Herforder Chronik (1910)/555
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Ihr genug haben, seht allein zu, daß Ihr Gottes Gnade behaltet und Leute habt, die Eurer Gemeinde in solchen christlichen Sachen dienen können, man wirft sie nicht (wie Apfel) vom Baume. Ihr wollt, wie göttlich und billig ist, wie auch in Eurer Kirchenordnung steht, einen gelehrten Magister haben, der in den heiligen Sprachen und in der Schulkunst erfahren ist. Ich höre, daß solch ein Mann bei Euch sei, mit Namen Rodolphus, aber Ihr müßt ja trachten, welcher Ehre solche Leute wert sind, nämlich doppelter, wie Paulus sagt, daß man sie halt nicht als Bettler, sondern ehrlich usw. Gedenkt auch nicht, was gibt uns die Sache zu schaffen? Leset das Buch der Richter und der Könige, wenn böse Obrigkeit war, so waren auch falsche Propheten, falscher Gottesdienst, Teurung, Krieg, Mord, Verderbnis des Leibes und der Seele in dem Land vorhanden. Wenn dagegen gute Obrigkeit war, die Gott fürchtete, so wohnte Gott daselbst mit allen seinen Gütern Leibes und der Seele, gute Propheten und Zuchtmeister wurden gehalten, und Gott beschirmte sie vor allen ihren Feinden. Solcher Gnade seiet auch teilhaftig zu Eurer und der Bürger und Jugend Seligkeit und Frommen. Ich bitte um Gottes willen, I. E. haltet mir solche Ermahnungen zugute; womit ich I. E. dienen kann in solchen Sachen des Wortes Gottes, erkläre ich mich für verpflichtet. Christus sei mit I. E. ewiglich. Geschrieben zu Wittenberg 1533, Montag nach Laurentii (10. Aug.). (Bugenhagen).
Vorrede und Inhalt der ganzen Kirchenordnung.
Um mancher Ursache willen ist diese Kirchenordnung gemacht und angenommen. Zum ersten, daß alle die Diener der Kirche wüßten sich zu verhalten als Prediger und Schulmeister, Diakonen und Küster, welcher man überall nicht entbehren kann, denn so man nicht eine gute Ordnung hätte, wüßte niemand, wonach er sich richten sollte. Zum andern, auf daß nicht ein jeder nach dieser Zeit etwas Besonderes nach seinem eigenem Wohlgefallen und Gutdünken vornehme und fortsetzen dürfte. Denn so ist es dem heiligen S. Paul allzeit widerfahren, daß nach seiner Abreise falsche Prediger hereinbrachen und alles, was er wohl verordnet hatte, verwirrten und verstörten. So ist uns wohl abzunehmen (d. i. so können wir auch annehmen), daß nach unsern Zeiten solche eigensinnigen Leute nicht ausbleiben werden, ja schon vorhanden sind. Wie wir das leider in etlichen evangelischen Städten sehen und hören, daß da auch solche Köpfe sind, die weder sehen noch hören wollen, was ihrem Sinne nicht gefällig ist; daraus entsteht dann Unfriede, Zwietracht, Aufruhr und endlich Ketzerei und Schlechtmachen des heiligen Evangelii. Deshalb haben auch die Apostel solchem zuvorzukommen, keine Mühe und Arbeit gescheut, wiewohl der Teufel dennoch mit seinen unchristlichcn und höllischen Überordnungen, gleich wie Christus sagt, mit dem Unkraut die gute Saat im Acker des Herrn verdrückt hat; ist ihm das in dem Anfang geglückt und in der apostolischen Kirche, wie viel mehr wird es bei unseren Zeiten nicht ausbleiben. Zum dritten, damit auch die unchristlichen und widerschriftischen, papistischen Ordnungen nicht bestehen bleiben, so fern sie nicht erträglich und der Schrift gemäß sind, oder damit sie nicht, wie der teuflischen menschlichen Lehre Art ist, mit der Zeit wieder hervordringen und gleich wie Distel und Unkraut zu Hindernis der lauteren und reinen Lehre des Evangelii wieder aufwachsen möchten. Denn wie bei den Juden im Alten Testament geschehen ist, so könnte es auch nun zu unsern Zeiten geschehen. Denn wiewohl viele frommer Könige und Propheten in Juda waren, welche die Abgötterei und den hohen Gottesdienst (Götzendienst) verwüsteten, so kamen