Evangelische Kirche Puschkau (Kreis Schweidnitz): Unterschied zwischen den Versionen

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Peterwitz - Saarau<br/>
'''Puschkau'''<br/>
'''I. Peterwitz'''
(die jüngste Gemeinde des Kreises)
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Zur Kirchengemeinde Peterwitz gehören die Ortschaften Peterwitz, [[Saarau (Kreis Schweidnitz)|Saarau]], [[Laasan  (Kreis Schweidnitz)|Laasan]] mit Ida-Marienhütte, [[Neudorf  (Kreis Schweidnitz)|Neudorf]] und [[Eckersdorf  (Kreis Schweidnitz)|Eckersdorf]], die beiden letzteren Ortschaften seit 1883, nachdem sie bereits 1833 als Gastgemeinden dem Kirchspiel zugewiesen waren. Bis 1895 gehörten auch noch die Ortschaften Puschkau, Preilsdorf und Niklasdorf zur Kirchengemeinde; diese Ortschaften wurden abgezweigt und zusammen mit den Orten Tschechen, Grunau und Muhrau zu einer eigenen Kirchengemeinde Puschkau vereinigt. Unsere Kirchengemeinde gehört erst seit 1871 zum Kirchenkreise Striegau, vorher zu Schweidnitz. Die Einwohnerzahl der Evangelischen beträgt nach der Zählung von 1925 4909 Seelen gegenüber 2097 Katholiken, 18 sonstige Christen, 13 Juden und 161 Dissidenten.
Unter den Gemeinden des Kirchenkreises ist Puschkau die jüngste. Die Gründung der Gemeinde ist für den l. April 1892 ausgesprochen, so daß die Gemeinde in diesem Jahre 40 Jahre alt ist. Sie gehörte vor 1892 mit den Dörfern Niklasdorf, Preilsdorf und Puschkau zum Kirchspiel Peterwitz, mit Tschechen, Grunau und Muhrau zum Kirchspiel Striegau. Zu dem genannten Termin wurden dann die sechs Dörfer aus ihrem kirchengemeindlichen Zusammenhang herausgelöst und zu einer selbständigen Kirchengemeinde vereinigt. Die Jahre 1892 bis 1895 waren dem Bau der Kirche gewidmet, die am 2. Juni 1895 durch Generalsuperintendent D. Nottebohm eingeweiht wurde. Am Tage der Generalvisitation begehen wir also unser 38. Kirchweihfest. Es war nach Mitteilung Beteiligter „Ein unvergeßlicher Festtag“ für die gesamte Gemeinde, als sie zum erstenmal im eigenen Gotteshaus versammelt war. Mit dem Bau der Kirche war für die Sache des Evangeliums in unseren Dörfern eine große Tat getan worden. Diese Tat geht zurück auf Fräulein Marie von Kramsta. Ihre Art und ihr Wesen haben der Kirchengemeinde bis heute das Gepräge gegeben. Marie von Kramsta stammte aus der reichen Familie der Kramsta in Freiburg. Ihre Vorfahren hatten sich aus einfachsten Verhältnissen im Laufe der Jahrzehnte durch außergewöhnlichen Fleiß, Klugheit und Geschäftssinn zu einer der reichsten Familien Schlesiens emporgearbeitet. Die Familie erwarb neben ihren großen Webereien auch einen beträchtlichen Grundbesitz im Striegauer und Schweidnitzer Kreise. Dieser fiel mit anderen großen Teilen des Kramstaerbes in den 70er Jahren an Marie von Kramsta. Sie nahm ihren Wohnsitz in dem von ihrem Vater erbauten Schloß in Muhrau. Ihren Reichtum stellte die hochherzige Frau in den Dienst der Notleidenden und der Kirche. Ungezählte Hunderttausende sind von ihr an Bedürftige und an kirchliche Einrichtungen gegeben worden. Die Größe ihrer Art und ihres Wohltuns kam darin zum Ausdruck, daß sie nicht Almosen geben wollte — weder im Kleinen noch im Großen —, sondern daß sie in ganz bestimmten meist von ihr gewählten oder geprüften Formen eine Hilfe zu bringen suchte, die das Übel an der Wurzel angriff. Gewiß, sie konnte es, ihr standen außergewöhnliche Mittel zur Verfügung, aber nicht jeder, der etwas zu geben hat und geben kann, richtet mit seinen Gaben soviel aus wie sie. Im Laufe der Jahre hatte sie erkannt, daß in der Arbeit der Kirche zur äußeren Hilfe der Dienst an der Seele und damit am ganzen Menschen trat. Fräulein von Kramsta hat es deshalb als eine ihrer vornehmsten Aufgaben betrachtet, Kirche und Innere Mission in ihrem Dienst zu fördern. Örtlich gesehen wendete sie ihre Kraft am stärksten ihrer Heimatstadt Freiburg, den Diakonissenhäusern Frankenstein und Kreuzburg und den Dörfern ihres Landbesitzes zu.


