Handbuch der praktischen Genealogie/355: Unterschied zwischen den Versionen

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Dynasten, die mit ihren Herrschaften zwischen den fürstlichen Territorialgebieten eingekeilt lagen, möglichst beseitigt In allen großen Fürstentümern, vor allem in den Gegenden, wo die Staufer geschlossenen Besitz hatten, dann in den Herzogtümern Heinrichs des Löwen, in Österreich, sehen wir die Dynasten seit 1150 verschwinden. Nur wo die Einrichtung einer großen, geschlossenen, fürstlichen Landeshoheit nicht gelang, wie in der Schweiz und am ganzen Rhein entlang, oder wo sie wegfiel, wie im alten Sachsen und Thüringen 1190, im engeren staufischen Gebiet 1268 (tatsächlich schon unter Friedrich II.) hielten sich dynastische mindermächtige Familien neben einander in größerer Zahl. In den Fürstentümern aber traten an die Stelle der ausgestorbenen oder ausgewanderten Dynastenhäuser fürstliche niederadelige Beamte. Diesen dienstmännischen Beamten wurden anfangs wohl zu eigenem Recht (etwa wenn sie Erben ausgestorbener Dynastenhäuser waren oder pfandweise oder als Folge der Belehnung mit der Herrschaft) die ganzen Befugnisse des früheren dynastischen Herrn übertragen, vor allem also das Blutgericht, wenigstens auf den eigenen Gütern — bis dahin ausschließliches Recht der Dynasten. Am Rhein, in Niedersachsen, Thüringen; in Bayern, Österreich und den Alpenländern finden wir alsbald Dienstmannen als Blutrichter, z. B. die von Hagen, Bolanden, Wolfenbüttel, Haag, Kuenring, Taufers, Welsberg (ausgestorbenes Haus).    Es liegt nahe, zu vermuten, daß infolge einer derart — wenn auch nur vereinzelt — praktisch gewordenen prinzipiellen Gleichstellung mit den Dynasten nun auch eine genealogische Verschmelzung der beiden Adelsschichten stattgefunden hätte. Die Genealogien der einzelnen Familien beweisen das Gegenteil. Wohl finden wir vereinzelt schon im 12. Jahrhundert, dann allmählich häufiger eheliche Verbindungen zwischen Abkömmlingen der beiden Adelsschichten, die es nunmehr in Deutschland gab. Aber nebenher läuft doch sehr deutlich ein starkes Gefühl für Unebenbürtigkeit. Ende des 15. Jahrhunderts verdichtet sich dieses Empfinden zu der Anschauung, daß eine regelrechte Ehe zustande kommen könne, ohne daß Frau und Kinder Stand, Rang und Sonderrechte des hochadeligen Mannes teilen und erben mußten. Man nannte dann eine solche Ehe morganatisch. Damit war eine neuartige Rechtseinrichtung zustande gekommen, die seither von der deutschen Staatsrechtswissenschaft oft — wenn auch meist im Anschluß an schwebende Streitfälle und selten in unbefangener Würdigung der tatsächlichen historischen Entwicklung — behandelt worden ist. Diese morganatische Ehe und das ihr zugrunde liegende Rechtsinstitut der Ebenbürtigkeit als Rechtsverhältnis im hohen Adel sind spezifisch deutsche Errungenschaften. Bis heute ist das Ebenbürtigkeitsrecht, das wegen seiner mangelhaften wissenschaftlichen Durchbildung immer wieder zu praktisch folgenschweren Mißverständnissen geführt, eines der wichtigsten Gebiete engster Beziehungen zwischen Genealogie und Rechtswissenschaft.
