Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs 1894/0061: Unterschied zwischen den Versionen

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:2 Taubstummenanstalten, 1 Blindenanstalt, 7 öffentliche höhere Mädchen-, zahlreiche höhere Privat-Knaben- u. Mädchenschulen; königl. Bibliothek von 800,000 Bdn. u. 18,000 Handschriften, Universitäts-, mehrere öffentliche Bibliotheken, die königl. Museen, Nationalgalerie, das Hohenzollernmuseum, das Museum für Völkerkunde ec.; Akademie der Wissenschaften, Akad. der Künste, oriental. Seminar, deutsches Gewerbemuseum, königl. Institut für Glasmalerei (in Charlottenburg), Kriegsakademie, Zentralturnanstalt, vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule, Artillerieschieß-, Oberfeuerwerkerschule, Bau-, Berg-, Gewerbeakademie, Tierarzneischule, Sternwarte, landwirtschaftliches Lehrinstitut, Hebammenschule, medizinisch-chirurgisches Friedrich Wilhelms-Institut, Institut für Kirchenmusik, Hochschule der Tonkunst, Musterzeichenschule, Fachschulen für Gewerbetreibende ec.; Opern-, königl. Schauspielhaus sowie zahlreiche andre größere u. kleinere Theater; städtisches Waisenhaus, zahlreiche Waisenhäuser aus Privatstiftungen, Charitee, allgemeines städtisches Krankenhaus, viele andre Krankenhäuser und milde Stiftungen, Volksküchen, Asyle für Obdachlose; mehrere große {{Sperrschrift|Wohlthätigkeitsanstalten}} der Stadt B. befinden sich außerhalb, z. B. das große Waisenhaus in dem nahen Rummelsburg, die Irrenanstalt zu Dalldorf ec.; von öffentlichen Einrichtungen sind noch zu nennen: die Wasserwerke, die Kanalisation (Rieselfelder zu Blankenburg u. Osdorf), die musterhafte Feuerwehr, mehrere Elektrizitätswerke und Gasanstalten, Markthallen, der Berliner Viehhof. B. ist im wesentlichen eine moderne Stadt mit breiten Straßen und schönen Häusern. Am engsten sind die {{Sperrschrift|Straßen}} im alten B., etwa im Mittelpunkt der Stadt, wo das neue Rathaus und die Hauptpost, und in den Stadtteilen, die sich demselben östl. und nördl. anschließen. Der Glanzpunkt der Stadt ist die Straße Unter den Linden mit den Fortsetzungen bis zum Schloß einer- und durch das Brandenburger Thor zum Königsplatz (Siegesdenkmal) anderseits. Auf der Südseite des Schlosses der Schloßplatz mit Monumentalbrunnen, auf der Nordseite ist der Lustgarten mit dem Denkmal Friedrich Wilhelms III., neben demselben entsteht gegenwärtig der neue Dom, das Museum, hinter diesem die Nationalgalerie und auf der andern Spreeseite die Börse; neben der Schloßbrücke die Ruhmeshalle, weiter westwärts das Palais der Kaiserin Friedrich, die Denkmäler der Helden des Befreiungskrieges (Blücher, York, Gneisenau, Bülow, Scharnhorst), das Opernhaus und die Universität, zu Anfang der Linden das Palais des Kaisers Wilhelm I. und das Denkmal Friedrichs d. Gr., neben den Linden die Passage mit Castans Panoptikum und das Aquarium, am Brandenburger Thor das großartige Reichstagsgebäude. Der Geschäftsverkehr konzentriert sich ganz besonders auf die Straße Unter den Linden, die Friedrichs- und Leipziger Straße; die vornehme Welt wohnt größtenteils in der Wilhelmstraße und in den westlichen Stadtteilen längs des Tiergartens (Bellevue-, Tiergartenstraße), die ärmere Bevölkerung in den nördlichen, östlichen und südöstlichen Stadtteilen. Zahlreiche {{Sperrschrift|Denkmäler}} schmücken die Stadt, außer den schon genannten das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten die Lange- oder Kurfürstenbrücke, das Denkmal Steins den Dönhofsplatz, Schillers den Gendarmenmarkt, der beiden Humboldts den Garten vor der Universität, des Grafen Brandenburgs und Wrangels den Leipziger Platz, die Denkmäler der Helden aus dem Siebenjährigen Krieg den Wilhelmsplatz, die der Vertreter der Landwirtschaft (Thaer), Baukunst (Schinkel) und der Gewerbe (Beuth) den Platz an der Bauakademie, die Denkmäler Goethes, der Königin Luise und Friedrich Wilhelms III. den Tiergarten, daselbst beim Brandenburger Thore Standbild Goethes u. in der Nähe Standbild Lessings, ein Denkmal zur Erinnerung an die Jahre 1813 bis 1815 den Kreuzberg ec. Große Parkanlagen sind der Tiergarten im W., in der Hasenheide im SO. erinnert ein Denkmal an den ersten, 1812 von Jahn eröffneten deutschen Turnplatz. Weit entfernt vom Zentrum der Stadt liegen im SW. bei Schöneberg der botanische und im W. der zoologische Garten, beide ausgezeichnet.