Um welche Zeit die zum Kirchspiel gehörigen Ortschaften entstanden sind, läßt sich nicht mit Bestimmtheit nachweisen; jedenfalls reicht ihr Alter bis in das 12. Jahrhundert zurück. Peterwitz soll nach einer alten Sage unter der Regierung des Königs Boleslaus III. von Polen (1102—1139) von Peter Wlast etwa um 1110 gegründet worden sein, der hier auch die erste Kirche erbaut und den Ort nach seinem Namen genannt haben soll.
Es war ein Zeugnis hoher Wertschätzung geistlicher, seelsorgerlicher Arbeit, daß sie die Anregung gab zur Gründung einer selbständigen Kirchengemeinde Puschkau. Sie glaubte, ihren Dörfern damit einen besonders großen Dienst zu erweisen, daß sie Wege wies und Mittel gab, die zu einer stärkeren kirchlichen Durchdringung und Zusammenfassung führten. So entstand auf ihr Betreiben die Kirchengemeinde Puschkau. Sie übernahm es nicht nur, Kirche und Pfarrhaus mit Grund und Boden zu schenken und mit allen Einrichtungsgegenständen zu versehen, nach ihrer klaren, weitblickenden Art stattete sie die neugegründete Gemeinde auch mit 200 Morgen Acker aus und übernahm mit dem Patronat zwei Drittel der Baulasten für die Zukunft. Durch Maßnahmen allgemein sozialer Natur wirkte sie fördernd auf das Leben der jungen Gemeinde ein. Sie half zum Bau von Schulen, so daß jedes Dorf der Gemeinde, auch das kleine damals 184, heute zirka 160 Einwohner zählende Grunau, seine eigene evangelische Schule hat. Sie legte hohen Wert auf die Berufung überzeugt evangelischer Lehrer, Beamter und Arbeiter und machte ihren Einfluß dahin geltend. In den vier größeren Dörfern der Gemeinde errichtete sie Schwesternstationen, in Tschechen und Puschkau waren je zwei, in Muhrau und Preilsdorf je eine Diakonisse aus Frankenstein stationiert, denen neben der Arbeit in den Kindergärten die Krankenpflege oblag.


Die Reformation fand in unserer Gegend, d. h. im Schweidnitzer und Striegauer Kreise, frühzeitig Eingang, wahrscheinlich um 1530; doch fehlen darüber nähere Angaben. Aber im Jahre 1553 war die Kirche in Peterwitz in evangelischen Händen. Das gleiche dürfen wir von den Kirchen in Puschkau und Laasan annehmen. In Peterwitz scheint ein Herr von Reibnitz, in Laasan die Familie von Mühlheim, in Puschkau die von Kalkreuth die evangelische Lehre eingeführt zu haben. Die genannten Kirchen blieben bis nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges bis auf einige Unterbrechungen im evangelischen Besitz; die Reformation hatte sich so ausgebreitet, daß es nur noch wenige Katholiken hier gab. Als evangelische Geistliche wirkten in dieser Zeit in Peterwitz, von wo aus meist auch die Kirchen in Puschkau und Laasan verwaltet wurden, Martin Feige (bis 1600), Kaspar Krause (bis 1621), Johann Viebing (bis 1638), Matthäus Hoffmann, genannt Messerschmidt (bis 1653). Puschkau hatte zeitweise eigene evangelische Geistliche, die wahrscheinlich das Pfarramt von Peterwitz und Laasan mit versehen haben. Es waren dies Gabriel Luther und sein Sohn Heinrich Luther.
In Puschkau schenkte Fräulein von Kramsta auch noch den Kirchhof. In Muhrau gab sie durch den Bau einer Kapelle dem kirchlichen Leben einen Mittelpunkt. Diese Muhrauer Kapelle dürfte zum Schönsten gehören, was die schlesische Provinzialkirche an Gotteshäusern aufzuweisen hat.


