Deutsche und französische Kultur im Elsass/031

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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Bildunterschrift:
v. SEEBACH: Wasch-Pritsche auf der Ill in Strassburg.

geistigen Begabung des ganzen Volkes, dem demokratischen Charakter der Bildungsvermittelung usw.

Wir sehen also auch bei Betrachtung dieser Seite der elsässischen Kultur, wie sehr sie sich Frankreich nähert, wie verwandte Züge beide Kulturen aufweisen. Aber diese Übereinstimmung entspringt ganz verschiedenen Quellen. Der niedere Stand der geistigen Kultur im Elsass war die Folge der Entfremdung von dem Geistesleben der deutschen Nation, die geistige Öde der französischen Provinz ist die Folge einer in ihren Anfängen weit zurückliegenden Entwickelung des französischen Geisteslebens überhaupt. Aber das Resultat der Entwickelung war das gleiche, und dieser ähnliche Bildungszustand musste ein starkes Band zwischen Elsässern und Nationalfranzosen abgeben wie es auch noch heute den Elsässer von dem Altdeutschen trennt.

Wie ist nun der heutige Geisteszustand des Elsässers beschaffen ? — Bei den höheren Ständen, den Notabeln, finden wir eine innige Zuneigung zur französischen Geisteskultur. Von deutscher Bildung glaubt man zwangsweise gerade genug einnehmen zu müssen, die freiwillige Pflege gilt völlig der französischen Kultur, insbesondere der Sprache. Ja, sogar die immer hochgehaltene Erinnerung an die grosse mittelalterliche Geschichte des Elsasses, die lokale Historie und Archaeologie, die früher das Elsass mit Deutschland verbanden, werden in den einheimischen Kreisen in französischer Sprache und nach französischer Art getrieben. Werfen wir unseren Blick auf den Mittelstand, den Kleinbürger und Bauer, ferner auf die unteren Volksklassen, die Arbeiter aller Art, so herrscht, abgesehen vielleicht von einigen protestantischen Grossbauern oder einer kleinen Zahl zielbewusster Sozialdemokraten, noch immer dieselbe fröhliche, von keiner Gedankenlast beschwerte Unbildung wie in alter Zeit. Vor den Bestandteilen der französischen Kultur empfinden sie noch einen tiefen Respekt, aber gegen die Äusserungen französischen oder deutschen Geisteslebens bewahren sie eine vollendete Gleichgültigkeit. Nur die französische Sprache suchen sie aus rein praktischen Gründen

Bildunterschrift:
v. SEEBACH: Strassburger Zimmermann