:B. ist der Mittelpunkt der {{Sperrschrift|Industrie}} und des Binnenhandels im Reich. Auf dem Gebiet der Industrie behauptet es besonders in Webwaren, Silber-, Eisen- und Stahlwaren in den Nährgewerben einen hohen Rang. Die Wollindustrie, schon lange eingebürgert, umfaßt in neuerer Zeit auch die Fabrikation von Orleans, Shawls, Teppichen und Strumpfwaren. Zwar ist die Seidenfabrikation zurückgegangen, dagegen haben sich Färberei und Druckerei in Wollgarnen, Seide und Baumwolle sowie das Konfektions- u. Modewarengeschäft zu großer Blüte entfaltet. Der Maschinenbau (für denselben heute etwa 100 Etablissements) ward besonders durch Borsig entwickelt, der 1837 seine Anstalt vor dem Oranienburger Thor (eine andre später in Moabit) gründete. Aus diesen Werken, von denen ein Teil nach Borsigwerk (s. d.) in Schlesien verlegt worden ist, sind bereits über 4400 Lokomotiven hervorgegangen. Ansehnliche Fabriken gibt es für den Bau von Eisenbahn-, Post- und gewöhnlichen Wagen, für die Verfertigung von Nähmaschinen, Stahlfedern, feuerfesten Geldschränken, Chronometern, Telegraphenapparaten. Sehr bedeutend ist ferner die Fabrikation von Quincaillerie, Neusilberwaren, Kautschuk- und Guttapercha-Artikeln, Seife, Chemikalien, Lackier-, Bronze-, Zinnspielwaren, Lampen, Holzarbeiten, Dachpappe, Marmorwaren, wohlriechenden Wässern, vegetabilischen Ölen, Asphalt- und Zementteer, Porzellan (die königl. Porzellanmanufaktur 1763 gegründet), Öfen und andern Thonwaren, Pianofortes und andern musikalischen Instrumenten, Möbeln, Papier, Tapeten, Handschuhen, Strohhüten und künstlichen Blumen sowie die Bierbrauereien (neben zahlreichen [82] bayrischen Bierbrauereien berühmte Weißbierbrauereien). Viele industrielle Etablissements sind nach dem französischen Krieg in Aktienunternehmen verwandelt, andre als solche neu gegründet worden; jedoch ist ein Teil derselben schon wieder verschwunden. Hauptartikel des Berliner {{Sperrschrift|Warenhandels}} sind Getreide, Mehl, Spiritus, Vieh, Wolle und Brennstoffe. Für den Getreidehandel ist B. mit seinen trefflichen Lagerräumen ein Hauptplatz; Mehl sendet es selbst nach Gegenden, wohin der Körnerhandel nicht mehr lohnt; zum Juni-Wollmarkt, dem bedeutendsten im Reiche, werden etwa 100-120,000 Ztr. Wolle zum Verkauf ausgestellt; Steinkohlen bezieht B. vorzugsweise aus Schlesien, Braunkohlen aus Böhmen; an Petroleum verbraucht es jährlich über 120,000 <tt>hl</tt>. Die Börse ist im Staatspapier- u. Aktienhandel Norddeutschlands Hauptbörse. Für Geldoperationen bestehen zahlreiche Institute (s. oben). Nächst Leipzig ist B. der Hauptsitz des deutschen Buchhandels; man zählte 1892 etwa 374 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen. Zahlreiche und ausgezeichnete {{Sperrschrift|Gärtnereien}} kultivieren nicht allein alle inländischen Gewächse, darunter eine berühmte Blumenzwiebelzucht, sondern auch, angeregt und unterstützt von dem Akklimatisationsverein, viele ausländische, in neuester Zeit selbst hinterasiatische Pflanzen. Ungemein entwickelt ist das Vereinswesen auf allen Gebieten des menschlichen Lebens. Unter den wissenschaftlichen {{Sperrschrift|Vereinen}} sind: der Akklimatisationsverein, der Anthropologische, die Deutsche Chemische, die Geologische Gesellschaft, die Gesellschaft für Erdkunde, der Verein für Geschichte Berlins, die Juristische, die Medizinische, die Militärische Gesellschaft, die Gesellschaft naturforschender Freunde, die Pharmazeutische, Photographische, Juristische, die Polytechnische Gesellschaft, der Elektrotechn. Verein, der Verein für wissenschaftliche Vorträge. Von sonstigen Vereinen mögen genannt werden: der Verein Berliner Künstler, der Berliner Handwerkerverein, der Verein für Eisenbahnkunde, zur Beförderung des Gartenbaus, zur Beförderung des Gewerbfleißes, der Klub der Landwirte, der Deutsche Fischereiverein, der Protestant. Unionsverein, der Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen, der Lette-Verein zur Hebung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts u. a.