Nach dem Dreißigjährigen Kriege kam Schlesien an Österreich, und nun begann für die Evangelischen in den unmittelbar unter dem Kaiser stehenden Erbfürstentümern Schweidnitz, Jauer und Glogau eine schwere fast hundertjährige Verfolgungs- und Bedrückungszeit, von der auch unsere Ortschaften besonders betroffen wurden. Es erschien ein kaiserlicher Befehl, daß den Evangelischen die Kirchen genommen und die Geistlichen aus dem Lande vertrieben werden sollten. Alle Versuche, die Vollziehung dieses Befehls abzuwenden, blieben erfolglos. so wurden am 16. Dezember 1653 die Kirche in Puschkau, am 10. Januar 1654 die Kirchen in Peterwitz und Laasan den Evangelischen weggenommen und den Katholischen übergeben. Der letzte evangelische Geistliche, Matthäus Hoffmann, ging als Archidiakonus an die [[Friedenskirche Schweidnitz|Friedenskirche nach Schweidnitz]].
Die neue Kirchengemeinde übernahm meist die kirchlichen Sitten und Gebräuche der Muttergemeinden. Der außer dem Verfasser bisher einzige Geistliche der Kirchengemeinde Puschkau, der im Ruhestande lebende Superintendent Paul Klämbt, hat in vorbildlicher Weise den äußeren und inneren Aufbau und Ausbau des Gemeindelebens bewirkt. Von 1895 bis 1925 hat er der Gemeinde gelebt und gedient, so daß er und seine Arbeit mit dem Leben der Gemeinde eng verwachsen sind. So hat sich mit den Jahren ein eigenes heimatliches Gemeindebewußtsein in unseren Dörfern gebildet.


Die Evangelischen in unseren Gemeinden hatten viel zu leiden. Schon der Dreißigjährige Krieg hatte sie in große Not gebracht, all ihre Habe war ihnen genommen worden, harte Mißhandlungen hatten sie erfahren. Nach dem Kriege wurde die Bedrückung immer größer. Häusliche Erbauung war streng untersagt, evangelische Bücher wurden, wo man sie fand, weggenommen. Taufen und Trauungen sollten in der katholischen Ortskirche erfolgen, die Gebühren dafür mußten in jedem Falle an den katholischen Ortsgeistlichen entrichtet werden. Kein evangelischer Geistlicher durfte zu seinen Glaubensgenossen aufs Land kommen. Der einzige glückliche Umstand war es für unsere Gemeinden, daß sie den Friedenskirchen in Schweidnitz und Jauer nicht allzufern wohnten. Beschwerlich aber blieb es immer und mit mancherlei Unbequemlichkeiten und Kosten verbunden, wenn die Bewohner unserer Ortschaften ihre Kinder taufen, ihre Ehen einsegnen oder ihre Sterbenden durch den Trost eines Geistlichen erquicken lassen wollten. Ihre Toten mußten sie still in einem besonderen Winkel des Friedhofes beerdigen. Erst mit der Besitzergreifung Schlesiens durch Friedrich den Großen brach auch für die Evangelischen unserer Ortschaften das Morgenrot einer besseren Zeit an, wo sie wieder in den Besitz einer eigenen Kirche, eines eigenen Geistlichen, ungehinderten Gottesdienstes und eigener Schulen kommen sollten. Zunächst wurde 1742 den Evangelischen, welche keine Kirche und keinen eigenen Friedhof hatten, vom König die Erlaubnis erteilt, ihre Toten auf dem katholischen Friedhof unter Begleitung eines evangelischen Geistlichen und mit öffentlicher Rede zu bestatten. Das erste evangelische Begräbnis in Peterwitz fand am 22. Juli 1742 durch den Pastor prim. Scharf aus Schweidnitz statt trotz des Widerstandes des katholischen Pfarrers.
Den Grundstock der Bevölkerung der Gemeinde bildet eine landwirtschaftliche Besitzerschicht. Infolge der meist guten Böden vermag sich auch der kleinere Besitzer auf seiner Scholle leidlich zu ernähren. Auf den Dominien wurde allmählich ein bodenständiger, gesunder Landarbeiterstand ansässig, der durch die sozialen Einrichtungen von Fräulein von Kramsta besser gestellt war, als der Landarbeiter sonst gewöhnlich in Schlesien. Mit zunehmender Industrialisierung entwickelte sich auch in unseren Dörfern eine starke Arbeiterschicht, die heute zirka 60 % der Bevölkerung ausmacht. Diese fand ihre Beschäftigung außer in der Puschkauer Zuckerfabrik hauptsächlich in den Striegauer Steinbrüchen, den Rausker Tonschächten und den Saarauer und Königszelter Fabriken.


