Herforder Chronik (1910)/301: Unterschied zwischen den Versionen
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lang standen sich, ohne einen Schlag zu tun, die feindlichen Heere gegenüber, zwischen sich die Werre und die Stadt Herford, die sich wie in einer Zwickmühle befand. Denn keine von beiden Parteien achtete die Neutralität, worauf sich die Stadt berief, beide verlangten Entlassung der in Herford garnisonierenden Kompagnie des Herzogs Georg von Lüneburg, beide verlangten Aufnahme ihrer Truppen in die Stadt. Mit Mord und Brand drohend forderten die Schweden 200000 Pfund Brote, 300 Tonnen Bier, 20000 Taler bar Geld und monatliche Kontribution, - und mit denselben Drohungen beanspruchten die Kaiserlichen das gleiche. Die Erfüllung dieser maßlosen Forderungen, verbunden mit der Aufnahme einer größeren Truppenmenge, sei es von der einen oder der anderen Partei, hätte den Ruin der Stadt Herford bedeutet; da legte sich Anton Fürstenau, der Vetter des Stadtsyndikus Dr. Bernhard Fürstenau, ins Mittel. | |||
„<tt>Ipsis insciis</tt>, - er meint damit in seiner Verteidigungsschrift „Kurtzer jedoch wahrhaffter Bericht“, - ohne Wissen des Magistrats und der Bürgerschaft, verstand es der eifrige und kluge Mann, durch geschickt geführte Verhandlungen mit den beiden Heerführern nicht allein die unerhörten Forderungen herabzumindern, sondern auch die Parteien zur Anerkennung der Reichsfreiheit der Stadt zu vermögen. Freilich immer noch unter sehr großen Opfern. Denn nach Kretzschmars Aufstellung hatte die Stadt den Kaiserlichen vom Februar bis April l00 000 Pfund Brot, viele Tonnen Bier und 5000 Taler bar geliefert, im Mai für die Anerkennung der Neutralität noch weitere 2000 Taler; den Schweden gleichfalls 100 000 Pfund Brot, 200 Tonnen Bier und 8000 Taler bar, dazu eine monatliche Kontribution von 1000 Taler (Rose). Der in den Feldmarken angerichtete Schaden wurde auf 20 000 Taler geschätzt. | |||
Die ungeheuren Geldausgaben, deren Aufhören in den Kriegswirren nicht abzusehen war, zehrten allmählich an dem Wohlstand der Bürger. Nachdem die Kassen geleert waren, mußte die Stadt durch alle möglichen Steuern Geldmittel zu beschaffen suchen. Kontributionen, d. i. allgemeine Beisteuern, an denen sich jeder nach der Höhe seines Vermögens zu beteiligen hatte, wurden erhoben, die Akzise, die Besteuerung der Lebensmittel und der notwendigsten Lebensbedürfnisse, wurde übermäßig erhöht, und als alle diese Maßregeln nicht ausreichten, die benötigten Summen zu erbringen, mußte man zur Aufnahme von Anleihen schreiten, für welche drückende Zinsen zu bezahlen waren - die Stadtregister sind voll davon - und die der Stadt eine Schuldenlast aufbürdeten, an welcher sie bis zum Jahre 1877 zu tragen gehabt hat <ref>Der letzte Teil der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Schulden der Stadt Herford ist im Jahre 1877 unter dem Bürgermeister Quentin mit 3300 Mark an die Fürstlich lippische Saline zu Salzuflen abbezahlt worden. (S. Verwaltungsbericht des Magistrats 1877/78.)</ref>. | |||
Der Rat erwies sich dem klugen Unterhändler Anton Fürstenau, dem die Stadt so viel Erleichterungen zu danken hatte, erkenntlich. Er ließ ihm durch den Syndikus Dr. Fürstenau, den Rentmeisier Johann Crüwel und den Stadtsekretär Heinrich von Rhaden in seiner Behausung feierlich ein vom 20. Mai 1636 datiertes Dankschreiben überreichen, in welchem lobend seiner Verdienste gedacht | |||
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lang standen sich, ohne einen Schlag zu tun, die feindlichen Heere gegenüber, zwischen sich die Werre und die Stadt Herford, die sich wie in einer Zwickmühle befand. Denn keine von beiden Parteien achtete die Neutralität, worauf sich die Stadt berief, beide verlangten Entlassung der in Herford garnisonierenden Kompagnie des Herzogs Georg von Lüneburg, beide verlangten Aufnahme ihrer Truppen in die Stadt. Mit Mord und Brand drohend forderten die Schweden 200000 Pfund Brote, 300 Tonnen Bier, 20000 Taler bar Geld und monatliche Kontribution, - und mit denselben Drohungen beanspruchten die Kaiserlichen das gleiche. Die Erfüllung dieser maßlosen Forderungen, verbunden mit der Aufnahme einer größeren Truppenmenge, sei es von der einen oder der anderen Partei, hätte den Ruin der Stadt Herford bedeutet; da legte sich Anton Fürstenau, der Vetter des Stadtsyndikus Dr. Bernhard Fürstenau, ins Mittel.
