Handwerker

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Hinweise zur Handwerkerforschung – Methodik und Quellen

von Thomas Engelhardt, 31241 Ilsede, Niedersachsen

Im Rahmen einer Recherche zu gewanderten Handwerksgesellen kommen verschiedene Hilfsquellen in Betracht:

Innungsurkunden

Geburtsbriefe, Lehrbriefe und sog. Kundschaften (Kundschaftszeugnisse), zusammengefaßt unter dem Begriff Innungsurkunden (bzw. Innungsakten) = Quellengattung

  • Geburtsbriefe waren Abstammungsnachweise; nachgewiesen werden mussten die eheliche Abstammung, die ehrliche Herkunft (der Vater durfte keinem der als unehrlich geltenden Gewerbe angehört haben, insbesondere nicht Abdecker, Scharfrichter, Gerichtsdiener, Amtsbüttel usw.) Darüber hinaus war die "echte, rechte und deutsche" !!! Abstammung regelmäßig nachzuweisen.

Nachzuweisen sind diese jedoch nicht in jedem Fall in den Archiven der jeweiligen Heimatstädte sondern immer auch im Zielgebiet bzw. Ansiedlungsort. Wenn der Betreffende also z.B. in Mühlhausen sein Handwerk lernte hatte er vor Aufnahme in die dortige Innung (des jeweiligen Gewerbes) seinen Geburtsbrief ebda. vorzulegen. Wenn er nach der Lehrzeit in Erfurt in die Innung eintrat ebenso (gleich ob als Geselle oder Meister). Eine papierlose Zeit waren diese Jahrhunderte vor uns also beileibe nicht! Bei der Recherche sind primär stets die Überlieferungen der jeweiligen Handwerksinnung zu beachten!

  • Der Lehrbrief wurde nach Beendigung der Lehrzeit, nach der Lossagung (auch Freisprechung) ausgestellt.
  • Die Kundschaft war eine Art Arbeitsbuch (heute bereits wieder unbekannt), also die Zusammenfassung der Arbeitgeber und ihrer Einschätzung (ein Nachweis der Gesellenwanderungszeit).

Diese Quellen sind vielfach überliefert, z.T. sind diese Bestände auch erschlossen oder sogar (wie z.B. in Dresden, Überlieferungszeitraum dort 1542-1934) verkartet.

Um ergänzende Informationen über einen Vorfahren zu erlangen, empfiehlt sich demzufolge die Prüfung der entspr. Bestände in den jeweiligen Stadtarchiven.

Heimatscheine

Eine ähnlich zu berücksichtigende Quelle stellen die sog. Heimatscheine dar. Diese Heimatscheine waren eine Art Pass oder Personenbescheinigung (heute der Identitätsbescheinigung vergleichbar). Die Ausstellung derselben geschah stets im Geburtsort des Betreffenden, nicht etwa im letzten Wohnort.

Das sog. Heimatrecht war ein individuelles Rechtsgut und dieses jedoch an die Gemeinde (Gemeinde i.S. von Gesamteinwohnerschaft eines Ortes) des Geburtsortes einer Person gebunden. Dieses Heimatrecht war unveräußerlich, nicht verwirkbar (außer bei Rechtsbrüchen und begangenen Verbrechen) und nicht übertragbar.

Im Falle persönlicher Not konnte jeder zu jeder Zeit in diese seine Heimatgemeinde zurückkehren und hatte dort Anspruch auf minimalste Unterstützung (Unterbringung, Beköstigung). Hierfür verantwortlich war die Nachbarschaft (oder auch mehrere Nachbarschaften in größeren Orten). As diesem Grund hatten örtliche Gemeinden wenig Interesse, z.B. Hochschwangere oder durchziehende einzelstehende Frauen aufzunehmen, da das fast stets soziale Verpflichtungen und damit Belastungen auch in späterer Zeit nach sich zog.

Nachweis in Archiven

Heimatscheine sind z.T. überliefert, in den Überlieferungsbeständen der Archve jedoch oft nur schwer nachzuweisen. Darin besteht die Herausforderung für den interessierten Genealogen.

