Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/08: Unterschied zwischen den Versionen

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des Smotritels; der Smotritel stellte ein Paar Kosaken als Wache vor seine Hausthür; Pastor Sch. kamen dazu und rief: „holt den Knutmeister heraus!“ - die Hintersten drängten die Vordersten vorwärts nach der Thür; das bemerkend, entwich der Smotritel hinten aus dem Hause und aus der Kolonie, bestieg auf dem Felde ein russisches Fuhrwerk und jagte nach Kischinew. Nach etwa 12 Tagen kam Nachmittags General Harting unter starker Kosakenbedeckung in der Kolonie an, und ein Paar Stunden später rückte ein Militär-General mit einem ganzen Regiment Soldaten unter voller Kriegsmusik und dem Wirbel aller Trommeln, als wenn es gelte 1000 französiche Barrikadenhelden zu bewältigen oder ein türkisches Fort zu stürmen, in die Kolonie ein. Das Militär nahm kein Quartier, sondern schlug sofort ein Zeltlager auf der breiten Straße der Kolonie auf; aber nicht wenig war der Militär-General erstaunt, daß er die Leute ruhig in ihren Häusern und bei ihren Geschäften sah. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, Alles unter den Waffen zu treffen. Am folgenden Tage wurden alle Familienväter auf der Straße in Reih und Glied gestellt; dem Smotritel seine Kosaken mußten jene Raufer heraussuchen, welche sogleich unter Wache genommen wurden, und nun fragte der Militär-General, ein sehr freundlicher und herablassender Herr, die Gemeinde: „liebe Kinder, was hat es bei euch gegeben? Was ist vorgefallen? Erzählt mir Alles genau und richtig.“ Die Gemeinde brachte ihre Klagen an, und erzählte den ganzen Vorfall. Er antwortete: „liebe Kinder! Gewaltsame Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit wird in Rußland nicht gestattet. Das habt ihr nicht gut gemacht; seid ein ander Mal vorsichtiger. Ihr seid entlassen.“ Tags darauf zog das Militär ab, aber ganz still, ohne Klang und Sang, als ob es sich seines Kriegszugs schämte. Nach Abzug des Militärs versammelte General Harting die Gemeinde wieder, führte die Raufer vor, ließ sie durch Kosaken so schlagen, daß man wenigstens einen davon buchstäblich auf den Armen vom Platz nach Hause tragen mußte, welcher auch in Folge der Schläge starb, und führte den Pastor Sch. als Rebellen-Anführer mit seiner Familie unter Wache nach Kischinew ins Gefängniß. Allein der russische Erzbischof (ein hoher Geistlicher der griechischen Kirche) von Kischinew verlangte des deutschen Pastors Freilassung, worauf Sch. nur Stadtarrest erhielt, und der ganze Prozeß ging nun nach St. Petersburg. Das Ende der ganzen Geschichte war, daß General Harting und Smotritel
des Smotritels; der Smotritel stellte ein Paar Kosaken als Wache vor seine Hausthür; Pastor Sch. kamen dazu und rief: „holt den Knutmeister heraus!“ - die Hintersten drängten die Vordersten vorwärts nach der Thür; das bemerkend, entwich der Smotritel hinten aus dem Hause und aus der Kolonie, bestieg auf dem Felde ein russisches Fuhrwerk und jagte nach Kischinew. Nach etwa 12 Tagen kam Nachmittags General Harting unter starker Kosakenbedeckung in der Kolonie an, und ein Paar Stunden später rückte ein Militär-General mit einem ganzen Regiment Soldaten unter voller Kriegsmusik und dem Wirbel aller Trommeln, als wenn es gelte 1000 französiche Barrikadenhelden zu bewältigen oder ein türkisches Fort zu stürmen, in die Kolonie ein. Das Militär nahm kein Quartier, sondern schlug sofort ein Zeltlager auf der breiten Straße der Kolonie auf; aber nicht wenig war der Militär-General erstaunt, daß er die Leute ruhig in ihren Häusern und bei ihren Geschäften sah. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, Alles unter den Waffen zu treffen. Am folgenden Tage wurden alle Familienväter auf der Straße in Reih und Glied gestellt; dem Smotritel seine Kosaken mußten jene Raufer heraussuchen, welche sogleich unter Wache genommen wurden, und nun fragte der Militär-General, ein sehr freundlicher und herablassender Herr, die Gemeinde: „liebe Kinder, was hat es bei euch gegeben? Was ist vorgefallen? Erzählt mir Alles genau und richtig.“ Die Gemeinde brachte ihre Klagen an, und erzählte den ganzen Vorfall. Er antwortete: „liebe Kinder! Gewaltsame Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit wird in Rußland nicht gestattet. Das habt ihr nicht gut gemacht; seid ein ander Mal vorsichtiger. Ihr seid entlassen.“ Tags darauf zog das Militär ab, aber ganz still, ohne Klang und Sang, als ob es sich seines Kriegszugs schämte. Nach Abzug des Militärs versammelte General Harting die Gemeinde wieder, führte die Raufer vor, ließ sie durch Kosaken so schlagen, daß man wenigstens einen davon buchstäblich auf den Armen vom Platz nach Hause tragen mußte, welcher auch in Folge der Schläge starb, und führte den Pastor Sch. als Rebellen-Anführer mit seiner Familie unter Wache nach Kischinew ins Gefängniß. Allein der russische Erzbischof (ein hoher Geistlicher der griechischen Kirche) von Kischinew verlangte des deutschen Pastors Freilassung, worauf Sch. nur Stadtarrest erhielt, und der ganze Prozeß ging nun nach St. Petersburg. Das Ende der ganzen Geschichte war, daß General Harting und Smotritel