Im Mai 1746 erfolgte endlich die Genehmigung zum Bau eines Bethauses. Sogleich wurde auch Hand ans Werk gelegt. So groß war die Opferwilligkeit und der Eifer, daß innerhalb 18 Wochen der Bau fast völlig zustande kam und am 9. Oktober 1746, am 18. Sonntag nach Trinitatis, das Bethaus eingeweiht werden konnte, das für etwa 1000 Personen Raum bot. Das war ein rechter Freudentag für die Gemeinden unseres Kirchspiels, er gab ihnen wieder, was sie 92 Jahre lang schmerzlich entbehrt hatten, und nun konnte sich wieder evangelisches Glaubens- und Gemeindeleben entfalten. 1747 erhielt das Bethaus seine erste Orgel, die dann 1805 durch eine neue größere Orgel, ein Meisterwerk des Orgelbauers Engler aus Breslau, ersetzt wurde. 1784 wurde das Bethaus durch einen Anbau auf der Süd- und Nordseite erweitert und erfuhr noch 1846 bei der Feier des l00jährigen Jubiläums die letzte größere Reparatur. Ein eigenes Kirchensiegel erhielt die Kirche erst im Jahre 1818; es zeigt auf einem Altar die aufgeschlagene Bibel mit dem Spruch Joh. 8, 32, ein Kreuz mit dem Symbol der Dreieinigkeit und den Kelch.
Die Kirchengemeinde war im ersten Aufblühen, als der Krieg über Deutschland hereinbrach. 114 Gefallene meldet die Chronik, Abgabe der Orgelprospektpfeifen und der zwei größeren Glocken. Die äußeren Schäden konnten bald nach dem Kriege beseitigt werden. Die aufstrebende Linie des Gemeindelebens wurde durch die gewaltigen Ereignisse und die Umformung des gesamten deutschen Lebens sehr beeinträchtigt. Fräulein von Kramsta starb im Juli 1925, als die Inflation auf dem Höhepunkte angelangt war und brauchte die Umgestaltung der Verhältnisse nicht mehr mitanzusehen. Nach kurzer Verwaltung durch Frau Baronin von Buddenbrock gelangte der Patronatsbesitz in die Hände des Haupterben Leutnant a. D. Hans-Christoph von Wietersheim-Kramsta, der darum bemüht ist, auch das geistige Erbe seiner Großtante zu erhalten.


