Deutsche und französische Kultur im Elsass/038
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- Bildunterschrift:
- v. SEEBACH: Skiff-Fahrer auf der Ill.
Volkes wirken dabei eben so sehr wie französische Einflüsse, aber auch die neueren politischen Schicksale des Landes und die Bemühungen des Eroberers, die Bevölkerung zu gewinnen, haben an der Ausgestaltung dieses Charakterzuges erheblich mitgearbeitet.
DIE SINNLICHE KULTUR UND DAS TÄGLICHE LEBEN.
Auf der Grundlage dieses naiven Geisteszustandes erhebt sich nun eine besondere Kultur, die allerdings völlig unter französischem Einfluss steht, die sinnliche Kultur des Elsässers. Was wollen wir unter sinnlicher Kultur verstehen ? — Die geistige Kultur strebt nach der Vervollkommnung der urteilenden und anschauenden Geistesthätigkeit. Ihre höchste Verkörperung findet die geistige Kultur in Wissenschaft und Poesie, und man bemisst die Bildungshöhe einer Nation gewöhnlich nach der Entwickelung dieser beiden Bestandteile ihres Geisteslebens. Die sinnliche Kultur hat zu ihrem Objekt eine vielgestaltige Menge menschlicher Bethätigungen, denen allen gemeinsam ist, dass sie sich zunächst und hauptsächlich an unsere Sinne wenden. Daher erscheint auch der Sinn selbst, allerdings in eigentümlicher Verbindung mit reflektierender Geistesthätigkeit, als oberster Richter über den Grad der Vollkommenheit dieser Bethätigungen. In das Gebiet der sinnlichen Kultur gehören vor allem die beiden Künste der Musik und Bildnerei (bildende Kunst) und ferner die unzähligen Arten materieller Bedürfnisbefriedigung, soweit sie eben in hervorragendem Mass auf unsere Sinne wirken. Die sinnliche Kultur beschäftigt sich also, abgesehen von den beiden genannten Künsten, mit unserer Kleidung, Wohnung, Essen und Trinken und sonstigen Bestandteilen unseres materiellen Lebens. In der Ausgestaltung dieser Bethätigungen setzt sich die sinnliche Kultur ein doppeltes Ziel, nämlich möglichst vollkommene Befriedigung des betreffenden Bedürfnisses (also Erreichung des objektiven Zwecks der betreffenden Thätigkeit) und ferner Erregung eines sinnlichen Wohlgefallens (Befriedigung des Sinnes). Damit in Verbindung steht häufig aber nicht immer ein dritter moralisch-ethischer Zweck, nämlich vermittelst des sinnlichen Eindrucks unseren Gedanken eine bestimmte Richtung zu geben, ja damit unser Handeln zu beeinflussen. Also zum Beispiel, ein Produkt der sinnlichen Kultur ist die Kochkunst. Die Veredelung der Rohstoffe zu geniessbaren und nahrhaften Speisen ist ein höchst wichtiger objektiver Zweck dieser Thätigkeit. Ferner aber will die Kochkunst auch ein sinnliches Wohlgefallen bei dem Genuss der Speise erregen. Die Vereinigung beider Zwecke bei der Zubereitung unserer Speisen macht diese Kochkunst eben auch zu einem Bestandteil unserer sinnlichen Kultur. Allerdings fehlt hier der dritte Zweck, das moralisch-ethische Ziel. Bauen wir aber ein Haus, so soll es unseren Wohnbedürfnissen entsprechen, es soll in allen seinen Bestandteilen zweckmässig sein. Ausserdem soll uns sein Anblick von aussen und im Innern mit Wohlgefallen sinnlicher Art erfüllen. Nun aber soll dieses Wohlgefallen nicht