Mitochondrien-DNA: Unterschied zwischen den Versionen
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Bei voller Übereinstimmung der mtDNA zweier Probanden sollten diese | Bei voller Übereinstimmung der mtDNA zweier Probanden sollten diese mit 95%-iger Wahrscheinlichkeit einen gemeinsamen Vorfahren innerhalb der letzten 22 Generationen bzw. rund 550 Jahre haben. Es müssen aber die mtDNA-Genome von Mutter und Kindern oder Geschwistern auch nicht vollständig übereinstimmen. Dies lässt erkennen, wie begrenzt die genealogische Aussagekraft der mtDNA sein kann. Jedenfalls ist es sicherlich eher ein Glücksfall, wenn man mit einem mtDNA-Match eine gemeinsame Vorfahrin innerhalb der erforschten Zeit nachweisen kann. Eher wäre es denkbar eine Übereinstimmung von Vorfahren anhand des Tests zu verifizieren. | ||
MtDNA-Unterschungen können genealogische Forschungsergebnisse nicht beweisen, aber sie können sie wahrscheinlicher werden lassen oder sie widerlegen. | MtDNA-Unterschungen können genealogische Forschungsergebnisse nicht beweisen, aber sie können sie wahrscheinlicher werden lassen oder sie widerlegen. Eine Verwandtschaft in der mütterlichen Linie ist nachweisbar, aber die Art der Verwandtschaft ist in der Regel nicht lokalisierbar. | ||
Hierzu ein Beispiel: Würde der Erik in der Grafik oben im Vergleich zum Willi dort eine wesentlich abweichende mtDNA tragen, dann wäre die Wahrscheinlichkeit gering, dass Willi und Trudemarie leibliche Geschwister wären. Stimmt die mtDNA überein, dann würde das der Erwartung bei einem Test von Neffe und Onkel entsprechen. Stimmt die mtDNA von Erik und Manuela überein, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Katharina deren gemeinsame Urgroßmutter ist. | Hierzu ein Beispiel: Würde der Erik in der Grafik oben im Vergleich zum Willi dort eine wesentlich abweichende mtDNA tragen, dann wäre die Wahrscheinlichkeit gering, dass Willi und Trudemarie leibliche Geschwister wären. Stimmt die mtDNA überein, dann würde das der Erwartung bei einem Test von Neffe und Onkel entsprechen. Stimmt die mtDNA von Erik und Manuela überein, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Katharina deren gemeinsame Urgroßmutter ist. |
Version vom 3. Oktober 2017, 19:51 Uhr
Was ist die mtDNA
Die mitochondriale DNA, mtDNA, findet sich nicht im Zellkern, sondern in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zellen. Die DNA-Moleküle in den Mitochondrien bestehen aus 16569 sogenannten Basenpaaren. Die mtDNA ist ringförmig angeordnet. Bei den Untersuchungen der mtDNA für genealogische Zwecke werden entweder besondere Abschnitte dieses Rings untersucht oder die gesamte mtDNA.
Hierbei wird die mtDNA in drei Abschnitten betrachtet, die beiden sogenannten "hyper-variable regions" HVR1 (Basenpaar 16024-16569) und HVR2 (00001-00576) und die sogenannte "coding region" CR (00577-16023).
Die mtDNA mutiert weniger als die atDNA, weshalb sie über viele Generationen ohne wesentliche Veränderungen sein kann. Entsprechend schwierig ist es auf Basis einer Verwandtschaft über die mtDNA eine Aussage über die Generation zu treffen, wo diese Verwandtschaft auftritt. Auch ist über die mtDNA keine Person eindeutig indentifizierbar, z.B. nicht von ihren Geschwistern unterscheidbar.
Vererbung der mtDNA
Bei der DNA der Mitochondrien ist die Vererbung nicht so einfach wie bei der Y-DNA, insbesondere bei Betrachtung der Nachkommen.
Für den DNA-Genealogen ist es von besonderer Bedeutung zu betrachten, wer in seiner Verwandtschaft oder bei seinen Vorfahren Träger der mtDNA ist. Die mtDNA wird immer von den Müttern auf ihre Kinder vererbt, also auch Söhne erben die mtDNA der Mutter, aber Männer geben die mtDNA nicht an ihre Kinder weiter, weil die Mitochondrien aus den Eizellen der Mütter stammen.
Im Gegensatz zu anderen DNA-Arten gibt die Mutter über ihre Eizelle exakte Kopien ihrer mtDNA ohne Veränderung durch Rekombination weiter.
Geschwister tragen die gleiche mtDNA.
Ein Proband kann folglich davon ausgehen, dass innerhalb seiner rein mütterlichen Linie die Vorfahrinnen die gleiche mtDNA tragen.
