Herforder Chronik (1910)/271: Unterschied zwischen den Versionen
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der Ehe. Fast unverhüllt verfolgte er die Absicht, alle männlichen und weiblichen Genossen im ledigen Stande zu erhalten und schien bei der Art ihres gemeinsamen Lebens auf die Errichtung eines Klosters in reformiertem Sinne hinzudrängen. | |||
Dadurch aber, daß die Geschlechter nicht getrennt blieben, erwuchsen Unzuträglichkeiten, welche bei Labadie einen Umschwung seiner Ansicht hervorriefen. Er gestattete nun die Ehe unter den Gläubigen, wenn sie von den Vorstehern genehmigt war, verachtete aber die von der Landeskirche hochgehaltenen uralten, heiligen Satzungen. Auch alle anderen daraus hervorgehenden Maßregeln bezüglich der Kinder trugen derart den Stempel der Überspanntheit, daß sie nicht allein bei Gegnern der Sekte, sondern auch innerhalb des Kreises der Gläubigen Hohn und Widerspruch fanden. Obwohl nun die Äbtissin Elisabeth nicht aufgehört hatte, die Labadisten in ihren Unternehmungen zu unterstützen, war sie bei der Nachricht von den der gesetzlichen Bestimmung spottenden Eheschließungen höchst betroffen. Ernstlich unternahm sie indessen nur so viel dagegen, daß sie deren nachträgliche kirchliche Einsegnung durchsetzte. | |||
Die Gesamtheit aller dieser Vorkommnisse ließ die bis jetzt unterdrückte Flamme des Unwillens der Bürgerschaft hell auflodern. Der Rat bemühte sich, die reformierte Sekte aus der Stadt zu entfernen. Die Menge, durch die sichtbarliche Schmälerung des Verdienstes in ihrem Erwerbsleben schon aufgebracht, wurde durch das Gezeter der Geistlichen von den Kanzeln und in den Familien gegen jene bis zum äußersten gereizt. Als aber alle, auch die entschiedensten Schritte des Rates erfolglos blieben, ging man, ohne weiter mit der Äbtissin zu verhandeln oder sie davon in Kenntnis zu setzen, an die höchste Instanz, das Reichskammergericht, und dieses beantwortete die Klageschrift des Herforder Magistrats mit dem kaiserlichen Befehl, die Labadisten auszuweisen. | |||
Wenn auch, wie schon gesagt, das weltverachtende Vorgehen ihrer Günstlinge in bezug auf die eigenmächtigen Eheschließungen auf Elisabeth ernüchternd eingewirkt hatten, so wurde doch ihre Anhänglichkeit und ihre Dankbarkeit für alles, was ihre Seele im Umgang mit den Führern der Bewegung gewonnen hatte, nicht erschüttert. Allein das Beiseiteschieben ihrer Person in dem Vorgehen des Magistrats und der kaiserliche Befehl betrübten sie tief. Zunächst achtete sie des Befehls gar nicht, versuchte indessen, den Schlag abzuwehren, indem sie in einer in überaus heftiger Sprache verfaßten Beschwerde über die Treulosigkeit der Herforder sich an den Kurfürsten wandte und diesem Schreiben eine entschiedene Verteidigung der labadistischen Gemeinschaft zufügte. Ungeachtet des sehr scharfen Verweises, den der Magistrat von dem Kurfürsten erhielt, wurde in der Stadt nichts gebessert, die Abneigung der Herforder gegen die Sektierer war so weit gediehen und die Feindseligkeiten nahmen so schroffe Formen an, daß die Labadisten nicht mehr des Lebens sicher waren. Unter solchen Umständen führte die Äbtissin einen Teil der Labadisten nach dem Sundern, ihrem Sondergut, welches außerhalb des magistratlichen Machtbereichs lag. Die Ruhe in Herford kehrte aber erst dann völlig zurück, als es Labadie für geraten hielt |
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der Ehe. Fast unverhüllt verfolgte er die Absicht, alle männlichen und weiblichen Genossen im ledigen Stande zu erhalten und schien bei der Art ihres gemeinsamen Lebens auf die Errichtung eines Klosters in reformiertem Sinne hinzudrängen.
Dadurch aber, daß die Geschlechter nicht getrennt blieben, erwuchsen Unzuträglichkeiten, welche bei Labadie einen Umschwung seiner Ansicht hervorriefen. Er gestattete nun die Ehe unter den Gläubigen, wenn sie von den Vorstehern genehmigt war, verachtete aber die von der Landeskirche hochgehaltenen uralten, heiligen Satzungen. Auch alle anderen daraus hervorgehenden Maßregeln bezüglich der Kinder trugen derart den Stempel der Überspanntheit, daß sie nicht allein bei Gegnern der Sekte, sondern auch innerhalb des Kreises der Gläubigen Hohn und Widerspruch fanden. Obwohl nun die Äbtissin Elisabeth nicht aufgehört hatte, die Labadisten in ihren Unternehmungen zu unterstützen, war sie bei der Nachricht von den der gesetzlichen Bestimmung spottenden Eheschließungen höchst betroffen. Ernstlich unternahm sie indessen nur so viel dagegen, daß sie deren nachträgliche kirchliche Einsegnung durchsetzte.
Die Gesamtheit aller dieser Vorkommnisse ließ die bis jetzt unterdrückte Flamme des Unwillens der Bürgerschaft hell auflodern. Der Rat bemühte sich, die reformierte Sekte aus der Stadt zu entfernen. Die Menge, durch die sichtbarliche Schmälerung des Verdienstes in ihrem Erwerbsleben schon aufgebracht, wurde durch das Gezeter der Geistlichen von den Kanzeln und in den Familien gegen jene bis zum äußersten gereizt. Als aber alle, auch die entschiedensten Schritte des Rates erfolglos blieben, ging man, ohne weiter mit der Äbtissin zu verhandeln oder sie davon in Kenntnis zu setzen, an die höchste Instanz, das Reichskammergericht, und dieses beantwortete die Klageschrift des Herforder Magistrats mit dem kaiserlichen Befehl, die Labadisten auszuweisen.
Wenn auch, wie schon gesagt, das weltverachtende Vorgehen ihrer Günstlinge in bezug auf die eigenmächtigen Eheschließungen auf Elisabeth ernüchternd eingewirkt hatten, so wurde doch ihre Anhänglichkeit und ihre Dankbarkeit für alles, was ihre Seele im Umgang mit den Führern der Bewegung gewonnen hatte, nicht erschüttert. Allein das Beiseiteschieben ihrer Person in dem Vorgehen des Magistrats und der kaiserliche Befehl betrübten sie tief. Zunächst achtete sie des Befehls gar nicht, versuchte indessen, den Schlag abzuwehren, indem sie in einer in überaus heftiger Sprache verfaßten Beschwerde über die Treulosigkeit der Herforder sich an den Kurfürsten wandte und diesem Schreiben eine entschiedene Verteidigung der labadistischen Gemeinschaft zufügte. Ungeachtet des sehr scharfen Verweises, den der Magistrat von dem Kurfürsten erhielt, wurde in der Stadt nichts gebessert, die Abneigung der Herforder gegen die Sektierer war so weit gediehen und die Feindseligkeiten nahmen so schroffe Formen an, daß die Labadisten nicht mehr des Lebens sicher waren. Unter solchen Umständen führte die Äbtissin einen Teil der Labadisten nach dem Sundern, ihrem Sondergut, welches außerhalb des magistratlichen Machtbereichs lag. Die Ruhe in Herford kehrte aber erst dann völlig zurück, als es Labadie für geraten hielt