:B. hat sich aus den beiden Städten B. und Kölln entwickelt, die zu Anfang des 13. Jahrh. entstanden, und von denen diese l., jene r. an der Spree fast genau in der Mitte des heutigen B. lagen. Durch ein Bündnis miteinander (1307) gewannen beide Städte an Ansehen unter den Schwesterstädten der Mark. Zwar erlangten sie die Reichsfreiheit nicht (1448 Kampf gegen den Kurfürsten Friedrich II.), wohl aber legte Johann Cicero die fürstliche Residenz hierher. Die Reformation ward 1539 eingeführt. Nur langsam hob sich B. bis zur Regierungszeit des Großen Kurfürsten. Dann aber entwickelte es sich schnell. So entstanden noch zu seiner Zeit der Friedrichswerder, die Spandauer und Stralauer Vorstadt und die Dorotheenstadt (Neustadt) mit den Anfängen der Straße Unter den Linden; die Einwohner vermehrten sich durch zahlreiche protestantische Flüchtlinge aus Frankreich. Unter König Friedrich I. begann der Anbau der Friedrichsstadt; auch wurden 1709 die 5 noch selbständigen Städte Alt-B., Kölln, Friedrichswerder, Neustadt und Friedrichsstadt zu einer Stadt vollständig vereinigt. Unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich I. ward die Friedrichsstadt vollendet. Um die vorhandenen Stadtteile legte sich in diesem Jahrhundert ein Kranz von neuen Stadtteilen, die im N. bald über die Ringmauer hinausgingen, während innerhalb derselben im O. und SO. (Köpenicker Feld) noch bis zur Zeit Friedrich

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Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs 1894
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2 Taubstummenanstalten, 1 Blindenanstalt, 7 öffentliche höhere Mädchen-, zahlreiche höhere Privat-Knaben- u. Mädchenschulen; königl. Bibliothek von 800,000 Bdn. u. 18,000 Handschriften, Universitäts-, mehrere öffentliche Bibliotheken, die königl. Museen, Nationalgalerie, das Hohenzollernmuseum, das Museum für Völkerkunde ec.; Akademie der Wissenschaften, Akad. der Künste, oriental. Seminar, deutsches Gewerbemuseum, königl. Institut für Glasmalerei (in Charlottenburg), Kriegsakademie, Zentralturnanstalt, vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule, Artillerieschieß-, Oberfeuerwerkerschule, Bau-, Berg-, Gewerbeakademie, Tierarzneischule, Sternwarte, landwirtschaftliches Lehrinstitut, Hebammenschule, medizinisch-chirurgisches Friedrich Wilhelms-Institut, Institut für Kirchenmusik, Hochschule der Tonkunst, Musterzeichenschule, Fachschulen für Gewerbetreibende ec.; Opern-, königl. Schauspielhaus sowie zahlreiche andre größere u. kleinere Theater; städtisches Waisenhaus, zahlreiche Waisenhäuser aus Privatstiftungen, Charitee, allgemeines städtisches Krankenhaus, viele andre Krankenhäuser und milde Stiftungen, Volksküchen, Asyle für Obdachlose; mehrere große Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt B. befinden sich außerhalb, z. B. das große Waisenhaus in dem nahen Rummelsburg, die Irrenanstalt zu Dalldorf ec.; von öffentlichen Einrichtungen sind noch zu nennen: die Wasserwerke, die Kanalisation (Rieselfelder zu Blankenburg u. Osdorf), die musterhafte Feuerwehr, mehrere Elektrizitätswerke und Gasanstalten, Markthallen, der Berliner Viehhof. B. ist im wesentlichen eine moderne Stadt mit breiten Straßen und schönen Häusern. Am engsten sind die Straßen im alten B., etwa im Mittelpunkt der Stadt, wo das neue Rathaus und die Hauptpost, und in den Stadtteilen, die sich demselben östl. und nördl. anschließen. Der Glanzpunkt der Stadt ist die Straße Unter den Linden mit den Fortsetzungen bis zum Schloß einer- und durch das Brandenburger Thor zum Königsplatz (Siegesdenkmal) anderseits. Auf der Südseite des Schlosses der Schloßplatz mit Monumentalbrunnen, auf der Nordseite