Dynasten, die mit ihren Herrschaften zwischen den fürstlichen Territorialgebieten eingekeilt lagen, möglichst beseitigt In allen großen Fürstentümern, vor allem in den Gegenden, wo die Staufer geschlossenen Besitz hatten, dann in den Herzogtümern Heinrichs des Löwen, in Österreich, sehen wir die Dynasten seit 1150 verschwinden. Nur wo die Einrichtung einer großen, geschlossenen, fürstlichen Landeshoheit nicht gelang, wie in der Schweiz und am ganzen Rhein entlang, oder wo sie wegfiel, wie im alten Sachsen und Thüringen 1190, im engeren staufischen Gebiet 1268 (tatsächlich schon unter Friedrich II.) hielten sich dynastische mindermächtige Familien neben einander in größerer Zahl. In den Fürstentümern aber traten an die Stelle der ausgestorbenen oder ausgewanderten Dynastenhäuser fürstliche niederadelige Beamte. Diesen dienstmännischen Beamten wurden anfangs wohl zu eigenem Recht (etwa wenn sie Erben ausgestorbener Dynastenhäuser waren oder pfandweise oder als Folge der Belehnung mit der Herrschaft) die ganzen Befugnisse des früheren dynastischen Herrn übertragen, vor allem also das Blutgericht, wenigstens auf den eigenen Gütern — bis dahin ausschließliches Recht der Dynasten. Am Rhein, in Niedersachsen, Thüringen; in Bayern, Österreich und den Alpenländern finden wir alsbald Dienstmannen als Blutrichter, z. B. die von Hagen, Bolanden, Wolfenbüttel, Haag, Kuenring, Taufers, Welsberg (ausgestorbenes Haus).    Es liegt nahe, zu vermuten, daß infolge einer derart — wenn auch nur vereinzelt — praktisch gewordenen prinzipiellen Gleichstellung mit den Dynasten nun auch eine genealogische Verschmelzung der beiden Adelsschichten stattgefunden hätte. Die Genealogien der einzelnen Familien beweisen das Gegenteil. Wohl finden wir vereinzelt schon im 12. Jahrhundert, dann allmählich häufiger eheliche Verbindungen zwischen Abkömmlingen der beiden Adelsschichten, die es nunmehr in Deutschland gab. Aber nebenher läuft doch sehr deutlich ein starkes Gefühl für Unebenbürtigkeit. Ende des 15. Jahrhunderts verdichtet sich dieses Empfinden zu der Anschauung, daß eine regelrechte Ehe zustande kommen könne, ohne daß Frau und Kinder Stand, Rang und Sonderrechte des hochadeligen Mannes teilen und erben mußten. Man nannte dann eine solche Ehe morganatisch. Damit war eine neuartige Rechtseinrichtung zustande gekommen, die seither von der deutschen Staatsrechtswissenschaft oft — wenn auch meist im Anschluß an schwebende Streitfälle und selten in unbefangener Würdigung der tatsächlichen historischen Entwicklung — behandelt worden ist. Diese morganatische Ehe und das ihr zugrunde liegende Rechtsinstitut der Ebenbürtigkeit als Rechtsverhältnis im hohen Adel sind spezifisch deutsche Errungenschaften. Bis heute ist das Ebenbürtigkeitsrecht, das wegen seiner mangelhaften wissenschaftlichen Durchbildung immer wieder zu praktisch folgenschweren Mißverständnissen geführt, eines der wichtigsten Gebiete engster Beziehungen zwischen Genealogie und Rechtswissenschaft.