Aktuelle Version vom 30. November 2013, 19:15 Uhr

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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien
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des Smotritels; der Smotritel stellte ein Paar Kosaken als Wache vor seine Hausthür; Pastor Sch. kamen dazu und rief: „holt den Knutmeister heraus!“ - die Hintersten drängten die Vordersten vorwärts nach der Thür; das bemerkend, entwich der Smotritel hinten aus dem Hause und aus der Kolonie, bestieg auf dem Felde ein russisches Fuhrwerk und jagte nach Kischinew. Nach etwa 12 Tagen kam Nachmittags General Harting unter starker Kosakenbedeckung in der Kolonie an, und ein Paar Stunden später rückte ein Militär-General mit einem ganzen Regiment Soldaten unter voller Kriegsmusik und dem Wirbel aller Trommeln, als wenn es gelte 1000 französiche Barrikadenhelden zu bewältigen oder ein türkisches Fort zu stürmen, in die Kolonie ein. Das Militär nahm kein Quartier, sondern schlug sofort ein Zeltlager auf der breiten Straße der Kolonie auf; aber nicht wenig war der Militär-General erstaunt, daß er die Leute ruhig in ihren Häusern und bei ihren Geschäften sah. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, Alles unter den Waffen zu treffen. Am folgenden Tage wurden alle Familienväter auf der Straße in Reih und Glied gestellt; dem Smotritel seine Kosaken mußten jene Raufer heraussuchen, welche sogleich unter Wache genommen wurden, und nun fragte der Militär-General, ein sehr freundlicher und herablassender Herr, die Gemeinde: „liebe Kinder, was hat es bei euch gegeben? Was ist vorgefallen? Erzählt mir Alles genau und richtig.“ Die Gemeinde brachte ihre Klagen an, und erzählte den ganzen Vorfall. Er antwortete: „liebe Kinder! Gewaltsame Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit wird in Rußland nicht gestattet. Das habt ihr nicht gut gemacht; seid ein ander Mal vorsichtiger. Ihr seid entlassen.“ Tags darauf zog das Militär ab, aber ganz still, ohne Klang und Sang, als ob es sich seines Kriegszugs schämte. Nach Abzug des Militärs versammelte General Harting die Gemeinde wieder, führte die Raufer vor, ließ sie durch Kosaken so schlagen, daß man wenigstens einen davon buchstäblich auf den Armen vom Platz nach Hause tragen mußte, welcher auch in Folge der Schläge starb, und führte den Pastor Sch. als Rebellen-Anführer mit seiner Familie unter Wache nach Kischinew ins Gefängniß. Allein der russische Erzbischof (ein hoher Geistlicher der griechischen Kirche) von Kischinew verlangte des deutschen Pastors Freilassung, worauf Sch. nur Stadtarrest erhielt, und der ganze Prozeß ging nun nach St. Petersburg. Das Ende der ganzen Geschichte war, daß General Harting und Smotritel