Im Laufe der Zeit war das alte Bethaus immer baufälliger geworden. Da faßten im Frühjahr 1880 der Kirchenpatron Exzellenz Friedrich Graf von Burghauß und die vereinigten kirchlichen Körperschaften den Beschluß, ein neues würdiges Gotteshaus zu erbauen. Baumeister Hartmann erhielt den Bauauftrag. Am 13. Juli 1881 wurde der Grundstein gelegt, im Herbst 1883 war der Bau vollendet und am 20. November 1883 fand durch Generalsuperintendent D. Erdmann die Kirchweihe statt. Ps. 103, l—4 lag der Weiherede, Offenb. 21, 1—5 lag der Festpredigt des Ortsgeistlichen, Pastors Kluge, zugrunde. — Pastor Hartmann, unter dem der Bau begonnen hatte, war während des Baus am 3l. Mai 1882 heimgegangen. — Die alte Kirche mußte 1884 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden; der Platz wurde vom Patron gekauft und der Kirchengemeinde geschenkt, auf ihm wurde nach dem Tode des Grafen Burghauß ein Denkmal errichtet, welches, mit dem Brustbild des heimgegangenen Patrons geschmückt, die Erinnerung an das alte Bethaus lebendig erhalten soll. Die neue Kirche ist in gotischem Stil erbaut, sie beherrscht durch ihre Größe und besonders durch den zirka 70 Meter hohen Turm weithin die Gegend. Die Baukosten betrugen zirka 240 000 Mark, zu denen der Patron 2/3 beigetragen hat. So mächtig der äußere Eindruck wirkt, so wertvoll ist auch die innere Einrichtung der Kirche. Hervorgehoben seien nur der Altar, zu dem Fräulein von Kramsta ein wertvolles Altarbild „Die Auferstehung“ von Plockhorst gestiftet hat, und die von der Firma Schlag & Söhne in Schweidnitz mit einem Kostenaufwand von 18 000 Mark erbaute Orgel. Der Altar der alten Kirche wurde in der Sakristei aufgestellt. Im Weltkriege mußte die Kirchengemeinde die Prospektpfeifen der Orgel und die beiden größeren Glocken abliefern. Die Orgel ist wieder instand gesetzt. Die Eingangshalle der Kirche ist zu einer Kriegergedächtnisstätte ausgestaltet dadurch, daß die großen Seitenwände in Sgraffito- (Kratzputz-) Schrift die Namen der Gefallenen tragen.
Unter schweren Opfern aller Beteiligten konnten die vier Schwesternstationen wenigstens als Krankenpflegestationen erhalten bleiben, ebenso auch der Kindergarten in Puschkau. Äußerlich ist der Bestand der Gemeinde sonst im wesentlichen erhalten geblieben. Innerlich ist unsere Gemeinde nicht nur umbraust von den Stürmen einer neuen Zeit, nein, wie überall, so brausen die Stürme auch über unsere Häupter und durch unsere Herzen und ergreifen alle bis zum letzten Kinde. So hebt das Ringen um Glauben und Gottesfurcht auch bei uns an. Die jüngste Gemeinde des Kirchenkreises hat in vergangenen Jahrzehnten durch Gottes Güte reichsten Segen erfahren, ihr war vieles geschenkt, was andere schwer erkämpfen mußten. Wer in sie hineingestellt wird, spürt noch heute etwas von dieser schönen, gesegneten Vergangenheit, und die Generalkirchenvisitation erinnert uns von neuem daran. Mir ist als sollte da in unseren Herzen das Wort wach werden: <br/>
Der derzeitige Patron der Kirchengemeinde ist Graf von Pfeil-Burghauß auf Laasan.
Was du ererbt von deinen Vätern hast, <br/>
Erwirb es, um es zu besitzen! —<br/>


''Schröder''
l Geistlicher, 2 Predigtstätten, 1 Organist, 4 Diakonissen, 1 Kindergärtnerin, 6 evangelische Schulen, 3 kommunale, 2 evangelisch-kirchliche Friedhöfe, 5 Jungmädchenvereine, mit Parochialzusammenkunft: Grünkreuztag, 2 Frauenhilfen (Puschkau und Tschechen).


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Version vom 7. August 2006, 19:16 Uhr

Festschrift 1932

Festschrift "Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart - Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932", Herausgegeben von Pastor P. Hechler, Saarau i. Schl.

Puschkau
(die jüngste Gemeinde des Kreises)