Solange es nur einen Adel in Deutschland gab, ist es zu Streitfragen in   bezug auf Ebenbürtigkeit   nicht   gekommen. Die   Dynasten   der vor staufischen  Zeit bildeten eine kleine, eng geschlossene Kaste.   Eine Verbindung
{{NE}}Solange es nur ''einen'' Adel in Deutschland gab, ist es zu Streitfragen in bezug auf Ebenbürtigkeit nicht gekommen. Die Dynasten der vorstaufischen Zeit bildeten eine kleine, eng geschlossene Kaste. Eine Verbindung <noinclude>


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Aktuelle Version vom 24. September 2012, 13:13 Uhr

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
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Dynasten, die mit ihren Herrschaften zwischen den fürstlichen Territorialgebieten eingekeilt lagen, möglichst beseitigt In allen großen Fürstentümern, vor allem in den Gegenden, wo die Staufer geschlossenen Besitz hatten, dann in den Herzogtümern Heinrichs des Löwen, in Österreich, sehen wir die Dynasten seit 1150 verschwinden. Nur wo die Einrichtung einer großen, geschlossenen, fürstlichen Landeshoheit nicht gelang, wie in der Schweiz und am ganzen Rhein entlang, oder wo sie wegfiel, wie im alten Sachsen und Thüringen 1190, im engeren staufischen Gebiet 1268 (tatsächlich schon unter Friedrich II.) hielten sich dynastische mindermächtige Familien neben einander in größerer Zahl. In den Fürstentümern aber traten an die Stelle der ausgestorbenen oder ausgewanderten Dynastenhäuser fürstliche niederadelige Beamte. Diesen dienstmännischen Beamten wurden anfangs wohl zu eigenem Recht (etwa wenn sie Erben ausgestorbener Dynastenhäuser waren oder pfandweise oder als Folge der Belehnung mit der Herrschaft) die ganzen Befugnisse des früheren dynastischen Herrn übertragen, vor allem also das Blutgericht, wenigstens auf den eigenen Gütern — bis dahin ausschließliches Recht der Dynasten. Am Rhein, in Niedersachsen, Thüringen; in Bayern, Österreich und den Alpenländern finden wir alsbald Dienstmannen als Blutrichter, z. B. die von Hagen, Bolanden, Wolfenbüttel, Haag, Kuenring, Taufers, Welsberg (ausgestorbenes Haus). Es liegt nahe, zu vermuten, daß infolge einer derart — wenn auch nur vereinzelt — praktisch gewordenen prinzipiellen Gleichstellung mit den Dynasten nun auch eine genealogische Verschmelzung der beiden Adelsschichten stattgefunden hätte. Die Genealogien der einzelnen Familien beweisen das Gegenteil. Wohl finden wir vereinzelt schon im 12. Jahrhundert, dann allmählich häufiger eheliche Verbindungen zwischen Abkömmlingen der beiden Adelsschichten, die es nunmehr in Deutschland gab. Aber nebenher läuft doch sehr deutlich ein starkes Gefühl für Unebenbürtigkeit. Ende des 15. Jahrhunderts verdichtet sich dieses Empfinden zu der Anschauung, daß eine regelrechte Ehe zustande kommen könne, ohne daß Frau und Kinder Stand, Rang und Sonderrechte des hochadeligen Mannes teilen und erben mußten. Man nannte dann eine solche Ehe morganatisch. Damit war eine neuartige Rechtseinrichtung zustande gekommen, die seither von der deutschen Staatsrechtswissenschaft oft — wenn auch meist im Anschluß an schwebende Streitfälle und selten in unbefangener Würdigung der tatsächlichen historischen Entwicklung — behandelt worden ist. Diese morganatische Ehe und das ihr zugrunde liegende Rechtsinstitut der Ebenbürtigkeit als Rechtsverhältnis im hohen Adel sind spezifisch deutsche Errungenschaften. Bis heute ist das Ebenbürtigkeitsrecht, das wegen seiner mangelhaften wissenschaftlichen Durchbildung immer wieder zu praktisch folgenschweren Mißverständnissen geführt, eines der wichtigsten Gebiete engster Beziehungen zwischen Genealogie und Rechtswissenschaft.

      Solange es nur einen Adel in Deutschland gab, ist es zu Streitfragen in bezug auf Ebenbürtigkeit nicht gekommen. Die Dynasten der vorstaufischen Zeit bildeten eine kleine, eng geschlossene Kaste. Eine Verbindung