Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/054: Unterschied zwischen den Versionen
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Wer ist Odin? Ein Religionsstifter sagt man, ein nachher vergötterter König, ein in dem oder dem Jahrhundert vom schwarzen Meer, vom Tanais (Don), wo Asow Asgaard sein könnte, mit seinen Asen (Asiaten) gekommener. Bald scheint alles so historisch, daß die Könige des Nordens von Odin ihr Geschlecht ableiten können. Es läßt sich aber mit der Zeitrechnung nicht zurecht kommen und die Umstände wollen sich nicht vereinigen lassen; man sieht sich genöthigt, mehrere Odins anzunehmen. Dann wiederum erscheint Odin so sehr als eine Gottheit, daß er aller Geschichte entrückt wird. Es will, alles erwogen, sich kaum anders herausstellen, als daß man zu der Annahme hingedrängt wird, ursprünglich sei Odin Bezeichnung der Gottheit überhaupt, des höchsten Wesens, dem sonst die schöne Benennung „Allvater“ (Alfadur) beigelegt wird. Unter den vielen Namen Odins (- denn viele Namen hatte er, „weil jedes Volk das ihn anbeten wollte, seinen Namen in die eigne Sprache versetzen mußte“ -) ist auch dieser. „Odin wird genannt der Alle Vater, weil er ist der Vater aller Guten“ heißt es in der Edda, wodurch denn freilich die Vorstellung beschränkt wird, die wir sonst leicht an diesen Namen knüpfen möchten in christlichem Sinne, an den Urheber und Erhalter und Versorger alles dessen, was da ist, denkend. Diese Vorstellung fehlt in der alten Nordischen Religion, der Weltschöpfer fehlt. Gleich wie in andern heidnischen Religionen wird in kühner Bildersprache die Entstehung und der dereinstige Untergang der Welt dargestellt. Der Riese Ymer, aus dessen Leibe die Welt einst bereitet worden, wird einst wieder los, wenn die Dämmerung der Götter (Regna-Rokur) anbricht und mit ihm werden entfesselt alle Gewalten des Bösen. Im Kampfe erliegt selbst Odin; doch erhebt sich zuletzt ein neuer Himmel und eine neue Erde. Die Gewalten der Finsterniß bilden im ganzen Verlaufe der Zeit eine noch unüberwundene Macht; daher denn die durchstehende Idee eines beständigen Kampfes, eine Idee, die für das ganze Nordische Heidenthum die einflußreichste ist. Welche Lichtblicke auch immer, was das Wesen und Walten der Gottheit betrifft, darin sich zeigen möchten, wie manches tiefgedachte Wort da auch hervortreten mag, dennoch ist die Gottes-Idee keine reine. Die Gottheit selbst steht noch im Kampfe. Hier schließt zunächst nun eine Natur-Philosophie sich an, gleichwie in andern Götterlehren. In dem Kampf, der auf dem Natur-Gebiete dem beobachtenden Menschengeiste so bald erkennbar werden |
Aktuelle Version vom 30. März 2008, 12:24 Uhr
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Wer ist Odin? Ein Religionsstifter sagt man, ein nachher vergötterter König, ein in dem oder dem Jahrhundert vom schwarzen Meer, vom Tanais (Don), wo Asow Asgaard sein könnte, mit seinen Asen (Asiaten) gekommener. Bald scheint alles so historisch, daß die Könige des Nordens von Odin ihr Geschlecht ableiten können. Es läßt sich aber mit der Zeitrechnung nicht zurecht kommen und die Umstände wollen sich nicht vereinigen lassen; man sieht sich genöthigt, mehrere Odins anzunehmen. Dann wiederum erscheint Odin so sehr als eine Gottheit, daß er aller Geschichte entrückt wird. Es will, alles erwogen, sich kaum anders herausstellen, als daß man zu der Annahme hingedrängt wird, ursprünglich sei Odin Bezeichnung der Gottheit überhaupt, des höchsten Wesens, dem sonst die schöne Benennung „Allvater“ (Alfadur) beigelegt wird. Unter den vielen Namen Odins (- denn viele Namen hatte er, „weil jedes Volk das ihn anbeten wollte, seinen Namen in die eigne Sprache versetzen mußte“ -) ist auch dieser. „Odin wird genannt der Alle Vater, weil er ist der Vater aller Guten“ heißt es in der Edda, wodurch denn freilich die Vorstellung beschränkt wird, die wir sonst leicht an diesen Namen knüpfen möchten in christlichem Sinne, an den Urheber und Erhalter und Versorger alles dessen, was da ist, denkend. Diese Vorstellung fehlt in der alten Nordischen Religion, der Weltschöpfer fehlt. Gleich wie in andern heidnischen Religionen wird in kühner Bildersprache die Entstehung und der dereinstige Untergang der Welt dargestellt. Der Riese Ymer, aus dessen Leibe die Welt einst bereitet worden, wird einst wieder los, wenn die Dämmerung der Götter (Regna-Rokur) anbricht und mit ihm werden entfesselt alle Gewalten des Bösen. Im Kampfe erliegt selbst Odin; doch erhebt sich zuletzt ein neuer Himmel und eine neue Erde. Die Gewalten der Finsterniß bilden im ganzen Verlaufe der Zeit eine noch unüberwundene Macht; daher denn die durchstehende Idee eines beständigen Kampfes, eine Idee, die für das ganze Nordische Heidenthum die einflußreichste ist. Welche Lichtblicke auch immer, was das Wesen und Walten der Gottheit betrifft, darin sich zeigen möchten, wie manches tiefgedachte Wort da auch hervortreten mag, dennoch ist die Gottes-Idee keine reine. Die Gottheit selbst steht noch im Kampfe. Hier schließt zunächst nun eine Natur-Philosophie sich an, gleichwie in andern Götterlehren. In dem Kampf, der auf dem Natur-Gebiete dem beobachtenden Menschengeiste so bald erkennbar werden