Unter den Gemeinden des Kirchenkreises ist Puschkau die jüngste. Die Gründung der Gemeinde ist für den l. April 1892 ausgesprochen, so daß die Gemeinde in diesem Jahre 40 Jahre alt ist. Sie gehörte vor 1892 mit den Dörfern Niklasdorf, Preilsdorf und Puschkau zum Kirchspiel Peterwitz, mit Tschechen, Grunau und Muhrau zum Kirchspiel Striegau. Zu dem genannten Termin wurden dann die sechs Dörfer aus ihrem kirchengemeindlichen Zusammenhang herausgelöst und zu einer selbständigen Kirchengemeinde vereinigt. Die Jahre 1892 bis 1895 waren dem Bau der Kirche gewidmet, die am 2. Juni 1895 durch Generalsuperintendent D. Nottebohm eingeweiht wurde. Am Tage der Generalvisitation begehen wir also unser 38. Kirchweihfest. Es war nach Mitteilung Beteiligter „Ein unvergeßlicher Festtag“ für die gesamte Gemeinde, als sie zum erstenmal im eigenen Gotteshaus versammelt war. Mit dem Bau der Kirche war für die Sache des Evangeliums in unseren Dörfern eine große Tat getan worden. Diese Tat geht zurück auf Fräulein Marie von Kramsta. Ihre Art und ihr Wesen haben der Kirchengemeinde bis heute das Gepräge gegeben. Marie von Kramsta stammte aus der reichen Familie der Kramsta in Freiburg. Ihre Vorfahren hatten sich aus einfachsten Verhältnissen im Laufe der Jahrzehnte durch außergewöhnlichen Fleiß, Klugheit und Geschäftssinn zu einer der reichsten Familien Schlesiens emporgearbeitet. Die Familie erwarb neben ihren großen Webereien auch einen beträchtlichen Grundbesitz im Striegauer und Schweidnitzer Kreise. Dieser fiel mit anderen großen Teilen des Kramstaerbes in den 70er Jahren an Marie von Kramsta. Sie nahm ihren Wohnsitz in dem von ihrem Vater erbauten Schloß in Muhrau. Ihren Reichtum stellte die hochherzige Frau in den Dienst der Notleidenden und der Kirche. Ungezählte Hunderttausende sind von ihr an Bedürftige und an kirchliche Einrichtungen gegeben worden. Die Größe ihrer Art und ihres Wohltuns kam darin zum Ausdruck, daß sie nicht Almosen geben wollte — weder im Kleinen noch im Großen —, sondern daß sie in ganz bestimmten meist von ihr gewählten oder geprüften Formen eine Hilfe zu bringen suchte, die das Übel an der Wurzel angriff. Gewiß, sie konnte es, ihr standen außergewöhnliche Mittel zur Verfügung, aber nicht jeder, der etwas zu geben hat und geben kann, richtet mit seinen Gaben soviel aus wie sie. Im Laufe der Jahre hatte sie erkannt, daß in der Arbeit der Kirche zur äußeren Hilfe der Dienst an der Seele und damit am ganzen Menschen trat. Fräulein von Kramsta hat es deshalb als eine ihrer vornehmsten Aufgaben betrachtet, Kirche und Innere Mission in ihrem Dienst zu fördern. Örtlich gesehen wendete sie ihre Kraft am stärksten ihrer Heimatstadt Freiburg, den Diakonissenhäusern Frankenstein und Kreuzburg und den Dörfern ihres Landbesitzes zu.

Es war ein Zeugnis hoher Wertschätzung geistlicher, seelsorgerlicher Arbeit, daß sie die Anregung gab zur Gründung einer selbständigen Kirchengemeinde Puschkau. Sie glaubte, ihren Dörfern damit einen besonders großen Dienst zu erweisen, daß sie Wege wies und Mittel gab, die zu einer stärkeren kirchlichen Durchdringung und Zusammenfassung führten. So entstand auf ihr Betreiben die Kirchengemeinde Puschkau. Sie übernahm es nicht nur, Kirche und Pfarrhaus mit Grund und Boden zu schenken und mit allen Einrichtungsgegenständen zu versehen, nach ihrer klaren, weitblickenden Art stattete sie die neugegründete Gemeinde auch mit 200 Morgen Acker aus und übernahm mit dem Patronat zwei Drittel der Baulasten für die Zukunft. Durch Maßnahmen allgemein sozialer Natur wirkte sie fördernd auf das Leben der jungen Gemeinde ein. Sie half zum Bau von Schulen, so daß jedes Dorf der Gemeinde, auch das kleine damals 184, heute zirka 160 Einwohner zählende Grunau, seine eigene evangelische Schule hat. Sie legte hohen Wert auf die Berufung überzeugt evangelischer Lehrer, Beamter und Arbeiter und machte ihren Einfluß dahin geltend. In den vier größeren Dörfern der Gemeinde errichtete sie Schwesternstationen, in Tschechen und Puschkau waren je zwei, in Muhrau und Preilsdorf je eine Diakonisse aus Frankenstein stationiert, denen neben der Arbeit in den Kindergärten die Krankenpflege oblag.

