Handbuch der praktischen Genealogie/394

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[393]
Nächste Seite>>>
[395]
Datei:Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



      An dieser Stelle kann nur erörtert werden, welche Methoden speziell im Rahmen der psychiatrischen Organisation eines Landes in dieser Beziehung in Betracht kommen. Zunächst müssen die einzelnen psychiatrischen Anstalten jedes Landes selbst nach Möglichkeit das Material aus ihren eigenen Beobachtungen in dieser Richtung festzustellen suchen. In Gebieten, die noch nicht sehr durch die Freizügigkeit den territorialen Charakter der Altangesessenheit verloren haben, ist besonders auf die Heimat und das gruppenartige Auftauchen der gleichen Namen zu achten. In einem Aufsatz über psychiatrische Untersuchung eines Falles von Mord und Selbstmord in einer Familie[1] habe ich dieses Verfahren systematisch ausgebildet und gezeigt, wie von einem bestimmten ursprünglichen Gebiet aus eine stark psychopathische Familie sich allmählich ausgebreitet hat und wie in ihrer Descendenz dann sich eine furchtbare Familientragödie auf Grund hereditär-psychopathischer Züge abspielte.

      Ferner ist zu fordern, daß bei Frauen nicht nur der Mannesname in die ärztlichen Akten eingetragen werde, sondern auch der Mädchenname.

      Es empfiehlt sich, wie dies neulich von Herrn Oberarzt Dr. Werner in der Heil- und Pflegeanstalt Heppenheim a. d. B. durchgeführt worden ist, für familiengeschichtliche Studien besondere Merkkarten in den Anstalten einzurichten.

      Wird dieses Verfahren in sämtlichen psychiatrischen Anstalten eines Bundesgebietes, eingeschlossen die betreffenden psychiatrischen Kliniken, in übereinstimmender Weise durchgeführt, wie dies vom Oberarzt Dr. Werner für das Großherzogtum Hessen mit großer Mühe in Angriff genommen worden ist, nachdem ich früher schon eine kombinierte Hereditätsforschung in diesen Gebieten angeregt hatte, so muß daraus im Laufe der Zeit mit Notwendigkeit ein deutlicher Einblick in bestimmte familiäre Beziehungen der Geisteskrankheiten und ihre Verteilung im ganzen Lande entspringen.

Vorschlag einer psychiatrischen Abteilung des Reichsgesundheitsamtes.      Die Verarbeitung und systematische Ordnung dieses ganzen Materials über psychiatrische Heredität kann entweder von geeigneten Mitgliedern des Irrenärztestandes in dem einzelnen Lande geschehen, oder man gliedert der Ministerialabteilung für öffentliche Gesundheitspflege eine besondere psychiatrische Abteilung für diese an oder betraut wenigstens einen psychiatrischen Referenten mit der systematischen Ordnung dieses Materials über Heredität. Zweifellos liegt dabei im weiteren Sinn ein wichtiger Teil der öffentlichen Gesundheitspflege vor. Diese in Hessen im Gange befindlichen Bestrebungen berühren sich vielfach mit den von Römer-Illenau für Baden gemachten Vorschlägen, und es ist jedenfalls notwendig, diesen ganzen Plan generell in allen Bundesstaaten durchzuführen, um zunächst in diesen Einzelzentren der praktischen Irrenpflege eine Organisation der psychiatrischen Familienforschung zu erlangen. Selbstverständlich müßte dabei, wie dies auch bei dem Kongreß für Familienforschung in Gießen im April 1912 von


  1. Vergl. Klinik für psychische und nervöse Krankheiten, I. Band, 1. Heft.