnlicher wird, so muss sie auch in Stoff und Schnitt ihrer alltäglichen Kostüme sich dieser Lebensweise anpassen. Die Teilnahme der Frauen an den Bewegungsspielen, an Märschen und endlich am Radfahrsport haben das Bedürfnis nach zweckmässiger Kleidung noch vermehrt. Hier ist nun England, wo ja auch die Frauen zuerst sich dieser männlicheren Lebensweise zuwandten, vorangegangen und hat besondere Kleidermoden aufgebracht, die sich von den französischen wesentlich unterscheiden. Aber die Kleidung, in der die Frau den meisten zu gefallen wünscht, wird in Paris geschaffen, und diese ist doch die wichtigste. Es ist bisher viel zu wenig betont worden, wie sehr sich der Farben- und Formensinn dieses Volkes gerade bei dieser Bethätigung offenbart, die in dem Leben der Menschen, sei es mit Recht oder Unrecht, eine höchst bedeutsame Rolle spielt. Ähnlich steht es nun mit der viel geübten, aber wenig besprochenen Kochkunst und der nahe verwandten Weinbehandlung. Auch hier steht Frankreich seit Jahrhunderten auf der höchsten Stufe und hat einen massgebenden Einfluss auf alle Kulturländer ausgeübt. Die Obst- und Blumenzucht, die Gartenkunst, die Parfümerie, mancherlei Sitten des geselligen Verkehrs, der Wohnungseinrichtung und der Ordnung des Hauswesens sind von Frankreich aus in die Welt gegangen und bilden völlig untrennbare Bestandteile der modernen Kultur aller Länder. Diese hochentwickelte Sinnenkultur hat nun das Elsass während seiner Zugehörigkeit zu Frankreich sich angeeignet, ja sogar selbständige Leistungen auf diesem Gebiete hervorgebracht. Es hat nicht
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Aktuelle Version vom 8. April 2008, 09:20 Uhr

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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Bildunterschrift:
A. KOERTTGÉ: Portal, Dornengasse 9 in Strassburg.

und das Volk hat auch da, wo es ziemlich unbeeinflusst von französischen Vorbildern dem eigenen Geschmack folgte, so z. B. bei Entwickelung der bäuerlichen Frauentracht im Laufe des 19. Jahrhunderts, einen feinen Farben- und Formensinn bewiesen. So hat die französische Kultur Elemente und Voraussetzungen vorgefunden, die sie nur weiter zu entwickeln brauchte, aber freilich die Hauptsache, nämlich die eigentümliche Beschaffenheit und der hohe Stand der sinnlichen Kultur, wie wir sie heute im Elsass finden, sind in allen Hauptbeziehungen französisch. Denn die sinnliche Kultur mit Ausnahme der Musik hat seit dem Niedergang Italiens und der Niederlande ihre Heimat in Frankreich gefunden. So behauptet Frankreich eine fast unbestrittene Vorherrschaft auf allen Gebieten der bildenden Kunst. Malerei, Skulptur und Baukunst, die Kleinkunst der Medaillen, das Kunstgewerbe im weitesten Sinn des Wortes, sie alle finden heute in Frankreich fast unerreichte Vorbilder. Fast ebenso unbeschränkt herrscht Frankreich auf dem so unendlich wichtigen Gebiet der Frauenmode. Allerdings hat hier England eine Art Revolution versucht und in einigen Punkten auch den Sieg davongetragen. Da auch die vornehme Frau heute mehr zu Fusse geht als früher und überhaupt in ihrer Lebensweise dem Manne ähnlicher wird, so muss sie auch in Stoff und Schnitt ihrer alltäglichen Kostüme sich dieser Lebensweise anpassen. Die Teilnahme der Frauen an den Bewegungsspielen, an Märschen und endlich am Radfahrsport haben das Bedürfnis nach zweckmässiger Kleidung noch vermehrt. Hier ist nun England, wo ja auch die Frauen zuerst sich dieser männlicheren Lebensweise zuwandten, vorangegangen und hat besondere Kleidermoden aufgebracht, die sich von den französischen wesentlich unterscheiden. Aber die Kleidung, in der die Frau den meisten zu gefallen wünscht, wird in Paris geschaffen, und diese ist doch die wichtigste. Es ist bisher viel zu wenig betont worden, wie sehr sich der Farben- und Formensinn dieses Volkes gerade bei dieser Bethätigung offenbart, die in dem Leben der Menschen, sei es mit Recht oder Unrecht, eine höchst bedeutsame Rolle spielt. Ähnlich steht es nun mit der viel geübten, aber wenig besprochenen Kochkunst und der nahe verwandten Weinbehandlung. Auch hier steht Frankreich seit Jahrhunderten auf der höchsten Stufe und hat einen massgebenden Einfluss auf alle Kulturländer ausgeübt. Die Obst- und Blumenzucht, die Gartenkunst, die Parfümerie, mancherlei Sitten des geselligen Verkehrs, der Wohnungseinrichtung und der Ordnung des Hauswesens sind von Frankreich aus in die Welt gegangen und bilden völlig untrennbare Bestandteile der modernen Kultur aller Länder. Diese hochentwickelte Sinnenkultur hat nun das Elsass während seiner Zugehörigkeit zu Frankreich sich angeeignet, ja sogar selbständige Leistungen auf diesem Gebiete hervorgebracht. Es hat nicht