Die Kirchenbücher in Baden (1957)/7: Unterschied zwischen den Versionen

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liche Anordnungen Anerkennung als öffentliche Beweismittel gefunden und
''b) Die Kirchenbuchführung unter staatlichem Einfluß''
Waren in vieler Hinsicht rasch unentbehrlich geworden. So erklärt es sich,
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daß seit Ausgang des 17. Jahrhunderts immer häufiger die Auffassung
begegnet, die Kirchenbuchführung sei eine den Staat und die Allgemeinheit
berührende Aufgabe, die deshalb auch der Forderung und Überwachung
durch die weltlichen Gewalten und schließlich gesetzlicher Maßnahmen
bedürfe.


Auch hier ging Frankreich voran, das ja 1539 schon durch Gesetz Tauf-
{{NE}}Die Kirchenbücher haben von Anfang an auch ohne ausdrückliche staatliche Anordnungen Anerkennung als öffentliche Beweismittel gefunden und
bücher vorgeschrieben hatte und nun durch eine königliche Ordonnanz 1667
waren in vieler Hinsicht rasch unentbehrlich geworden. So erklärt es sich, daß seit Ausgang des 17. Jahrhunderts immer häufiger die Auffassung
überall doppelte Führung der Kirchenbücher — jetzt Taul'-, Ehe- und
begegnet, die Kirchenbuchführung sei eine den Staat und die Allgemeinheit berührende Aufgabe, die deshalb auch der Förderung und Überwachung
Totenbuch — und jährlich Abgabe des Duplikats an die königlichen Ge-
durch die weltlichen Gewalten und schließlich gesetzlicher Maßnahmen bedürfe.
richte anordnete. Ähnliehe Bestimmungen begegnen zuerst in den evangeli-
schen Gebieten, wo ohnedies wehliche und kirchliche Autorität vereinigt
waren. Seit dem 18. Jahrhundert bestehen in allen deutschen Gebieten, auch
in den geistlichen Territorien, nachdem auch hier der Grundsatz der staat-
lichen Kirchengewalt allgemein Geltung gefunden hatte, solche Vorschriften.
Aus rein staatlichem Interesse beanspruchen die Regierungen ein immer
weiter ausgedehntes Aufsichtsrecht über die Kirchenbücher: so Eintragung
nach bestimmtem Schema, Doppelführung zum Schutz vor Verlust und
jährliche Abgabe der Duplikate an die Behörde. Die Kirchenbücher sind nun
öffentlich-rechtliche Dokumente. Seit Ende des 17. Jahrhunderts berufen
sieh Geburtsbriefe und ähnliche Nachweise ehelicher Geburt und christ-
licher Taufe auf die Bestätigung in den Kirchenbüchern11. Die staatlichen
Behörden benötigten die Kirchenbücher für die Steuererhebung, für die
Rekrutierung, seit dem AufkiarungsJahrhundert für die neuaufgekommene
Statistik, für die Durchführung der allgemeinen Schulpflicht, für das Gesund-
heitswesen, überhaupt für alle Fragen der „Population"10.