In Puschkau schenkte Fräulein von Kramsta auch noch den Kirchhof. In Muhrau gab sie durch den Bau einer Kapelle dem kirchlichen Leben einen Mittelpunkt. Diese Muhrauer Kapelle dürfte zum Schönsten gehören, was die schlesische Provinzialkirche an Gotteshäusern aufzuweisen hat.

Die neue Kirchengemeinde übernahm meist die kirchlichen Sitten und Gebräuche der Muttergemeinden. Der außer dem Verfasser bisher einzige Geistliche der Kirchengemeinde Puschkau, der im Ruhestande lebende Superintendent Paul Klämbt, hat in vorbildlicher Weise den äußeren und inneren Aufbau und Ausbau des Gemeindelebens bewirkt. Von 1895 bis 1925 hat er der Gemeinde gelebt und gedient, so daß er und seine Arbeit mit dem Leben der Gemeinde eng verwachsen sind. So hat sich mit den Jahren ein eigenes heimatliches Gemeindebewußtsein in unseren Dörfern gebildet.

Den Grundstock der Bevölkerung der Gemeinde bildet eine landwirtschaftliche Besitzerschicht. Infolge der meist guten Böden vermag sich auch der kleinere Besitzer auf seiner Scholle leidlich zu ernähren. Auf den Dominien wurde allmählich ein bodenständiger, gesunder Landarbeiterstand ansässig, der durch die sozialen Einrichtungen von Fräulein von Kramsta besser gestellt war, als der Landarbeiter sonst gewöhnlich in Schlesien. Mit zunehmender Industrialisierung entwickelte sich auch in unseren Dörfern eine starke Arbeiterschicht, die heute zirka 60 % der Bevölkerung ausmacht. Diese fand ihre Beschäftigung außer in der Puschkauer Zuckerfabrik hauptsächlich in den Striegauer Steinbrüchen, den Rausker Tonschächten und den Saarauer und Königszelter Fabriken.

Die Kirchengemeinde war im ersten Aufblühen, als der Krieg über Deutschland hereinbrach. 114 Gefallene meldet die Chronik, Abgabe der Orgelprospektpfeifen und der zwei größeren Glocken. Die äußeren Schäden konnten bald nach dem Kriege beseitigt werden. Die aufstrebende Linie des Gemeindelebens wurde durch die gewaltigen Ereignisse und die Umformung des gesamten deutschen Lebens sehr beeinträchtigt. Fräulein von Kramsta starb im Juli 1925, als die Inflation auf dem Höhepunkte angelangt war und brauchte die Umgestaltung der Verhältnisse nicht mehr mitanzusehen. Nach kurzer Verwaltung durch Frau Baronin von Buddenbrock gelangte der Patronatsbesitz in die Hände des Haupterben Leutnant a. D. Hans-Christoph von Wietersheim-Kramsta, der darum bemüht ist, auch das geistige Erbe seiner Großtante zu erhalten.

Unter schweren Opfern aller Beteiligten konnten die vier Schwesternstationen wenigstens als Krankenpflegestationen erhalten bleiben, ebenso auch der Kindergarten in Puschkau. Äußerlich ist der Bestand der Gemeinde sonst im wesentlichen erhalten geblieben. Innerlich ist unsere Gemeinde nicht nur umbraust von den Stürmen einer neuen Zeit, nein, wie überall, so brausen die Stürme auch über unsere Häupter und durch unsere Herzen und ergreifen alle bis zum letzten Kinde. So hebt das Ringen um Glauben und Gottesfurcht auch bei uns an. Die jüngste Gemeinde des Kirchenkreises hat in vergangenen Jahrzehnten durch Gottes Güte reichsten Segen erfahren, ihr war vieles geschenkt, was andere schwer erkämpfen mußten. Wer in sie hineingestellt wird, spürt noch heute etwas von dieser schönen, gesegneten Vergangenheit, und die Generalkirchenvisitation erinnert uns von neuem daran. Mir ist als sollte da in unseren Herzen das Wort wach werden:
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen! —

Schröder

l Geistlicher, 2 Predigtstätten, 1 Organist, 4 Diakonissen, 1 Kindergärtnerin, 6 evangelische Schulen, 3 kommunale, 2 evangelisch-kirchliche Friedhöfe, 5 Jungmädchenvereine, mit Parochialzusammenkunft: Grünkreuztag, 2 Frauenhilfen (Puschkau und Tschechen).