„Ipsis insciis, - er meint damit in seiner Verteidigungsschrift „Kurtzer jedoch wahrhaffter Bericht“, - ohne Wissen des Magistrats und der Bürgerschaft, verstand es der eifrige und kluge Mann, durch geschickt geführte Verhandlungen mit den beiden Heerführern nicht allein die unerhörten Forderungen herabzumindern, sondern auch die Parteien zur Anerkennung der Reichsfreiheit der Stadt zu vermögen. Freilich immer noch unter sehr großen Opfern. Denn nach Kretzschmars Aufstellung hatte die Stadt den Kaiserlichen vom Februar bis April l00 000 Pfund Brot, viele Tonnen Bier und 5000 Taler bar geliefert, im Mai für die Anerkennung der Neutralität noch weitere 2000 Taler; den Schweden gleichfalls 100 000 Pfund Brot, 200 Tonnen Bier und 8000 Taler bar, dazu eine monatliche Kontribution von 1000 Taler (Rose). Der in den Feldmarken angerichtete Schaden wurde auf 20 000 Taler geschätzt.
Die ungeheuren Geldausgaben, deren Aufhören in den Kriegswirren nicht abzusehen war, zehrten allmählich an dem Wohlstand der Bürger. Nachdem die Kassen geleert waren, mußte die Stadt durch alle möglichen Steuern Geldmittel zu beschaffen suchen. Kontributionen, d. i. allgemeine Beisteuern, an denen sich jeder nach der Höhe seines Vermögens zu beteiligen hatte, wurden erhoben, die Akzise, die Besteuerung der Lebensmittel und der notwendigsten Lebensbedürfnisse, wurde übermäßig erhöht, und als alle diese Maßregeln nicht ausreichten, die benötigten Summen zu erbringen, mußte man zur Aufnahme von Anleihen schreiten, für welche drückende Zinsen zu bezahlen waren - die Stadtregister sind voll davon - und die der Stadt eine Schuldenlast aufbürdeten, an welcher sie bis zum Jahre 1877 zu tragen gehabt hat [1].
Der Rat erwies sich dem klugen Unterhändler Anton Fürstenau, dem die Stadt so viel Erleichterungen zu danken hatte, erkenntlich. Er ließ ihm durch den Syndikus Dr. Fürstenau, den Rentmeisier Johann Crüwel und den Stadtsekretär Heinrich von Rhaden in seiner Behausung feierlich ein vom 20. Mai 1636 datiertes Dankschreiben überreichen, in welchem lobend seiner Verdienste gedacht
- ↑ Der letzte Teil der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Schulden der Stadt Herford ist im Jahre 1877 unter dem Bürgermeister Quentin mit 3300 Mark an die Fürstlich lippische Saline zu Salzuflen abbezahlt worden. (S. Verwaltungsbericht des Magistrats 1877/78.)