14 Geburtsbriefe dienten dem für Handwerkslehre und 1 landwerkerniedcrlassung
{{NE}}Auch hier ging Frankreich voran, das ja 1539 schon durch Gesetz Taufbücher vorgeschrieben hatte und nun durch eine königliche Ordonnanz 1667 überall doppelte Führung der Kirchenbücher – jetzt Tauf-, Ehe- und Totenbuch – und jährlich Abgabe des Duplikats an die königlichen Gerichte anordnete. Ähnliche Bestimmungen begegnen zuerst in den evangelischen Gebieten, wo ohnedies weltliche und kirchliche Autorität vereinigt waren. Seit dem 18. Jahrhundert bestehen in allen deutschen Gebieten, auch in den geistlichen Territorien, nachdem auch hier der Grundsatz der staatlichen Kirchengewalt allgemein Geltung gefunden hatte, solche Vorschriften. Aus rein staatlichem Interesse beanspruchen die Regierungen ein immer weiter ausgedehntes Aufsichtsrecht über die Kirchenbücher: so Eintragung nach bestimmtem Schema, Doppelführung zum Schutz vor Verlust und jährliche Abgabe der Duplikate an die Behörde. Die Kirchenbücher sind nun öffentlich-rechtliche Dokumente. Seit Ende des 17. Jahrhunderts berufen sich Geburtsbriefe und ähnliche Nachweise ehelicher Geburt und christlicher Taufe auf die Bestätigung in den Kirchenbüchern<ref>Geburtsbriefe dienten dem für Handwerkslehre und Handwerkerniederlassung in den ständig verschärften Zunftvorschriften verlangten Nachweis ehelicher Geburt und christlicher Taufe, wobei Jahr und Tag der Eheschließung der Eltern, der Taufe, die Namen der Paten und das Zeugnis gefordert waren, „daß die Eltern zu Straß und Kirchen gegangen und Hochzeit gehabt“. Einige Kirchenordnungen führen schon bei Vorschrift der Eheregister an, solche seien nötig, um aus ihnen Geburtsbriefe auszustellen. Vgl Rud. Herrmann, Deutsches Pfarrerblatt 1953, 1 und E. Sehling, Die Evgl. Kirchenordnungen des 16. Jh. I, 2 (1904), S, 36. Über Geburtsbriefe siehe MH 1941 (Ed. Edelmann, Buchener Geburtsbriefe aus d. Jahren 1715–38).</ref>. Die staatlichen Behörden benötigten die Kirchenbücher für die Steuererhebung, für die Rekrutierung, seit dem Aufklärungsjahrhundert für die neuaufgekommene Statistik, für die Durchführung der allgemeinen Schulpflicht, für das Gesundheitswesen, überhaupt für alle Fragen der „Population“<ref>Staatliche Anordnungen über die Kirchenbuchführung: Preußen 1758 (Mandat über bessere Einrichtung der KB), desgl 1766, seit Ende des 17. Jh. waren jährliche Auszüge für Volkszählungen nach Berlin zu leisten, Mecklenburg 1704, Sachsen-Weimar 1784, Kurmainz 1756, Lothringen 1769, Österreich seit 1770 öfter, Paderborn und Kurköln 1779. Kurtrier fordert 1786 Zweitschrift an das Generalvikariat. Die Vorlage alljährlich an das Generalvikariat war schon 1567 in Konstanz, 1583 im Bistum Basel angeordnet, in Konstanz 1742 erneuert worden. 1778 wird in Speyer bestimmt: „In Rücksicht daß dem weltlichen Staat an richtiger Führung der Pfarrmatriken in mehrfachem Bedacht über die maßen viel gelegen, ist künftig das Kirchenbuch in duplo zu führen und alljährlich dem bischöflichen Vikariat vorzulegen“.
in den ständig verschärften Zunftvorschriften verlangten Nachweis ehelicher Geburt
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und christlicher Taufe, wobei Jahr und Tag der lihcschließung der Ellern, der
Taufe, die Namen der Paten und das Zeugnis gefordert waren, „daß die Eltern
zu Straß und Kirchen gegangen und Hochzeit gehabt", Einige Kirchenordnungen
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Geburtabrief« auszustellen. Vgl Rud. Herrmann, Deutsches Pfarrerblatt 1953, 1 und
E. Schling, Die Evgl. Kirchenordnungen des 16. Jb. I, 2 (1904), S, 36. — Über Ge-
burisbriefe siehe MH 1941 (Ed. Edelmann, Buchener Gebunsbriefe aus d. Jahren
1715—38).


,B Staatliche Anordnungen über die Kirchenbuchführung: Preußen 1758 (Mandat
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über bessere Einrichtung der KB), desgl 1766, seit Ende des 17. Jh. waren jähr-
liche Auszüge für Volkszählungen nach Berlin zu leisten, Mecklenburg 1704, Sachsen-
Weimar 1784, Kurmainz 1756, Lothringen 1769, Österreich seit 1770 öfter, Pader-
born und Kurköln 177lJ. Kurlrier fordert 1786 Zweitschrift an das GeneralvikariaL.
Die Vorlage alljährlich an das Generalvikariat war schon 1567 in Konstanz, 1583
im Bistum Basel angeordnet, in Konstanz 1742 erneuert worden. 1778 wird in
Speyer bestimmt: „In Rücksicht daß dem weltlichen Staat an richtiget Führung
der Pfarrmatrtken in mehrfachem Bedacht über die maßen viel gelegen, ist künftig
<\;h Kirchenbuch in duplo zu führen und alljährlich dem bischöflichen Vikariai
vorzulegen".