Das Bild oben verdeutlicht, dass nur die Vorfahrinnen in der rein weiblichen Linie die mtDNA des Probanden vererbt haben. Von den 31 Personen in fünf Generationen haben nur vier außer dem Probanden seine mtDNA. Natürlich ein Genealoge auch wissen wollen, welche mtDNA die Linie seiner Großmutter väterlicherseits hatte. In dem Fall tragen Nummer 5, 11 und 23 diese mtDNA. Hier müsste er eine Cousine oder einen Cousin finden, die von einer Tante väterlicherseits abstammen und deren Einwilligung zu einer Untersuchung erhalten.
Hierzu muss man sich den etwas unübersichtlicheren Erbgang der mtDNA bei den Nachkommen eines Vorfahren veranschaulichen.
Beispielsweise endet die Vererbung von Katharinas mtDNA bei Gerhard, weil er als männlicher Nachkomme diese nicht weitervererben kann. Alles seine Töchter und deren Nachkommen tragen die mtDNA nicht. Anders ist es bei den Nachkommen seiner Schwester und seiner Halbschwester. Es spielt hier auch keine Rolle, dass es sich um eine Halbschwester handelt. Nehmen wir an Gerhards Enkelin Ursula würde gern die mtDNA der mütterlichen Linie ihres Großvaters kennen, dann müsste sie zunächst herausfinden, welche Nachkommen ihre Urgroßmutter hatte und wer davon noch lebt und bereit wäre die DNA zu testen.
mtDNA-Tests und deren genealogische Bedeutung
Es ist möglich die drei o.g. Regionen einzeln zu testen oder die gesamte mtDNA.
Die Testergebnisse werden mit einer europäischen Refernzperson der Haplogruppe H2a2a verglichen. Haplogruppen bezeichnen genetisch nah verwandte Erblinien, die über gemeinsame Mutationen festgestellt werden können. Diese unterteilen sich in Untergruppen bis hin zu den sogenannten Haplotypen. Haplogruppenzuordnungen sind bei der yDNA und der mtDNA möglich. Die erwähnte Referenz ist unter dem Namen "Cambridge Reference Sequence" (CRS) bekannt, eine spätere Überarbeitung führte zur reverse CRS (rCRS). Bei den Testergenissen werden die SNPs angeführt, durch die sich die DNA der Testperson von der rCRS unterscheidet. SNPs (Single Nucleotide Polymorphism) sind Veränderungen einzelner Basenpaare der DNA. Seit 2012 verwendet man zusäztlich eine zweite Referenz, die sogenannte "Reconstructed Sapiens Reference Sequence" (RSRS). Einige Firmen arbeiten mit rCRS, manche mit beiden Referenzen. Das Genogrphic Project vergleicht mit RSRS.
Die Testergebnisse werden als Abweichung von der Referenz beispielsweise in der Form 546C angegeben, d.h. bei Basenpaar 546 ist abweichend von der Referenz die Base C(ytosin) vorhanden, ggf. könnte auch die Referenzbase vorangestellt werden, z.B. A546C. Bei einem Leck an einer Stelle würde dies in der Form 546- gekennzeichnet, das "-" steht also an Stelle des fehlenden Nukleotids. Ein zusätzliches Nukleotid im Vergleich zur Referenz erscheint im Ergebnis z.B. als 546.1C. Eine Besonderheit bei der Vererbung der mitochondrialen DNA ist das Vorliegen einer Heteroplasmie. Dies bedeutet das bei der Vererbung die Eizelle unterschiedliche Kopien der mtDNA an bestimmten Positionen weitergeben kann, nämlich solche mit und ohne Mutationen. Wird nicht gemischt, sondern nur mit oder nur ohne Mutation vererbt, dann spricht man von Homoplasmie. Die Heteroplasmien sind in den Testergebnissen durch Anhang bestimmter Buchstaben zu erkennen, die die möglichen Basenvarianten kennzeichnen. Beispielsweise würde eine Mutation von einem A zu C oder G in einem Nukleotid an Position 289 in der Form A289S gekennzeichnet. Das S steht hier für die Mutation zu C oder G. (Anm.: Ergänzend sollte hier eine Tabelle mit allen entsprechenden Buchstabencodes eingefügt werden.) Bedingt durch das Phänomen der Heteroplasmie könnte es beispielsweise dazu kommen, dass Geschwister nicht als vollständige mtDNA-Matches dargestellt werden.
Die gängigsten Testmethoden der mtDNA waren bislang der HVR1-Test oder die Kombination HVR1+HVR2. Angesichts sinkender Preis für die Tests entwickelt sich HVR1+HVR2 zum Standard. Viele [DNA-Genealoge]]n wünschen sich die Untersuchung des gesamten mtDNA-Genoms oder auch Mitogenom genannt, also die gesamte mtDNA, "mtDNA-Full-Sequence". Es werden alle 16569 Basenpaare getestet und alle bislang bekannten Untergruppen der Haplogruppen festgestellt. Sofern nicht die volle Sequenz als Test angeboten wird, müsste man also HVR1+HVR2+CR ordern, um das mtDNA-Genom vollständig zu testen.
