Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/322: Unterschied zwischen den Versionen
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<big>322</big> <center> III. Staat und Kirche.</center> | |||
Wie zu jener Zeit, in der letzten Periode des Mittelalters, die Stellung unsrer Landesfürsten der Kirche gegenüber beschaffen war, und wie das Kirchenoberhaupt auf die Politik, wie auf die staatlichen und bürgerlichen Landesverhältnisse durch Verordnungen einzuwirken vermochte, ungeachtet der damals schon stark gesteigerten und ausgedehnten fürstlichen Machtvollkommenheit und Landeshoheit, das ist bei uns auch in merkwürdiger Weise urkundlich wahrzunehmen, und zwar in der Geschichte unseres ersten Landesherrn aus dem Oldenburgischen Hause. Es muß das daher hier zur Erwähnung kommen, zumal da diese Vorgänge und deren Bedeutung bis jetzt von unseren Historikern nicht gehörig verstanden und dargestellt sind. | |||
Christian I. unternahm 1474 seine pomphafte, sehr kostspielige Romfahrt, eine sogenannte Wallfahrt, zu Roß mit großem Gefolge von fürstlichen und ritterbürtigen Begleitern. Unterwegs stattete er dem Kaiser zu Rotenburg an der Tauber seinen Besuch ab und erlangte von ihm große Vergünstigungen, von denen wir bereits im vorigen Capitel einige hervorgehoben haben. In Rom hielt er einen feierlichen Einzug, in größtem Staat. Der huldigende Besuch des nordischen Königs mit seinem glänzenden Gefolge war für den Papst eine angenehme Ueberraschung und machte auf die Römer einen imponirenden Eindruck, wie italienische Chronisten jener Zeit bezeugen. Der König brachte dem heiligen Vater zu Fastenspeisen einen ansehnlichen Vorrath getrockneter Fische aus Norwegen. Der Papst dagegen decorirte den König mit der geweihten Rose, und was schwerer wog, er wurde veranlaßt, eine merkwürdige Bulle zu erlassen zur eventuellen Verbesserung der zerrütteten Finanzen Christian's I. in Schleswig-Holstein. Diese päpstliche Verordnung war ein Wuchergesetz, und formell insofern in Ordnung, als der Wucher bekanntlich auch zu den kirchlichen Verbrechen gehörte, das canonische Recht aber Zinsversprechen, mit Berufung auf die heilige Schrift, als <tt>usuraria pravitas</tt> behandelt. Unter diese Kategorie wurden nun die Creditverhältnisse und Schulden des Königs in unserm Lande gebracht, wo er von seinem Regierungsantritte an sich in seiner finanziellen Verlegenheit und Klemme durch erhebliche und zahlreiche Anleihen bei reichen Rittergutsbesitzern und Verpfändung fast aller Aemter und verschiedener Städte an dieselben sich zu |
Version vom 27. März 2008, 19:38 Uhr
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Wie zu jener Zeit, in der letzten Periode des Mittelalters, die Stellung unsrer Landesfürsten der Kirche gegenüber beschaffen war, und wie das Kirchenoberhaupt auf die Politik, wie auf die staatlichen und bürgerlichen Landesverhältnisse durch Verordnungen einzuwirken vermochte, ungeachtet der damals schon stark gesteigerten und ausgedehnten fürstlichen Machtvollkommenheit und Landeshoheit, das ist bei uns auch in merkwürdiger Weise urkundlich wahrzunehmen, und zwar in der Geschichte unseres ersten Landesherrn aus dem Oldenburgischen Hause. Es muß das daher hier zur Erwähnung kommen, zumal da diese Vorgänge und deren Bedeutung bis jetzt von unseren Historikern nicht gehörig verstanden und dargestellt sind.
Christian I. unternahm 1474 seine pomphafte, sehr kostspielige Romfahrt, eine sogenannte Wallfahrt, zu Roß mit großem Gefolge von fürstlichen und ritterbürtigen Begleitern. Unterwegs stattete er dem Kaiser zu Rotenburg an der Tauber seinen Besuch ab und erlangte von ihm große Vergünstigungen, von denen wir bereits im vorigen Capitel einige hervorgehoben haben. In Rom hielt er einen feierlichen Einzug, in größtem Staat. Der huldigende Besuch des nordischen Königs mit seinem glänzenden Gefolge war für den Papst eine angenehme Ueberraschung und machte auf die Römer einen imponirenden Eindruck, wie italienische Chronisten jener Zeit bezeugen. Der König brachte dem heiligen Vater zu Fastenspeisen einen ansehnlichen Vorrath getrockneter Fische aus Norwegen. Der Papst dagegen decorirte den König mit der geweihten Rose, und was schwerer wog, er wurde veranlaßt, eine merkwürdige Bulle zu erlassen zur eventuellen Verbesserung der zerrütteten Finanzen Christian's I. in Schleswig-Holstein. Diese päpstliche Verordnung war ein Wuchergesetz, und formell insofern in Ordnung, als der Wucher bekanntlich auch zu den kirchlichen Verbrechen gehörte, das canonische Recht aber Zinsversprechen, mit Berufung auf die heilige Schrift, als usuraria pravitas behandelt. Unter diese Kategorie wurden nun die Creditverhältnisse und Schulden des Königs in unserm Lande gebracht, wo er von seinem Regierungsantritte an sich in seiner finanziellen Verlegenheit und Klemme durch erhebliche und zahlreiche Anleihen bei reichen Rittergutsbesitzern und Verpfändung fast aller Aemter und verschiedener Städte an dieselben sich zu