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Die Kirchenbücher in Baden (1957)
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b) Die Kirchenbuchführung unter staatlichem Einfluß

      Die Kirchenbücher haben von Anfang an auch ohne ausdrückliche staatliche Anordnungen Anerkennung als öffentliche Beweismittel gefunden und waren in vieler Hinsicht rasch unentbehrlich geworden. So erklärt es sich, daß seit Ausgang des 17. Jahrhunderts immer häufiger die Auffassung begegnet, die Kirchenbuchführung sei eine den Staat und die Allgemeinheit berührende Aufgabe, die deshalb auch der Förderung und Überwachung durch die weltlichen Gewalten und schließlich gesetzlicher Maßnahmen bedürfe.

      Auch hier ging Frankreich voran, das ja 1539 schon durch Gesetz Taufbücher vorgeschrieben hatte und nun durch eine königliche Ordonnanz 1667 überall doppelte Führung der Kirchenbücher – jetzt Tauf-, Ehe- und Totenbuch – und jährlich Abgabe des Duplikats an die königlichen Gerichte anordnete. Ähnliche Bestimmungen begegnen zuerst in den evangelischen Gebieten, wo ohnedies weltliche und kirchliche Autorität vereinigt waren. Seit dem 18. Jahrhundert bestehen in allen deutschen Gebieten, auch in den geistlichen Territorien, nachdem auch hier der Grundsatz der staatlichen Kirchengewalt allgemein Geltung gefunden hatte, solche Vorschriften. Aus rein staatlichem Interesse beanspruchen die Regierungen ein immer weiter ausgedehntes Aufsichtsrecht über die Kirchenbücher: so Eintragung nach bestimmtem Schema, Doppelführung zum Schutz vor Verlust und jährliche Abgabe der Duplikate an die Behörde. Die Kirchenbücher sind nun öffentlich-rechtliche Dokumente. Seit Ende des 17. Jahrhunderts berufen sich Geburtsbriefe und ähnliche Nachweise ehelicher Geburt und christlicher Taufe auf die Bestätigung in den Kirchenbüchern[1]. Die staatlichen Behörden benötigten die Kirchenbücher für die Steuererhebung, für die Rekrutierung, seit dem Aufklärungsjahrhundert für die neuaufgekommene Statistik, für die Durchführung der allgemeinen Schulpflicht, für das Gesundheitswesen, überhaupt für alle Fragen der „Population“[2].

  1. Geburtsbriefe dienten dem für Handwerkslehre und Handwerkerniederlassung in den ständig verschärften Zunftvorschriften verlangten Nachweis ehelicher Geburt und christlicher Taufe, wobei Jahr und Tag der Eheschließung der Eltern, der Taufe, die Namen der Paten und das Zeugnis gefordert waren, „daß die Eltern zu Straß und Kirchen gegangen und Hochzeit gehabt“. Einige Kirchenordnungen führen schon bei Vorschrift der Eheregister an, solche seien nötig, um aus ihnen Geburtsbriefe auszustellen. Vgl Rud. Herrmann, Deutsches Pfarrerblatt 1953, 1 und E. Sehling, Die Evgl. Kirchenordnungen des 16. Jh. I, 2 (1904), S, 36. – Über Geburtsbriefe siehe MH 1941 (Ed. Edelmann, Buchener Geburtsbriefe aus d. Jahren 1715–38).
  2. Staatliche Anordnungen über die Kirchenbuchführung: Preußen 1758 (Mandat über bessere Einrichtung der KB), desgl 1766, seit Ende des 17. Jh. waren jährliche Auszüge für Volkszählungen nach Berlin zu leisten, Mecklenburg 1704, Sachsen-Weimar 1784, Kurmainz 1756, Lothringen 1769, Österreich seit 1770 öfter, Paderborn und Kurköln 1779. Kurtrier fordert 1786 Zweitschrift an das Generalvikariat. Die Vorlage alljährlich an das Generalvikariat war schon 1567 in Konstanz, 1583 im Bistum Basel angeordnet, in Konstanz 1742 erneuert worden. 1778 wird in Speyer bestimmt: „In Rücksicht daß dem weltlichen Staat an richtiger Führung der Pfarrmatriken in mehrfachem Bedacht über die maßen viel gelegen, ist künftig das Kirchenbuch in duplo zu führen und alljährlich dem bischöflichen Vikariat vorzulegen“.