  • Im Bergarchiv Freiberg ist ein Aktenbestand von Geburtsbriefen und Heimatscheinen aus jügererer Zeit im Bestand „Militärdienstbefreiungen“ nachweisbar. (Militärdienstbefreiungen (mit Sammlung von Geburts- und Heimatscheinen).
  • Nachweise ehelicher Abstammung, Lehrzeitbescheinigungen, Gesellenbriefe, Lehrbriefe, Wanderbriefe u.ä.: Stadtarchiv Erfurt

Die Herausforderung besteht wie gesagt darin, in Findbüchern, Bestandslisten oder veröff. archivalischen Gesamtübersichten die entspr. Bestände zu finden und nachzuweisen. Es sei an dieser Stelle aber auch angemerkt, dass Aufwand und Ergebnis der Recherchen in diesen speziellen Quellen sehr oft in erheblicher Weise auseinanderklaffen. Anders ausgedrückt. Oft ist nur sehr wenig „zu holen“; neue Erkenntnisse bleiben dann dergestalt aus.


Literatur

  • Stutzer, Dietmar: Altes Handwerk in Bayern - Arbeit u. Technik v. 8. bis ins 19. Jahrhundert; Stöppel-Kaleidoskop, Weilheim 1988
  • Gilch, Eva: Kraiburgs Gewerbe im Wandel: Handwerk u. Handel vo. 18. bis zum 20. Jahrhundert, in: "Das Mühlrad", Blätter z. Geschichte des Inn- u. Isengaues, Band XXXV, Jahrg. 1993.
  • Reith, Reinhold: Lexikon des alten Handwerks; Verlag C. H. Beck, München, 1990.
  • Gollwitzer, Hans: Meisterwürde und Meisterbürde, in: "Das Mühlrad", Blätter z. Geschichte des Inn- u. Isengaues, Band XXV, Jahrg. 1983.
  • Börner, Albrecht / Melis, Roger: Seltenes Handwerk; Verlag d. Nation Berlin, 1990.
  • Palla, Rudi: Verschwundene Arbeit - Ein Thesaurus d. untergegangenen Berufe; Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 1994.
  • Haid, Hans: Vom alten Handwerk, Rosenheimer Raritäten, 1991 by Edition Tau.
  • Markmiller, Fritz: Hersteller u. Lieferanten im Bezugsfeld 'Tracht u. Mode' - Spätmittelalterliche, barockzeitliche und biedermeierliche Belege aus dem Raum Dingolfing, in: "Der Storchenturm" Geschichtsblätter f.d. Landkr. um Dingolf., Landau u. Vilsbib., Heft 36, 1983, 18. Jahrg. (über Tuchmacher, Färber, Lederer, Schneider, Leinweber, Hutmacher, Weißgerber, Schuhmacher, Säckler/Sattler, Kürschner, Goldschmiede, Gürtler und Geschmeidmacher, Textil-produzierende u. -verarbeitende Handwerke im Jahre 1734: Meister, Gesellen, Lehrlinge, Leder- u. Filz-produzierende Handwerke im Jahre 1734: Meister, Gesellen, Lehrlinge, beides auch üb. d. Jahr 1787; Liste auswärtiger Händler an Dingolfinger Märkten))
  • Haushofer, Josef: Zur Organisation der Handwerke im südöstlichen Niederbayern (Nach Quellen des 15. bis 18. Jhdts., in: "Der Storchenturm" Geschichtsblätter f. d. Landkreis um Dingolf. u. Landau, Heft 14, 7. Jahrg., 1972.
  • Drexler, Toni (Hrsg.): Durchas Amperland. Bayerische Gesellenwanderung im 19. Jahrhundert - Eine Fallstudie. In: "Unterwegs aus Lust, aus Not und von Beruf - Dörfliche Mobilität im Wandel der Zeit; Textheft zur Ausstellung im Bauernhofmuseum Jexhof. Jexhof-Heft 15. Fürstenfeldbruck 1999.

Weblinks