ist der Lustgarten mit dem Denkmal Friedrich Wilhelms III., neben demselben entsteht gegenwärtig der neue Dom, das Museum, hinter diesem die Nationalgalerie und auf der andern Spreeseite die Börse; neben der Schloßbrücke die Ruhmeshalle, weiter westwärts das Palais der Kaiserin Friedrich, die Denkmäler der Helden des Befreiungskrieges (Blücher, York, Gneisenau, Bülow, Scharnhorst), das Opernhaus und die Universität, zu Anfang der Linden das Palais des Kaisers Wilhelm I. und das Denkmal Friedrichs d. Gr., neben den Linden die Passage mit Castans Panoptikum und das Aquarium, am Brandenburger Thor das großartige Reichstagsgebäude. Der Geschäftsverkehr konzentriert sich ganz besonders auf die Straße Unter den Linden, die Friedrichs- und Leipziger Straße; die vornehme Welt wohnt größtenteils in der Wilhelmstraße und in den westlichen Stadtteilen längs des Tiergartens (Bellevue-, Tiergartenstraße), die ärmere Bevölkerung in den nördlichen, östlichen und südöstlichen Stadtteilen. Zahlreiche Denkmäler schmücken die Stadt, außer den schon genannten das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten die Lange- oder Kurfürstenbrücke, das Denkmal Steins den Dönhofsplatz, Schillers den Gendarmenmarkt, der beiden Humboldts den Garten vor der Universität, des Grafen Brandenburgs und Wrangels den Leipziger Platz, die Denkmäler der Helden aus dem Siebenjährigen Krieg den Wilhelmsplatz, die der Vertreter der Landwirtschaft (Thaer), Baukunst (Schinkel) und der Gewerbe (Beuth) den Platz an der Bauakademie, die Denkmäler Goethes, der Königin Luise und Friedrich Wilhelms III. den Tiergarten, daselbst beim Brandenburger Thore Standbild Goethes u. in der Nähe Standbild Lessings, ein Denkmal zur Erinnerung an die Jahre 1813 bis 1815 den Kreuzberg ec. Große Parkanlagen sind der Tiergarten im W., in der Hasenheide im SO. erinnert ein Denkmal an den ersten, 1812 von Jahn eröffneten deutschen Turnplatz. Weit entfernt vom Zentrum der Stadt liegen im SW. bei Schöneberg der botanische und im W. der zoologische Garten, beide ausgezeichnet.
B. ist der Mittelpunkt der Industrie und des Binnenhandels im Reich. Auf dem Gebiet der Industrie behauptet es besonders in Webwaren, Silber-, Eisen- und Stahlwaren in den Nährgewerben einen hohen Rang. Die Wollindustrie, schon lange eingebürgert, umfaßt in neuerer Zeit auch die Fabrikation von Orleans, Shawls, Teppichen und Strumpfwaren. Zwar ist die Seidenfabrikation zurückgegangen, dagegen haben sich Färberei und Druckerei in Wollgarnen, Seide und Baumwolle sowie das Konfektions- u. Modewarengeschäft zu großer Blüte entfaltet. Der Maschinenbau (für denselben heute etwa 100 Etablissements) ward besonders durch Borsig entwickelt, der 1837 seine Anstalt vor dem Oranienburger Thor (eine andre später in Moabit) gründete. Aus diesen Werken, von denen ein Teil nach Borsigwerk (s. d.) in Schlesien verlegt worden ist, sind bereits über 4400 Lokomotiven hervorgegangen. Ansehnliche Fabriken gibt es für den Bau von Eisenbahn-, Post- und gewöhnlichen Wagen, für die Verfertigung von Nähmaschinen, Stahlfedern, feuerfesten Geldschränken, Chronometern, Telegraphenapparaten. Sehr bedeutend ist ferner die Fabrikation von Quincaillerie, Neusilberwaren, Kautschuk- und Guttapercha-Artikeln, Seife, Chemikalien, Lackier-, Bronze-, Zinnspielwaren, Lampen, Holzarbeiten, Dachpappe, Marmorwaren, wohlriechenden Wässern, vegetabilischen Ölen, Asphalt- und Zementteer, Porzellan (die königl. Porzellanmanufaktur 1763 gegründet), Öfen und andern Thonwaren, Pianofortes und andern musikalischen Instrumenten, Möbeln, Papier, Tapeten, Handschuhen, Strohhüten und künstlichen Blumen sowie die Bierbrauereien (neben zahlreichen [82] bayrischen Bierbrauereien