Deutsche und französische Kultur im Elsass/057

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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der Lederfabrikation und Typographie sind die Altdeutschen erfolgreich eingedrungen. Auch das bedeutendste elektrotechnische Unternehmen des Reichslandes, die elektrische Centrale in Strass-burg, ist finanziell und technisch ein Werk altdeutscher Unternehmer. Die Strassen- und Vorortbahnen der Stadt sind bei Gelegenheit der Einführung des elektrischen Betriebes fast völlig in altdeutsche Hände übergegangen. Auf dem Gebiet des Grosshandels ist zum Beispiel der Kohlenhandel im Grossen fast völlig in den Händen altdeutscher Firmen, eine Erscheinung, die in der altherkömmlichen Versorgung des Elsasses mit Saarkohlen ihre Erklärung findet. Auch im Holzhandel, Bankgeschäft und Verlagsbuchhandel finden wir einzelne namhafte Firmen altdeutschen Ursprungs.

Gehen wir aus der Hauptstadt aufs platte Land und in die kleinen Städte des Unterelsasses, so ändert sich das Bild, die selbständige wirtschaftliche Bethätigung der Altdeutschen tritt völlig zurück, und der Altelsässer beherrscht die Wirtschaft, sei es als Kleingewerbetreibender, sei es als Fabrikant. Die erwerbsthätigen Altdeutschen sind hauptsächlich Hausierer und Landarbeiter, auch mögen sich in den kleinen Garnisonstädten einige altdeutsche Kleinhändler und Handwerker finden. Ganz vereinzelt als seltene Ausnahmen finden sich grössere industrielle Unternehmungen in altdeutschem Besitz, wie die Jutespinnerei und Weberei in Bischweiler und die grosse Baumwollspinnerei in Hüttenheim.

Diese Entwickelung altdeutscher Gewerbe- und Handelsunternehmungen im Unterelsass beruht teils mittelbar teils unmittelbar auf der Annexion und ihren mannigfachen Folgeerscheinungen. Besonders bei den grösseren Unternehmungen in Strassburg treten diese Beziehungen deutlich hervor. So bot die politische Neuorganisation des Landes, die Erhebung Strassburgs zur Landeshauptstadt und die Begründung der Universität den direkten Anlass zur Entstehung der altdeutschen Buchdruckereien, Zeitungsunternehmen und der Verlagsbuchhandlung. Die rege öffentliche und private Bauthätigkeit in der halbzerstörten Stadt regte zur Begründung der Baugeschäfte und der Eisenhandlung an, die sich später zu der oben erwähnten Metallfabrik auswuchs. Die Grundlage für das Gedeihen der Lederfabrik bildete der feste Besitz der Lederlieferungen für die Militärverwaltung.

Auf die Bedeutung der altdeutschen Militär- und Beamteneinwanderung und der Auswanderung altelsässischer Gewerbetreibender für die Entwickelung des altdeutschen Detailhandels und Kleingewerbes in Strassburg ist bereits hingewiesen worden. Aber auch die nicht unmittelbar durch politische Ereignisse oder Massregeln hervorgerufene Expansion deutschen Kapitals und deutscher Unternehmungslust im Unterelsass, die uns heute in so mannigfachen Beispielen entgegentritt, hat ihre selbstverständliche Voraussetzung in der Angliederung des Elsasses an das deutsche Wirtschaftsgebiet.

Wenden wir uns jetzt zum Oberelsass, so ist dort in der altdeutschen Bevölkerung die Klasse selbständiger Unternehmer in Handel und Gewerbe nur ganz schwach vertreten. Die alte, hochentwickelte Industrie dieses Gebietes ist ganz in der Hand der Altelsässer, die vermöge ihrer grossen Kapitalkraft auch die meisten neu aufkommenden Industriezweige an sich ziehen. Die erwerbsthätige altdeutsche Bevölkerung besteht in der Hauptsache aus Industriearbeitern

Bildunterschrift:
P. Braunagel: Strassburgerin.