Bei voller Übereinstimmung der mtDNA zweier Probanden sollten diese mit 95%-iger Wahrscheinlichkeit einen gemeinsamen Vorfahren innerhalb der letzten 22 Generationen bzw. rund 550 Jahre haben. Es müssen aber die mtDNA-Genome von Mutter und Kindern oder Geschwistern auch nicht vollständig übereinstimmen. Dies lässt erkennen, wie begrenzt die genealogische Aussagekraft der mtDNA sein kann. Jedenfalls ist es sicherlich eher ein Glücksfall, wenn man mit einem mtDNA-Match eine gemeinsame Vorfahrin innerhalb der erforschten Zeit nachweisen kann. Eher wäre es denkbar eine Übereinstimmung von Vorfahren anhand des Tests zu verifizieren.
MtDNA-Unterschungen können genealogische Forschungsergebnisse nicht beweisen, aber sie können sie wahrscheinlicher werden lassen oder sie widerlegen. Eine Verwandtschaft in der mütterlichen Linie ist nachweisbar, aber die Art der Verwandtschaft ist in der Regel nicht lokalisierbar.
Hierzu ein Beispiel: Würde der Erik in der Grafik oben im Vergleich zum Willi dort eine wesentlich abweichende mtDNA tragen, dann wäre die Wahrscheinlichkeit gering, dass Willi und Trudemarie leibliche Geschwister wären. Stimmt die mtDNA überein, dann würde das der Erwartung bei einem Test von Neffe und Onkel entsprechen. Stimmt die mtDNA von Erik und Manuela überein, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Katharina deren gemeinsame Urgroßmutter ist.
Vielen DNA-Genealogen geht es aber bei der Untersuchung der mtDNA nicht unbedingt um solche konkreten genealogischen Fragestellungen, die sich unter Umständen mittels der atDNA oder der yDNA viel besser klären ließen, sondern sie möchten wissen, welchem Teil des sogenannten phylogenetischen Baums (phylogenetic tree) sie zugehören bzw. welcher der oben erwähnten Haplogruppen und Untergruppen. Alle lebenden Menschen stammen hinsichtlich der mtDNA von einer sogenannten "Mitochondrialen Eva" ab. Dies ist die hypothetische Urmutter der mtDNA-Vererbung. Durch die Untersuchung der DNA zahlreicher lebender Menschen lässt sich von ihr ausgehend ein entwicklungsgeschichtlicher Nachkommenbaum aufstellen, der dem Genealogen aufzeigt wie sich seine Untergruppe auf die gemeinsame mtDNA-Vorfahrin zurückführen lässt. Unabhänigig von dem fraglichen genealogischen Nutzen eröffnet dies aber den Genealogen die Möglichkeit Teil der Forschung zu werden, indem sie ihre Ergebnisse Forschungsdatenbanken wie GenBank zur Verfügung stellen. Der akutelle Stand des phylogenetischen Baums kann unter Phylotree eingesehen werden.
Die Vorgehensweise zur Übermittlung der Daten auf GenBank wird beispielsweise hier Logan GenBank auf Englisch erklärt.
Auswertung und Analyse (online) für mtDNA
Mitosearch: Datenbank zum Abgleich von mtDNA-Proben, kostenfrei. Die Datenbank wird von FTDNA betrieben, deren Ergebnisse automatisch übernommen werden können; es können aber auch die Analyseergebnisse beliebiger anderer Labore manuell eingegeben und gespeichert werden. Interessant, um über die Ergebnisse direkt bei FTDNA hinaus nach Parallelen zu suchen.
Haplogrep2: Ein Online-Programm der Universität Innsbruck, um automatisch die Haplogruppe zu einer mtDNA-Probe zu ermitteln (basierend auf Phylotree). Kostenlos, Registrierung nicht notwendig. Über die Dateiformate zum Upload wird auf der Seite informiert. Am einfachsten ist es, die mtDNA-Analyse von FTDNA herunterzuladen (als FASTA-file) und dann bei Haplogrep2 hochzuladen. Es wird genau angezeigt, auf welchen SNP die Bestimmung der Haplogruppe beruht, welche privaten Mutationen vorliegen; deutlich wird auch, dass manche Haplogruppen nur schwer zu unterscheiden sind und mehrere Möglichkeiten bestehen (was bei FTDNA nicht deutlich wird).
EMPOP: Datenbank der Universität Innsbruck mit mtDNA-Profilen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen; Abgleich möglich.
Anmerkungen