Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/245
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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer | |
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Nachdem ich am 9. August 1834 mein liebes Käthchen in seinem Alter von 30 Jahren durch den Tod verloren hatte, sollte ich auch am 11. December 1836 mein eben so liebes Minchen in seinem Alter von 30 Jahren durch den Tod verlieren.
Ich wollte und konnte gar nicht glauben, daß auch dieses geschehen könne; ich wollte und konnte es noch nicht glauben, als mir Minchen selbst, dem ich doch sonst Alles aufs Wort glaubte, schon ganz bestimmt gesagt hatte, daß es mich nun sehr bald verlassen müsse; ja, ich wollte und konnte selbst da noch nicht glauben, als es schon feierlichen Abschied für dieses Leben von mir genommen hatte. Da noch trieb mich die Herzensangst und Verzweiflung an, nochmals die Bibel um Rath und Entscheidung zu fragen. Wer am Ertrinken ist, greift auch nach einem Strohhalm, um sich durch ihn zu retten. Ich schlug mit geschlossenen Augen die Bibel auf und erschrack zum Tode, als ich sahe, daß mein rechter Daumen wieder den Vers: Lucä 10, 9 gefaßt hatte. Da erlosch plötzlich der letzte, schwache Strahl meiner Hoffnung. —
Es bedurfte freilich keiner göttlichen Offenbarung mehr, um über das nahe bevorstehende Ende dieser beiden geliebten Frauen gewiß zu werden; denn Jedermann war schon fest davon überzeugt, außer mir. Mir selbst aber wurde erst durch die gegriffene Bibelstelle diese Ueberzeugung gegeben und die Hoffnung genommen.
Ist übrigens nicht Das allein schon unerklärlich und wunderbar genug, daß ich dreimal eine und eben dieselbe Stelle blindlings mit dem rechten Daumen gegriffen habe??? —
Im Gefühle der schnellen Abnahme seiner Kräfte wünschte mein guter Vater nur noch seinen goldenen Hochzeittag, den fünften Mai 1847 zu erleben. In Bezug auf diesen Wunsch griff er, während die letzte Stunde des Jahres 1846 ertönte, ebenfalls mit geschlossenen Augen einen Bibelvers; und welchen hatte sein rechter Daumen gefaßt? Es war: Josa 38, 1: „So spricht der Herr: Bestelle Dein Haus; denn Du wirst sterben, und nicht lebendig bleiben!“ —
Hierauf sprach mein Vater: „Ich werde meinen goldenen Hochzeittag nicht erleben.“ Er starb am 30. März 1847. —
Das Pfarrhaus in Hermannstein, welches vor Zeiten ein Nonnenkloster war und „Cluse“ hieß, woran noch die Namen „Clausenstube“ und „Conventstube“ erinnern, stand schon lange vorher, ehe ich am 6. Februar 1827 in dasselbe kam, in dem Rufe, daß es darin wandere und spuke. Anfangs lachte ich darüber, wie gewöhnlich Jeder thut, der noch keine Spukerei erlebt hat, bis ich mich überzeugte, daß doch jenes Gerede keineswegs aus der Luft gegriffen sei, sondern allerdings auf Wahrheit beruhe. Ich bin seitdem oft, auch von guten Freunden gefragt worden, was ich denn eigentlich und namentlich in diesem Hause erfahren habe, was der gesunde Menschenverstand