berühmte Weißbierbrauereien). Viele industrielle Etablissements sind nach dem französischen Krieg in Aktienunternehmen verwandelt, andre als solche neu gegründet worden; jedoch ist ein Teil derselben schon wieder verschwunden. Hauptartikel des Berliner Warenhandels sind Getreide, Mehl, Spiritus, Vieh, Wolle und Brennstoffe. Für den Getreidehandel ist B. mit seinen trefflichen Lagerräumen ein Hauptplatz; Mehl sendet es selbst nach Gegenden, wohin der Körnerhandel nicht mehr lohnt; zum Juni-Wollmarkt, dem bedeutendsten im Reiche, werden etwa 100-120,000 Ztr. Wolle zum Verkauf ausgestellt; Steinkohlen bezieht B. vorzugsweise aus Schlesien, Braunkohlen aus Böhmen; an Petroleum verbraucht es jährlich über 120,000 hl. Die Börse ist im Staatspapier- u. Aktienhandel Norddeutschlands Hauptbörse. Für Geldoperationen bestehen zahlreiche Institute (s. oben). Nächst Leipzig ist B. der Hauptsitz des deutschen Buchhandels; man zählte 1892 etwa 374 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen. Zahlreiche und ausgezeichnete Gärtnereien kultivieren nicht allein alle inländischen Gewächse, darunter eine berühmte Blumenzwiebelzucht, sondern auch, angeregt und unterstützt von dem Akklimatisationsverein, viele ausländische, in neuester Zeit selbst hinterasiatische Pflanzen. Ungemein entwickelt ist das Vereinswesen auf allen Gebieten des menschlichen Lebens. Unter den wissenschaftlichen Vereinen sind: der Akklimatisationsverein, der Anthropologische, die Deutsche Chemische, die Geologische Gesellschaft, die Gesellschaft für Erdkunde, der Verein für Geschichte Berlins, die Juristische, die Medizinische, die Militärische Gesellschaft, die Gesellschaft naturforschender Freunde, die Pharmazeutische, Photographische, Juristische, die Polytechnische Gesellschaft, der Elektrotechn. Verein, der Verein für wissenschaftliche Vorträge. Von sonstigen Vereinen mögen genannt werden: der Verein Berliner Künstler, der Berliner Handwerkerverein, der Verein für Eisenbahnkunde, zur Beförderung des Gartenbaus, zur Beförderung des Gewerbfleißes, der Klub der Landwirte, der Deutsche Fischereiverein, der Protestant. Unionsverein, der Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen, der Lette-Verein zur Hebung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts u. a.
B. hat sich aus den beiden Städten B. und Kölln entwickelt, die zu Anfang des 13. Jahrh. entstanden, und von denen diese l., jene r. an der Spree fast genau in der Mitte des heutigen B. lagen. Durch ein Bündnis miteinander (1307) gewannen beide Städte an Ansehen unter den Schwesterstädten der Mark. Zwar erlangten sie die Reichsfreiheit nicht (1448 Kampf gegen den Kurfürsten Friedrich II.), wohl aber legte Johann Cicero die fürstliche Residenz hierher. Die Reformation ward 1539 eingeführt. Nur langsam hob sich B. bis zur Regierungszeit des Großen Kurfürsten. Dann aber entwickelte es sich schnell. So entstanden noch zu seiner Zeit der Friedrichswerder, die Spandauer und Stralauer Vorstadt und die Dorotheenstadt (Neustadt) mit den Anfängen der Straße Unter den Linden; die Einwohner vermehrten sich durch zahlreiche protestantische Flüchtlinge aus Frankreich. Unter König Friedrich I. begann der Anbau der Friedrichsstadt; auch wurden 1709 die 5 noch selbständigen Städte Alt-B., Kölln, Friedrichswerder, Neustadt und Friedrichsstadt zu einer Stadt vollständig vereinigt. Unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich I. ward die Friedrichsstadt vollendet. Um die vorhandenen Stadtteile legte sich in diesem Jahrhundert ein Kranz von neuen Stadtteilen, die im N. bald über die Ringmauer hinausgingen, während innerhalb derselben im O. und SO. (Köpenicker Feld) noch bis zur Zeit Friedrich